1829 / 262 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

d . die Unabhängigkeit der Wahl⸗Kammer damit zu brechen; sie beriesen sich dabei auf den Gebrauch Englands. Man ver— gißt aber, daß sich das Drittheil einer Versammlung nie er⸗ kaufen laßt, und daß man nur diejenigen kauft, die schon verkauft sind. Bei richtiger Berechnung wird sich ergeben, kein oͤffentliches oder geheimes Mittel dem jetzigen Mi⸗ isterium die Stimmen⸗Mehrheit in der Kammer 2 wurde. Nicht einmal die ganze Minoritaäͤt wird auf seiner On. seyn. Hätte man der rechten Seite völlig freie Wahl

2 wuͤrde sie nicht das Ministerium in seiner jetzigen

usammensetzung gewählt, Herr von Labdurdonnaye würde 50 Stimmen, General Bourmont aber nicht eine einzige fuͤr sich gehabt haben. Dennoch darf man nicht übersehen, daß man bisweilen auch diejenigen emporhebt, die man selbst nicht gewählt haben würde; die Minister sind immer Minister, und es Wort übt eine magische Gewalt auf die Schwachen ö Furchtsamen. Wir glauben daher auch, daß das Mi— mnisterium, wenn die Kammer morgen eröffnet warde, ein. Vlertheil der Kammer auf seine Seite bringen könnte; es wurde freilich die Bluͤthe der Congregation, der Kern der Dor sjunker, kurz ein wahres Eliten - Corps seyn, das aber ge⸗ wiß nicht hinreichen würde, um damit zu regieren. Das Repräsentativ⸗System hat zu seinem Wahispruche das Wert Turenne s: „Die Vorsehung ist auf Seiten der großen Ba— taillone.“ Männer, welche die Kammer genau kennen, ver— sichern, daß dieselbe, wenn sie kein anderes Mittel sehe, die Minister zu entfernen, das Budget verwersen werde. So viel ist gewiß, daß das jetzige Ministertum in der gegenwarti⸗ gen Kammer kein einziges Geseßdurchsetzen kann, oder mit an dern Worten, daß die Verwaltung überhaupt unmöglich ist. Hier tritt also der Fall einer constitutionnellen 2. ein, durch welche an das Land appellirt und dieses zum Richter wischen dem Ministerium und der Kammer bestellt wird. erden die gesetzlichen Formen dieses Urtheilsspruches geach⸗ tet, so läßt eicht voraus sehen, wer den Prozeß gewin⸗ nen wird. s ist die Minorität der Kammer gegen die ganze Nation? Vielleicht wäre es fuͤr das Ministerium besser, die Kammern sogleich aufzulssen und dadurch zu erklären, daß es gekommen sey, um Neuerungen zu machen. Obgleich dasselbe zur Verwegenheit wenig ,. ist, so ist diese R der einzige Weg, der 8 übrig bleibt. Wenn eine Ver⸗ waltung nicht aus der Verfassung hervorgegangen, son= dern von dem Hofe in den Kreis der National- Insti⸗ tntionen hingestellt ist, so kann sie sich auch nur durch den Machtspruch halten, dem sie ihr Entstehen verdankt. Die naturliche Aufgabe des Ministeriums ist daher, die Kam, mer durch einen Staatsstreich aufjuldsen, und sich durch Ver⸗ ordnungen des Monarchen nach Belieben einen andern zu bil— den. Dieser Plan ist mehr als gewagt, wenn man an die damit verbundene Gefahr denkt; in Hinsicht auf die Lage des Mi⸗ nisteriums ist er aber der einzig vernünftige. Schon dadurch, daß die Minister die Verpflichtung übernommen haben, gegen die Masorität der Kammern und des Volkes zu regieren, j. e sich fuͤr eine gewaltthätige Verwaltung erklärt. as Problem, welches die jetzige Lage der Regierung darbie⸗ tet, kann nur auf eine einzige Weise geloͤst werden, und diese ist, daß die Minister abdanken; durch ihren Ruͤckjug wörden sie bekennen, daß sie sich geirrt haben, und ihze per ag, echtlichkeit und Uneigennuͤtzigkeit darthun.“ ußer der noch die ubrigen wegen Nachdrucks des im Journal du Cem mere erschienenen Aufsatzes configeirten Zeitungen, nämlich das Journal des Debats, der Courrier francais und der Constitutionnel ihr Mißfallen über diese Maaßregel zu er⸗ kennen. Das erstere Blatt ist der Meinung, daß wenn es der Regierung blos darum zu thun gewesen wäre, die Verbreitung des gedachten Aufsatzes zu verhindern, sie sol⸗= ches weit leichter dadurch hätte bewirken können, daß sie die äbrigen Zeitungs- Redactoren von der Beschlagnahme der betreffenden Nummer des Journal du Commerce innerhalb der nächsten 20 Stunden denachrichtigt und sie dadurch ge⸗ warnt hatte, den incriminirten Aufsatz zu reproduciren; so aber gäben die Minister deutlich zu erkennen, daß sie es nicht sowohl auf die Unterdrückung jenes Artikels, als vielmehr darauf abgesehen gehabt hätten, ihrem Hasse gegen die Preß⸗ freiheit Luft zu machen. Der Courrier frangais klagt uber die Partheilichkeit der General- Precurateten; als näm- lich das Reglement der Brüderschaft zur Fortpflanzung des Glaubens“, welche die Unterstuͤtzung der Missions-Prediger . herausgegeben worden, sey ihnen nicht in den Sinn

ommen, Beschlag darauf zu legen; eben so wenig hätten e die „Brüderschaft zur Vercheidigung der kacholischen Religion“ dem Gerichtshof bezeichnet, obgleich durch beide Verne die durch die Charte verheißene Religiens Freiheit

Gazette de France geben nachträglich auch

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mehr oder weniger gefaͤhrdet werde; auch die vorjährigen Protestationen der Bischoͤfe gegen die Verordnungen wegen der kleinen Seminarien hätten, obgleich sie eine offenbare Auflehnung wider die Gesetze gewesen, nicht das kleinste ge— richtliche Verfahren gegen die Urheber derselben vrranlaßt; ein Verein hingegen, dessen alleinige Absicht sey, der Will⸗ kuͤhr gesetzliche Mittel entgegen zu stellen, nehme heute den ganzen Eifer der Procuratoren in Anspruch. Der Con—⸗ stitutionnel erklart ganz kurz, seine Leser könnten sich dar⸗ auf verlassen, daß die mehrerwahnte Beschlagnahme seinen Eifer in der Vertheidigung des verfassungsmäßigen Thrones 2 der Volksfreiheiten keinen Augenblick erkalten lassen werde. 3

Das , welches das Journal du Commerce durch seinen Aufsatz zur Kenntniß des Publikums bringen wollte, besteht wesentlich in Folgendem: Die Einwohner der ebemaligen Bretagne oder der setzigen Departements der niedern Loire, der Ille und Vilaine, der Nordküsten, des Finisterre und des Morbihan, derselben, die sich den willkührlichen Maaßregeln der alten Regierung zuerst ernstlich widersegzten r beabsichligen naͤmlich, einen Bund gegen das jetzige Ministe⸗ rium zu stiften, und namentlich eine e r . zu eroͤff⸗ nen, aus deren Fonds diejenigen Subseribenten, welche sich weigern, gesetzwidrig aufgelegte Steuern (sey es ohne die Mitwirkung der Kammern oder unter der Mitwirkung ver⸗ fassungswidrig gebildeter Kammern) zu entrichten, fuͤr die Unkosten, die sie sich durch eine solche Weigerung etwa zu⸗ ziehen möchten, entschädigt werden sollen. Die Quoti— dienne und die Gazette de France betrachten einen sol— chen Plan als einen Verstoß gegen die Charte und als eine Beleidigung gegen den König und die Regie⸗ rung, weil sie es gar nicht einmal für denkbar hal— ten, daß diese jemals Maaßregeln, welche gegen die

Charte und die Gesete verstoßen, mithin auch eine willtuhr .

liche r, ,, verfuͤgen sollten. Hierauf bemerkt das Journal des Sebats, eine Vorsichtsmaaßregel, wie die von den Einwohnern der Bretagne getroffene, sey aller⸗ dings ein schlimmes Vorzeichen; daß aber der Fall, dem da⸗

durch . werden solle, nicht unmöglich sey, 2 . aus allen Budjets seit 1317; in die sen laute der Ste Ar— üikel felgendermaaßen: „Ale directen oder indireeten Steuern, außer den durch gegenwärtiges Gesetz genehmigten, sind, un= ter welcher Venennung sie auch erhoben werden möchten, soͤrmlich untersagt, widrigenfalls die Behörden, welche die⸗ selben anordnen, die Beamten, welche die Rollen und Tarifs anfertigen, so wie diejenigen, welche solche Steuern beitrei⸗ ben, als Gelderpresser gerichtlich belangt werden sollen, ohne daß es dazu einer vorherigen Autorisation bedarf.“ „Was anders,“ fährt das genannte Blatt fort, „will man aus diesem Artikel folgern, als daß ber Gesetzgeber es für mög⸗ lich gehalten hat, daß durch irgend einen Mißbrauch, durch Verordnungen oder auf einem andern Wege der Ver such ge⸗ macht wurde, ungesetzliche Abgaben zu erheben, und daß er fuͤr diesen Fall den Bürgern die Verfolgung vor den Gerich⸗ ten zur Waffe gegeben hat. Dergleichen Garantieen, welche in England für alle Fälle existiren, sind bei uns nach selten. Wir haben bei der Feststellung der däürgerlichen Rechte ge⸗ wöhnlich vergessen, jedem Rechte auch ein gerichtliches Ver, fahren als Garantie hinzuzufügen. Nur im gegenwärtigen Falle jst dies nicht vergesfen worden, weil man erkannte, daß es sich hier um die Lebensfrage des Repraͤsentativ Staates handele. Aus diesem Stunde hat man die fruhere Uaverleßlichkeit der Verwaltungs Beamten in dem vorliegenden Falle aufgehoben. Dlese Vorsicht, welche das jetzige Ministerium gern als das Thun einer Parthei darstellen möchte, ist alljährig von der Kammer beobachtet worden. * monarchisch und frled⸗ lich gesinnte Männer, wie der Graf Rey, haben wiederholt auf die Nothwendigkeit einer solchen Bestimmung“

sam gemacht. Sie ruhte nur bisher, gleich einer verrosteten Waffe, im Aesenale unserer Geseze. Zieht man ste heute daraus hervor und hält sie drohend dem Ministerium entge⸗

gen, wer anders ist Schuld daran, als dieses Ministerium

selbst, das berall Unruhe erregt, weil es weder mit unserer Deputirten Kammer, noch mit unseren Wahl Collegien und der Charte zusammen besteben kann? Das i, . du Commerce beschuldigt die Ga⸗ zette de France, daß sie durch den Cemmentar, den sie zu seinem Aufsatze geliefert, die Beschlagnahme der betreffen

den Nummer seines Blattes allein veranlaßt habe. Die

Burger“, fügt das gedachte Journal binzu, „werden sich dbrigens durch die Drohungen des Ministeriums nicht ela schüͤchteen lassen. Wer der Willkühr und der Usurpatien durch gesetzliche Mittel Widerstand leistet, begeht kein Ver⸗ gehen, sondern eine patriotische Handlung.“ !

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