1819 / 1 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 02 Jan 1819 18:00:01 GMT) scan diff

so durch Tiefe der Gesinnung, verkennen zu wollen. Wo kann auch die Publicität wahrhafter geehrt und edelmüthiger beschützt werden, als da, woselbst, wie bei uns, keinem Buche und keiner Zeitung der Eingang versagt wird. Daß die Regierung unsers Staats die Schranken der Censur inländischer Schriften und Zei⸗ tungen niederzureißen bis jetzt noch Bedenken trägt, geschieht nicht, um der Publicität Eintrag zu thun, welches ja ein fruchtloses Unternehmen sein würde, auch nicht aus Besorgniß, daß ihre Fackel in unge⸗ schickten oder frevelhaften Händen die Welt anzünden werde, wohl aber in ernsthafter Erwägung der beste—

henden Verhältnisse, über welche die Weisheit der

Staatsverwaltung nur sich selbst Rechenschaft geben darf, und in gewissenhafter Ueberzeugung, daß durch den Verzug ihrer langsam vorbereiteten Maaßregeln weder der wahren und gründlichen Wissenschaft noch der Wohlfarth des Landes der geringste Abbruch ge⸗ schehe. Den großen Geistern jeder Zeit, Galiläi, Kant, den Heroen dieses Geschlechts wird unsre Censur kein Haar krümmen. Daß aber die alltäglichen Hände, die Schriftsteller ohne Beruf des Talents, der Ge— lehrsamkeit, der Lebenserfahrung, der Geschäftskennt⸗ niß, für das Heil der gesammten Welt und für das Wohlbefinden der Einzelnen sich bemühen, ist aller⸗ dings sehr überflüssig. .

3) Die Zeitung wird benutzt werden, den Einwoh— nern des preußischen Staates allgemein interessante Nachrichten aus dem Innern mitzutheilen, damit jede Provinz erfahre, was in der andern sich Denkwürdiges begeben, wie die Kultur im Physischen und Sittlichen, der vaterländische Kunstfleiß im Technischen und Aesthe— tischen vorschreite, was sie hemme, was die Regierung und die Gemeine geleistet, um den Hindernissen zu begegnen, und, was vorgeschritten, weiter zu fördern.

a) Wir werden die Maaßregeln der Regierung in der organischen und administrativen Gesetzgebung un—

unterbrochen begleiten, indem wir uns bemühen wer— den, die nothwendige Verbindung der erscheinenden Ge⸗ setze mit dem System der Regierung und dem 3Zu⸗ stande des Staats, durch welchen dieses System be⸗ dingt wird, zu erläutern, und an die Darstellung der rechtfertigenden Gründe die Kritik der alten Institu⸗ tionen, der verlassenen Bahnen, anzuknüpfen, um den Einwohnern des Staats anschaulich zu machen, wor— auf es ankomme, und was sie durch das Neue ge— winnen, wobei wir jedoch im voraus bemerken müssen, daß uns nur die höhern Ansichten des Staatslebens, nicht die gemeinhin nur kuͤmmerliche Rücksicht auf den Zustand der sogenannten Staatsfonds leiten werden. Gegenbemerkungen wahrheit- und vaterlandsliebender Korrespondenten werden uns willkommen seyn, da durch eine gründliche mit Waffen der Erfahrung und des Urtheils geführte Opposition für das Rechte, nach welchem wir trachten, nur mehr Land gewonnen wird.

5) Unsere wissenschaftlichen und Kunstnachrichten werden in der Regel nur die wichtigeren Erzeugnisse im Gebiet der Wissenschaft und der Kunst zum Ge— genstande haben, nichts aber unberührt lassen, was die Geschichte, die Erdbeschreibung, die Statistik des preu⸗ ßischen Staats im Allgemeinen oder in Bezug auf die einzelnen Provinzen betrift. Was uns auch hiezu an Beiträgen geliefert wird, werden wir dankbar er— kennen.

Die ersten Schritte jeder Unternehmung sind von Schwierigkeiten begleitet, über welche oft auch der beste Wille nicht Herr ist. Unablässig bemüht, die an— fangs schwachen Versuche vollkommener auszubilden, mehr und mehr Interesse zu erwecken, zu versöhnen, nicht zu verletzen, Irrthümern entgegenzutreten, nicht Begriffe zu verwirren, wird uns das Bewußtsein der redlichsten Bestrebungen für das Vaterland, für un— sern König und unsre Mitbürger begleiten, so weit wir auch hinter Wunsch und Ziel zurückbleiben möchten.

. Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages.

Der Königl. Hof legt morgen den 5. Januar die Trauer für Se. Königl. Hoheit den Großherzog von Baden auf 14 Tage an.

Berlin, den 2. Januar is:ig. von Buch, Schloßhauptmann.

Des Königs Majestät haben den Herzog von Welling⸗

ton zum Generalfeldmarschall der preußischen Armee

zu ernennen geruhet.

Am 50. v. M. wurden Se. Excellenz der Königl. Staats⸗ und der auswärtigen Angelegenheiten Minister, Herr Graf v. Bernstorff, durch des Herrn Staats-Kanzlers Fürsten v. Hardenberg Durchl. in das königl. Staats⸗ Ministerium, und am 31. v. M. in das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, dessen sperielle Leitung

Se. Excellenz von diesem Tage an übernommen ha⸗ ben, eingeführt.

Nekrolog. Am 26. v. M. starb zu Berlin Herr Johann Christian Philipp von Klevenow, Geheimer⸗ Ober-Finanz-Kriegs- und Domainenrath im vor— maligen General⸗-Directorium, 74 Jahr alt. Zu Stettin am 25sten December 1740 geboren trat er nach vollendeten Universitätsstudien zuerst als Justi⸗ tiarius zu Schönebeck und bei dem Steinkohlenberg⸗ werke zu Alten-Wettin, hiernächst als Regiments quar⸗ tiermeister des Infanterie⸗ Regiments Jung⸗Stutter⸗ heim zu Magdeburg in das Geschäftleben. 1776 ward er als Kriegs- und Domainenrath bei der Ostpreußi⸗ schen Kammer zu Königsberg angestellt und 1784 ( als Geheimer Ober⸗Finanzrath des ostpreußischen De⸗

partements in das General-Directorium berufen, nach dessen Auflösung er in mehreren Geschäften noch thätig verblieb, bis er im Jahr 1815, lebensmüde, in den Ruhestand gesetzt wurde. Seine gründlichen Ge— schästskenntnisse, seine nie ermüdete Thätigkeit, seine unwandelbare Amtstreue, seine lebendige Anhänglich— keit an König und Vaterland, so wie die Tugenden seines Privatlebens, machten ihn seinen Mitbürgern und Freunden ehrwürdig und theuer, und die nicht untergegangenen Früchte seiner Amtswirksamkeit wer⸗ den sein Andenken noch spät in Segen erhalten.

Am 30. v. M. vollendete zu Berlin Herr Justus Gottfried Hermes, Dr. der Theol. und Prediger an der St. Getraut-Kirche. Geboren am 29. Sept. 1740 zu Petznik in Hinterpommern, trat er am 1. März 1770 das Predigtamt an, das er fast ein halbes Jahr⸗ hundert hindurch mit musterhafter Berufstreue se⸗ genreich verwaltet hat. Jedes wahrhaft christliche Ge⸗ müth durch apostolische Beredsamkeit an sich ziehend, hinterläßt er, außer seiner um ihn trauernden Gemei⸗ ne, zahlreiche Verehrer, denen er Trost und Beispiel war, in gerechtem Schmerz.

II. Zeitungs⸗Nachrichten.

A u s l and.

Braunschweig, den zo. Decbr. Unser Land hat einen schmerzhaften Verlust erlitten durch das frühzeitige Absterben des dirigenden Staatsministers Herrn Grafen von der Schulenburg, aus dem Hause Wolfsburg, der die Verwaltung des Landes, die ihm durch das besondere Vertrauen des Prinzen Regen— ten seit der Vormundschaft über unsern minderjährigen Herzog übertragen war, mit unermüdeter Thätigkeit mit gewissenhafter Treue einsichtsvoll führte. Er war am 21. März 1763 geboren.

Frankreich. Die neusten französischen Blätter sind ziemlich leer. Die Kammern waren mit Einrich— tung ihres Innern beschäftigt. Die Pairskammer hatte zu Sekretairen ernannt den Herzog v. Doudau⸗ ville, den⸗Marquis v. Pastoret, den Marquis v. Verac und den Herzog von Belluno. Am 1äten theilte sie sich in sechs Büreaus, zu deren Präsidenten gewählt wurden: 1) der Marquis Barbé-Marbois, 2) der Her— zog von Avary, 3) der Marschall v. Viomesnil, 4 der Herzog v. Vauguyon, 5) der Graf Düperré und 6) der Herzog v. Uzés. Für das Comitsé der Bittschriften wurden die Herren Marquis de la Place, Herzog v. St. Aignan, Marquis d'Herbouville, Marquis Lally⸗ Tolendal, Herzog von Choiseul und Marquis v. Talarü ernannt. Die Deputirten-Kammer theilte sich in neun Büreaus, zu deren Präsidenten gewählt wurden die Her⸗ ren: 1) Bar. de Sales, 2) Gr. Simeon, 3) Gr. Dü⸗ manoir, 4) Gr. Beugnot, 5) Gr. Lagrange, 6) Bar. Bareiron, 7) Hr. de Serre, 8) Gr. Düpont, 9) Hr. de Villele. Zu Sekretairen sind ernannt die Herren St. Aulaire, Boin, Paillot de Loynes und Augier. Die Wahl des Präsidenten der Versammlung blieb unentschieden den 15. und 16. Dec. An jenem Tage erhielt nur Hr. Ravez und Hr. Serre die zur Kandi⸗ datur nöthige Stimmenzahl, an diesem die Herren Augier, Düpont und Lavalette. Den 18. bestätigte der König Hrn. Ravez als Präsidenten. Bemerkt wird, daß Lafayette seinen Platz zur Linken genommen. (J. d. Fr.)

Schon mehrmals war im Staatsrathe von Abän⸗ derung der bisherigen Einrichtung des Genossengerich⸗

tes (der Jury) die Rede und bekanntlich hatte die Regierung zu Anfang vorigen Sommers den Appella— tionsrichter Hrn. Cottu nach England geschickt, um dort genaue Erkundigungen über den Zustand des Ge⸗ nossengerichtes einzuziehn. Dieser ist zurück. Man ver⸗ sichert, daß sein Bericht vollkommen zu Gunsten der englischen Einrichtungen ausgefallen sey. Personen, die diesen Bericht gelesen haben, versichern, er sey ein Meisterwerk. Er sollte im Druck erscheinen, allein ei⸗ ner der Minister war dagegen; man behauptet, er werde nichts desto weniger öffentlich werden, sobald der Gegenstand, den er betrifft, vor die Kammern kommt. (A. A. 3)

London den 22. Decbr. Wir haben Madrid⸗ ter Briefe vom J. d., welche darthun, daß die grö⸗ ßeste Ruhe in dieser Hauptstadt herrscht. Der Kö⸗ nig sowol als der Brittische Gesandte hatten nie daran gedacht die Stadt zu verlassen, sondern warteten der Niederkunft der Königinn entgegen, welche nahe be— vorsteht. Andere Briefe sprachen von istreifenden Hau— fen die sich in den Gebirgen gesammelt haben und das Land ausplündern. ( Cour.)

Neapel. In Folge einer königl. Verordnung vom 253. Novbr. soll in Neapel ein Haupt⸗Archiv des Reichs diesseits des Meeres und in jeder Provinz ein beson⸗ deres angelegt und überdies die bisherigen Reichs-Ar⸗ chive in Cava, Montecasino und Montevergine beibe⸗ halten werden. Ueber sämmtliche Archive wird ein Oberaufseher (Gen.⸗Intendant) gesetzt, und unter das Ministerium des Innern gestellt. Die Absicht dieser Archive ist, alles zu sammeln und aufzubewahren, was für den öffentlichen Gebrauch, für die vaterländische Geschichte und sowol für den Staat als für die Pri⸗ vaten nützlich sein kann. Das Hauptarchiv, welches einen besonderen Director erhält, soll in fünf Haupt⸗ klassen enthalten: 1) die ministeriellen, politischen, di⸗ plomatischen, 2) die zur innern Verwaltung, 3) zu den Finanzen, 4) zu den Gerichtshöfen, 5) zum Kriegs- und Seewesen gehörigen Sachen.

(Frankf. O. P. 3.)