1819 / 12 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 09 Feb 1819 18:00:01 GMT) scan diff

richten fich nach der Natur des Verkehrs, und Preu—⸗ ßen hat, eben sowohl als andere große Staaten, auf einzelnen Straßen zuweilen sehr beträchtliche Durch⸗ fuhrzölle, nicht blos gegen Mindermächtige, sondern auch gegen die größten Mächte angeordnet, wenn es seinen Regierungszwecken gemäß war. Friedrich der Große legte dreißig Procent Durchgangzoll auf diejenigen Waaren, die ohne umzuladen aus Polen durch Schle— sien nach Böhmen geführt wurden; und es sind kaum zehn Jahre, daß diese Abgabe von der Preußischen Re— gierung aus eigner Bewegung aufgehoben ward. Frem— des Porcellan und Steingut durfte sonst die Preußi⸗ schen Staaten gar nicht berühren; noch vor funfzehn Jahren wurde Englisches Steingut zerschlagen, wenn auch nur die Durchfuhr davon versucht ward. Das Völkerrecht, so wie es noch bis heut durch die gemein— same Observanz des ganzen Europa besteht, wird also gar nicht dadurch verletzt, daß Preußen die Durchfuhr fremder Waaren über seine äußre Gränze nach den in seinem Gebiete eingeschloßnen Landestheilen nur er— laubt unter der Bedingung, daß dieselben Abgaben davon entrichtet werden, die der eigne Preußische Un⸗ terthan beim Verbrauche derselben zahlt.

Verbote oder Erschwerungen der Durchfuhren, die ein Staat aus seiner rechtlich freien Macht verfügt, können oft den Nachbarn hart fallen: deshalb aber sind sie keinesweges ungerecht. Selbst unbillig kann man sie nur dann finden, wenn der Rachtheil, der fremden Länder dadurch zugefügt wird, durch andre dem eignen Intereße unnachtheilige Einrichtungen ver— mieden, oder wenigstens gemildert werden könnte; oder wenn der Nachtheil des Fremden ganz außer gleichem Verhältniße mit dem eignen Vortheile stände. Beides ist offenbar hier nicht der Fall.

Preußen muß entweder Fabriken, die weit mehr Menschen beschäftigen, als die sämmtlichen einge— schloßnen Landes-Theile überhaupt Einwohner ent— halten, der fremden Mitwerbung ganz Preis geben, oder sie durch Abgaben auf fremde Fabrikate schützen. Jenes widerräth dringend eine fast allgemeine Stimme im Lande selbst; diefes ist daher im Ganzen mit gro⸗ ßer Behutsamkeit angeordnet, und die fremde Mit— werbung nur soweit durch Abgaben beschränkt worden, als nach sorgfältiger Prüfung unvermeidlich erschien. Demungeachtet bleiben diese Abgaben hoch genug; um den Schleichhandel zu reizen. Ein Pfund ordi— näre baumwollne Waaren, das vier bis fünf Thaler werth sein kann, ist mit zehn Groschen vier Pfen⸗ nigen Eingangs-Abgaben belegt. Das giebt der in⸗ nern Gewerbsamkeit einen Vortheil von 9 bis 12 Procent über den Ausländer, und wird von den Fa⸗ brikanten für sehr knapp berechnet gehalten. Gleich⸗ wohl kann ein Mensch, der bei Nacht dreißig Pfund solche Waaren auf den Schultern über die Gränze trägt, beinahe dreizehn Thaler dadurch verdienen. Preußen muß ferner entweder auf Kolonial-Waa—⸗ ren und fremde Weine so hohe Steuern legen, als die Möglichkeit einer sichern Erhebung gestartet, oder die öffentliche Meinung beleidigen, besonders in den ältern Provinzen, wo man längst gewohnt ist, das Wohlleben vorzüglich besteuert zu sehn.

Mit diesen wichtigen Zwecken ist aber die Dul— dung unversteuerter Waaren-Läger in den eingeschlos— senen Landestheilen ganz unvereinbar. Ist eine in . Richtung fortlaufende Gränze schon schwer zu

eobachten: so ist es noch vielmehr ein einzelner Punkt mitten im Lande. Die Erfahrung hat längst hierüber entschieden. Der Schleichhändler spottet der Wach— samkeit der Zollbeamten, die unmöglich auf allen Umgebungen seines durch fremde Landes-Hoheit ge— sicherten Schlupfwinkels zugleich sein können. Dage— gen wird der rechtliche Landmann und Handwerker hart belastet in seinem Gewerbe durch die Strenge der Untersuchungen und Förmlichkeiten, die bei so naher Gelegenheit zum Schleichhandel ganz unvermeid— lich sind. So blieb nichts übrig, als die Erhebung der gleichen Abgabe, welche den Schleichhandel aus den eingeschloßnen Landtheilen unmöglich macht, und

dem wechselseitigen Intereße anzupaßen suchen.

tung ist Seite 3, Zeile 42 (von oben) zu lesen:

die gänzliche Vermeidung innerer Zoll-Linien gestak tet. Für eine Gerberei oder Weberei in Deßau wird es gar nicht unerheblich sein, daß ihre Arbeiten ohne Abgaben, selbst ohne Förmlichkeiten nicht nur durch den ganzen Umfang der Preußischen Staaten, sondern

Allgemeine

über jede Preußische Gränze ins Ausland gehe. Dei ) w. ĩ 2 Handwerker, der Landmann, Jeder der täglich im 6 t 5; Lande verkehrt, genießt dadurch einer großen Erleich. *

terung, wogegen einige Vertheurung Son Kaffee, Zucker, Gewürz und Wein wohl nicht allgemein sehr drückend scheinen dürfte.

Wenn endlich demungeachtet Gründe vorhanden wären, dieses Verhältniß lästig zu sinden: so werden die Regierungen der eingeschloßnen Länder den Weg der Unterhandlungen einschlagen können, auf dem alle Staaten Europas die Anordnungen, welche ste selbst ständig über den Handel in ihrem Gebiete tre fen Man darf vertrauen, daß Preußen, weit entfernt auf den Strenge des Völkerrechts zu bestehen, gern die nähern Verhältniße erwägen wird, die es mit seinen Nach, barn verbinden; und daß es namentlich jeden Anschein einer unbilligen Benutzung der natürlichen Nachtheile eingeschloßner Länder durch das Anerbieten einer voll ständigen Entschädigung für die Steuern entfernen wird, die es in der That nur als Nothwehr gegen den Schleichhandel erhebt.

Das Preußische Finanzministerium konnte nur an— ordnen, was im Geiste des Gesetzes lag; dieß ist mit verfaßungsmäßiger Oeffentlichkeit geschehn. Die Amts. blätter, welche jede Regierung monatlich mit den Zeitungs-Berichte an des Königs Majestät unmittel⸗ bar einsendet, enthalten die Befehle an die Unter Behörden, diese Anordnung zu vollziehn. Dieß sind einfache Thatsachen; und es stand zu vermuthen, daß ein Anhaltiner wenigstens in soweit die Preußische Verfaßung kenne, um sich solcher Vorstellungen zu enthalten, als der freimüthige Teutsche sich er⸗ lauben zu können glaubte.

Berichtigung. Nach der Frankfurter Ober⸗Post⸗ Amts-Zeitung ist in Berlin die Sterblichkeit noch im mer sehr groß. Hiesigen Orts ist davon nichts be— kannt, als das Gegentheil. Wenn der Postbore diese Gelegenheit schlau benutzt, um zu meinen, daß Viele wohl an zurückgetretner Hoffnung sterben würden, so wäre zu seiner Ehre zu wünschen gewesen, daß die Censur der freien Stadt Frankfurt ihm einige von den Punkten etwa auch abgeschiednen Geistern und zurückgetretenen Hofnungen?) überwiesen hätte, wo— mit sie die dortige Zeitung des geistreichen D. Börne zuweilen reichlich ausstattet; vielleicht fände sich dar- unter das punctum saliens, das wir jetzt vermißen. Kehre doch jeder vor seiner Thür! So klein der Raum, er wird immer etwas wegzukehren finden. Als unter der Regierung des Königs Friedrich Wil helm L ein Holländischer Zeitungfchreiber meldete: „in Potsdam sei der Flügelmann der Garde gestor⸗ ben, man habe ihn serirt, und kein Herz bei ihm ge. funden,“ ließ der König durch die hiesige Zeitung er⸗— widern: das factum sey unbezweifelt und denabns ein Holländer gewesen. ö

Die hiesige Spenersche Zeitung Nr. 15 bemerkt, dit Staatszeitung scheine den Betrag des Militair-Etat auf 22 Mill. Thaler andeuten zu wollen. Hätte si aufmerksam gelesen, so würde sie gefunden haben, da die Staats-Zeitung sage: die Oppositions-Zei⸗ tung habe einen solchen Betrag andeuten wollen.

Druckfehler. Im vorigen Stücke dieser eis!

110

statt 100; desgleichen sind Seite 4, Spalte 2, Zeile 17 (9. unten) die Worte, die Erfahrung noch lehren

möchte, daß“ zu streichen.

.

12tes Stück. Berlin, den 9gten Februar 1819.

I. Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages.

Berlin, vom 8ten Februar. Am 6ten dieses abends sind Se. Königl. Hoheit der Erb⸗Groß⸗ Herzog von Mecklenburg-Schwerin und Ihro Königl. Hoheit die Frau Erb-Großherzogin, so wie der Prinz Paul von Mecklenburg-Schwe—⸗ rin in hiesiger Residenz eingetroffen, und in die für Höch stoieselben bereit gehaltenen Zimmrr auf dem Königl. Schloße abgestiegen.

An eben diesem Tage trafen auch Se. Königl. Hoheit der Herzog von Kumberland und Ihro Rönigl. Hoheit die Frau Herzogin allhier ein.

Berlin, den Aten Februar. Des Königs Ma⸗ je stät haben, mittelst Allerhöchster Kabinets-Ordre vom 3zisten Januar d. J., den bisher bei der Regie⸗

rung in Frankfurt a. d. O. angestellt gewesenen Regie⸗ rungsrath Bitter zum Geheimen Finanzrathe und Mitgliede des Finanz⸗Ministeriums zu ernennen geruht.

Seine Königl. Majestät haben die Wahl des bisherigen Landes-Aeltesten des Wohlau-Winziger Kreises, von Johnston auf Lahse, zum Direktor der Liegnitz⸗-Wohlauschen Fürstenthums⸗Landschaft zu bestätigen, und den Grafen von Pilati auf Schlö⸗ gel zum Landrath des Glazer Kreises im Bezirk der Regierung zu Reichenbach zu ernennen geruhet.

Se. Majestät haben die von der königl. Akademie der Wißenschaften getroffene Wahl der Herren Dr. Seebeck, Prof. Dr. Wilken und Prof. Dr. Rühs zu ordentlichen Mitgliedern der Akademie, des ersten für die physikalische, der beiden letzten für die histo— risch-philologische Klaße, allerhöchst zu bestätigen gas ruhet.

II. Zeitung s-Nachrichten.

Auslidan d.

Paris, den 30. Januer. Der Moniteur vom 20. d. M enthält einen merkwürdigen Aufsatz „über die Unveräußerlichkeit der Krondomainen und über die Nationalbelohnungen, die in konstitutionellen Monar— chien mit Zustimmung des Königs, der Großen und des Volkes bewilligt werden.“ Der Entwurf des Ge⸗ setzes vom 11. d. M. , das der Kammer der Deputir⸗ ten in Bezug auf die Schenkung für den Herzog von

Richelieu vorgelegt worden, hat zu dieser Erörte—

rung die nächste Veranlaßung gegeben. Das Gesetz,

ö. welches die Civil-Liste und die Dotation der Krone

betrift, verordnet: „die Güter, welche zur Dotation der Krone gehören, sind keiner Verjährung und Ver—

aäuserung unterworfen.“ Der Verfaßer des Aufsatzes, . der sich dafür entscheidet, daß eine Belohnung, welche die National-Erkentlichkeit dem Verdienste für das Vaterland zutheilt, auf die Domainen der Krone an⸗

gewiesen werden könne, ohne dem Grundsatze der Un⸗ veräuserlichkeit Eintrag zu thun, beruft sich auf das

Beispiel Englands, welches, obwohl dasselbe Ge⸗

setz vorhanden, dem Herzog von Marlboröugh nach dem Siege bei Blenheim (Hochstädt) dennoch eine Schenkung bewilligte, die aus den Besitzungen der Krone gewählt wurde, ohne daß auch nur Eine Stimme dagegen laut geworden. Die Domainen sind, sagt der Verfaßer, das Eigenthum des Hauses Bourbon aus demselben Titel, aus welchem jeder Franzose sein Ei— genthum besitzt. Sie sind unveräuserlich, aber nur, weil der König es also gewollt hat, indem er in das Gesetz der Unveräuserlichkeit willigte. Nichts hindert daher, dieses Gesetz durch ein andres aufzuheben, zu

bedingen, zu beschränken ꝛc.

Die Kammer der Deputirten hat am 2gsten d. N. 7 das Gesetz, welches, obwohl sich einige Stimmen da⸗ gegen erhuben, besonders gründlich durch den Grafen Simeon, als Redner der Regierung, vertheidigt wurde, jedoch, nach dem Vorschlage der Kommißion der Kammer, dahin angenommen: daß die Dotation für den Herzog von Richelieu auf die Domainen des Staats (nicht, nach dem Gesetz- Entwurf, auf die zur Civil-Liste gehörenden Domainen) angewiesen