1819 / 19 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 06 Mar 1819 18:00:01 GMT) scan diff

mischen Kirche, in Bezug auf. die Beschlüße des Tri⸗ dentinischen Konciliums, nicht ungültig; die Römische Kirche hält sich aber eben so berechtigt als verpflich- tet, ihre Vorsorge für das Seelenheil der Nachkom⸗ 0 . oh n gn erstrecken, daß sie, wenn die geist⸗ liche Funktion des katholischen Seelsorgers gefedert wird, das Versprechen des katholischen und die Ein— willigung des unkatholischen Theils, die Kinder bei⸗ derlei Geschlechts im katholischen Glaubensbekennt— niße zu erziehen, zu verlangen sich berufen findet. Um hierin ein Fiel zu setzen, ward die Ver⸗ fügung erlaßen: daß der katholische Pfarrer, der we⸗ gen der Glaubensverschiedenheit des Brautpaars und wegen ihrer Weigerung, die Kinder katholisch erziehen zu laßen, Aufgebot und Trauung versage, solches schriftlich erklären müße, und daß auf den Grund die⸗ ser die Dimißorialen vertretenden Erklärung, Aufge— bot und Trauung von dem evangelischen Pfarrer ver— richtet werden könne. Die General-Vikare wurden angewiesen, solches bekannt zu machen, und der zu Aachen that es in folgenden Ausdrücken: ;

„Bei dieser Gelegenheit wollen wir euch zugleich anweifen, wie ihr euch bei gemischten Ehen zu beneh⸗ men habt. Ihr dürft keine solche Ehe ohne unsre be⸗ sondre Erlaubniß einsegnen; diese wird nach Anord— nung des apostolischen Stuhls nur unter der Bedin⸗ gung ertheilt, daß der katholische Theil verspreche, die Kinder beiderlei Geschlechts in der katholischen. Reli⸗ gion zu erziehen, daß der nichtkatholische Theil die— sem Versprechen beitrete, auch dem katholischen eine freie Ausübung seiner Religion zusichere. Wollen Beide dieses nicht eingehn, so habt ihr ihnen schrift— lich zu erklären, daß ihr weder Aufgebot noch Trau— ung verrichten, noch einen Losschein geben könnet. Auf diese Art werdet ihr allen Unannehmlichkeiten ausweichen, da die Staatsbehörde hiemit einverstanden ist“ (cum eadem- sint sensa gubernii).

Da eine so zweideutige Faßung dem Befehl der

Staatsbehörde gerade entgegen war, so ward dem General⸗-Vikar vorläufig höhern Orts ein gerechtes Mißfollen zu erkennen gegeben, und er angewiesen, das verursachte Mißverständniß zu berichtigen, welches er durch nachstehendes Eircular an die Geistlich keit sei⸗ ner Diöces bewerkstelligt hat: „Aus den letzten Wor⸗ ten unsrer wegen der gemischten Ehen erlaßenen Ver— fügung: cum aden sint sensa gubernii, sollen Einige gefolgert haben, als wenn die Staats-Be— hörde die Vorschrist des apostolischen Stuhls wegen Erziehung sämtlicher Kinder in der katholischen Re⸗— ligion gutheiße. Da dieses nicht der Fall ist, wir auch nicht die Absicht hatten, so etwas zu sagen, so bemerken wir, daß das Einverständniß der Staatsbe⸗ hörde nur auf die Art der Erklärung Bezug habe, die ihr in dem Fall auszustellen habt, wenn die Kir— chengesetze wegen Weigerung des Brautpaars der apo⸗ stolischen Vorschrift nachzukommen, euren Beistand untersagen.“ eiche Maasregeln die Regierung in der Haupt— sache weiter nehmen werde, darf man ihrer gewißen— haften Vorsorge für die Glaubensgenoßen beider Kir⸗ chen und für die Aufrechthaltung des Ansehns der weltlichen Macht vertrauen voll unterwerfen.

Die öffentlichen Verhandlungen der Bairischen Ab⸗ geordneten erregen mit Recht ein allgemeines und le⸗

bendiges Intereße. Zum erstenmal sehen die Teut—

schen vor ihren Augen in ihrer Mitte ein Sckauspiel

eröfnet, das jedem wohlgeordneten Gemüth unter uns,

in welcher Meinung über die Gefahren ober Vorzüge

der Oeffentlichkeit des politischen Lebens wir auch be— fangen seyn mögen, die mannigfaltigsten Empfindun— gen erwecken muß.

Indem wir uns, soviel die Hauptsache betrift, geziemend darauf beschränken, dieser jungen Saat ein freudiges Gedeihen und ein reiches Erndtefest zu wün— schen, glauben wir für die Leser der öffentlichen Ver⸗ handlungen einen nur die Form angehenden Punkt ur Sprache bringen zu müßen, der eine wesentliche Ke ce ig ung verdient, damit wir uns in unsern Er— wartungen mäßigen, und nicht, wenn wir uns darin getäuscht finden, den Glauben und den Muth verlie— ken. „Die politische Beredsamkeit, hören wit rufen,

wird eine rasche Ausbilsung erhalten. von Staats-Ideen ergriffen ist, dem folgt Ordnung, Lebendigkeit und Stärke von selbst. Unser Landtag tritt schon jetzt frei in seinen Wirkungskreis. Dies kündigt uns ein Geschlecht an, wie es frühere Jahr— hunderte nicht gesehn.“ Wir dürfen allerdings von dem teutschen Ernst, von der Tiefe des teutschen Gemüths nunmehr erwarten, daß auch unter uns eine politische Beredsamkeit entstehen werde. Aber dazu gehört sehr viel, und es kenn sehr langsam gehen. Bevor nur Einem De mosthenes, Einen Chatam rie Zunge zertheilet wird, als wäre sie feurig und voll Geistes,

kann ein ganzes Geschlecht, kann vielleicht ein zweites

vergehn. Waßer thut es freilich nicht, nemlich die Staats-Idee, die zwar berauschen kann, aber nicht begeistern. Die kalte, mit allen Künsten der haarspal— tenden Dialektik vorgetragene Theorie von Menschen—⸗ und Vsölkerrechten schlägt hinreißend an keines Hörers Brust; aber die großen und seltenen Herzen, „die Gei⸗ sterseher der Geschichte, die Propheten der Zukunft ihres Vaterlandes“ “), genährt voi Geiste der Alten, glühend für den Ruhm und die Unsterblichkeit ihrer Heimat, diese sind es, in denen allein der mächtige Geist wohnt, der mit den Beschwörungen des hellen Gedankens und der heißen Empfindung die lebendige Rede hervor jurufen vermag, um den Hörer zu über- wältigen. Wie wenige so großer Redner hat selbst England! Aber ihre gewaltige Stimme tönt, ein Echo, das Ein Jahrhundert dem Andern überliefert, in den nachkommenden Geschlechtern. Ganz unter- schieden von dieser Beredsamkeit ist die Fertigkeit, sich mit Geschick in öffentlichen Verhandlungen zu bewe— gen. Sie erfodert nur eine Uebung, die aber zuwei⸗ len um so schwieriger ist, als das Auftreten vor einer

zahlreichen Versamlung anfangs von gewißen Verle:.

genheiten und ungewohnten Berührungen, unzertrenn— lich ist, die zuweilen auch wohl einem tüchtigen Ge⸗ müth die Ruhe versagen, die das ernsthafte Geschäft erfodert. Das aber giebt sich bald, nur macht es allein keinen Redner.

Wir glauben, daß hiernach die Foderungen billig zu ermeßen sind, die man an unsre jugendliche Qef⸗ fentlichkeit hin und wieder zu machen sich berufen hält.

) So wird Burke in dem Meisterstuͤck einer Rede: von der politischen Beredsamkeit und deren Verfall in Teutsch. land, vortreflich bezeichnet. (Teut. Staats anzeig. 1. B.

Wer lebendig

Al gemeine

Preußische Staats-Zeitung.

196 Stuck. Berlin, den 6ten Maͤrz 1819.

JI. Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages.

Berlin, vom 6. März. Seine Majestät der König haben dem Freiherrn Ewald v. d. Osten⸗ Sacken den Königlich Preußischen St. Johanniter⸗ Orden zu verleihen geruhet.

Seine Majestät der König haben dem Amts⸗ rath Johann Benjamin Halle zu Willenberg in Ost— preußen zu gestatten geruhet, den adelichen Namen von Halle, genannt von Liptay, mit allen adli⸗ chen Rechten zu führen und auf seine Nachkommen zu übertragen.

Bekanntmachung.

Zu mehrer Erleichterung der außerhalb Berlin woh⸗ nenden Inhaber von Staats-Schuldscheinen ist beschloßen worden, daß die Staats-Schuldscheine, behufs der Verab⸗ reichung der neuen Koupons fuͤr die Jahre 1819 bis 1822, in eben der Art, wie solches nach der Bekanntmachung vom 15. Januar d. J. bei der Kontrolle der Staats⸗-Papiere geschehen sollte, nunmehr auch bei den behoͤrigen Koͤnigl. Regierungen eingereicht werden koͤnnen, und letztere ermaͤch— tigt seyn sollen, demnaͤchst die Pruͤfung, Abstempelung und das Ausgeben der Koupons zu bewirken.

Dieses wird hierdurch zur offentlichen Kenntniß, den Koͤnigl. Regierungen aber, wegen des hierbei zu beobachten⸗ den Verfahrens, zugleich Folgendes zur naͤhern Instruk⸗ tion gegeben:

1) Die Koͤnigl. Regierungen senden uͤber sämtliche bei ihnen eingereichte Staats-Schuldscheine ein nach Num⸗ mern, Buchstaben, Kapitals⸗ Betragen und dem Namen des Praͤsentanten in duplo angefertigtes genaues Ver⸗ zeichniß ein.

2) In dieses Verzeichniß duͤrfen nur solche Staats— Schuldscheine aufgenommen werden, bei welchen sich die

richtige Abstempelung der vorletzten Koupons aus der

Serie II. bereits vorfindet; wo diese fehlt, sind die

Staats-Schuldscheine unter Bemerkung des Praͤsen⸗

tanten abgesondert der hiesigen Kontrolle der Staats⸗

Papiere zum direkten weiteren Verfahren zu uͤbersenden.

3 Die neuen Koupons werden, soweit sich hier nach Lage der Buͤcher bei dem eingesandten Verzeichniß nichts zu erinnern sindet, hienaͤchst jeder Regierung mit einem

Exemplar des Verzeichnißes, und mit dem Stempel

zum Vermerk der Ausgabe der Koupons auf jedem

Staats-Schuldschein, uͤbersandt werden, wobei dersel⸗

ben aber zur Pflicht gemacht wird, das Abstempeln

und Ausgeben der Koupons durch besonders zuverlaͤ—

ßige Beamte besorgen zu laßen. 2

4) Sobald das Ausgeben der Koupons bei der behoͤri⸗

gen Regierung vollendet ist, wird von derselben das

Verzeichniß der bei ihr präsentirten Staats⸗ Schuld⸗

scheine dahin bescheiniget:

„daß die Ausreichung der Koupons auf jedem Staats Schuldscheine, wozu sie gehören, abgestempelt worden sey, und daß sich dabei nichts zu erinnern gefun⸗ den habe“

welchemnächst das Verzeichniß zum Belag der Ausgabe

mit dem Stempel wieder an das unterzeichnete Mini—

sterium zuruͤckzusenden ist.

Hienach haben sich die Koͤnigl. Regierungen, ohne wei⸗ tere specielle Berfuͤgungen, zu achten, und dieses auch in ihre Amtsblaͤtter schleunigst aufzunehmen.

Die Schemata zu den oben ad 1. vorgeschriebenen Ver⸗ zeichnißen werden den Regierungen durch die Kontrolle der Staats-Papiere zugehen.

Berlin, den 25. Februar 1819.

Ministerium des Schatzes und fuͤr das Staats⸗Kredit⸗Wesen. C. F. v. Hardenberg. Friese. Rother.

II. Zeitung s⸗-Nachrichten.

Ausland.

Paris, vom 2d. Februar. Eine Königl. Verord⸗ nung vom 17. d. M. enthält eine veränderte Einthei⸗ lung und Dislokation der Stämme der 258 Infante—⸗ rie⸗Bataillons unseres Heeres.

In der Sitzung der Pairskammer vom 20. d. M. machte der Marquis Barthelemy, unterstützt von

den Herren Grafen v. Castellanne, Vicomte v. Montmorency, Marquis v. Pastotet und Gra— fen J. v. Pol ign ac, den Antrag, den König zu bit⸗ ten, daß er den Kammern einen Gesetz Entwurf über die ihm erfoderlich dünkenden Abänderungen des Wahlgesetzes vom 5. Februar 1817 möge vorlegen laßen. Die Herrn v. Lally⸗Tolendal, Boißy d' Anglas,