1819 / 20 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 09 Mar 1819 18:00:01 GMT) scan diff

Wäre dem aher auch nicht so, und wäre er nach der Muthmaßung des Bamberger Zeitungschrei⸗ bers wirklich unter den Händen eines Mörders gefal⸗ len, so darf doch gegen die Einwohner der Stadt Langensalza und überhaupt gegen die braven Bewoh⸗ ner Thüringens nicht dem entferntesten Argwohn Raum gegeben werden, als ob Einer oder Mehre unter ihnen sich einer eben so blutdürstigen, als thörigten That schuldig gemacht. Würden aber auch so viel Theil⸗ nehmer an dem Morde des Zollinspektors in Langen⸗ salza ausgemittelt, als zur Ermordung des Herrn von Fualdes in Rhodez geholfen haben sollen; = wem i es wohl eingefallen, den in Rhodez verübten Mord ais einen Beweis des allgemeinen Unwillens gegen

die Französische Regierung geltend zu machen!

Bemerkung en zu einer im 16u1en Stücke des Eu⸗ ropäischen Aufsehers befindlichen Berichtigung.

Das 11te Stück der Preußischen Staats ⸗Zeitung enthielt einen Aufsatz überschrieben „Preußens neues Zollsystem in Verhältniß zu den teutschen Rachbarstagten“ deßen Zweck es war, durch Er⸗ innerung an sehr bekannte Thatsachen die Beschuldi⸗ gung zu entkräften, daß Preußen durch sein neues Zoll⸗ ystem eine bisher unerhörte und höchst verderbliche Bedrückung seiner Nachbarn ausübe. Soweit dieser Aufsatz Leipzig betrift, wird ihm jetzt im 161en Stücke des Europäischen Aufsehers eine Berichtigung ent⸗ gegengesetzt, in der wir mit Vergnügen sehr vich mehr Mäßigung finden, als in den Aufsätzen über das neue Preußische Zollsystem, die in Sachsen und Thüringen vor einigen Wochen an der Tagesordnung waren. Es wird bemerkt, daß Leipzig nicht nur von Landleuten, die nahe genug wohnen, um wöchentlich zu Markte

u kommen, sondern auch von Hökern versorgt werde, welche die entfernteren Gegenden durch ziehn, Lebens⸗ mittel daselbst aufkaufen und nach Leipzig führen. Wir erwidern darauf, daß pei allen größern Städten derselbe Fall eintritt. Nicht nur in einem Umkreise von drei bis vier Meilen, wie um Leipzig, sondern in Entfernungen von acht, zwölf und mehr Meilen wer— den in gleicher Art Lebensmittel für Berlin aufge⸗ kauft. Da indeßen bereits nachgewiesen ist, daß alle Lebensmittel, welche das Land erzeugt, auch jetzt noch

ganz steuer frei aus dem Preußischen Gebiele nach

Leipzig gehen, so kann weder, wenn sie von Bauern,

noch wenn sie von Hökern zugeführt werden, eine Ver⸗ theurung derselben durch die Preußischen Zölle entstehn. Wir werden ferner belehrt, daß diese Höker eigent⸗ lich einen doppelten Handel treiben, nämlich Zucker, Kaffee, Taback un s. w. in Leipzig aufkaufen, und dem führen, und dagegen nun Lebensmittel

dern Ländern, nicht blos im Preu⸗ solchen Handel

Regel der Land⸗

kleine Stadt

einhandeln. ßischen, dul allerdings nich mann sehr im W

h nach

wenn sei

ansäßige Mann ist ihm Der Landmann aber, welcher

zu entfernt v on Leipzig wohnt, um wöchentlich seinen ;

Bedarf dort zu kaufen, würde sich auch beßer dabei stehn, wenn die Hausirerei nicht allen Verkehr der kleinen Städte zu Grunde richtete. Er würde, wenn die kleinen Städte in seiner Rachbarschaft wohlhaben— ber wären, dort manche seiner Erzeugniße absetzen, und seine Bedürfniße beßer kaufen können, als von dem umherziehenden Viktualienhändler. Uebrigens ist der Krämer in Delitsch, Eilendurg, Skeuditz, Lützen u. s. w. durch das Preußische Zollsystem gar nicht ge: hindert, seinen Kaffee und Zucker aus Leipzig zu holen; bie Verbrauchsteuer, welche von solcher ausländischen Waare entrichtet wird, ist immer dieselbe, von wel⸗ cher Seite sie auch ins Land komme; der Kaufmann in Halle oder Naumburg, an den er sich wenden wird, wenn er seinen Bedarf nicht aus Leipzig beziehen will, kann ihm nur eben so hoch besteuerte Waare verkau—

fen. Die Meßen von Leipzig werden dadurch nicht leiden, wenn das Preußische Zollsystem Gelegenheit geben sollte, den leidigen Hausirhandel mit Kaffee und Zucker in einen stehenden Kramhandel zu verwandeln; die reichen Kaufleute werden deshalb nicht aus Leipzig wegziehn, und die patriotischen Teutschen, deren Aufmerksamkeit der Europäische Aufseher hierauf zu lenken sucht, werden daher wenigstens keinen Anlaß zu Besorgniß schöpfen können. .

Der längst bestandene Grünzeughandel aus Halle,

welchen der Aufseher besonders anführt, kann durch

das Preußische Zellsystem wohl am wenigsten gefähr— det werden. Es können jetzt mehr Artikel und für niedrigere Abgaben aus Leipzig in den Saalkreis erlaubterweife eingeführt werden als vormals; über Erschwerung des Schleichhandels durch beßre Aufsicht werden hoffentlich die patriotischen Teutschen nicht klagen wollen.

Da auf der Straße von Leipzig über Lützen nach Frankfurt am Main, von der Pferdeladung, das ist in der Regel von zehn Centnern, nur ein Thaler Zoll beim Durchgange entrichtet wird: so kann sie wohl durch die Höhe der Abgaben nicht wie der Aufseher meint; und wir hoffen,

5 de werden,

wenn die

Jahreszeit dazu angethan seyn, und Jedermann von der

Kenntniß haben wird, eben

wahren Lage der Sache sonst darauf zu sehen. Auf

soviel Frachtfuhren als

ber Nebenstraße über Zeiz nach Gera werden gar nur

vier Groschen Durchgangzoll von der entrichtet. Wenn die Rebenstraße über ins Heßische durch die Thätigkeit Preußens im Wege bau eine Hauptstraße werden wird: so wird Leipzig nur dadurch gewinnen, und der Zoll auf derselben, welcher in keinem Falle zwölf Groschen für den Cent— ner beim bloßen Durchgänge übersteigt, wird den Han⸗ del darauf gewiß nicht hemmen.

Wir sagen mit dem Aufseher „Freiheit des „Verkehrs ist die Seele des Handels, und „wer sie unterdrückt, hat weder Glück n och

„Segen“ in der festen Üeberzeugung, daß ein so

mäßiges und billiges Zollsystem, als die Preußische

Regierung angenommen hat, dem Staate niemals Un.

glück und Unsegen bringen werde.

Druckfehler. Zte Seite, Zeile 48 der ersten Spalte, muß statt einzige heißen.

Pferdeladung Merseburg

Im 14ten Stuͤck der Staats: Zeitung. es alte st!

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Allgemeine

Preußische Staats-Zeitung.

20st Stück. Berlin, den 9gten Maͤrz 1819.

Zeitung s⸗Nachrichten.

Ausland.

Paris, vom 27. Februar. In der gestrigen Siz— zung der Knmmer der Pairs setzte der Marquis von Barthelemy seinen Antrag auf eine Modifikation des Wahlgesetzes näher auseinander. Er glaubte schon darin eine Unvollkemmenheit des Gesetzes zu finden, daß wohl ein Drittel der gesetzlichen Wähler an den letzten Wahlen nicht Theil genommen, welches doch nicht einer Gleichgültigkeit für das Gemeinwesen und einem Mangel an Patriotismus, sondern irgend einem Fehler in den gesetzlichen Bestimmungen zugeschrieben werden müße. Eben so sey es ein anerkannter Uebel⸗ stand, daß man in unbezweifelt lobenswerther Ab⸗ sicht, die Gewerbsamkeit zu ermuntern, eine jäheliche Gewerbsteuer von zoo Franken in Bezug auf das Wahlrecht einer eben so hohen Grundsteuer gleich ge⸗ stellt habe; da nun die Gewerbsteuer in monatlichen Raten bezahlt werde, und man sich gar nicht darum bekümmere, wie lange der Steuerpflichtige dem Staat diese Abgabe entrichte, so könne Jemand, der nur ein einzigesmal 2s Franken Gewerbsteuer bezahle, ganz gesetzlich seine Stimme in der Wahlversamm⸗ lung geben. Hieraus entstehe dann, daß heimathlose Menschen sich in die Wahlversammlungen einschlichen, zur höchsten Kränkung der Grund-Eigenthümer, de— ren Rechte sie mißbrauchten. Denn zu allen Zeiten und in allen Ländern, bemerkte der Redner, sind die Grund-Eigenthümer, die Besitzer der Häuser und Ländereien die Stärke des Volkes. Sie sind die Wäch— ter der Sitten und der Einrichtungen des Staates; ihnen vertraut der Gesetzgeber die politischen Rechte, ohne Besorgniß die natürliche Gleichheit der Rech te zu gefährden, weil unser gesellschaftlich er Zustand dem beharrlichen Fleiße des arbeitsamen Menschen alle Bah— nen zum Eigenthum öfnet.

Endlich fand der Redner auch darin einen Tadel des Wahlgesetzes, daß die Ernennung von Stellver— tretern darin übergangen sey.

Der Marquis von Deßolles widersprach dem Antrage. Schon, sagte er, hat ein Minister des Kö— nigs, an dieser Stelle den Antrag, als den verderb⸗ lichsten, der von der Kammer ausgehen könne, be— kämpft. Was er in profetischem Geist gesprochen, ist

heut schon erfüllt. Nicht Einer unter uns ist, der es nicht weiß, daß dieser Antrag, so wie er bekannt wurde, die Partheien aufgeregt, das Vertrauen ge⸗ stört und eine heftige Bewegung in der Hauptstadt verbreitet hat. Man erzählt schon, daß dieselbe Bewe⸗ gung sich den Departements mitgetheilt habe. Es ist mir sehr wohl erinnerlich, daß ich für das Wahlge⸗ setz, als es hier vorgeschlagen wurde, mit einigem Mißtrauen gegen seinen günstigen Erfolg gestimmt habe. Heut erkläre ich in der aufrichtigsten Ueberzeu⸗ gung, daß mich eine zweimalige Erfahrung hieruber vollkommen beruhigt hat, und daß die Wahlen, welche darnach geschehen sind, mir keinesweges geeignet schei⸗ nen, das Geschrei einiger Leute zu rechtfertigen.

Sollte jedoch auch hin und wieder eine Verbeße— rung nöthig gefunden werden, so schien dem Redner doch der Zeitpunkt gar nicht wohl gewählt, sie in Vorschlag und zur Erörterung zu bringen, so wie er die Kammer der Pairs nicht berufen glaubte, der Weisheit des Königs vorzugreifen. Schließlich erklärte der Minister: daß es die einstimmige Meinung der Re⸗ gierung sey, jede Veränderung im Wahlgesetz zurück= zuweisen, da schon der bloße Antrag hinreichend ge— wesen, die Gefahr einer solchen Abänderung zu zei— gen, und diese Gefahr nur vergrößert werden würde, wenn man den Antrag in nähere Erwägung zu ziehen beschließen sollte, daher die Regierung sich verpflichtet halte, die Kammer dagegen zu warnen und ihren Wi— spruch laut werden zu laßen.

Obgleich mehre Mitglieder in diesem Sinne spra⸗ chen, ward dennoch mit einer Mehrheit von 34 Stim⸗ men der Beschluß gefaßt, die Motion des Herrn v. Barthelemy in nähere Erwägung zu ziehen.

In der Sitzung der Kammer der Abgeordneten ward ein Gesuch des Obersten Sal el, angeblich zu⸗ gleich im Namen von 1500 Officiexen aller Grabe, vorgetragen, welches die Verwendung der Kammer für die Buonapartischen Donatarien zu Wieder: Erlan⸗ gung ihrer im Auslande belegenen Schenkungen in Anspruch nimmt. a nr

Der Bericht⸗ Erstatter trug im Namen der Kommis sion, welche sich überall günstig für dieses Gesuch ge⸗ äußert, auf Uebersendung der Bittschrift an den Mi⸗