Der Zweck dieser Schrift, die Landes ⸗Verfaßung einer Provinz, das Geschichtliche und noch Bestehende derselben ans den Quellen der Landesgeschichte kennen zu lehren, verdient an sich schon eine dankbare Aner⸗ kennung. Mehr noch, wenn, wie der Verfaßer der angeführten Schrift von sich selbst sagt, die redliche Absicht den Persenen und Dingen ihr Recht zu laßen, die Untersuchung leitete. Bei der allgemeinen Theilnahme für diesen Gegen⸗ stand, bei der vielfältig ausgesprochenen Absicht, frü⸗ here Provinzial-⸗Verhältniße zu berücksichtigen, schien es angemeßen, aufmerksam zu machen auf diese so eben erschienene Landes und in der Absicht, wirksam für das Wohl der Provinz zu werden, abgefaßt ist.
Wie abweichend aber auch die Ansichten der Leser von denen des Verfaßers seyn mögen: so läßt sich doch mit einiger Zuversicht erwarten, daß diese Schrift, bei dem Reichthum der Gegenstände und ihrer Behandlungs— art, in so mancher Hinsicht, nicht ohne Intereße werde gelesen werden, 46
Wie sich das Verfaßungswefen in dem Herzogthum Westfalen entwickelt, fortgebildet, und was sich davon noch erhalten, das hat der Verfaßer in 5 Zeitabschnit⸗ ten dargestellt. J .
Zuvörderst macht er in einer Einleitung auf die unhistorische Richtung der Zeit, als schädlich den Rech⸗ ten der Fürsten und Völker, aufmerksam .
Irrig sey es, den Zustand der Rechtlosigkeit einem fingirten Vertrage zuzuschreiben, den nur Gewalt gruͤnden und halten könne. a , , Die Gewalt könne, das Recht solle nie aufhö— ren. Daraus ergaben sich für den Verfaßer nach ste⸗ hende Folge sätze: . .
1) Baß Stärke nie der Grund gesetzlicher Gewalt seyn dürfe. ö — ) 3) Daß sie, selbst hinfällig, keine Verfaßung grün⸗
den könne, die binden und ordnen soll.
z) Daß die Verfaßung, die Fürst und Volk verben⸗ den soll, nicht erfunden, nicht geschaffen werde, 4) Daß sie nur dann dauerhaft und gerecht seyn
könne, wenn sie in der Geschichte der Vergan⸗ genheit und Gegenwart, und der Eigenthümlich⸗ keit des Volks gegründet sey. .
5) Das sey das Heilsame der Provinzial ⸗Verfas⸗ sungen, daß sie auf dem Vorhandenen, dem cg. und dem Boden der Geschichte gegrün— det seyen.
Wie die historische Ansicht und die Anwendung hi—⸗ storischen Wißens, deßen Gegenstand sowohl das Wirk—⸗ liche als das Geschehene ist, auf das Verfaßungswe⸗ sen eines Landes einwirken könne, darüber wird man sich nur verständigen, wenn man die Natur und das Wesen der Geschichte in dieser Beziehung näher ins Auge faßt. Als wißenschaftliche Darstellung des Wirk— lichen, sowohl des Vorhandenen, als des Geschehenen, wird die Geschichte als die sicherste Führerin im Ge— biete der Erfahrung angesehen werden müßen. Sie allein wird die Anläße der Entstehung, den Zusam⸗ menhang, die Einwirkungen, die Folgen, die Dauer ge⸗ wißer Institutienen der Gesellschaft, die Eigenthüm⸗ lichkeiten eines Volks nachzuweisen im Stande seyn.
Mittelst richtiger Beurtheilung und Benutzung der Einsicht in den Gang statt gefundener gesellschaftli⸗ cher Einrichtungen, wird sie angeben, wie diese und warum sie nach der Zeit und den Verhältnißen gerade so geworden, und wie sie haben zu Stande kommen können. . .
Belehrend und warnend wird sie bei einem zeitge— mäßen Aufbau einer Verfaßung, mit dem Schatz ihrer Erfahrungen, der Vernunft zur Seite stehen.
Zweckmäßig werden diefe Materialien der Geschich te aber nur dann benutzt werden, wenn in einer Ver⸗ faßung die Foderungen der Zeit, die Bildungstufe der Geselischaft verücksichtiget wird; wenn richtige Urtheile und Folgerungen, aus Vergangenem erkennend das
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a
Darstellung, die mit Kenntniß des
ruhen müsse.
Zeitgemäße, dieses auf der Idee des Rechts gründen; Nicht dadurch, wie viele meinen, daß eine Verfaßung— um auf der Geschichte gegründet und mit ihr ver⸗ wurzelt zu seyn, nothwendig längst Atgestordenes in sich aufnehmen; daß sie germanisch seyn müße, weil nur das geschichtlich, was aur der Vergangenheit ent— lehnt, wenn es auch für die bestehenden Social⸗-Ver⸗ hältniße unbrauchbar geworden.
Die Verfaßungen sollen das Werk allmähliger Ent⸗ wickelung seyn, mit zeitgem itzer Anwendang der Ver⸗ faßungs-Grundsätze entworfen werden. Aber der Ent⸗ wicklungs-Prozeß in dem politisden Leben der Völ⸗ ker ist ein neu Hervorgehendes, aus den Bedürfnißen und der Fortbildung derselben, kein Rückschreitenoes.
Das Zurückfodern des Abgelebten, namentlich des— « sen, was aus dem Feudaloverhältniß hervorgegangen,
erscheint daher selbst als ungeschichtlich, da die Ge⸗
schichte nie ein Stillstehendes, immer ein Wechseln—
des und Bewegliches ist.
Wie ließe sich überhaupt, ausschließungsweise, nur
das geschichtlich nennen, was germanisch ist, was das Mittelalter entstehen sah. Haben sich denn nicht alle unsere Kenntniße, unsere gesellschaftlichen Verhält⸗ niße, Staats-Einrichtungen, geschich tlich entwickelt? Hangen wir nicht gleichsam durch Erbschaft mit der Vergangenheit innig zusammen? Steht uns ein min⸗ deres Recht zu, unsere gesellschaftlichen Institutionen zeitgemäß, nach unsern Verhältnißeg, Einsichten und Bedürfnißen zu formen, als unseren Altvordern? Kann
uns ein Gedeihliches und Frommendes nur aus alten
Wurzeln, aus einem abgestorbenen Stamme erblühen!
Wollte man sich aber auch für die praktische An
wendung starr dem Alten zuwenden, das Mittelalter wieder erstehen laßen, oder nur an einzelnen früher bestandenen Einrichtungen anknüpfen, auf dieser Un⸗ terlage, was die Zeit fodert, neu bauen: wo würde ein Vereinigungspunkt der verschiedenen Meinungen und Intereßen gefunden werden können? Wer möchte sich auch, wenn nun einmal der Geist der Verfaßung in diesem Sinne überhaupt historisch seyn soll, dafür verbürgen, daß nicht Steuerfreiheit des Adels ge⸗ wünscht? Vertretung der Bauern, gesetzlich geregelte Preßfreiheit entbehrlich geglaubt würden? Daß auch Herstellung der Fideikommiße, untheilbarkeit der Gü— ter, Unabhängigkeit und Oeffentlichkeit der Gerichte, allgemein als heilbringend erkannt werde? Daß aber nur Verfaßungen, aus geschichtlichen Wurzeln ent sproßen, dauerhaft seyn können, widerlegt selbst die Geschichte, da die Verfaßung von Norbamerika schon seit einer Reihe von Jahren glücklich besleht. Nicht um den Werth der Geschichte für das Ver⸗ faßungswesen überhaupt verkennen zu wollen, von dem sie Hülfbeistand, und innerhalb des Gebietes der Er— fahrung, als Führerinn und Rathgeberinn benutzt werden möge, sey dieß gesagt. Nur einer Ueberschätz ang und einer Nichtung, die der Feudal-Verfaßung zugewendet, sollte begegnet werden. Ausgehend von einer höhern Ansicht, muß das Verfaßungswerk, auf dem Göttlichen im Menschen, auf der Vernunft und der Idee des Rechts gegrün⸗ det werden. Nur dann läßt sich etwas allgemein gültiges, dauerndes gründen, und mit Zuversicht erwarten.
ter dem Wechsel des Geschichtlichen ein Streben nach diesem Höheren dauernd geblieben.
Denn auch da, wo sich geschichtlich das Gegen⸗ theil entwickelte, hat sich das ewig Wahre in der Idee erhalten: daß allein durch die Sitten die Gesell⸗ schaft erhalten werde, daß persönliche Freiheit, daß bie Idee des Rechts, daß vor allem Religion die Grundpfeiler seyen, auf welchen jede Staatsverfaßung (Der Beschluß folgt.)
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Allgemeine
Ppreußischt Staats-Zeitung.
— —
21646 Stuck. Berlin, den 13ten Maͤrz 1819.
J. Amtliche Nachrichten.
Kronik des Tages.
Berlin, vom 11. März. Durch den Staats— Kanzler Fürsten von Hardenberg sind heute dem Staaisminister und General-Lieutenant Grafen von Lottum die Geschäfte des Ministerii des Schatzes und für das Staats-Kredit-Wesen, so wie auch die der Genetal-Kontrolle, als nunmehrigem Chef dieser Behörden übergeben worden. Der wirkliche Geheime Ober-Finanzrath von Ladenberg verbleibt in sei⸗ ner Dienststellung in Folge der von des Königs Maße stät allerhöchstselbst vollzogenen neuen Instruk⸗ tion für die General-Kontrolle vom gten d. M.
Der wirkliche Geheime Ober-Finanzrath Rother bleibt in Gemäßheit der Kabinets-Ordre vom gien 3. M. als Direktor in seinen Funktionen bei dem Ministerio des Schatzes, und sind seiner speciellen Leitung die Geschäfte der Abtheilung für die See⸗ handlung und das Staats-Schulden: Wesen anver⸗ traut worden.
W m, m
Seine Majestät der König haben dem von dem Major außer Diensten von Zydowitz an Kin— des Statt angenommenen Rittmeister Karl Heinrich Albrecht John zu gestatten geruhet, Namen, Stand und Wappen des von 3Zydowitzischen Geschlechtes annehmen und führen zu dürfen.
Seine Majestät der König haben dem Salz⸗ fakter Hauptmann Ulfert zu Kreuzburg in Schle—
sien das allgemeine Ehrenzeichen erster Klaße zu ver— leihen geruhet.
Der Kammer-Gerichtsrath Scheffer ist zum Syndikus der hiesigen Universität ernannt werden.
Des Königs Majestät haben geruht, mittelst allerhöchsten Kahinetsbeschlußes vom 1. d. M. die Kommendatur-Abtey Wagrowice dem Domprobst v. Miaskowsky zu Posen zu verleihen.
Des Königs Majestät haben den zeitherigen Adjunktus der juristischen Fakultät der Universität zu Greifswalde, Dr. Gesterding, zum ordentlichen Pro⸗ feßor der Rechte an eben derselben zu ernennen geruht.
Der zeitherige Privatdocent hei der Universität zu Berlin, Dr. Barkow, ist zum außerordentlichen Pro⸗
feßor der Rechte an der Universität zu Greifswalde er⸗
nannt worden.
Der Justiz-Kommißarius Karl August Störmer zu Elbing ist auch zum Notarius publicus im De⸗ partement des Oberlandesgerichts zu Marienwerden bestellt worden.
Heute wird das 4te Stuͤck der Gesetzsamlung ausgege— hen, welches enthält unter ö No. 5i9. die Uebereinkunft wegen einer Huͤlfsmilitair⸗ straͤße für die Königl. Preuß. Truppen durch das Fuͤr⸗ stenthum Lippe, vom 18. Juni und 25. August 1818, ratifizirt den Sten Oktober desselben Jahres. Berlin, den 11. Maͤrz. . Koͤnigl. Preuß. Debit-Komtoir für die Allgemeint . Gesetzsamlung.
Il. Zeit ungs-Nachrichten.
Paris, vom 3. März. Unsre politischen Blätter
Auch zeigt die Geschichte vergangener Zeiten, daß un⸗ . sind mit den Erörterungen über die Motion des Mar— puis Barthelemy wegen Abänderung des Wahlge— setzes angefüllt, und die öffentliche Theilnahme ist aus⸗ . schließlich auf diesen Gegenstand gerichtet, in welchem wan einen ofnen Angrif des Adels auf das Volk zu erblicken glaubt. Da Lally Tollen dal früherhin geäusert hatte, daß er, wenn die Motion auf nament⸗ lich bestimmte Mängel des Wahlgesetzes gerich tet werde, vielleicht beitreten dürfte, und Barthelemy nun—
Stück 17, Beilage, Seite n, * mehr drei solcher Mängel namhaft gemacht hatte, so
erklärte er sich geneigt, daf tr zu stimmen, daß man diese drei Mängel in nähere Ueberlegung ziehe, sobald der Antrag an den König sich darauf beschränke, ihn ehrerbietigst zu bitten, einen Gesetz⸗ Entwurf an die Kammer gelangen zu laßen, des Inhalts; „Gesetz, um die Ausführung des Wahl⸗Gesetzes vom 5. Februar 1817 zu befördern, die Ausübung des Wahlrechts allen Wahlberechtigten zu erleichtern, und diejenigen davon auszuschließen, welche die erfoderten Eigenschaf⸗ ten nicht besitzen, auch die zur Ausübung des Wahl⸗ rechts durch das Gesetz selbst vorgeschriebenen Bedin⸗