1819 / 26 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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den vorliegenden Fall unbestimmt sey, einer Revislon zu unterwerfen, so ward die Uebersendung der Bitt⸗ schrift an den Justizminister beschloßen.

Der älteste Ludwigs-Ritter, Kapitain von Be⸗ care, 85 Jahr alt, beklagte sich, daß man ihm, weil er eine Militair-Pension beziehe, diejenige Pension verweigere, die ihm als ältestem Ludwigs⸗Ritter statu⸗ tenmäßig gebühre. Er hatte den Orden bei Kloster— kamp auf dem Schlachtfelde erhalten. Sein Gesuch ward dem Finanzminister zugestellt.

In der geheimen Sitzung der Kammer der Abge— geordneten von 18. d. erstattete der Graf Beugnot im Namen der Kommißion den Bericht über den Vor— schlag der Pairkammer, das Wahlgesetz betreffend. Er tadelte zunächst die Faßung des Vorschlages. Es werbe nicht von Modifikatienen des Wahlgesetzes gesprochen, die unerlaßlich sey en, nicht einmal von sol⸗ chen, die unerlaßlich schienen, sondern von solchen, die unerlaßlich scheinen könnten. Dem Wortver— stande nach enthalte der Vorschlag also gar nichts, und sey überdies eben nicht ehrerbietig gegen den Koͤ— nig, welchen man nicht erinnern dürfe, von seinem Rechte der Initiative Gebrauch zu machen, sobald ihm solches unerlaßlich nothwendig scheine Aber die Ab⸗ sicht sey deutlich dahin gerichtet, das Wahlgesetz selbst zu verändern. Da die ersten Wahlen keine Be⸗ denklichkeit erregen können, so habe man ängstlich ver— mieden, irgend einen speciellen Artikel des Gesetzes anzugreifen, und eine ganz allgemeine Faßung ge— wählt, um nicht zu große Besotgniß zu erregen. Dies sey kein gerader und kein anständiger Weg, wenn es darauf ankomme, eine der wesentlichsten Angelegen⸗ heiten der Gesellschaft in Berathung zu ziehn. Um eine Veränderung des Wahlgesetzes fodern zu können, hätte man untersuchen müßen, entweder ob die Kam⸗ mern bei Erörterung des Gesetzes erhebliche Umstände kÜbersehen, die auch bei der Ausführung besonders be— denkliche Schwierigkeiten verursacht, oder ob irgend ein Ereigniß die Handhabung des Gesetzes störend betroffen habe. Was das Erste betreffe, so habe man bei der nähern Auseinandersetzung des Vorschlages in der Pairkammer aufmerksam gemacht: ob es nicht gut sey, die Wahlversammlungs⸗-QOerter zu vermehren, da—⸗ mit sie den Wahlberechtigten gelegener würden. Bei der Erörterung des Gesetzes aber sey eben dieser Um— stand am ausführlichsten erwogen und auf Erörterung der Frage über den Versammlungsort die mehrste Zeit verwendet worden. Auch habe sich bisher keine Schwierigkeit daraus ergeben. Die Wahlen wären leicht, ruhig und anständig vor fich gegangen.

Man habe bemerkt, daß der dritte Theil der Wahl⸗ berechtigten gefehlt habe. Darüber sey aber kein Be⸗ weis geführt, und in keinem Falle könne die Entfer— nung vom Wahlorte die Veranlaßung hiezu gegeben haben, da gerade in Paris sich nicht ; der Wähler eingefunden hätten. Man müße hiebei die Alten, die Kranken, die Abwesenden in Rechnung bringen, und erwägen, daß nicht alle Einwohner von dem großen

Einstuß der Wahlen auf das öffentliche und Privat. Wohl durchdrungen seyn könnten, daß vielleicht noch einige Zeit dazu gehöre, ehe ein jeder Vertrauen dazu faße.

Auch der Vorwurf, daß das Gesetz eine Lücke habe indem es der Stellvertretung nicht erwähne, könne keine Rücksicht verdienen, weil die Kammern auch diese Frage in Ueberlegung gezogen. Wolle man un— ter dem Vorwande, daß das Gesetz eine Lücke gelaßen

habe, auf eine entschiedne Sache zurückkommen, sa

würden die Diskußionen über ein Gesetz niemal⸗ ein Ende gewinnen. , Aber auch kein Ereigniß, welches die Handhe bung des Gesetzes gestört habe, sey nahmhaft gemacht, Man beklage sich einzig und allein über die Miß bräuche, welche die an sich schoͤn so liberale Erweite terung des Wahlrechtes auf die Zahlung einer Gewerh— steuer von zoo Fr. mit sich führe. Die Kommißion wolle auf sich beruhen laßen, daß man die Theilnahm: einer Klaße der Gesellschaft, die sich durch Reichthum, Einsichten und Tugenden empfehle, die, mehr als eine andre, der rechtmäßigen Gewalt zu ihrer Sicher— heit bedürfe, so wie sie selbst deren Stärke sey, ein— so liberale Erweiterung des Wahlgesetzes nenne, aber vergeblich habe sie nach den Wahlversammlungen geforscht, wo man, wie behauptet werde, auch solche Wähler zugelaßen, die nur den 12ten Theil ihrer Gewerbsteuer berichtiget. Die Wahlen in Paris hät— ten das erste Geschrei über solchen Mißbrauch verur— sacht, und doch wären hier nur 4 Patente während der Wirksamkeit der Wahlversammlungen gelöst wor

den. So viel Mühe daher die Kommißion bei der

Prüfung des Vorschlages sich auch gegeben habe, ob

sich nicht irgend etwas auffinden laße, was die redli— chen Gemüther beunrnhigen, die Freunde der Ord- nung und der Monarchie habe verführen können sie sehe sich genöthigt, zu erklären, daß sie nichts gefun— den. Sie könne nur ihr Bedauern über einen so un- zeitigen, das öffentliche Vertrauen schwächenden Vor— schlag zu erkennen geben. „Erinnern wir uns, schloß der Redner, an die Stimmung der Gemüther, als unser Vaterland von den fremden Truppen geräumt wurde.

Wir athmeten wieder. Frankreich fodert nur Ruhe

nach langem Leiden unter dem Schatten der verfas—

sungmäßigen Monarchie, unter dem Schutze des Re.

gentenstammes, der mit allen unsern Freiheiten ver—

wachsen ist. Sind wir noch in diesem Zustande?

Fern sey der Gedanke, das Bild der Gefahr noch leb—

hafter auszumahlen. Nein, wir glauben nicht an . diese plötzlichen Bewegungen, aber wir fürchten etwas Schlimmeres, wir fürchten, daß Haß und Mißtrauen in den Herzen der Bewohner desselben Reiches Wut⸗ zel schlagen werden, wir fürchten die Erneuerung des Kampfes zwischen entgegengesetzten Intereßen, welcht ö

die Verfaßung vermittelt zu haben schien. Das Wahl— gesetz ist dem Volke theuer; man darf es nicht ohne Gefahr antasten. Die öffentliche Meinung hat es

auf Eine Linie mit der Verfaßung gestellt, weil jeder

mann begreift, daß Eins das Andre ergänze, Eins die Bürgschaft für das Andre sey. Wir haben hienach erwiesen, daß der von der Kammer der Pairs ange⸗ nommene Vorschlag ganz etwas anderes im Schilde führt, als was er wörtlich besagt, daß er, als ein Angrif auf das Wahlgesetz, von allen Gründen, selbst von Vorwänden entblößt ist, daß er, unter diesem Gesichtspunkte, mehr als Eine Gefahr herbeiführt, und daß wir nicht genug eilen können, um das Wahlge— setz dem Kampfe zu entziehen, in den man es ver— wickelt hat. Jeder Augenblick ist hier kostbar. Möge die Kammer die öffentliche Meinung hören, die sich laut und bestimmt darüber ausgesprochen hat. Wohlan denn, mag man Unruhen erregen! die National-Ein— richtungen werden siegen. Sie allein sind heut monar— chisch, weil sie allein die Festigkeit des Thrones und die Ruhe des Volkes verbürgen. Die Kommißion stimmt für die Zurückweisung des Vorschlages.“

Unter den Mitgliedern der Kammer die sich als Red—⸗ ner für den Vorschlag haben aufzeichnen laßen, be— finden sich die Herrn v. Villele, v. Bonald und Graf Marcellus, dagegen werden la Fayette, Bignon und d'Argen son sprechen.

Die Kammer der Pairs hat sich mit der Einfüh⸗ rung der neu ernannten Pairs, die nach und nach ihre Titel verificiren laßen, beschäftigt. Auch hat sie die bei der Kammer der Abgeordneten schon früher ein— geführte Einrichtung in Bezug auf die summarische Anzeige des Inhalts der Gesuche im Feuilleton an— genommen.

Die Herzogin v. Berry ist nach dem Moniteur ihrer Entbindung nahe.

Der Marschall Jourdan ist außer Gefahr.

Nach unsern Journalen sind die Exceße zu Nis⸗ mes wieder, wie im Jahr 1815, gegen die Protestan⸗ ten gerichtet gewesen. Die Präfektur hat den Zusam— mentritt von mehr als 10 Personen auf den Straßen als aufrührisches Zusammenrotten einstweilen unter— sagt. Alle öffentliche Häuser werden um 9 Uhr ge— sperrt und Privatpersonen müßen ihre Wohnungen um 10 Uhr verschließen.

Durch ein Rundschreiben an die Präfekten hat der Minister des Innern verfügt, daß die Kongregation der Brüder der christlichen Lehre von der Beobachtung der Vorschriften, welche die Verordnung vom 29. Febr. 1816 wegen der Prüfung und Anstellung der Schul⸗ lehrer enthält, keinesweges entbunden seyn soll.

Man sagt, daß der König dem Herzoge von Ri—⸗ chelieun eine der Großwürden der Krone, die des Großjägermeisters, bestimmt habe.

Italien, vom 10. März. Die Zeitung von Nea— pel vom 25. Februar enthält ein Königl. Dekret vom 1. Aug. 1618, wodurch, in Folge eines Dekrets vom 98. November 1815, welches dem Fürsten v. Mett eir⸗ nich die Herzogliche Würde in den Sieilianischen Staaten verleiht, demselben der auf seine ditekte Nachkommenschaft vererbliche Titel eines Herzogs v. Portella ertheilt wird.

Am J. März trafen Ihre Masestäten der Kaiser und die Kaiserin von Oestreich in Florenz ein. Der Empfang war sehr feierlich. t

Karlsruhe, vom 24. März. Ein unerhörtes Er—⸗ eigniß, welches gestern Nachmittag sich zu Manheim zugetragen, erfüllt hier Alles mit Entsetzen und Ab⸗ scheu. Herr v. Kotzebue ist daselbst das Opfer eines

Meuchelmörders geworden, der ihn in diesem schreck—

lichen Vorhaben auf seinem Zimmer aufgesucht hatte. Die nähern Umstände sind dahin einberichtet: Gegen . Uhr Nachmittag ließ sich bei Hrn. v. Kotzebue ein

junger Mensch melden, der ihm als Landsmann seine Aufwartung machen wolle. Er nahm ihn in einem besondern Zimmer an, und unterhielt sich eine Zeit lang mit ihm, worauf der junge Mensch ihm eine Schrift übergab, und fast in gleichem Augenblick einen Dolch hervorzog, mit dem er den Ünglücklichen nieder— stieß. Auf das Geräusch stürzte ein Diener herein, der seinen Herrn zu Boden gestreckt, den Mörder aber mit gezücktem Dolch erblickte. Mit drohender Gebehrde und mit dem Rufe: „wer will hier noch sterben?“ gelangte er aus dem Zimmer und die Treppe hinab; in der Hausthür aber, als schon das Geschrei ihm nachschallte, sank er auf die Knie und indem er Gott anrief und ihm dankte, daß er sein großes Werk habe gelingen laßen, stieß er sich selbst den Dolch zweimal in die Brust, worauf er besinnunglos hinfiel und von der Polizey in Verwahrung genommen wurde. Bis jetzt ist es nicht gelungen, ihn zum Bewußtseyn zu⸗ rückzurufen. Herr v. Kotzebue ist einige Minuten nach Empfang des Dolchstiches verschieden. Der Mörder war erst an demselben Tage von Heidelberg einge⸗ troffen, hatte sich im Gasthofe den Namen Heinrich gegeben, und in seinem Benehmen nichts Auffallendes gezeigt. In seiner Tasche fand man, daß er als Stu⸗ dent der Theologie in Erlangen immatrikulirt seyn müße, auch seinem Paße zufolge dort zuletzt studirt habe, über seinen Geburtsort aber nur zweifelhafte Angaben, nach welchen er aus Kurland oder auch aus dem An— spachschen seyn könnte; sein Name wäre, diesen Papie⸗ ren zufolge, nicht Heinrich, sondern Karl Friedrich Sand, sein Alter ungefähr 24 Jahr. Ueber Antrieb und Absicht seiner schrecklichen That laßen zwei andre Papiere keinen Zweifel. Das eine ist ein Bogen im größten Forinat, der sauber geschrieben in der heftig⸗ sten Sprache und mit den ausschweifendsten Redens⸗ arten die Erniedrigung Teutschlands, die herrschende Untreue, Feigheit und Schlechtigkeit schildert, zu de⸗ ren Bestrafung und Vernichtung er aufruft, und die Ermordung aller Schlechten als das einzige Rettungs⸗ mittel des teutschen Volks angiebt; es wird aufgefo⸗ dert, dem edeln Beyspiele, das so eben an einem der Schlechtesten zur Vollziehung stehe, nachzueifern, alle Genoßen seiner Art zu morden, Freiheit und Einheit in Teutschland zu schaffen, die protestantische Kirche, deren Reformation noch unvollendet geblieben, gegen das Pabstthum zu vertheidigen, und Eine Kirche und Einen Staat bestehen zu lassen. Freudig, sagt er, gehe er in diesem Kampfe voran, und bringe sein Leben durch die edelste That dem Vaterlande zum Opfer. Der weitläuftige Aufsatz verräth in seinen tollen Aus— schweifungen, bei aller Verzückung und Verrücktheit, die er zu erkennen giebt, doch keine Spur von eigent⸗ lichem Wahnsinn. Der Aufsatz ist überschrieben: „Todesstoß dem August von Kotzebue.“ Sodann folgt: „Tugend in Freiheit und Einheit.“ Das andre Papier ist ein gewöhnlicher Zettel, worauf blos die Worte stehn: „Todesurtheil vollzogen an August von Kotzebue am 23. März 1819 um halb 6 Uhr nach Beschluß der Universität ?‘ *.“ Der Eindruck, den dieses schreckliche Ereigniß hier macht, ist nicht zu beschreiben. Der Groß⸗ herzog hat die strengste Untersuchung anbefohlen, deren Erfolg zur öffentlichen Bekanntmachung kommen soll.

(BSiese blutige That eines religiös⸗politischen Wahn⸗ sinnes muß jedes wohlgeordnete menschliche Gemüth mit dem tiefsten und lebendigsten Abscheu erfüllen, vor allem aber denen, die durch Unterricht und Bei— spiel auf die Jugend unsers bewegten Zeitalters wir— ken, eine dringende Auffoderung seyn, die regellose Neigung zu mystischen und politischen Schwärmerelen mit dem höchsten Ernste zu bekämpfen.)

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. Antwort. Der Herr Graf v. Heinsberg fodert in der zeitschrift Hermann die Staatszeitung auf, einen Etat der Bergwerkverwaltung mitzutheilen, damit sich das Verhältniß der Einnaͤhme gegen die Admini—

strations-Ausgabe übersehen laße. Zu seiner Zeit wird diese öffentliche Mittheilung keine Schwierigkeit finden; vorläufig verweisen wir auf einen Aufsatz im 11Iten Bande des Journals für Deutschland S. 216. „inwiefern kann der Bergbau ein Gegenstand des