Pielleicht hat nech niemals eine Begebenheit des Auslandes hier so viel Aufsehen erregt, als die Er⸗ mordung des Herrn von Kotzebue in Manheim. Auch hier wird die That allgemein verabscheut. Un⸗ sere Zeitungen erzählen die Umstände auf sehr ver— schiedene (großentheils ganz unrichtige) Art; auf die Erzählung der einen, daß die Studenten zu Erlangen bei verschloßenen Thüren ein Tedesurtheil über Herrn v. Kotzebue abgefaßt und durchs Loos den Voll— strecker dieses Urtheils bestimmt hätten, bemerkt ein anderes Blatt, daß jene Zeitung auch im Ernste an die Existenz einer Frau mit einem Todtenkopfe ge⸗ glaubt habe.
München, vom 35. April. Die Diskußionen in der Deputirtenkammer über die Gemeinde ⸗ Umlagen haben manchen für die Bairische Verwaltung sehr wesentlichen Gegenstand zur Sprache gebracht. So rügte der Abgeordnete Köster, daß nach dem ITXten Artikel die Anordnung von Kreis-Umlagen der höch⸗ sten Stelle vorbehalten sey, woraus solge, daß dem ganzen Staate ohne Beistimmung der Stände eine Abgabe aufgelegt werden könne. Eben derselbe tadelte die Befrelung der Standesherrn von den Umlagen.
Der Freiherr von Weinbach erklärte es für ungerecht, daß die Gemeinden zur Armen⸗Schulen— und Hebammen-Anstalt alles beitragen sollten, da doch Ju aufgehobene Abteien und Stifter wol an 60 Mil⸗ lionen Fl. betragen hätten, von denen ein Theil für Schulen und fromme Zwecke nach dem Reichs-Depu—⸗ tationsschluße von 1803 hätte verwendet werden sollen.
Hannover, vom 35. April. In der heutigen Sitzung des provisorischen allgemeinen Landtages ist ein Schreiben des Prinzen Regenten vom 5. Januar in Bezug auf die Einrichtung der künftigen allgemeinen Stände⸗Versammlung verlesen und darüber das Gut— achten der Stände verlangt worden. Es heißt in diesem Schreiben „daß es nicht in dem Plane liege, Haupt— veränderungen in der Konstitution eintreten zu laßen, nach welchen den Ständen das Recht der Steuer— Bewilligung und der Theilnahme an der Gesetzgebung zustehe; denn theils habe die Erfahrung den Nutzen dieser alten Landes-Verfaßung bewährt, theils würden die nach bloß theoretischen Grundsätzen eingeführten Verfaßungen nie den Nutzen derer gewähren, die nach den Bedürfnißen des Staats sich allmählig ausgebil⸗ det hätten. Auf den Grund der alten Landes-Ver⸗ faßung müße daher auch die durch die Vereinigung aller Previnzen in ein Ganzes jetzt nothwendig ge⸗ wordene allgemeine Landtags-Versammlung gebildet und hienach die allgemeine Versammlung in zwei Kurien oder Kammern um so mehr abgetheilt werden, als das Intereße der Kerporationen, aus welchen der Landtag gebildet werde, seiner Natur nach verschieden sey, und daher durch die Beschlüße einer einzigen Versammlung sich nicht aussprechen könne.
Nach dem mit vorgelegten Plane soll die erste Kam— mer bestehen aus den mediatisirten Fürsten und Gra⸗
fen, dem Erblandmarschal des Königreichs, den Mit—
gliedern der Ritterschaft, welchen nach geschehener Gründung eines Majorates von bestimmter Größe eine Viril-Stimme beigelegt werden wird, aus dem Prã⸗ sidenten des Obersteuer-Kollegii und den Mitgliedern des landschaftlichen Schatz-Kollegii von der Ritter⸗ schaft, den Präsidenten der Lüneburger und der Bre— mer Landschaft, den 35 von der Ritterschaft zu er— wählenden Deputirten, den katholischen Bischöfen und den protestantischen Aebten der höhern Stifter.
In die zweite Kammer werden dagegen eintreten,
die Mitglieder des Scatz-Kollegii bürgerlichen Stan.
des, drei Depu irte der geistlichen Güter Administra⸗ tion, die Deputirten der kleineren Stifter, ein Depu— tirter von der Universität Görtingen, 29 Deputirtte von den Städten und 22 Deputirte von den freien Grundbesitzern die nicht zur Ritterschaft gehören.
Der Erblanomarschal und in deßen Abwesenheit der Präsident des Obersteuer-Kollegir werden beide vereinigte Kammern presidiren; jede einzelne Kam— mer aber wird drei Subjekte aus ihrer Mitte erw h len, unter welchen der Landesherr einen zum Präsi⸗ denten für selbige ernennen wird.
Der Landtag versammelt sich alle Jahre, die ge— wählten Mitglieder treten nach 6 Jahren aus, kön⸗ nen aber wieder gewählt werden. Zuhörer werden bei den Deliberationen nie zugelaßen.
Alle landesherrliche Propositionen werden an beide Kammern gebracht; stimmen ihre Beschlüße nicht überein, so wird eine Vereinigung durch eine von ben den anzuordnende Kommißion versucht, welcher auch landesherrliche Komißarien, um die Uebereinstimmung zu befördern beigeordnet werden können. Zu den ständischen Anträgen ist Uebereinstimmung beider Kam— mern gleichfalls erfoderlich.
Der jetzigen Stände-Versammlung ist die förda— samste Berathung über diesen Gegenstand empfohlen und wird selbige nach deren Beendigung aufgelis werden.
Frankfurt, vom 3. April. In der zwölften Sitzung der Bundes-Versammlung am 29gsten Mätz wurde von den Kur- und Großherzoglich -Heßischen Gesandten erklärt, daß beide Höfe der Bundes-Ein tracht ein patriotisches Opfer ihrer Nachgiebigkeit d hin zu bringen sich entschloßen, daß sie unter Veoh behalt des, nach ihrer veollständigsten Ueberzeugum verfaßungsmäßigen Rechtes zur zeitigen Wiederverii nigung ihrer Kontingente, den von der Mehrheit i der gten Sitzung gefaßten Beschluß, in Gemãäßhel des daselbst gemachten Vorschlags der königl. Wi tembergschen Gesandschaft, als einstweilen gelten Verfügung, und zwar bis zu dem Zeitpunkte anni men, wo auch über die jetzige Bundes Matti ein endlicher Beschluß gefaßt werden solle. Zugltij⸗ erachteten es Ihre Königl. Heheiten für dringend, ui baldmöglichst eine ganz genaue Bestimmung vdarübi entstehe, wenn Stimmenmehrheit entscheide, auf di
nicht ferner ein ähnlicher Fall eintrete, da die betheiligten Glieder nicht immer geneigt seyn möch— ten, der Eintracht des Bundes ihr Recht zu opfern.
Das Präsidium zog indeß den aus der Stimmen⸗ Mehrheit resultirenden Beschluß: daß es bei dem in
der gten Sitzung vom 11. März d. J. gültig gefaßten Beschluße sein Verbleiben, und die Frage wegen der Korps-Eintheilung sonach ihre Erledigung erhalten habe, daß hingegen dem Antrage, zu bestimmen, wenn die Stimmen-Mehrheit entscheide, Folge zu geben sey.
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geber die Mennoniten in den Preußischen Staaten.
Durch unser neues Militair-System sind die Men⸗ noniten, die in unsern Provinzen angesiedelt sind, mit ihrer Glaubenslehre: daß ein Christ keine Wa f⸗ fen führen dürfe, in ein bedenkliches Gedränge ge— rathen.
— 573 hat zwar bezweifeln wollen, ob diese Lehre der Taufgesinn ten (wie die Mennoniten allgemei⸗ ner und richtiger genannt werden) wirklich ein wesent— licher Artikel ihres Glaubens sey, und sucht sie in den Verdacht zu bringen, daß sie sich nur aus Bequem⸗ lichkeit und Feigheit dem Soldatendienste entziehen; aber so lang es faktisch nicht geläugnet werden kann, daß bie Katechumenen vor der Taufe feierlich geloben, keine Waffen zu führen: so lang ist es auch ein ganz müßi— ges Üünternehmen, aus dem Fundamentbuch des Menno bas Gegentheil beweisen zu wollen. Uebrigens, wer bie Güter des Lebens und das Leben selbst an eine Sache setzt, glaubt daran, und diesen Glauben ha⸗ ben die Väter der Mennoniten unverzagt gegen ihre Verfolger bekannt.
Arnold theilt in seiner Kirchen- und Ketzer-Hi— storie ein Schreiben des Jakob Hutter mit, eines Taufgesinnten des 16ten Jahrhunderts, der sich für seinen Glauben verbrennen ließ, worin er sagt „ehe wit unsern großen Feinden einen Streich gäben mit einer Hand, geschwelge mit Spieß, Schwert und Hel⸗ leparten, wie die Welt thut, ehe stürben wir, und lie⸗ ßen unser Leben ehe nehmen.“
Die letzte Verfolgung, welche sie im Anfange des 18ten Jahrhunderts in der Schweiz erduldeten, hatte gerade in ihrer Weigerung, das Vaterland zu verthei⸗ digen, den vorzüglichsten Grund. Das Schreiben der General-Staaten an den Kanton Bern, vom 16. März IJi0 (Schyn, hist. Menn. p, 2oo,) führt diese Wei⸗ gerung ausdrücklich als einen Glaubenssatz der Nieder⸗ ländischen Mennoniten und ihrer Schweizerischen Brü⸗ der an und entschuldiget sie.
Es ist ganz gegründet, daß ein Theil dieser Sekte nicht mehr strenge daran hält. In den Nordamerika—⸗ nischen Staaten, woselbst sie sehr zahlreich sind, haben sie gegen die Engländer mit gefochten; auch entbindet die Verfaßungs-Urkunde fie nicht von dem Eintritte in die Miliz, von der Waffenübung und von der Pflicht, auf den Ruf der Regierung zur Vertheidigung des Vaterlandes ins Feld zu rücken, obwol die Quä—⸗ ker hievon ausgenommen werden, weil diese noch jetzt sich beharrlich weigern, in den Krieg zu gehn, und die— jenigen Mitglieder ihrer Gemeine, welche an dem Frei⸗ heitkriege Theil nahmen (z. B. die Generale Green, Miflin und Lach), von ihrer Gemeinschaft aus⸗ schloßen.
Die Holländischen Taufgesinnten waren vor der Revolutisn von 1795 vom Dienste in den Bürger— garden, den Schutteryen, ausgeschloßen, weil dieses ein Vorrecht der Reformirten war. Im Revolutions⸗ kriege traten Manche von ihnen in die Nationalgar— den und nahmen thätigen Antheil am Kriege. Eben dieses geschah im Jahr 1799 bei der Landung am Hel⸗ der. Auch die Französische Konseription verschonte sie nicht, aber sie konnten leicht Stellvertreter finden, wie dies auch bei der gegenwärtigen Militair-Einrichtung
statt findet. Ihre Religionslehrer haben sich übrigens
in die Bedürfniße und Begriffe der Zeit fügen gelernt, und statt der Erklärung, welche sonst vor der Taufe den Katechumenen dahin abgefodert wurde der christ⸗ lichen Pflicht gemäß nicht zu regieren und nicht die
Waffen zu führen,“ verlangen sie nur die Erklärung: „es sey beßer zu gehorchen, als zu regieren, beßer zu leiden, als sich zur Wehr zu setzen.“
In Holland und Amerika ist daher bereits eine Re⸗ form vorgegangen, die wir in Preußen von dem ruhigen Wirken und Waiten der Zeit noch zu erwarten haben. Denn die unsrigen, mit Ausnahme einiger Bewohner der Rheinprovinzen, hangen der ursprünglichen Lehre mit der Entschloßenheit an, die manchen ihrer Väter k oder auf das Blutgerüst beglei⸗ tet hat.
Die Zahl der Mennoniten in den Preußischen Staaten belief sich im Jahre 1817 auf 15,5553, von denen allein 12,649 in West-Preußen (und zwar 11,468 auf, dem Lande und a, 181 in den Städten) wohnten. Seit 1805 hat sich ihre Anzahl verringert, indem man damals noch 14,256 in West- Preußen zählte. In Ost⸗ Preußen lebten 864. Die West⸗- und Ost⸗ Preußischen Mennoniten sind es vorzüglich, von denen wir sprechen.
Die Geistlichen der herrschenden Kirche haben sich die undankbare Mühe gegeben, ihnen beweisen zu wol⸗ len, daß die Lehre: keine Waffen zu führen, antibi⸗ blisch sey, weil wir nach 1 Joh. 3. 16. auch das Le⸗ ben laßen sollen für die Brüber. Dazu braucht man aber nicht mit Schwerdt und Lanze bewafnet zu seyn. Die Apostel und viele andere Bekenner haben auch für die Brüder das Leben gelaßen; so auch viel Mennoni⸗ ten. Die Meinung, daß ihr Glaube sie nicht hindere, auf obrigkeitlichen Befehl die Waffen zu führen, weil er ihnen gebiete, der, Obrigkeit Gehorsam zu leisten, ist irrig, weil dieser Gehorsam sich nur auf die bürger⸗ lichen Verhältniße, nicht auf die Angelegenheiten des Glaubens und Gewißens erstreckt.
Es ist wahrscheinlich, daß einige verständige Leh⸗ rer der Taufgesinnten in der ersten Hälfte des 16ten Jahrhunderts, namentlich Menno Simonis, von dem die Mennoniten sich bengmen, durch die Auf⸗ nahme dieses Dogma in ihr Glaubensbekenntniß den politischen Zweck zu erreichen suchten, ihre Anhanger von der Beschuldigung zu reinigen, daß sie mit den Münsterschen Fangtikern, die unter dem Namen der Wiedertäufer als Rebellen und Feinde der bürgerlichen Ordnung ein Gegenstand des öffentlichen Haßes waren, gemeinschaftliche Sache hätten. Menno steckte deshalb das Schwert nicht bloß in die Scheide, er warf Schwert und Scheide für immer von sich. Die Verfolgungen der orthodoxen Klerisei hörten zwar nicht auf, und sie verschafte durch ihren Einfluß auf den weltlichen Arm vielen ‚Taufgesinnten die Märtyrerkrone; doch mit der allmäligen Mündigkeit der weltlichen Regie⸗ rungen gewann die entwafnete harmlose Gemeine mehr und mehr Land, während die Anhanger des Bat⸗ tenburg, eines andern Lehrers der Taufgesinnten, der noch das Schwert Gideons predigte, binnen kurzer Zeit vertilgt wurden.
Menno gründete seine Lehre auf der Bibel, die dem Ehristen untersage, Beleidigungen zu rächen. „Wir gehen niemals in den Krieg, nicht weil wir den Tod fürchten, wir segnen vielmehr den Augenblick, der uns mit dem Wesen der Wesen vereinigt; aber des⸗ halb nicht, weil wir nicht Wölfe, nicht Tiger, nicht Doggen sind, sondern Menschen, sondern Ehristen.“ (Ceremonies et coutumes religicuses T. 4. p. 135) Christus sagt zwar: „ich bin nicht kommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert“ Wenn jedoch die Lehre der Taufgesinnten auch nicht antibiblisch ist, so ist sie gewiß an tipreußisch. Wir Preußen, die wir geborne Soldaten sind, wir müßen diese Lehren mit