1819 / 31 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 17 Apr 1819 18:00:01 GMT) scan diff

Man beschloß die Uebersendung der Vorstellung an den Minister des Inneren und die Mittheilung an die behörige Kommißion für das Budjet.

Eine andre Vorstellnng enthält das Gesuch des pensionirten Hauptmannes Pourrée, neben seiner Meilitair-Pension diejenigen 600 Franks beziehen zu dürfen, die ihm durch die Konsular-Regierung als eine National-Eckenntlichkeit dafür bewilligt worden, daß er am 18. Brümaire zu Saint-Cloud Bon a⸗ parte'n das Leben gerettet. Man beschloß die Ueber— sendung der Bittschrift an die behörige Kommißion für das Budjet. (In der Erzählung der Geschichre des 18. Brümaire, in den Memoires par Salgäaes, ist von zween, nicht genannten Grenadieren die Rede, deren einer einen Dolchstoß, doch nur in den Rock, empfing, als die heftigsten Deputirten dem General Bonaparte aus dem Saale der 500 gefolgt waren, und ein Andrer, auf deßen Schulter er sich, bleich und einer Ohnmacht nahe, mit den Worten lehnte: führe mich fort von hier.)

Der Finanzminister hat der Kammer einen Gesetz— Eutwurf vorgelegt, mittels deßen der König drei Do⸗ mainen-Veräußerun gs-Kontrakte bestätigt.

Die Diskußionen über das Gesetz, wegen Verlän— gerung des Taback-Monopols wurden fortgesetzt.

Am 29. v. M. ist die Königt. Begnadigung für den Bach und die Witwe Bancal durch den Ge— richtshof zu Toulouse in einer öffentlichen Sitzung desselben bekannt gemacht worden. Die traurige Be— rühmtheit der Verbrecher hatte eine zahllose Menge von Zuschauern herbeigezogen. Die Bancal hatte ein ganz heiteres Ansehn. Die Züge des Bach würde man schön nennen können, wenn sie nicht eine gewiße Härte ausdrückten. Die Brandmarkung der Bancal ward an demselben Tage vollzogen.

Riga, vom 156. März. Die Deputirten Lief— Lands und der Insel Oesel haben Sr. Majestät dem Kaiser eine Urkunde über die neue Verfaßung des dortigen Bauerstandes zur Bestätigung über⸗ reicht. In der Anrede an den Monarchen versichern sie, daß die Verfaßung auf liberalen Grundsätzen be— ruhe. Der Kaiser bezeigte den Deputirten Seine Zufriedenheit über diese Maaßregel, die einer mit gleichen Ansprüchen auf Glückseligkeit gebornen Volks⸗ klaße die Mittel dazu erleichtere. Dieses sey im Geist eines Jahrhunderts gehandelt, in welchem nur liberale Gesinnung das Glück der Völker begründen könne.

München, vom 8. April. Die Sitzungen der Kammern sind von dem Könige bis zum 15. Mai ver— längert worden.

Bei den Berathungen über das Gesetz wegen der Gemeinde-Umlagen (zu deßen Erörterung der Präsi— dent 43 besondre Fragen aufgestellt hatte, deren erste dahin lautete: „ob der Entwurf zunächst wieder an den Ausschuß gelangen solle, um die verschieden geäußer— ten Ansichten zu benutzen und hiernach eine Zusam— menstellung der in Antrag zu bringenden Berichtigun— gen zu verfaßen“) brachte man zur Sprache, daß vor allen Dingen das Princip der Staats- und der Ge— meinde-Ausgaben ausgesprochen werden müße, wel— ches im Gesetz-Entwurf nicht klar sey. Das Prin— cip der Ueberwälzung der Lasten von der Saats— Kaße auf die Gemeinde-Kaßen sey allenfalls das ein— zige Princip, das zu ersehen. Es sey aber keine aus dem Unterschiede zwischen Staatszwecken und Gemein— dezwecken abgeleitete Grenzlinie gesetzt. Der Mini— ster des Innern bemerkte, daß das Herkommen hauptsächlich die Staats- und Kommunal- Ausgaben scheide. Herr von Hornthal war der Meinung daß dieses als Princip nicht angenommen werden könne, da eben das Herkommen der letzten Jahre den Gemein— den eine Menge neuer Lasten aufgewälzt hätte. Der Finanzminister erklärte, daß eine logische Aus— scheidung nicht möglich sey; wogegen bemerkt wurde, daß es möglich und nöthig sey, einen Maaßstab zu sinden, um den Unterschied zwischen Staats- und Ge—

meinde⸗Ausgaben festzusetzen. Wenn der Staat sich gewißer Ausgaben zu Lasten der Gemeinden entledige, so müße er diesen auch die Einnahmen überweisen, die er für jene Zwecke bezogen.

Ein neuer Gesetz-Entwurf, die Erhebung der direk—

ten Staatsauflagen in den sechs älteren Kreisen be-

treffend, ist vom Finanzminister vorgelegt worden. Die Erhebung der direkten Steuern soll, vom Rechen—

jahre 1819 und 1820 anfangend, den Gemeinden über—

laßen bleiben.

Die Anträge wegen Verbeßerung des Advokatenwe—

sens, wegen Nichtmittheilung der Original-Akten an die Kronfiskale, und wegen Revision der Duellgesetze, bei

welcher letzten man die Initiative der Regierung er⸗

wartet, sind durchgegangen. Der Abgeordnete Abendanz hat angetragen: den König zu ersuchen, die Einrichtung der Land—

räthe, wie solche im Rheinkreise bestehe, auch in den

übrigen Kreisen des Reiches organisiren zu laßen.

Der Justizminister hat einen Gesetz- Entwurf über die Verbeßerung der Gerichtvordnung vorgelegt, und der Abgeordnete v. Hornthal angetragen: den Kö— nig um die Einführung der mündlichen und öffent— lichen Justizpflege im Civil- und Kriminalprozeße zu ersuchen. Der Abgeordnete Häcker machte den An⸗ trag: den König zu bitten, daß der nächsten Stände⸗ versammlung ein gründlich erwogenes System des öffentlichen Unterrichts zur Berathung vorgelegt werde, durch welches eine feste und abkgemeine Gesetzgebung für den öffentlichen Unterricht und für Erziehung, als ein Baiersches National-Institut begründet werden könne. Die vorläufigen Diskußionen hierüber schil— gerten das Erziehwesen höchst mangelhaft.

Unter den vorgetragenen einzelnen Gesuchen be— merkte man die der Studenten und des Magistrates zu Landshut, an die sich einige umliegende Gemein— den angeschloßen, um die Vorsorge der Regierung, daß der Hofrath und Profeßor Walter, der als Profeßor der Medicin und Ghirurgie nach Bonn berufen ist, der Universität Landshut erhalten werde.

Karlsruhe, vom 2. April. Das Ministerium hat den katholischen Dekanaten die Anweisung zugehen laßen, in der Angelegenheit des Koadjutors v. Weß en—⸗

berg die Umtriebe der Geistlichkeit, welche, vorzüglich jenseit der Murch, Zusammenkünfte halte, und sich mit Abfaßung von Eirkularschreiben für und wider beschäftige, zu verhindern, weil sonst nach der Strenge

des Gesetzes werde verfahren werden.

. Berlin, vom 16. April. haben durch die nachstehende an den Kriegsminister erlaßene Allerhöchste Ordre, über die regelmäßige Dienst⸗ leistung der Landwehr-Lffiziere, die schon öfter ertheil⸗ ten Befehle, daß keine Ausnahme statt finden solle, zu erneuern geruhet:

„Ich habe bereits auf verschiedene Anträge von Landwehr-Offizieren, um Befteiung vom Dienst in

der Landwehr, wiederholt zu erklären Mich veranlaßt gefunden, daß eine absolute Unentbehrlichkeit, weder in amtlichen noch in Privat-Verhältnißen anerkannt, und nur in einzelnen dringenden Fällen den Land— wehr-Inspektionen überlaßen werden könne, Dis pen— sation von einer der größeren Uebungen zu ertheilen. Dieser, aus der gleichen Verpflichtung aller Meiner Unterthanen zum Landwehrdienste, folgende Grundsat muß auch ferner allgemein aufrecht erhalten wer— den, und den Behörden zur Richtschnur ihres Ver— fahrens dienen. Da indeß wol Fälle eintreten kön— nen, wo eine solche temporäre Befreiung vom Dienste nicht gnügt, und die besondern Umstände eine grö— ßere Ausdehnung der Dispensation erheischen: so will Ich gestatten, daß in solchen Fällen auf die Befreiung vom Landwehr-Dienst im Frieden für längere Zeit bei Mir angetragen werden darf. Dergleichen Gesuche sind jedoch immer erst nach der Uehungszeit vorzutra⸗

Seine Majestät

zen, und wenn gleich die Beurtheilung der Hinde— zungsgründe von den behörigen Civilbehörden erfol⸗ gen muß: so soll doch bei dergleichen Anträgen, da sie eine einstweilige Dienstentlaßung, und in sofern einen rein militärischen Gegenstand betreffen, auch das Ur⸗ theil des Offizier-Korps schon der Anstellung als Land⸗

wehr⸗-Offizier immer vorangehen muß, zuvor allemal das Gutachten des Offizier-Korps des behörigen Ba⸗ taillons darüber erfodert und zu Meiner Entschlie⸗ ßung mit eingereicht werden. Ich gebe Ihnen auf, das Weitere zu erlaßen. Berlin, den 6. Febr. 1819. (gez Friedrich Wilhelm.“

ueber die Mennoniten im Preußischen. (Schluß.)

Alle Beschuldigungen wider ihre Moralität beru— hen auf nichts. Man will behaupten, daß sie den, der mit ihnen zu thun hat, gemeiniglich hinter— gehen. Aber mit welchem Grunde behauptet man es? Die ersten Mennoniten kamen großentheils aus den Niederlanden, der Hohen-Schule des Handels und des Geldumsatzes, in eine Provinz, die zwar mit der Hanse verschwistect, aber in die kleinen Details des vürgerlichen Verkehrs bei weitem nicht so eingeweiht war, als der Niederländer, der noch jetzt nach so man— nichfachen Stürmen der Jahrhunderte der erste Han⸗ delsmann der Welt ist. Es konnte nicht fehlen, daß die Preußen bei den Niederländischen Mennoniten in die Schule gehn und für die Erlernung mancher Ge⸗ schäft-Kautelen Lehrgeld bezahlen musten. So wurde

den Mennoniten die dem Niederländer eigenthümliche

Votsicht, verbunden mit trocknem Ernste, als Ver⸗— schlagenheit, ihr Geschick im kleinen Verkehr als Schel⸗ metei ausgelegt. Dazu kam, daß sie sich späterhin unter der Gunst verständiger Fürsten zu den Abgaben an die Geistlichkeit der herrschenden Kirche nur mit einigem Widerwillen bequemten, also dem Altare nicht das zarteste Lamm, nicht den lautersten Honig zum Opfer brachten. In das Geschrei der Kirche fiel die Scheelsucht über ihre Wohlhabenheit gefällig ein, und so hat sich ein Vorurtheil fortgepflanzt, von deßen Ungrunde man sich sehr leicht überzeugt, wenn man sich nur die Mühe giebt, Thatsachen reden zu laßen.

Man frage doch die Behörden, welche Klagen über

Läsionen im bürgerlichen Leben wider sie rege gewor⸗ den sind? Es müste doch ein seltsames Verhängniß über sie walten, wenn sie bei ihren angeblichen Schel⸗ mereien nicht öfter in gerichtliche Händel verwickelt würden. Mit einem privativen Kalliditäts-Organe sind sie doch auch nicht begabt. Giebt man der un⸗ befangenen Stimme der Wahrheit Gehör, so wird

P man sich bald überzeugen, daß die Preußischen Men⸗

noniten ein frugales, sittliches, häusliches Leben füh— ren, daß sie ruhige, fleißige, nützliche Bürger sind, und daß sie in jedem Staate, deßen Basis weder die alleinseligmachende Kirche, noch der miles perpetuus ist, ihren Mitbürgern als wahrhafte Patrioten zur Nachahmung aufgestellt werden können. Seltsam ge⸗ nug ist es, daß jetzt die Theologen als Lobredner der ennoniten auftreten, während die Lenker des wellli— chen Arms, der sie vor diesem wider das damnamus und improbamus der Konkordienformeln beschützte, den Bannstrahl auf sie zu werfen hin und wieder geneigt sind. Der Oberhofprediger Stark schließt seine Ge— schichte der Taufgesinnten: „Sie haben endlich das Glück gehabt, sich zu einer ansehnlichen Religionspar— thei, die sich in einem blühenden Zustande befindet, em⸗ porzuarbeiten, ein Schicksal, das sie durch die Geduld,

nit der sie die Jahrhunderte hindurch erlittenen Lei⸗

den ertrugen, aber noch mehr durch das gute Verhal⸗

ten, wodurch sie sich mit der Zeit unter den Christen ausgezeichnet, wohl verdient haben, und welches jeder,

dem das Glück seiner Mitchristen und Religionsfrei⸗ heit keine gleichgültige Sache ist, ihnen gönnen muß.“

Der Abt Henke fügt S. zoo. im 3ten Theil seiner Feschichte der christlichen Kirche, indem er den Wohl⸗—

Fand erzählt, den die Niederländischen Mennoniten

urch ihren Fleiß, ihre sparsame Lebensart, ihre Ent⸗

haltung von Rechtshändeln, ihre Zuverläßigkeit im

Verkehr sich erworben haben, hinzu: „ein eignes Exempel von großem Einfluß einer Sittenlehre auf bürgerlichen Wohlstand!“

Bonaparte über die Prefßfreiheit.

Der General-Sekretär des Bonaparteschen Staats⸗ raths, Baron Locre, hat, durch die bevorstehen⸗ den Diskußionen der Kammern über die Preße veran— laßt, die Verhandlungen des Staaätsrathes über diesen Gegenstand während der Jahre 1808 bis 1811 druk⸗ ken laßen. Es darf nicht erinnert werden, welcher Trost und welches Licht hierüber von dem Manne zu erwarten sey, der, indem er die Entwürfe seiner unge⸗ mäßigten Ehrsucht mit der einen Hand in Blut schrieb, mit der andern einen Verhaftbefehl wider die Verschwörungen der Tinte ausfertigte; doch ist es eben so wenig ohne Belehrung, als ohne Vergnügen, ihn

über solche Dinge reden zu hören.

Die Diskußionen des Staatsrathes fingen am 26. Aug. 1808 an und endigten am 13. Jan. 1810, in welcher Sitzung man sich über die berüchtigte Veroro⸗ nung vom 5. Febr. 1810 vereinigte. Außer den Ver⸗ handlungen über dieses Edikt enthält die Sammlung des B. Locre noch die Diskußionen in einer Sitzung vom 13. Decemb. 1611 über einige Gesetz-Entwuͤrfe, besonders eine Auflage auf die politischen Journale und auf die Leihbibliotheken betreffend, welche verwor⸗ fen wurden. l .

In allen Sitzungen ging Bonaparte von der Meinung aus, daß eine Art von Censur stattfinden, daß aber jede Willkühr verdannt seyn; und die Auf— sicht über die Druckereien und Buchhandlungen sich nur auf solche Schriften beschränken müße, die der öffentlichen Nuhe gefährlich werden könnten. „Die Druckerei ist ein Arsenal, das man nicht zu Jeder⸗ manns Gebrauch stellen kann. Das Recht zu drucken, gehört nicht zu den natürlichen Rechten.“

Die Willkühr behielt er seiner eignen Person vor; denn, meinte er, nicht durch die Censur, sondern durch eine kräftige Regierung wird die Verbreitung gefähr- licher Schriften verhütet. „Vor einiger Zeit erschien eine lügenhafte Brochüre, die im Auslande mit Gold aufgewogen wurde. Ich erfuhr die Namen der Her— ausgeber unmittelbar darauf und ließ ihnen sagen, daß sie unfehlbar würden eingesteckt werden, wenn ein zwei⸗— tes Stück erschiene, und die Fortsetzung unterblieb“

Um dagegen seinen Abscheu gegen alles Willkür— liche zu offenbaren, richtete er seinen Tadel gegen die Polizei, die man im gewöhnlichen Gange der Verwal⸗ tung gar nicht brauchen und nur als ein äußerstes Mittel benutzen müße. „Die Preße wird jetzt frei genannt und befindet sich in der unbedingtesten Knecht⸗ schaft. Die Polizei beschlägt und unterdrückt die Schriften nach Gutdünken, und der Minister selbst entscheidet nicht einmal; er muß sich auf seine Leute verlaßen, deren Geschäftführung hierin höchst unre⸗ gelmäßig und willkürlich, und demungeachtet unzurei⸗ chend ist. Unter der vorigen Regierung fertigte man Verhaftbefehle in blanco aus, aber sie waren doch wenigstens vom Könige unterzeichnet. Jetzt verhaftet die Polizei auf ihre eigne Hand, wie es ihr beliebt, und ich erfahre nichts davon; sie verhaftet sogar blos deshalb, weil man dem Regenten eine Bittschrift über⸗ reicht. Das geht zu weit.“