1819 / 33 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 24 Apr 1819 18:00:01 GMT) scan diff

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schaft muß in diesem Zusammenhange erwähnt wer— den; denn sie ist, in besonderer Beziehung auf Jena, mit Prädikaten bezeichnet worden, welche dem Für⸗ sten des Landes unmöglich gleichgültig erschei— nen können. Zu den Uebeln, an welchen die teut⸗ schen Universitäten allerdings von Zeit zu Zeit gelit— ten haben, gehören die Landsmannschaften, Studen— ten-Orden ic. Sie waren heimliche Verbindungen, sie störten, da fie einander immer feindlich gegenüber standen, den Frieden auf den Universitäten; sie wirk— ten eben dadurch noch über die Universitäts⸗Jahre hinaus; sie haben in der Zeit von hun dert Jahren und darüber manchem jungen Manne das Leben geko— stet. Ohne entscheidenden Erfolg war die Gesetzge— dung einzelner Lande und selbst die Reichsgesetzgebung gegen diese Verbindungen. Wie erfreulich also, daß nach den Kriegsjahren 1815 und 1814 die aus dem Felde zurückkehrenden Jünglinge das Thörichte und Schädliche jener Spaltungen selbst erkannten, daß sie den Entschluß faßten, die Einigkeit der Teutschen, beren Folgen ihnen vor die Augen getreten waren, auch in ihrem Zusammenleben zu erhalten, schon in ihrem Jugendleben einer Idee zu huldigen, die für das teuütsche Vaterland von so hoher Bedeutung ist. Einheit aller Studiren den unter einan⸗ der, Christlich teutsche Ausbildung einer jeden geistigen und leiblichen Kraft zum Dienste des Vaterlandes, waren die Grundsätze, auf welche sich die in Jena Studirenden, mit Auf⸗ hebung aller Orden, aller Landsmannschaften, öffentlich die Hände reichten. Hätte man dies an sich für unerlaubt ansehen und hindern sollen, zumal da noch festgesetzt und ausgesprochen wurde: „Mit denjenigen Studirenden, die in diese Gemeinschaft nicht förmlich treten wollen, steht die allgemeine Verbin— dung in den allerfreundschaftlichsten Verhältnissen?“

b. Gesétze, unter welche sie gestellt werden: Nur um diese Bestrebungen gegen die früheren, so anerkannt schädlichen Verbindungen zu unterstützen, und um die Burschenschaft selbst unter ein Gesetz zu stellen, wurde in die akademischen Disciplinar-Gesetze die Verord— nung aufgenommen: „Alle Vereinigungen der Stu— direnden, welche zu Spaltungen unter sich selbst führen, die wahre akademische Freiheit und Gleichheit unter den Studirenden stören, dem Zweck ihres Hier— seyns entgegentreten oder sonst zu gesetzwidrigen Hand— lungen verleiten, sind verboten, sie mögen unter dem Namen von Orden, Landsmannschaften oder irgend inem andern vorkommen. Auch ist jede Gesellsch aft unerlaubt, welche sich herausnimmt, einzelne ihrer Glieder gegen vorgesetzte und öffentliche Behörden zu vertreten.“ Der Erfolg hat diese Maaßregel bis jetzt noch gerechtfertigt. Die Studirenden waren in den Jahren 1816 und 1817 leichter zu regieren als je. Es herrschte, wie schon gesagt, unter ihnen ein wirklich musterhafter Fleiß; von Spaltungen war gar nicht, von Zweikämpfen seltener die Rede; Wahr—⸗ heit, Mäßigkeit, Religiosität wurden als Tugenden anerkannt, auf welche der Studirende unter Stu di⸗ renden stolz seyn durfte. .

Sollte Übrigens die Burschenschaft in ihrer ur⸗ sprünglichen Reinheit nicht mehr bestehen, sollte sie dafür Bewelse geben, angesteckt vielleicht durch den Zuwachs von andern Universitäten wo die Landsmannschaften noch ihr altes Wesen treiben, so würde gegen sie nach der Strenge der Disciplinar-Gesetze verfahren werden dürfen und gewiß verfahren werden; den akademischen Behörden ist die sorgsamste Aufmerksamkeit zur Pflicht gemacht, besonders wieder in einem Restripte vom za. Juli 1818, welches ein von dem akademischen Se—⸗ nate gesprochenes hartes Straf-Erkenntniß bestätigte und mit den Worten schloß: „Uebrigens ist es Unser ernster und fester Wille, daß der Ernst, die Sittlich⸗ keit, der Anstand, wie er seit einiger Zeit unter den

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Studirenden zu Jena bemerkt worden ist, erhalten werde, daß man in Jena nur unter den hieraus her⸗ vorgehenden Bedingungen leben dürfe, indem Wir weit entfernt sind, das Gedeihen der Anstalt nach der Zahl der Studirenden zu berechnen.“ Das elbe würde staltfinden müssen, wenn die Vereinigung als solche eine politische Tendenz, ein Streben nach Bedeutsam⸗ keit für die Staaten in der Gegenwart verrathen sollte; nicht als ob von Studenten für die Ruhe des Vaterlandes wirklich zu fürchten wäre, sondern aus dem Grunde, weil durch ein solches Streben die Ju— gend von ihrer wahren Bestimmung gänzlich abgezo— gen, der Zweck des Universitäten-Lebens ganz verei. telt werden würde. Aber beklagen muß man hieneben den bösen Willen oder die Unvoxr— fichtigkeit derer, welche eben solche Ab sich⸗ ren den Studenten zuerst angedichtet, welche deshalb mit einer großen Wichtigkeit gegen sie gesprochen, und vielleicht dadurch den Keim des Uebels unter sie gebracht haben.“

Nach dieser Darstellung, und wie es sonst auch be— kannt ist, hatte die Burschenschaft zu Jena in ihrer Entstehung den rühmlichen Zweck, dem Zwiespalte der Landsmannschaften und der Orden ein Ende zu machen, indem sie den gehäßigen Provinzialabsonderungen eine gemeinsame teutsche Verbindung, eine Teutonia, und den müßigen Ordenspielereien eine Verbrüderung ent— gegenstellte, welche die akademische Freiheit mit den Gesetzen der Sittlichkeit, die fröhl«he Jugend mit dem Ernste der Wißenschaften zu vereinigen bestimmt war. Daß die ersten Anfänge in den Jahren 1516 und 1817 durch ein musterhaftes Betragen bezeichnet wurden, lag theils in der Neuheit der Sache, theils und vor. züglich darin, daß die Gründer und ersten Glieder die— fer Verbrüderung zu den Jünglingen gehörten, die, aus den Feldzügen zurückgekehrt, darch den Krieg, den Beweger des Menschengeschicks, durch die Disciplin des Soldaten, durch Beschwerden und Entbehrungen aller Art, durch die Schreckniße der Schlachten über ihr Alter gestellt, in das Leben eingegriffen und eine Reife erlangt hatten, die dem Schüler, der unmittel⸗ bar aus seiner Klaße zur Universität gekommen, nicht eigen ist. Daß es sich gegenwärtig schon etwas anders verhalte, geht aus dem Reseript an die Universität hervor, und die Darstellung will es nicht abläugnen; aber in die von ihr vermuthete Ursache der Verände— rung darf man wohl einigen Zweifel setzen, und viel— mehr behaupten, daß nicht der Zuwachs von andein Universitäten, nicht die Ausländer, die Burschenschaft zu Jena verschlimmert, nicht die Landsmannschaften sie angesteckt haben. Man hat von andern Universi= täten, woselbst sich auch eine Burschenschaft organi— sirt, woselbst noch Landsmannschaften sind, nichts Ge— fährliches vernommen. Die Unruher in Göttingen gingen nicht aus solchen Verbindungen, sondern aus der Meinung der studirenden Jünglinge, daß die aka— demische Freiheit verletzt worden sey, hervor. Die wahre Ursache der Verschlimmerung scheint man nur in der Burschenschaft selbst suchen zu dürfen, welche, wie alle diese Eleusinien einer unreifen Jugend, den Keim des Verderbnißes in sich trägt, und ihrer Natur nach früher oder später in eine ganz gewöhnliche Or— denverbindung entarten muß. Ob eine solche Zukunft das Schlimmste sey, was ihr wiederfahren könne, darf man auf sich beruhen laßen, da nur von ihrem Unbe— stande, nur von der unsichern Dauer ihres ursprüng— lichen Karakters geredet wird. Die Landsmannschaf— ten und Orden sind Jahrhunderte lang, bald leiser, bald lauter, aufgetreten, dennoch und trotz diefer üppi— gen, tadelhaften Auswächse der akademischen Freiheit sind die Universitäten seit Jahrhunderten die Pflanz— schulen gründlicher Wißenschaft und der Stolz unsers Vaterlandes.

(Schluß in der Beilage).

Beilage.

Besorgniß lebendiger angeregt ).

Beilage zum 33sten Stücke der Allgemeinen Preußischen Staats-Zeitung, vom 24sten April 1819.

Aber eine Betrachtung von ernsterer Natur glauben wir uns nicht versagen zu dürfen.

Wenn in der dem Bundestage übergebenen Dar⸗ stellung angedeutet wird, als ob man der Burschen⸗ schaft zu Jena eine politische Tendenz, eine Gefahr

sär die Ruhe der Staaten angedichtet habe, se scheint

hier nur ein Irrthum und ein Mis verständniß verzu⸗ walten. Man hat von gar keinen Maasregeln gehört,

welche gegen die Bildung einer Burschenschaft auf

andern Ünwersitäten etwa genommen waren so doch

eschechen seyn würde, wenn man sie der Ruhe des C Grandes politisch gefährlich gefunden, und was ins⸗ besendre die Handvoll junger Leute zu Jena betrift, so würde ja ungereimt gewesen seyn, diese zu fürch⸗ len. Traten einige gercizte Gegner gegen die Univer⸗ sitit zu Jena leidenschaftlich auf, so galt ihre Pole⸗ mik den Lehrern, nicht der Jugend; wie dem aber auch sey, so konnten solche Schriften den Keim des Uebels nicht in die Burschenschaft bringen.

Wenn man inzwischen vernahm, mit welchen Aeu⸗ ßerungen die akademische Jugend ihren rühmlichen Sinn für die Angelegenheiten des Vaterlandes offen⸗ barte, welche Bedeutung sie ihren patriotischen Feier⸗ lichkeiten gab, in welchen Formen sie Beifall und Tadel laut werden ließ: so fragte man sich, in voll⸗

kommenster Uebereinstimmung mit ihren Gesinnungen,

ob dieses nicht ein fremder Tropfen im jugendlichen Blute sey, den eine gute Natur beßer hinauswürfe. Nan fragte sich, und ward besorgt, nicht für die Ruhe des Staats, sondern für die Universitäten, für die

Wißenschaft.

Der Mord in Manheim hat die Frage und die

Er ist durch ein Mitglied der Burschenschaft in Jena, durch eine ihrer Zierden in Hinsicht auf Sitt⸗ sichkeit ), auf Fleiß und fromme Sinnesart (nach über⸗

*) Es kann hier gar nicht die Rede davon seyn, ob der Moͤrder Mitschuldige habe. So lange die gerichtlichen untersuchungen nicht beendiget sind, darf man sich einer so schweren Beschuldigung nicht hingeben. Erwaͤgt man, was bisher über den Karatter des Mörders bekannt gewor⸗ den, und fieht man auf die Natur des Verbrechens, so ge⸗ winnt die Privatmeinung, daß da, wo das Individnelle so ganz vorherrscht, wie in dieser That, an eine Verschwoͤ⸗ rung nicht zu denken sey, wol ein bedeutendes Gewicht. Wenn in einer Zeitung, in einem von großer Befangen⸗ heit und Lieblosigkeit zeugenden Aufsatze gesagt wird: furchtbare Anzeichen sind da, daß eine scheus liche Ver⸗ bruͤberung feig im Finstern schleiche, so hatten diese Anzeichen klar und bestimmt angegeben werden sollen. So dustre Worte darf man nicht oͤffentlich aus sprechen, wenn man nicht Beweis fuͤhren kann.

* Sand kam zu Michaelis 1817 von Erlangen nach Fena, um der Amthorschen Stiftung theilhaftig zu werden. Er hat das Zeugniß des Fleißes fuͤr sich, war aber schon fruher geneigt, manche sonderbar aufgefaßte Ideen mit Heftigkeit z vertheidigen. Im letzten hal⸗ ben Jahre vermied er die Gesellschaft und studirte mit anhaltendem Fleiße. Aus den Aussagen der in Jena abgehorten Personen geht hervor, daß er mit den Vor⸗ bereitungen zum Morde schon vor Weihnachten v. J. beschaͤftigt gewesen, indem er den Delch nach einer von ihm selbst verfertigten Zeichnung bestellte. Am Abend vor seiner Abreise, am 8. Marz, erklaͤrte er einigen seiner Freunde, daß er in Familien Angelegenheiten nach Hause reisen, aber zurückkehren werde; auch hatte er sich fuͤr das Sommerhalbjahr eingemiethet. Bei der auf Requisition des Stadtamtes zu Manheim von Sei⸗ don der Univer sitͤt Jena verfuͤgten Beschlagnahme seiner

einst immenden öffentlichen Nachrichten) verübt worden; verübt in dem schwärmerischen Wahnwitz, als fodre die Befreiung des teutschen Vaterlandes ein so bluti⸗ ges Opfer. Bringt man diese That mit m Sy stem der Bueschenschaft „Einheit aller Stu dire n⸗ ben unter einander, christlich teut sche Aus— bildung einer jeden geistigen und leiblichen Kraft zum Dienste des Vaterlandes“ in Ver⸗ bindung: so begreift man der dunklen Rede klaren Sinn, so darf man kaum noch bezweifeln, daß die Burschenschaft eine Tendenz habe, die zwar nicht der Ruhe des Vaterlandes, nicht dem Feieben der Privat⸗ wohnungen gefährlich sey, aber dem Zwecke des aka

Effekten und Papiere am 26. Marz fanden sich in sei⸗ nem mit Hilfe des Schloßers gebfneten Schreibe Bureau zwei noch versiegelte Briefe,. In dem enen ersucht er die Burschenschäft, ihn aus ihrer Mitte zu entlaßen, weil es ihr nicht gleichguͤltig seyn könne, wenn er auf dem Rabenstein sterbe; er wolle hiedurch nur dem zu⸗— vorkommen, was sie unter solchen Umstaͤnden ohnehin fuͤr noͤthig erachtet haben wurde, der Aus schließu ng aus ihrer Mitte. In dem zweiten, an seine naheren Freunde und Bektannten gerichtet, bezeichnet er die That, zu der er sich jetzt anschicke, mit welcher er schon lange umgegangen sey, ohne jedoch irgend eine Mitwißen schaft Andrer zu bezeichnen. Diese Schreiben tonnten von dem 26. Maͤrz Niemand in Jena bekannt seyn, da sie erst in der erzaͤhlten Art gefunden wurden. Be fremdend war es indeß, daß am 25. Maͤrz das Bild⸗ niß des Herrn v. Kotzebue, deßen Bart eine Fleder⸗ maus hildete, durch den Pedell vom schwarzen Brete ahgenommen wurde. Die Universitaͤt ordnete deshalb die strengste Untersuchung an; der Anhefter nannte sich freiwillig und erklärte den Zufall, der ihn zu solchem Muthwillen verleitet.

Bie ferneren Resultate werden sich aus der Untersu⸗ chung ergeben, die von einer aus zween Mitgliedern der Großherzoglichen -Landes k bestehenden Immediat? Kommißion gefuhrt wird.

Wir muͤßen vorläusig zur Steuer der Wahrheit be⸗ merken, daß das in der zuerst von uns gegebenen Re⸗ lation bezeichnete zweite Papier mit der Aufschrift: Todesurtheil 2c. nach den neusten Nachrichten nur er dichtet zu seyn scheint. Auch hieruͤber wied die Be⸗ kanntmachung der Mannheimer Untersuchung das us verlaͤßigste mittheilen. .

Wor aber sich das in einigen öffentlichen Blättern abgedruckte Schreiben an Vater, Mutter 2c. vorgefun⸗ den, haͤtte billig angezeigt werden sollen; und wenn es auch acht wäre in einer verstandigen Haus hal⸗ tung pflegt man das Gift vor den Kindern zu huͤten.

Wenn in der allgemeinen Zeitung von einem ihrer hiesigen Korrespondenten erzählt wird, daß es hier eine Parthei gebe, welche den in Manheim verübten Meuchelmord bewundre, weil aus eignem Ent⸗ schtuße das Leben an die Idee, nach Fichte, gesetzt worden sey, so durften wir nur an anders zuverläßige Nachrichten erinnern, welche diese Zeitung äber Berlin ihren Lesern zum Besten gegeben hat und giebt; wir koͤnnen aber auch das Andenken eines edlen Fäedten auf eine so frevelhafte Art nicht laͤstern laßen. Fichte verachtete die, welche schwärmerisch meinenz er sprach nur zu denen, die gründlich unt ersu⸗ chend denken. Nur die legten konnen ihr Leben an eine Idee setzen; und wer einer Idee fähig ist, ver⸗ abscheut eben deshalb die That, die nicht aus dem Ta⸗ geslichte der Gedanken, sondern aus der Nacht einer sinstern Meinung hervorgegangen. Sollten, wie wir keinesweges fuͤrchten, dergleichen Bewunderer unter uns seyn, so könnten wir sie nur dem dͤffentlichen Mit⸗ leid, der Behandlung ihres Arztes und dar Aufsicht ver Meditinal-Polizei empfehlen.