1819 / 34 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 27 Apr 1819 18:00:01 GMT) scan diff

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franzoͤsische Spitzbuben?“ Dem durch laxe Grundsitz in den letzten 3 Jahrzehnten erzeugten Sittenve, derbniße unseres Volkes, zem Reize einer verfeinerten Sinnlichkeit, der wir eine Pest aus dem Zeitalt , Friedrichs des Großen, wo man Fabriken in Sparta und den Seidenbau an der Ostsee einftz, ren wollte, bis zu unsern Tagen herüber schlich, win die Verschlechterung des Hausregimentes, der eigen lichen Volkserziehung, beigemeßen.“

Die verfeinerte Sinnlichkeit und Sparta stehn geschichtlich übel neben einander, und was das Zi, alter Friedrichs des Großen betrift, so wißn wir wol, daß man ihm sogar die Niederlage bei Jen wo so tapfer gefochten wurde, wie bei Kunnersdor hingegen die Siege bei Dennewitz, an der Katzd ach! nicht der Tapferkeit der Soldaten, nicht der Krieg erfahrenheit der Feldherrn, sondern der wiedergekehn ten Religiosität des Volkes zuschreibt. Aber wir ern nern dabei an die Samniter, denen es nichts hal, 1 daß sie sich zu den alten Göttern bekehrten und mi ; geweihten Helmbüschen und Schilden in die Schlacht

demischen Lebens, und insofern auch dem Vaterlande widrig. Wir dürfen dieses nur kurz andeuten, um nicht ] misverstanden zu werden. Der Jüngling ringt zur Universität einen Schatz von Kenntnißen des Kopfes, die er auf der Schule gesammelt; in seinem Gemüth ei— nen Schatz von Pietät, der edlen Frucht seiner häus⸗ lichen Erziehung. Diese Pietät, die in ihrem inner— sten Kern auch das Vaterland umfaßt, muß unter dem Schatten der akademischen Freiheit, reich-genährt von der Idee der Wißenschaft, die der Jüngling auf der Universität ergreifen und ausbilden soll, blos in dem treuen Gemüthe still fortwachsen, indeß im Koßfe sich die Kenntniße der Schule zur Erkenntniß entwickeln.

Die Gesetze der Burschenschast aber, indem sie Einheit aller Studirenden, eine Teutonia, gründen, indem sie teutsche Ausbildung zum Dienste des Vater— landes befördern wollen, machen die Pietät für das Vaterland zur Sache des Kopfes, verwirren die ju⸗ gendlichen Gemüther und laden eben hiedurch den Vorwurf einer politischen Tendenz auf stch.

Wir haben hier nur versucht, eine einzelne Privat⸗

Aligemeine

Preußische Staats-Zeitung.

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3463 Stuck. Berlin, den 27sten April 1819.

Amtliche Nachrichten. zu ertheilen, und bas Patent Allerhöchstselbst zu voll—

meinung aufzustellen, dabei jedoch um so weniger ein Bedenken getragen, als sie im Wesenttichen mit der dem Bundestage zugefertigten Darstellung überein— stimmt, obwol sie in Aufsuchung der Ursache des Ue— bels von ihr abweicht.

gingen; die Römer, die damals schon so gottlos ha— ren, daß ein Augur den Feldherrn belog, erfochtn dennoch den vollständigsten Sieg ). Der Gott, da damals über die Schicksale der Völker gewaltet, wal tet auch noch jetzt. Wir haben hier nur bemerken wollen, daß die von Zeit zu Zeit wiederkehrenden

dronik des Tages. Berlin, vom 27. April. Des Königs Ma⸗ sestät haben geruhet, dem Kreis-Amtmann Axt zu Wittenberg, bei Gelegenheit der Feier seines Dienst⸗

zie ß in,

Der Justiz-Kommißarius Neumann zu Pase— walk ist zugleich zum Notarius pablicus in dem De— partement des Ober-Landesgerichts zu Stettin be⸗

Welche Maaßregel aber auch die Bundesversamm— lung beschließen möge: sie wird jederzeit dem Ziele fern bleiben, sobald nicht die Lehrer unsrer Hochschu— len den wohlwollenden Absichten der Regierungen verständig entgegenkommen.

Schmähungen eines gefeierten Namens gar nicht von— nöthen sind ) um Andrer Verdienstlichkeit zu erhöhen die auch hier dem Herrn Legationsrath Falrt von jt⸗ dem, das Heil der Brüder wohlbeherzigendem Gemüthᷣ theilnehmend anerkannt werden wird. Unseres Frie— drichstiftes und unsrer Luisenstiftung dürfen wir gleichfalls dankbar erwähnen, aber von soichen Ver— wilderungen, als in der vorliegenden Schrift erzählt werden, hören wir unter uns nichts. Auf uns hat die Regierung Friedrichs des Großen auch in dieset Beziehung wohlthätig gewirkt. Einzelne schlechte Exem plare, bei denen die Bosheit das Alter ergänzt, wih es wahrscheinlich überall geben, und in die Hütten, worin jene Buben geboren und erzogen wurden, sin die Schriften Voltaires gewiß nicht gedrungen.

Jubiläums, den Karakter als Hofrath allergnäbigst stellt worden.

Zeitung s-Nachrichten. sie den erloschenen Haß nicht wieber entflammen, den zerstörten Aberglauden nicht wieder erwecken, nicht mehr im Lande umherzlehn, die Leichtgläubigen zu be— trügen, die Schwachen zu ängstigen, Zwiespalt in die Familien, Aergerniß in die Dörfer, Unwißenheit in die Schulen, Aufstand in die Stänte zu bringen: dann wird die Religion stark seyn, ohne den Beistand der Strafgesetze und ohne die Hilfe der Kerker; denn als⸗ bann wird sie nur unsre Wohlthäterin seyn, unste Troͤ— sterin.“ Diese Aeußerungen des Renners veranlaßten einen der königlichen Kommißairs, den Ritter Cü⸗ vier, in Erwiderung mehrer wider das Gesetz aufge⸗ stellten Erinnerungen Folgendes zu sagen: „Ich komme jetzt an einen bedenklichen Punkt, der sehr vielen und mannichfalten EiZnwürfen unterliegt, die man mit groö— ßer Schonung behandeln muß. Ich bitte nicht blos um die Nachsicht der Kammer! ich fühle, daß ich über glühende Kohlen gehe, aber die Frage muß erörtert werden; und darf irgend jemand Hand legen an ein so schwieriges Werk, so ist es gewiß der, deßen Ach⸗ tung für jeden Glauben die Welt kennt, der für seine Person zur Kikche der Minderzahl gehört und deshalb ein ganz besondres Recht hat, die Freiheit des Ge— wißens in Ansptuch zu nehmen. Niemand unter uns wird in Abrebe stellen, deß ein Land glücklich sey, woselbst Ein Glaube, Eine Religion, Ein kirchliches und bürgerliches Gesetzbuch, Eine Gesinnung herrscht. Gabe es einen solchen Zustand, so würde es ein gro— ßes Verbrechen seyn, ihn zu verletzen. Aber diese Ei⸗ nigkeit ist nicht mehrt; der Zweifel ist laut gewerden, der Unglaube felbst hat die Stimme erhoden. So oft man ihn durch strerge Gesetze unterdrücken wollte, er⸗ folgten bürgerliche Unruhen und blutige Kriege; mil⸗ dere Gesetze wurden umgangen— Das Uebel ist vollen⸗

Il. Ausland. paris, vom 17. April. Die Kammer der Abge— btöneten hat sich in ihren bisherigen Sitzungen fast ausschließend mit dem Gesetz über die Preße beschäftigt⸗ Die Diskußisnen über das Erste der drei verschiede— nen Gesetze; welches die Allgemeinen Sestimmungen über Preßvergehungen enthält, sind noch nicht geschloßen.

(Bei dem allgemeineren Intereße, welches dieser Ge⸗ genstand unstreitig erweckt, behalten wir uns eine um— ständliche Mittheilung vor.) .

Einer der Redner, Chabron von Solilhac, drückte besonders sein Bedauern aus, daß der Gesetz⸗ Entwurf der Profanationen der Religion nicht erwähne, indem er nur von der öffentlichen Moral und den gu— ken Sitten spreche. Er brachte daher einen hierauf Bezug habenden Zusatz in Antrag. Ein Andrer, Benjamin Constant, trug dage— gen an, auch die öffentliche Moral unerwähnt zu laßen. Er meinte: eine Lästerung der öffentlichen Moral könne man entweder gar nicht, oder tausenderlei darunter begreifen. „Versteht man die Religion? Gut, aber was bedeutet denn das Wort Lästerung (outrage) in einem Lande, worin die Freiheit aller Glaubens⸗ bekenntniße gesetzlich ist? Lästert man eine Religion, wenn man sie falsch nennt? Will man die öffentliche Moral auf allgemeine Grundsätze, die allen Religionen gemein sind; beschtänken? Dann öfnet man in den Gerichtshöfen einen Kampfplatz für die Metaphysi. Strafen wir Alles, was die guten Sitten beleidigt; aber überlaßen wir die Moral der Erziehung, die Er⸗ ziehung den älterlichen Sorgen, die Religion dem Her⸗ zen der Menschen, dem sie jederzeit ein Bedürfniß ist! Wenn die Diener der Kirche Gottesfurcht, Frieden und Duldung liben, wenn sie zu Hause Gutes ihun, wenn

Der Herr Legationsrath Falk zu Weimar hat unlängst seine zweite Gedächtnißschrift für die Land— stände des Großherzogihums Weimar über die Frage: wie unterscheidet sich Schule und Lehen, oder Volksunterricht und Volkserziehung? öffentlich bekannt gemacht, und sie mit verschiedenen Nachrichten und Aktenstücken über die Wirksamkeit der von ihm im Jahr 1813 gestifteten Gesellschaft der Freunde in der Noth begleitet. Die Geschichte dieser Stiftung und ihre Zwecke find aus früheren Nachrichten hinreichend bekannt. Als Falk im Früh— jahr 1813 seine vier Kinder zu Grabe getragen, suchte er fremde, verlaßene, eltern- und heimatlose Kinder auf, und brachte sie mit Hilfe anderer Freunde zur Erlernung nützlicher Handthierungen unter. Mit vie— ler ernsten und ausdaurenden Sorge widmete er sich diesem menschensreundlichen frommen Geschäfte, und der Bund hilfreicher Freunde und Freundinnen nannte sich „die Freunde in der Noth,“ die nach den Verheerungen des Krieges auch den umliegensen Dorfschaften Hilfe brachten. Jetzt sind Jahr aus Jahr ein 200 arme Knaben als Handwerkslehrlinge untergebracht, indem die Gesellschaft jährlich 50 Kna— ben bei Meistern aufdingen und eben so viele losspre— chen läßt. Es sind eine Sonntagschule von 100 Zöglingen, auch für 100 weibliche Zöglinge Näh-, Spinn⸗ und Strickschulen eingerichtet, worin die ärm⸗

sten Kinder „deren Väter in Tyrol gesteinigt, in Spanien verbrannt, und in Rußland erfroren sind“ an geschenkter Wolle spinnen, nähen und sich selbst ihre Kleidungstücke verfertigen lernen. Auch auf das

Gymnasium zu Weimar erstreckt sich die Wohlthätig— keit der Gesellschaft.

Die Hauptidee des Herrn Legationsrath Falk ist: praktische Volkserziehung in frommen Werkstäten, durch ein frommes Hausregiment. Der Volksunter— richt, Lesen, Schreiben, Rechnen, ist nur Mittel, nie Zweck. (Das ist auch nie bezweifelt worden und die Frömmigkeit in den Werkstäten ohne Unterricht im Handwerk wäre doch auch nur ein tönend Erz) „Was in aller Welt nützen oder frommen dem Staate Spitz fee. . ,, . 6 Spitz bu⸗ en, die rechnen können? Sie sind ihm nur um so ge— Das Eine spra 1. faͤhrlicher. Ja, was latein sche ; was) griechisch , was e n, nn, mn, w, mar ür

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Die Redaktion der Augsb. Allg. Zeitung hat zwar in ihrer Nr. 105. die in ihrer vorhergehenden Num mer mitgetheilte Nachricht, von einem hier vorgefalle— nen Exceße widerrusen, sie wird sich aber von selbst überzeugt finden, daß sie hiedurch die Ehre ihres Blat— tes nicht hergestellt habe. Sie hat die Nachricht nicht als ein Gerücht mitgetheilt, wie sie jest behauptet; sie hat einen ausführlichen Brief, den se also doch darüber erhalten haben muß, abdrucken laßen. Waß sie unter solchen Umständen zu thun habe, wird ih— bei näherem Nachdenken gewiß nicht entgehen.

) Livius nennt bei Erzählung der Schlacht den Bru— dersohn des Consuls Papitdius: iu venem, ante doctrinam Deos s Pernentem, natum.

**) Das Hoͤchste der Menschheit, welches Friedrich der Große nach S. 5. dahingestellt seyn laßen, trug Er t:ef in seiner Brust, wie ein Hirte der Boͤlker es soll. Discite iustitiam moniti, nec temnere divos. Als er den Kanzler Freiherrn von Schrötter zum Pra sidenten des obersten Gerichtshofes in Westpreußen er⸗ nannte, sagte er zu ihm: „Weiß Er wer Ich bin, und wer Er ist? Ich will es Ihm sagen: Ich bin der erste Justitigrius über mein Land, und muß Gott der— maleinst Rechenschaft geben.“ (S. Vater, Eroͤrterung des Verhaͤltnißes akatholischer Landesherrn zum Pabst. „Als nach der Schlacht bei Liegnitz die Adjutanten ihm zur gewonnenen Schlacht Gluͤck wuͤnschten, sagte er in großer Bewegung: „Ja, meine Herrn, hier war eine hoͤhere Hand im Spiele.“ „und,“ setzte einer von ihnen hinzu, „die vortreflichen Dispositionen Ew. Ma— jestaͤt.‘ „Ach, mit Seinen Dispositionen!“ erwiderte der Koͤnig, ihn sehr ernst anblichnd „Nun freilich, nach einer kleinen Pause) es kommt Eins zum Andern.“