1819 / 34 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 27 Apr 1819 18:00:01 GMT) scan diff

det; Schriften gegen bie heiligsten Lehren sind in Aller Händen; kein Gesetz kann sie vertilgen. Die Unter— suchung, die Beurtheilung sind die einzigen Waffen, die uns für den Sieg der Wahrheit übrig bleiben. Und vielleicht haben wir eben diese Waffen mit größerem Erfolg gebraucht, seitdem wir auf sie allein beschränkt sind. Welche Werke werden seit 15 oder 20 Jahren am meisten gesucht und machen ihren Verfaßern die meiste Ehre? Ich berufe mich auf das Zeugniß der Männer, die mich hören: die Werke sind es, die auf den Lehren der Religion und der Sittlichkeit, den Er⸗ halterinnen der öffentlichen Ordnung, gegründet sindꝰ.

Die Untersuchung ist diesen Lehren wesentlich vor— theilhaft. Das Schweigen ist ein Zeichen der öffent— lichen Gleichgültigkeit; es schadet weit mehr, als die Untersuchung.

Die Verfaßer des Gesetz Entwurfes haben verge⸗ bens nach Ausdrücken gesucht, durch welche die Reli⸗ gion vor den Lästerungen der Ruchlosigkeit gesichert, dagegen sowol den verschiedenen Glaubensbekennt— nißen, als selbst der natürlichen Philosophie die freie Untersuchung in Bezug auf die geoffenbarte Religion nicht entzogen würde. Furchtsame Gemüther können die einfachsten Untersuchungen eine Lästerung nennen. Kann man eine Religion gröblicher lästern, als wenn man sie falsch heißt? Dann ist aber jede Art der Un— tersuchung über solchen Gegenstand, jeder Zweifel eine Lästerung, und man muß vor den zahllosen Schwie— rigkeiten erschrecken, wenn man solche Streitfragen entscheiden und das Urtheil über Untersuchungen des gründlichsten Tiefsinns einer Jury von ganz schlichten Leuten anheimgeben soll. Oder will man sie zuvor einem Tribunal von Doktoren vorlegen? Würden wir dann nicht in eine Geistesknechtschaft versinken, welche die Welt nicht mehr erträgt? Die Verfaßer des Ge— setz⸗Entwurfes haben die Nothwendigkeit wohl erkannt, diese Lästerungen zu verhüten; sie haben solche unter den Handlungen wider die öffentliche Moral begriffen. Und welchen festern Grund kann es für die Staats— verfaßung geben, als die öffentliche Moral? Mein, dieser Ausdruck ist nicht unbestimmt, er ist mit un— auslöschlichen Zügen in Aller Herzen gegraben; nie— mand kann sich über den wahrhaften Sinn desselben täuschen und wirkliche Lästerungen wider diese Moral mit philosophischen und theoretischen Untersuchungen verwechseln. Wir haben keinen angemeßneren Aus— druck gefunden; weiß man einen beßeren, so beliehe man ihn vorzuschlagen.“

Die Deputirten von Finis terre haben die Bittschrif⸗ ten um Zurückberufung der Verbannten, die sie von mehren Städten des Departements erhalten haben, bei der Kammer niedergelegt.

Die Wohlthätigkeit-Anstalten der Stadt Paris haben in den ersten 3 Monaten dieses Jahrs 84a, a4 Arme mit 5ai,4g2 Fr. unterstützt.

Unsre Blätter wiederholen die Aeußerungen des Englischen Kouriers über die Ursachen der Reise des Lord Vhitworth nach Paris. „Der Lord ist mit

seiner Gemahlin nach Paris gereist, um sich zu ver— gnügen und eine angenehmere Luft zu athmen; das ist das ganze Geheimniß. Freilich werden andre Leute, die sich nie überreden können, daß Männer von Ansehn sich auch mit andern Dingen als mit Staatsangele—

genheiten beschäftigen, in dieser ganz natürlichen Et⸗ klärung nur einen Schleier sehn, der die ernsthaftesten

Geschäfte den Augen des Publikums entziehn soll.“

Die Kammer der Pairs hat in ihrer Sitzung vom 135. d. den Gesetz⸗ Entwurf wegen der Hilfbücher des

großen Staats-Schuldenbuches angenommen, und es ist nunmehr als Gesetz vom Könige vollzogen und be— kannt gemacht worden.

Eins unsrer Journale, um die Mängel des Wahl—

gesetzes anschaulich zu machen, führt aus der Zeitung von Ajaccio vom 25. v. M. an, daß in Korsika nur

zwei Wählbare sich befinden, der General Seba stiani und der Graf Pisani, die eine Steuer von

1000 Franks und drüber bezahlen. Die Wahlberech—

tigten, welche zoo Fr. Steuer bezahlen, beschränken

sich auf 18 Personen.

Der Graf von Champagne hat den Plan zu einer Hagelversicheranstalt, die sich über ganz Frank— reich erstrecken soll, bekannt gemacht. Man verst— chert sich durch Ein Procent des Ertrages der Erndte. Die Bank zu Paris soll die Haupt-Kaße führen. Die Gesellschaft tritt, unter königlicher Genehmigung, auf 30 Jahre zusammen.

(Einige Departements scheinen dem Hagelschlag:

vorzüglich häufig unterworfen zu seyn; es scheint also um so zweifelhafter, ob Eine Gesellschaft für das ganze Reich zusammentreten werde.)

Der Persische Gesandte hat sich gegen die Gazette de France erklärt: daß er zwar die Einrichtung der

Zeitungen sehr schön finde und sie auch in Persien eim

zuführen hoffe, daß er aber den Leichtsinn, mit dem sie ungegründete Nachrichten aufnähmen, nicht loben könne. keinesweges sehr bewundert, wie man es erzählt habe.

München, vom 17. April. Die Kammer der Abgeordneten hat sich in ihren öffentlichen Sitzungen hauptsächlich mit der Diskußion über den Antrag: die landrtähliche Institution auch den älteren Krei— sen des Reiches zu geben, und mit den Berathschla— gungen über das Schulwesen beschäftigt.

Der Abgeordnete Köst er bemerkte bei Veranlaßung der von dem Präsidenten gestellten Fragen, daß es auf deren Faßung swenig ankomme, sondern nur auf Geld, welches auf den öffentlichen Unterricht verwen⸗ det werde. Das Land habe nue deshalb soviel schlechte Schullehrer, weil sie schlecht bezahlt würden.

Zu den Fragen in Ansehung des Schulwesens ge— hört auch: ob auf den Antrag des Herrn von Are— tin die Lehrart des wechselseitigen Unterrichts einge— führt werden solle. Der Abgeordnete Stephani äuserte hiebei: „ich verehre die Absicht des Mitgliedes, welches die Berücksichtigung dieser Methode vorge⸗

Den Bauchredner le Comte z. B. habe er

schlagen hat, aber ich darf nicht verschweigen, daß sie von den besten teutschen Pädagogen längst verworfen worden ist. Ich brauche zur Karakteristik dieser er⸗ Firmlichen Methode nichts zu sagen, als daß sie ihren arsprung in Ostindien genommen hat, wo man we— zn Mangel an Papier und Tinte hiezu seine Zu⸗ sucht zu nehmen gezwungen war.“ Herr v. Aretin erwiderte: „Es ist hier nicht der Ort, Dissertationen iber die Zweckmäßigkeit des wechselseitigen Unterichtes zu halten, auch habe ich nicht uf die Einführung, sfondern nur vorerst auf die nähere HYrüfung dieser Lehrart angetragen. Es scheint ührigens, daß der Herr Schul- und Kirchenrath Stephani mit der neusten Litteratur der Pädagogik nicht sehr vertraut ist, sonst hätte ihm nicht entgehn können, daß der wechfelseitige Unterricht in mehren Ländern, besonders i Frankreich, z. B. unter dem Militair, mit dem besten Erfolg angewendet worden ist.“ .

(Es scheint aber, als ob man in Frankreich diese Lehrart nur als einen Nothbehelf einführe, indem es darauf ankommt, den Unterricht der Jugend den Händen der Geistlichen, welche bekanntlich in Franzö— sischen Blättern sehr unwißend und fanatisch geschil— dert werden, zu entziehn. Es dürfte mehr eine Par— theisache seyn. Nicht bloß in Teutschland, auch in England sind verständige Pädagogen nicht dafür ge⸗— ssimmt, obwol man den Nutzen als Nothbehelf für ein bloßes Gedächtniß-Lernen immerhin wird zugeben können. Auf jeden Fall ist die nähere Prüfung sehr zweckmäßig beschloßen. )

Schweitzerische Eidgenoßenschaft. Was schon zu Anfang dieses Jahres von Paris her ange— kündigt war, ist jetzt in Erfüllung gegangen. Der Französische Minister Graf v. Talleyrand hat un— term 3. April, erhaltenen Aufträgen seiner Regierung gemäß, den Ständen, mit denen im Jahr 1816 Mi⸗ stairkapitulationen abgeschloßen wurden, eine Unter— handlung zu Abänderung desjenigen Artikels derselben angetragen, welcher den kapitulirten Truppen die Bei— behaltung eigener Rechtspflege, so wie fie dieselbe zu allen Zeiten besaßen, zusichert. Da nun gerade dieses Verhältnis der eigenthümlichen Strafgesetzgebung dasjenige ist, mit dem sich die Bundesbehörde als mit einer gemeinsamen Angelegenheit des Bundesstaates beschäftigt hat, und da von der Tagsatzung auch wirk— lich solche provisorische Gesetze für die Französischen Schweizerregimenter genehmigt wurden: so dürfte ehne Zweifel die Berathung über den Französischen Antrag zur Abänderung jener wichtigen Bestimmung, als der Tagsatzung zugehörig erachtet und an dieselbe gewiesen werden. (Aar. 3.)

Stockholm, vom g. April. Der Expeditions⸗ Sekretair Bergius, ein von St. Barthelemy zurück— gekommener Beamter, hat unter dem Titel: „Ueber Westindien“ ein Buch herausgegeben, welches ein intereßentes Gemälde des neusten merkantilischen, politischen und sittlichen Zustandes dieses Welttheils enthält. Unter andern wird Folgendes über St. Do— mingo oder Hayti darin aufgeführt: „Der König Heinrich, sonst nach der Insel St. Christophe ge⸗ nannt wo er als Stallneger diente, hat zu Haupt⸗ zwecken seines politischen Systems, kräftigen Verthei— digungstand gegen Frankreich und Anhäufung unge⸗ heurer Schätze. Eine bedeutende Zahl seiner Unter—⸗ thanen ist in beständigem Kriegsdienst unter der streng⸗

sten Zucht; Lebensstrafe ist die gewöhnliche Ahndung

von Dienstfehlern. Für seine Garde hatte er aus Eng⸗

land zierliche grüne Montirungen kommen laßen, wel⸗

che aber nur wenn er selbst im Kap ist angelegt, und sonst unter seinem eigenen Schlüßel verwahrt werden, während die Garden so ange barfuß aufziehen. Seine leichte Kavallerie kann nicht leichter seyn; denn sis jagt mit dem Säbel und der Patrontasche um den nackten Körper. Die einzige Buchdruckerei in seinen Staaten steht unter seiner eigenen Aufsicht, und wird nur zu politischen Pamphlets benutzt, welche von Zeit zu Zeit auf seinen Befehl verfaßt werden. Von der sogenannten Gazette Royale d'Hayti erscheint nicht öfter eine Nummer, als Sr. Majestät irgend ein Räu⸗ cherwerk gezündet oder etwas in in. hohen Namen zu erkennen gegeben werden soll. Die Buchdrucker⸗ kunst ist in feinem Reiche ein Sklave, wider deßen Mißbrauch er sicherer als jeder Andere ist.

Die Finanzen und die Oekonomie sind auf die ein⸗= fachste Weise eingerichtet. Die Erndte jeder Pflan⸗ zung wird in vier Theile verlooset, wovon einer dem Könige, einer den arbeitenden Schwarzen, und zwei dem Besitzer zufallen. Da der König also immer große Parthien Kaffee und Zucker liegen hat, so müßen alle ankommende Kaufleute sich mit ihren Facturen immer zuerst an ihn wenden; er bemerkt dann, was er selbst kaufen will, bestimmt oft, wieviel er bezahlen will, gewöhnlich 10 Prozent über den Facturwerth, und danächst den Preis seiner eigenen Tauschartikel, wo⸗ nach sich der andere Kontrahent gemeiniglich richten muß. Ein baarer Ueberschuß in Spanischen Dublo⸗ nen, der einzigen angenommenen Münze, bleibt ihm immer gewiß zur Vermehrung des im Fort Henri ver— wahrten Schatzes, welche Eitadelle von 365 Kanonen und einer zahlreichen Mannschaft vertheidigt, und woran noch immer zur Herstellung nach dem vor einem Jahre erlittenen Gewitterschaden gearbeitet wird. Diest Citadelle liegt auf dem Gipfel eines der höchsten Berge und beherrscht das am Fuße desselben mit aller West⸗ indischen Pracht erbaute Residenzschloß Sans souei.“

Inland.

Berlin, vom 26. April. Seine Majestät der König haben in Bezug auf die Invaliden-Benesi— eien an den Kriegsminister, General-sLieutenant v. Boyen, Folgendes zu verfügen geruhet: .

„Da Zweifel darüber entstanden sind, ob Invali⸗ den, welche schon aus Kreis- und Kommunal-Fonds, oder aus milden Privatstiftungen und von patriotischen Vereinen fortwährende Unterstützungen empfangen, auch noch Gnadengehalte erhalten sollen oder nicht: so setze Ich hiemit fest, daß alle diejenigen, welche durch Verwundungen, oder durch Beschädigung im Dienste, oder erweislich dutch die Folgen des Krieges so inva⸗ lide geworden, daß sie zur Selbsternährung unfähig sind, ohne Rücksicht auf jene Unterstützungen, das ih⸗ nen gesetzlich zugebilligte Benefiz erhalten sollen, und trage Ihnen auf, hienach in vorkommenden Fällen verfahren zu laßen. Berlin, den 19g. April 1819.

(gez.) Friedrich Wilhelm.“

Seine Mafestät der König haben den bisherigen Kommandeur des 6ten Infanterie: Regimentes, Ober⸗ sten Stach v. Golzheim, zum Assistenten des Ge⸗ neral-Lieutenants Grafen v. Sch lieben bei dem Departement für die Invaliden ernannt.

Wißenschaftliche Nachticht.

In Frankfurt hat sich seit Anfang dieses Jahres tin ni nf g nern, Gelehrten und Geschichtfreunden aus allen Theilen des Vaterlandes gebildet, zur Beförde⸗ zungeiner Gesammt⸗-Ausgabe der Quellen— Schrift steller teutscher Geschichten des Mittelalters.

Dieser Verein wurde zuerst im verfloßenen Som—

er Verein von Staatsmän⸗

mer durch den Herrn Staatsminister, Freihetrn don Stein gebildet, der einen Zusamm entritt bei⸗ tragender Mitglieder aus der Zahl seiner Freunde und Bekannten, dem Freiherrn von Landsberg⸗ Vehl im Münsterschen, Frhrn. von Mirbach zu . im Jülichschen, dem Banquier 6 Theodor

Mühlens zu Frankfurt, Hrn. Landes⸗Direktor von Remberg zu Brüninghausen in des Grafschaft Mark,