1819 / 42 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 25 May 1819 18:00:01 GMT) scan diff

Aerarium libernommen werden. Ebenso hat sich der Ausschuß über die Anträge des Finanzministeriums, die Ausscheidung der Straßen und die Einführung brei⸗ ter Radfelgen betreffend beifällig erklärt, doch daß die Ausscheidung der einzelnen Straßen unter Mitwir⸗ kung der Stände geschehe.

Karlsruhe, vom 14. Mai. Unser Budjet ent⸗ hält an Einnahme

1. direkte Steuer... . 2, 65665, 964 fl. 32 kr.

g. indirekte Steuer.. . 1,966,520 2

3. Regalien... . 795,585 28

4. Gerichtstaxen, Stempel, Strafen 485, 429⸗ 50

5. Domainen⸗Ertrag . . 35,171,761 153

6. Verschiedene Revenüen ... 89.925 564⸗

Brutto g, 185,288 fl. A kr.

Die Ausgaben sind gerade eben so hoch berech— net, so daß weder ein Ueberschuß noch ein Deficit er⸗ sichtlich. Da jedoch auf die Eroͤfnung eines Kredits von 3 Million Fl. für die Amortisationskaße, wel— cher alle Einnahmen und Ausgaben überhaupt zuge— wiesen sind, angetragen worden, so kann man diese Summe wahrscheinlich als das Deficit ansehen.

Die eigentliche Staatsschuld beträgt 16 Millionen Fl. Im Jahr 1808 hat sie 20 Mill. betragen.

Der Staatsrath Baumgärtner hat der ersten Kammer verschiedene Vorschläge eingereicht, welche die Erhöhung des Nationalwohlstandes bezwecken, nament⸗ lich die Feststellung eines richtigen Verhältnißes des Waldbodens zur Feldkultur, wovon der Verfaßer eine

jährliche Revenüe von 2 Millionen Fl. verspricht. Auch auf die Hervorbringung des im Rheine sich fin⸗ denden Goldes sind Vorschläge gerichtet.

Frankfurt, vom 15. May. Die Bundesver— sammlung hat in Folge der von dem Herrn Groß⸗ herzoge von Weimar und dem Herrn Herzoge von Gotha gemachten Eröfnung eine Kommißion von 5 Mitgliedern gewählt, um über den Zustand der teut— schen Universitäten in Berathung zu treten, und die Maasregeln, zu welchen die Eröfnung beider Höfe Veranlaßung giebt, baldmöglichst zu einem gemein sa⸗ men Einverständniße vorzubereiten.

Paris, vom 15. Mai. Unsre Feitungen enthal⸗ ten die Königl. Verordnung vom 28. v. M., nach wel⸗ cher 40, ooo Mann auf die Klaße des Jahrs 1818. zum Kriegsdienst einberufen worden. Die Verthei— lung auf die einzelnen Departements ist beigefügt und die Bevölkerung Frankreichs auf 29, 052, 692 Seelen angenommen.

Die Diskußion über die Rechnungen der Jahre 1815 bis 1818 nahm in den letzten Sitzungen der Kammer der Abgeordneten eine sehr lebhafte, zum Theil gehäßige Wendung, indem die Anleihegeschäfte mit den Häusern Hope und Baring eingemischt und die Maasregeln des damaligen Finanzministers Grafen Corvetto und des Herzogs v. Richelieu hart getadelt wurden. Die Herrn Casimir Perier und Lafitte (Banquiers, von der linken Seite),

Bignon und Constant äußerten sich besenders bit— ter und heftig. Herr Bign on bemerkte, um den Ein— wand zu beseitigen, daß die fremden Mächte die Ga⸗ rantie nicht- französischer Häuser gefodert hätten: selbst Bonaparte habe auf die Preußische Kriegs⸗ Kontribution die Wechsel von Berliner Banquiers ange⸗ nommen, und nicht die Garantie fremder Häuser für Preußen begehrt.

(Herr Bignon verwirrt hier wiederum, wie schon in der vorjährigen Sitzung bei einer andern Gelegen— heit geschah, die Verhältniße. Bonaparte wußte recht gut, theils, daß Preußen nicht in der Lage war, ihm ausländische Wechsel zu schaffen, theils, daß er die Berliner Banquiers in seiner Gewalt hatte. Die Rücksichten der verbündeten Mächte waren durch— aus verschieden. Wenn Herr Bignon weiterhin be— merkt: die Räumung Frankreichs sey von Seiten der Verbündeten noch vor der Zusammenkunft der Sou— veraine in Aachen schon entschieden, also von dem Geld— punkte nicht abhängig gewesen, so ist eine solche Fol— gerung nicht wol einzusehn, da man von selbst vor⸗ aussetzen konnte, daß die Französische Regierung alle ihre Geld- und Kredit-Mittel aufbieten werde, um die Räumung zu erlangen, so daß der gemeinsame Be— schluß über die Räumung immer nur unter dem sich von selbst verstehenden Bedinge der Kontributionszah—⸗ lung, oder einer den Verbündeten gnügenden Ueber— einkunft gefaßt wurde und in Aachen zurückgenommen werden konnte, sobald man sich über die Zahlung der Kontributions-Rückstände nicht ausglich.) Die Herrn Baron Pasquier, Lain« und der Minister des Inneren sptachen mit Wärme für ihre vormaligen Kol— legen, den Hetzog von Richelieu und den Grafen Corvetto. Auch der Baron Deleßert (Ban quier zu Paris, von der linken Seite) vertheidigte den Mi— nister und nannte die heftigen Ausfälle auf die An— lehngeschäfte grundlos und ungerecht. Die Anträge der sogenannten Französischen Gesellschaft, welche sich zu der Anleihe erboten, wären unüberlegt gewesen, und hätten die Unterhandlungen der Regierung ver— wickelter gemacht. Die Eifersucht einiger fremden Häuser hätte diese Gesellschaft aufgeredet, eine Baar— zahlung von aso Millionen Fr. und noch andere Be— dingungen (nachdem die Anleihe mit Hope und Ba— ring schon abgeschloßen war) anzubieten, welche gar nicht zu erfüllen gewesen wären. Gleichzeitig habe man die Unterhändler der verbuͤndeten Mächte von diesem Schritte unterrichtet, die nun an ihrer Seite den Bogen höher gespannt und härtere Bedingungen gemacht hätten, indem sie auf kürzere Zahlungsfristen bestanden, deren Verlängerung auf g Monat nur mit Mühe erlangt worden. Preußen habe noch frühere Befriedigung gefodert und die Darleiher Hope und Baring hätten sich sehr ungern zu so kurzen Fristen verstanden. Diese durch die übereilten Anerbietungen der Französischen Gesellschaft herbeigeführte Beschleu= nigung der Zahlungen sey die Hauptursache der bekann— ten Krise der Pariser Börse geworden. Denn als dis

Termine fällig gewesen, habe es in den Kaßen an Gelde gefehlt, die durch die Französische Gesellschaft gesteigerten Renten wären unverhältnißmäßig gefallen, die Bank habe ihre Wechselgeschäfte eingestellt und nun habe derjenige, der das Anerbieten einer Baarzah⸗ lung von 280 Mill. hauptsächlich gefördert, zuerst zu zahlen aufgehört. Obwol die Anstrengungen der so— lidesten Häuser mit bedeutenden Opfern größere Un— fälle verhütet, so wäre das Vertrauen doch erst zurück⸗ gekehrt, die Renten wären gestiegen und die Bank hätte wieder zu diskontiren angefangen, als es bekannt geworden wäre, daß die verbündeten Mächte verlän⸗ gerte Fristen bewilligt hätten. Das Verfahren der Mmister sey daher nicht zu tadeln, man müße ihnen vielmehr danken, daß sie am Vaterlande nicht ver— zweifelt.

Die Diskußionen über diesen Gegenstand sind noch nicht geschloßen.

Man hat zur Bezahlung der 6000 Franks, welche die Herrn Fab vier und Senneville dem General Canuel zu entrichten verurtheilt worden, eine Sub⸗ skription in Eyon eröfnet.

Im Prozeße wider Marinet und Cantillon war auch der Rußische General Graf Woronzaow als Zeuge darüber aufgetreten: ob Lord Kinnaird über seine Reise nach Paris in Begleitung Marinets in Maubeuge sich mit ihm berathen habe. Der Zeuge hielt sich bei diesem Anlaße verpflichtet zu äu⸗ sern, daß man dem Herzoge v. Wellington in den sieben Departements, welche die Okkupations⸗ Armee

unter seinem Oberbefehl besetzt hatte, mehr Gerechtig⸗

keit wiederfahren laße, als hier. Die Aussagen sämmt⸗ licher Zeugen waren wenig erheblich. Der General— Advokat nahm zwar an, daß auf den Wagen geschoßen worden, fand aber nicht ausgemittelt, daß das Pistol mit einer Kugel geladen gewesen. Er sprach hienächst in sehr pomphaften Ausdrücken von der Viederkeit des Landes, deßen Geschichte seit 16 Jahrhunderten auf vielen Blättern erzähle, wie oft Franzosen auf dem Schlacht— selde ihren Feind emporgerichtet! aber keins enthalte, daß sie im Schooß des Friedens und der Gastfreund— schaft ihren Gegner erwürgt. (Man muß so genau nicht rechnen, zumal seit so grauer Zeit; diese Gesin— nungen des Edelmuthes sind auf jedem Boden einhei⸗ misch, aber einzelne schlechte Exemplare finden sich überall und zu allen Zeiten.)

Unter solchen Umständen konnte die völlige Los— sprechung kein Bedenken haben, die von den Zuhörern mit Ungeduld erwartet wurde.

(Man hat bei dieser Gelegenheit auch die Franzö— sische Sprache bereichert, indem man den Oberbefehl des Herzogs v. Wellington ein Agamemnonat

nannte.)

Eine unsrer Zeitungen führt Klage, daß es seit einiger Zeit in Frankreich zur Gewohnheit geworden sey, die Gesetze des Anstandes gegen die Fremden zu vernachläßigen und sich recht absichtlich einer ungesit⸗

teten Lebensart gegen sie zu befleißigen. (Vielleicht mit Rücksicht auf den Diskurs der Advokaten und auf das Betragen der Zuhörer in dem eben erwähn⸗ ten Prozeße. )

Einige Personen sind wegen Verbreitung eines se⸗ ditiösen lithographischen Bildes (einer geistlosen Kar⸗ rikatur, vorstellend, daß Bonaparte und sein Sohn noch leben, und eine Anspielung auf ein in Paris an⸗ geblich bekanntes Spiel petit bon homme vit encore) jur Untersuchung gezogen. Es wäre dabei nichts merkwürdig, wenn nicht ausdrücklich erzählt würde, daß dieses schlechte Bild einen außerordentlichen Ab⸗ satz gefunden hahe.

Der Substitut des General-Prokureurs am ober⸗ sten Gerichtshofe zu Brüßel hat öffentlich erklärt, daß er bei seinen Aeußerungen im Prozeße wider den Bu⸗ choz und deßen Mitschuldige gar nicht daran gedacht habe, irgend einen Verdacht gegen das Franzoͤsifcho Ministerium anzuregen.

London, vom 14. Mai. Der Generalfiskal hat im Unterhause die nachgesuchte Erlaubniß erhalten, ein Gesetz vorzuschlagen, welches den eingebornen Engländern die Annahme fremder Kriegsdienste und die Ausrüstung von Schiffen mit Kriegsbedürfnißen, ohne besondere Genehmigung der Regierung, verbiete, obwol sich verschiedene Mitglieder der Opposition widersetzten. Lord Castlereagh bemerkte, daß es die Pflicht der Regierung sey, eine solche Maasregel zu treffen, welche das von ihr befolgte System der Neutralität in dem Kriege zwischen Spanien und den Südamerikanischen Provinzen vor der Welt beweise. Das Gesetz würde schon früher vorgeschlagen seyn, wenn man nicht an eine Aussöhnung geglaubt habe, wozu jetzt alle Hoffnung verschwunden sey. Da Eng— land in friedlichen Verhältnißen mit Spanien lebe, so dürfe es nicht die Werkzeuge zu deßen gänzlichem Untergange liefern. Dieses würde um so unedler seyn, wenn man einen Zustand der Schwäche bei Spanien voraus setze.

Der Antrag des Marquis von Lands down im Oberhause auf Vorlegung der Verhandlungen mit der Regierung der Vereinten Staaten von Nordamerika in Bezug auf das Verfahren der Amerikanischen Truppen in Florida, namentlich des Generals Jackson gegen den Arbuthnot und Armbruster, ist verworfen worden, weil das Haus der Meinung des Grafen Bathurst bei⸗ trat, daß Engländer den Schutz ihrer Regierung nicht geltend machen könnten, wenn sie in fremden Kriegs⸗ dienst getreten. Ein entgegensetzter Grundsatz würde in

endlose Kriege verwickeln. Die von demselben begehr⸗

te Aufklärung: ob man nichts versäumt habe, die Abtretung der Florida's an die Vereinten Staaten zu verhindern, wurde ganz abgelehnt.

Im uUnterhause ist die Motion verworfen worden: daß das Haus erwägen möge, obeder Tilgefond nicht zu der etwa nöthig werdenden Anleihe für die Be⸗ dürfniße des laufenden Jahrs zu verwenden.

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