1819 / 46 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 08 Jun 1819 18:00:01 GMT) scan diff

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konnte, oder glaubt er diesen Widerspruch mit der Sophisterei eines Unterschiedes zwischen wirklichem Rück— ruf und Aufschub des Bannes zu bemänteln? Im ersten Falle hätte er das Horazische tenax propositi nicht bewährt, der zweite Fall ziemm der ernsten Würde seines Amtes nicht.

Sehr in Kontrast mit dem Geiste dieser Aeußerun— gen stehen die Zeitungen und Journale der Libera— len, und insbesondere die darin abgedruckten Abstim⸗ mungen B. Constants, La Fayettes und Ande— rer, wie sie abgegeben werden sollten in der bekannten Sitzung vom 17. B. Constant sucht vornehmlich zu zeigen, daß das Verbannungsgesetz nicht blos der Karte schnurstracks zuwider sey, und also gar nicht hätte gegeben werden sollen, seine Aufhebung mithin sich von selbst verstehe, sondern auch, daß dasselbe ein Eingriff in die konstitutionellen Rechte des Königs sey und seinem schönsten Vorrechte Schranken setze. Die übrigen erheblichsten Nachrichten aus Paris sind folgende. Der König hat auf den Bericht, den der Herzog von Angouleme ihm aber den Zustand der sogenannten Bäder des Julian, eines alten Mo⸗ numentes aus den Römerzeiten her, in der Straße La Harpe belegen abgestattet, befohlen daß dies Ge— bäude angekauft und in Stand gesetzt werden soll, alle die Kunstwerke aus jener Zeit, welche sich jetzt an verschiedenen Orten zerstreut befinden, aufzunehmen.

In der Deputirten-Kammer ist nun endlich die Diskußion über die Rechnungen der vorigen Jahre geschloßen, der von den Ministern überreichte Entwurf zu einem Reglement darüber angenommen und schon dem Könige zur Bestätigung vorgelegt worden. Ein Gleiches ist von Seiten der Kammer der Pairs in An—⸗ sehung der von ihr besch loßenen gänzlichen Aufhebung des sogenannten droit d'aubainèe geschehen; auch ha— ben die Pairs den Gesetz⸗ Entwurf in Betreff der Journale und periodischen Schriften ohne irgend eine Abänderung mit 142 Stimmen gegen 14 angenommen. Dagegen wird nun in der Deputirten-Kammer das Budjet für das laufende Jahr 1819 verhandelt. Er⸗ laubt es der Raum dieser Zeitung, so wird in der Folge manches sehr erhebliche, was dagegen von vielen Deputirten, Laines de Villevegue, Rodet, Chau velin, alle drei von der linken Seite, und An— deren mehr, sowol in Betreff des Ganzen, als einzelner Theile, zur Sprache gebracht worden, und vornehm— lich aber auch, was der Königliche Kommißair, der be— rühmte Naturforscher Cüvier, dafür in einer sehr a . aus dem Stegreife gehaltenen gründlichen Aus⸗ einandersetzung angeführt hat, näher erwähnt werden.

Der bekannte Graf Darü, Mitglied der Pair— kammer, hat eine Geschichte der Republik Venedig in sieben starken Bänden, auf seine Kosten drucken laßen. Sie reicht bis zu ihrem Untergange durch Bonaparte und dem von ihm abgeschloßenen Frieden zu Campo Formio. Höchst merkwürdig darin sind die Statuten der Venetianischen Staatsinquisition, die hier zum erstenmale abgedruckt sind, nachdem sie Jahrhunderte

lang in einer Pariser Bibliothek fast ganz unbekannt gelegen haben.

Im Allgemeinen sind bei der Diskußion über das Budjet des laufenden Jahres in den Sitzungen der Deputirten-Kammer vom 25. und 27. schon die Aus— gaben für die öffentliche Schnld und den Tilgefond, so wie das besondere Budjet des Justizministers be— willigt.

London, vom 28. May. Das Wichtigste, wor— an nicht bloß das ganze hiesige handeltreibende und mit dem Geldverkehr in irgend einer Verbindung ste— hende Publikum den lebhaftesten Antheil nimmt, son— dern mehr oder weniger auch der Handelsstand in ganz Europa, ist die Angelegenheit der Bank und ihrer Zahlungsverhältniße. In der Sitzung des Hauses der Lords am 21sten wurde lange über den Bericht des geheimen Komitte debattirt und endlich beschloßen, „die Resolutionen anzunehmen, nach welchen die „Bank im Februar 1820 gehalten seyn soll, in Gold— „barren nicht unter 60 Unzen zu zahlen.“

Im Hause der Gemeinen währten die Debatten über diesen Gegenstand am 2uasten noch länger, aber ungeachtet die Sitzung bis nach 2 Uhr des andern Morgens währte, kam man doch zu keinem Beschluße, und erst in der nachfolgenden Sitzung am 25sten wur— den jene Resolutionen ebenfalls gänzlich genehmigt— Vorzüglich moötivirte Herr Canning durch seine Be— merkung, von wie großer praktischer Wichtigkeit es sey, wenn das Haus über diesen Gegenstand nicht ge— theilter Meinung erscheine, die Herten Ellise und Crips, daß sie selbst ihre Amendements, so gründ— lich sie auch ihre Meinung ausgeführt hatten, zurück— nahmen. Das große Princip, daß unser jetziges Geld— system zu einer künftig zu bestimmenden Zeit auf— hören müße, ist alss nun von beiden Häusern aner— kannt, und nur die Art und Weise und der genaue Zeitpunkt der Ausführung kann noch ein Gegenstand der Erörterung werden. Zu dem Ende und um die beschloßene Maßregel in aller Form zum Gesetz zu er⸗— heben, werden nun nächstens Bills eingebracht werden.

Eine Debatte anderer Art, betreffend die Abtre— tung der Stadt Parga in Albanien, Korfu gegenüber, an die Ottomanische Pforte hatte am 2östen statt, und die Vorlegung der verlangten Korrespondenz ward bewilligt.

Durch die Entbindung der Gemahlin des Her— zogs von Kent, vierten Sohnes des Königs, von einer Prinzeßin, ist nun diese die näch ste präsumti ve Thronfolgerin, aber sie bleibtes freilich nur in dem Falle, daß die Gemahlin des Herzogs von Clarence, dritten Sohnes des Königs, welche kürzlich von einem todten Kinde entbunden worden, nicht noch einen Erben zur Welt bringt.

Wenn, wie man hier glaubt, die Minister eine neue Vermögensteuer von 5 Procent zur Deckung des Deficits in den Finanzen und zur Zahlung der Zinsen auf die zu kontrahirende Anleihe, von welcher

aber noch nichts Gewißes bekannt ist, in Antrag

bringen vorhaben, so dürften dazu auch alle Aus— wärtige, welche Gelder in den hiesigen Fonds ha— ben, beitragen müßen. Zum Vortheil des Mar ᷣuis Hastings, General⸗ Gouverneurs von Ostindien, sollen 6o, ooo Pf. Ster⸗ ling im Ostindischen Hause deponirt werden. Seitdem beide Häu er des Parlaments die Be— schlüße wegen der Bank⸗ Angelegenheit genommen, Beschlüße welche von der Ministerial-, wie von der Oppositionspartei gebilligt werden, ist das Zutrauen neu belebt, die Fonds beßern sich und werden, wenn die Anleihe gar nicht statt finden sollte, immer mehr steigen. . Haag, vom 21. Mah. Von dem hier im hohen Alter verstorbenen tapfern Seehelden Kinsbergen ist bekannt, welchen großen Antheil er an der für die Holländische Marine so rühm lichen Schlacht bei Doggersbank im August 1781 hatte; weniger bekannt ist, daß er schon in dem Kriege Rußlands gegen die Türken auf der Rußischen Flotte bei ihren bekannten

Es ist eine sehr erfreuliche Erscheinung, daß Alles, was an Erfahrung, Geist und Gemüth in den Völ— kern ist, sich immer inniger und kräftiger vereinigt, um an dem öffentlichen Leben der Staaten Theil zu nehmen, und die wichtigste aller Angelegenheiten, das Gemeinwesen, zu berathen. Neben der besten Kent— niß seiner eignen Lage, Bedürfniße und Wünsche, die Niemand streitig gemacht werden mag, und neben der klarsten Uebersicht der Verhältniße ihrer nächsten Umgebungen, ihrer Gemeinden und Kreise, die Vielen beiwohnen kann, wird man bei solchen Berathungen doch auch schwetlich einer anschaulichen Erkentniß der allgemeineren Verhältniße der Staaten entbehren kön⸗ nen, um aus eigner Ueberzeugüng zu würdigen, welche Ansichten und Wünsche der Einzelnen unter sich ver— einbar, und der öffentlichen Wohlfahrt förderlich sind. Die Staats-Zeitung, weit entfernt, irgend Jemandes Urtheile hierin vorgreifen zu wollen, wird an ihrem 3 die Bildung einer offen ichen Meinung über das Wesen, die Zwecke ünd Bedürfniße des Staates durch einfache Darstellung, Ordnung und Vergleichung von Thatsachen auch ferner, wie bisher, zu fördern suchen. Von i r Ansicht aus beut sie ihren Lesern jetzt folgende Bemerkungen dat.

Die vereinigten Reiche von Großbritanien und Irland bringen neben zahlreichen Kömmunal-Be— dürfnißen, namentlich einer hohen Armentaxe, die al⸗ kein beinahe den Ertrag sämmtlicher Abgaben. im Preu ßischen Staate erreicht, jetzt über sechzig Millio⸗ nen Pfund Sterling gü. Stagtsabgäben auf. Die Cvilsiste beträgt eine Million Pfund Sterling, folg⸗ lich ohngefähr ein Sechzigtheil des gesammten Staatseinkommens.

Das Königreich der Niederlande bringt nach bem

im fünften Stücke dieser Zeitung vorgelegten Budjet über zwei und vierzig Millionen Preußischer Thaler an Staatseinkünften atif. was über anderthalb Millionen Thaler, also ohnge— fähr ein Acht und zwanzig Theii des ganzen Staatseinkommens.

Die Eivilliste beträgt et⸗

.Das Königreich Baiern hat nach dem m siebzehm⸗ ten Stücke dieser Zeitung vorgelegten Budjet ein Staatseinkommen von 17,550, 000 Preußischer Tha⸗

ki und eine Eivilliste von 1,500,600 Thalern. Die CLivilliste berrägt also etwa ein Eirfeheil der ge⸗

sammten Einkünfte. . Das Großherzogthum Baden hat nach dem im rigen Stücke ditser Zeitung enthaltenen Budjet ein

Unternehmungen im Archipelagus mit der größten Auszeichnung gedient hat.

Karlsruhe, vom 27. May. In der Sitzung vom 26. schritt die erste Kammer zur Durchsprechung des Antrages über ' die Studierfreiheit. Es wurde be— schloßen, S. K. Hoheit zu bitten, daß alle in dieser Hinsicht bestandene Beschränkungen aufgehoben, und Jedermann zu Benutzung der inländischen Lehranstal⸗ ten zugelaßen werden möchte, den nicht entschiedener Mangel an Fähigkeit oder erwiesene grobe Unsittlich⸗ keit davon ausschlößen.

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J n l au d. Berlin, vom J. Junius. Gestern starb allhiei

der Königliche Wirkliche Geheime kegationsrath Renf⸗ ner, Ritter des röthen Adlerordens zweiter Klaße und mehrer fremden Orden. Wir behalten uns vor, unsern Lesern nch stens eine nähere Anzeige von dem Leben und Wirkungskreise dieses vieljährig geachteten a ,, .

reines Staatseinkommen von 4, i i5, 000 Thalern, und eine Civilliste von 688,00 Thalern. Die Eivilliste beträgt also ein Sechstheil der gesammten reinen Einkünfte.

Alle diese Zahlen beruhen auf Rechnüngen, welche

die Regierungen öffentlich amtlich vorgelegt haben. Sie sind infofern schwankend, als bei Berechnung der Staatseinkünfte Brutto- und Netts— Einnahme wol nicht überall mit gleicher Sorgfalt unterschieden sind, und als die Höofetats nicht überall aus Her gleichen Ansicht behandelt worden, und Einnahmen öder Aus⸗ gaben, die in einem Lande auf venselben stehen, in andere übergangen oder zu andern Etats verrechnet seyn mögen. Demohngeacht ergiebt sich daraus mit hinlänglicher Sicherheit, daß kleinere Staaten einen sehr viel größern Theil ihrer zesammten Einküntte auf die Unterhaltung des regierenden Hauses ünd Hofstaates verwenden müßen als größere; und in sehr kleinen souverainen Staaten wird diese Unterhaltung bei aller Sparsamkeit wol die ansehnlichste aller öf— fentlichen Ausgaben. Etwas sehr Aehnliches⸗ obwol schwerer klar Nach⸗ zuweisendes findet statt in Rücksicht der Kosten, welche die Verwaltung der Polizei und Justiz die Aufscht über Kultus, Unterricht und öffentliche Anstalten, und die Erhebung und Verrechnüng der Einkünfte erfodert. Die Ausgaben für die Prooinzial⸗ und Central⸗ Behörden eines großen Staates, wie beträchtz lich sie auch im Ganzen erscheinen mögen, würden doch bei weitem nicht hinreichen, jeden einzelnen Kreis als ein besonderes souveraines Fürstenthum zu ver— walten.

Andrerseit haben kleine Staaten in der Reges sehr viel weniger Mittel, Abgaben zu erheben, als größere. Die großen reichen und betriebsamen Städte, die überall einen sehr hohen Beitrag zu den Landes lasten liefern. mangeln ihnen gänzlich. Alle Abgaben, die eine Besetzung der Graͤnze voraussetzen, sind unan⸗ 6 bei ihnen, . die Koͤsten der Hebung allen

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Wenn heute die westlichen Provinzen des Preu⸗ ßischen Staates. Vergleichungen mit den Zeiten vor der Französtschen Revolution anstellen, wo sie ünter