II.
Paris, vom 25. Junius. Der Baron Bignon thatte auf Anlaß der Debatten in der Kammer der Abgeordneten über die Zurückberufung der Verbann— ten seine Meinung drucken laßen und dabei geäusert, daß er sich im Besitze eines furchtbaren Geheimnißes befinde, von dem er jedoch in der Erwartung, daß die Regierung sein Stillschweigen zu würdigen wißen und ihn (durch strenge Maasregeln gegen die Verbannten) nicht zwingen werde, es zu brechen, keinen Gebrauch machen wolle. Da die öffentliche Meinung sich sehr bald über dieses Geheimniß, als über den nichtigen Versuch einer stumpfen Waffe berichtiget und ihren Spott damit getrieben hatte: so hielt man die ganze Sache schon für vergeßen, als der Minister des In— neren, bei Gelegenheit der Berathung über die Anträge des Herrn Delessert in Bezug auf die Mitglieder der Ehrenlegion und die Donatarien, sie öffentlich zur Sprache brachte. Man hatte gesagt, daß die Mini— ster strafbar wären, ein hierüber bestehendes Gesetz nicht zur Vollziehung zu bringen. Der Minister des Inneren nahm hievon Anlaß, sich im Allgemeinen über die Beschuldigungen wider die Minister zu äusern und dabei auf das Geheimniß des B. Bignon zurückzu⸗ kommen. Er foderte ihn auf, sich unumwunden zu erklären, weil sein fortgesetztes Schweigen eine Ver⸗ 14umdung sey, deren ganzes Gewicht allein auf ihn falle, und weil Ehre und Pflicht ihm geböten, zu sprechen. Der B. Big non erklärte auf der Redner— bühne, daß er nicht nöthig zu haben glaube, der an ihn ergangenen Auffoderung zu gnügen, weil er seine Meinung drucken laßen, nicht aber in der Versamm— lung ausgesprochen habe. Er habe sich vorbehalten, von seinem Geheimniße Gebrauch zu machen, wann es Zeit seyn werde. Noch sey es nicht Zeit; die Ent— deckung würde der Sache, für die er kämpfe, nichts nützen. Erst dann werde er reden, wenn die Kammer dafür stimmen werde, dem Könige eine Bittschrift we⸗ gin Zurkckberufung der Verbannten zu überreichen. Bis dahin würde die Entdeckung nicht einmal der Re⸗ gierung etwas helfen.
Der Zustizminister bewieß dem B. Bignon, daß er allerdings jetzt schon reden müße. Denn ent⸗ weder konne er nichts beweisen, und dann hätte er schweigen müßen, oder er habe Beweise in Händen, und dann müße er, weil man ihm Zweifel darüber errege, mit der Sprache heraus; er müße zur Be— schümung der Zweifler das furchtbare Geheimniß ent⸗ hüllen, mit dem er drohe. So lange dies nicht ge— schehen, bleibe der gerechteste Verdacht auf ihm haften. Da der Minister zugleich äuserte: er sey überzeugt, daß alle für die Zurückberufung der Verbannten ein⸗ gereichten Bittschriften ohne Unterschied ein auf die Regierung gerichteter Angrif wären, da er mit fast all⸗ gemeinem Beifall von einem Komplotte sprach, welches die Königliche Würde herabwürdigen wolle, um zuletzt desto sicherer das Königthum zu vernichten: so erhoben
Zeitung s-⸗Nachrichten.
sich einige Mitglieder der linken Seite, ihn der Lei, denscqhaft anzuklagen, Andere versicherten die Rechtlich. keit der Individuen, welche die Petitionen unter- schrieben; selbst Ludwigsritter wären darunter (auch bei Waterloo gab es welche, wurde geantwortet) und der Fran z. Regulus, wie Mad. la R och e. Jacquelin einen Anführer der Vendee, Haudau⸗
dine, nenne. Courvoisier erzählte, und der Mi⸗
nister des Innern bestätigte es, daß sich in der Haupt: stadt ein leitender Ausschuß für die Bittschriften ge⸗ bildet habe, der mit einem andern in einer der ersten Städte des Reiches, woselbst ein Central-Ausschuß von g Mitgliedern seinen Sitz habe, in Verbindung stehe, und diesem Instraktionen oder Befehle ertheile, wel- Zusammenrottirungen der Fabrikarbeiter stattgefunden. chen gemäß die Korrespondenz mit Special Ausschůs ⸗
sen im übrigen Theile der Departements geführt werde.
Im Verfolge der hierüber fortgesetzten Dis kußion 1 ᷣ . ; in Sooo Karabiner ankaufen läßt, welche erst Ende Au⸗ vergaß sich Benjamin Constant so weit, daß er in gust in Kadix abgeliefert werden dürfen, folgert man,
Bezug auf die Kammer vom Jahr 1815 von einem
neuen National-Konvente sprach, welcher Frankreich aufs neue decimirt habe. Er wurde zur Ordnung ge⸗ rufen. Auf die Bemerkung des Zustizministers, daß
wol nur der ungestüme Fluß einer unvorbereiteten se ö. beiderseitigen Reise am 8. d.
Rede die Verwirrung der Begriffe und einen Aus— druck, gegen den sich die Versammlung mit Recht er—
hoben, hervorgebracht habe, erklärte Herr Con stant, daß er nur habe sagen wollen, die Kammer von 1815
habe viel Unheil angerichtet, und daß er sich einet, hat von des Kaisers Maj. über seinen Bericht, die
unangemeßenen Ausdruckes bedient habe. Man ließ . In Betref des B. Bignon Jahre 1s 18 betreffend, ein schmeichelhaftes Reskript erhalten, da sich aus dem Berichte eine solche bedeu—
hatte der Justizminister schon früher erklärt, daß die ö tende Vermehrung der Zolleinkünfte ergeben, daß die—
selben die aller früheren Jahre weit übertreffen.
sich daran gnügen.
Sache auf sich beruhen bleiben könne; wolle er der an ihn ergangenen Auffoderung gnügen, so sey man bereit ihm zu antworten, wolle er bei seinem Schwei⸗ gen beharren, so müße man sich auch beruhigen, und die Bürde des Schweigens ihn tragen laßen.
sammlung, die Verbannten betreffend, ging man zur Tagesordnung, zur Diskußion über das Budjet, welche
Der vormalige Direktor der Republik, Barras, hat sich gegen manche Erzählung in einer bekannten Schrift des Herrn Lombard de Lang res in Be⸗ zug auf seine Verhältniße verwahrt, und erklärt bei diesem Anlaße, daß ihm Bonaparte niemals eine Besoldung bewilligt, ihm vielmehr den Ersatz eines Vorschußes für den Staat verweigert habe; daß er von der Kaiserlichen Regierung nur eine fortgesetzte Ver⸗
folgung erlitten, und daß er der gegenwärtigen die
Ruhe des Privatlebens danke.
Nach dem Moniteur wird der Herzog v. Rich e
lieu binnen kurzem hieselbst erwartet. Er war zu⸗ letzt in Genf. Eins unsrer Journale, indem es bemerkt, daß der
Königliche Almanach seit dem Jahre 1810, also seit
s Friedensjahren, die Ernennung einer größeren An=
zahl neuer Generale nachweise, als der Konvent, das Direktorium und Bonaparte in 235 Kriegsjahren geschaffen, erinnert bei dieser Gelegenheit an das Schreiben, in welchem der Marschal von Noailles dem Könige Ludwig XV den Verlust der Schlacht von Dettingen berichtete. „Einzig und allein der Kriegszucht des Feindes, der Subordination und dem
Gehorsam seiner Officiere muß man die Erfolge des
gestrigen Tages zuschreiben, und mit Schmerz muß ich Ew. Maj. bekennen, daß dergleichen in Ihrer Armee nicht heimisch ist.“
London, vom 22. Junius. Die Bill, durch welche die Annahme fremder Kriegsdienste ohne Erlaubniß der Regierung verboten werden soll, ist bei der drit—⸗ ten Verlesung mit einer Mehrheit von 71 Stimmen angenommen worden.
Laut Nachrichten aus Leeds und Glasgow ha— ben daselbst, so wie in benachbarten Orten, wiederum
Die Zollabgabe auf fremde Schaafwolle beträgt 5 Pence pr. Pfund und wird, wenn sie gesetzliche Kraft
erhält, nicht vor dem 5. October ausgeführt werden.
Daraus, daß die Spanische Regierung hieselbst
daß die große Expedition nicht vor dem September
unter Segel gehn werde.
St. Petersburg, vom 15. Junius. Die Gros⸗
fiürsten Nikolas und Michail Pawlowitsch Kat⸗
serl. Hoheiten sind nach glücklicher Beendigung ihrer ö M. in erwünschtem Wohlseyn zu Sofia eingetroffen, von wo sie si so—
gleich nach Zarskoje-Selo, von dort aber nach Paw⸗
lowsk begaben.
Der Direkter des Departements des äuseren Han⸗ dels, General-Lieutenant und Senator Obreskow,
Verwaltung des ihm anvertrauten Departements im
New⸗- York, vom 2. Junius. Hiestge Blätter ent⸗
halten Folgendes: Die Insurgenten in Süd-Amerika haben auch Amazonen unter ihren Fahnen. Die Gat⸗ tin des 3 5 , . Feldzüge mitge⸗ . ̃ macht, und ist nun zum Oberst-Lieutenant ernannt Nach einigen Reden über den Beschluß der Ver— worben, weil sie mit eigner Hand eine Fahne eroberte. Die Inwohnerinnen von Cochabam bo vertheidigten bei der Belagerung dieser Stadt einen Posten und blieben bei der Erstürmung desselben alle auf dem
auch in den folgenden Sitzungen fortgesetzt worden ist. Platze. In Ober-Peru wird nun jedesmal bei Auf—
rufung der Namen der Truppen gefragt: „wo sind die Weiber von Cochabambo?“ und um diese That zu
Die Baiersche Landtags-Zeitung liefert die Rede des Abgeordneten Kurz über ste hende Heere, die uns zu einigen Bemerkungen Anlaß giebt, nicht
um das vormalige System der stehenden Heere zu vertheidigen das in unserem Staate durch die Ein⸗
richtung der Landwehr bereits verdrängt ist, sondern um auf einige historische Irrthümer aufmerksam zu
machen, die in dieser auch bei uns noch viel besprochenen Angelegenheit zu gemeinschädlichen Urtheilen verleiten. Der Redner nennt es eine von den größten Staats⸗ männern anerkannte Wahrheit, daß stehende Heere den Wohlstand der Völker untergraben, und fügt hin⸗
zu, daß sich in eben dem Grade, in welchem die ste⸗ enden Heere in einem Lande sich vergrößerten, bei⸗ nahe in allen Staaten von Europa die Staatsschulden
und mit ihnen die Lasten des Volks vermehrt haben.
Wir können ihm zunächst das Beispiel Peeußens
verewigen, ist immer die Antwort: „die sind auf dem Felde der Ehre und zur Vertheidigung ihres Vater— landes geblieben.“
München, vom 22. Junius. In der Kammer der Abgeordneten hat man sich mit den Berathungen über die Kriegsausgleichung beschäftigt.
Der Ministerialrath v. Sutner sprach über den von der Regierung vorgelegten Schuldentilgeplan, in— dem er die vom Herrn von Hornthal gemachten Einwürfe und Anträge zu entkraften bemüht war.
Die Kammer der Reichsräthe ist dem Beschluße der ersten Kammer, über die Verbeßerung des dovoka⸗ tenwesens zwar beigetreten, jedoch mit so bedeutenden Modifikationen, daß der Depatirte Häcker auf eine weitere Berathung anzutragen sich verpflichtet hielt, weil der Gegenstand sich nicht mehr ähnlich sehe. Der Hofrath Behr äuserte hiebei, daß es schiene, als ob die erste Kammer die zweite überall sulmei⸗ stern wolle. Die weitere Berathung wurde beschloßen.
Auf Anlaß einer Beschwerde über verweigerte Ju— stiz, welche schon vor geraumer Zeit zur Ecledigung an den Justizminister geschickt worden, aber deshalb noch unerledigt geblieben, weil derselbe mit dem Staatsrathe zuvor zu kommuniciren nöthig gefunden, äuserte Herr von Hornthal, daß das Justizmi⸗ nisterium, wenn es der Beschwerde führenden Parthei noch ferner den Rechtsweg verschließen werde, in An— klagestand zu setzen seyn möchte. Der Präsident hatte zwar in dieser Angelegenheit früher schon bemerkt: bei der Verantwortlichkeit der Minister müße man unterscheiden, ob der Fall vor oder nach der Kon— stitution sich ereignet; Herr v. Hornthal bemerkte aber, daß die National-Repräsentation in Baiern nie⸗ mals unterbrochen worden, und die Rechtlosigkeit ein für allemal nicht zu verantworten sey.
Karlsruhe, vom 22. Junius. In der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer ward über das landes⸗ herrliche Edikt wegen der standesherrlichen Verhält— niße durch entschiedene Mehrheit der Beschluß gefaßt, daß es, als nicht nach Vorschrift der Konstitäation er— laßen, nicht angenommen werde, und daß dem Regen⸗ ten hievon die Anzeige der treugehorsamsten Stande zu machen sey.
In einer früheren Sitzung war auf den Antrag, wegen Verminderung des Wilobstandes beschloßen wor⸗ den, die Regierung um baldige Abstellung des übergroßen Wildstandes und um die Vorlegung eines Gesetzes über Wildschäden zu bitten. .
Das Finanzgesetz ist zwar in den Kammern noch nicht zur Sprache gekommen, doch hat das Finanz⸗ ministerium bereits in voraus, außer dem in Vor⸗ schlag gebrachten Anlehn von 3 Mill. für das Jahr 1519 zum Behufe der Amortisationskaße, noch ein wei⸗ teres Kredit: Votum von 50,000 Fl. für das laufende Rechenjahr verlangt, welche Summe zum Reserve⸗ fond bestimmt bleiben soll. Die Bewilligung hat keinen Anstand gefunden.
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entgegenstellen. Friedrich Wilhelm I. überlie⸗ ferte seinem Nachfolger ein stehendes Heer und ei⸗ nen Schatz. Friedrich der Große unterhielt fast ein halbes Jahrhundert hindurch ein großes stehendes Heer, führte ruhmvolle Kriege, und hinterließ keine Schulden, sondern einen beträchtlichen Schatz. In welchem Wohlstande seine Länder sich befanden, haben sie in den späteren Tagen großer Unfälle und harter Prüfung erwiesen.
Wir bedürfen aber dieses glänzenden Beispieles nicht, da uns allen bekannt ist, daß die Schuldenlast, unten der die meisten Staaten dermalen, mehr oder weni⸗ ger heilbar, krank daniederlagen, erst seit der Fran ö⸗ sischen Revolution entstanden sind, erst seit Frank⸗ reich das Beispiel gab, die feindlichen Länder nicht mit einem stehenden Heere, sondern mit Volksmaßen zu überziehen. Die Preußische Staatsschuld war selbst