1819 / 57 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 17 Jul 1819 18:00:01 GMT) scan diff

vorgefallenen Unruhen die nächste Veranlaßung gege⸗ ben haben. .

Eine Nummer der „Renommee“ enthält einen Aufsatz des Herrn Jouy zu Gunsten Bonapartes, dem man ein milderes Schicksal zu bereiten wünscht. Es scheint indeß nur darauf abgesehen, dieser Zeitung unter den Bonapartisten zahlreiche Abonnenten zu ver⸗ schaffen.

München, vom 6. Julius. Die Kammer der Reichsräthe hat zwar den Grundsatz der Oeffentlichkeit in der Rechtspflege, nach dem Beschluße der Kammer der Abgeordneten angenommen, ist aber dem übrigen

Theile dieses Beschlußes, nämlich der Einführung der

Jury und der Trennung der Justiz⸗ und Polizei-Ver⸗ waltung, nicht beigetre en.

Der Gesetz Entwurf zur Verbeßerung der Gerichts⸗ ordnung ist von der Kammer der Abgeordneten mit ver⸗ schiedenen, in einzelne Punkte eingehenden Modifika⸗ tionen durch entschiedene Stimmenmehrheit angenom— men worden.

Auch mit Berathung über den Zolltarif hat sich diese Kammer beschäftigt, ohne jedoch bis jetzt einen Beschluß gefaßt zu haben. Man wünscht, die möglichste Libera⸗ lität, und eine mit dem Zwecke der Einnahme nur ir— gend vereinbarliche Freiheit des Handels in die Sache

zu legen, wobei die Verschiedenheit der Ansichten nicht

geringe Schwierigkeiten erregt.

Ueber das Schuldenwesen der ehemaligen freien

Reichsstadt Nürnberg ist die Kammer der Abgeord⸗ neten in Berathung getreten. Ver Abg. setzte die Rechte der Nürnberger Staatsgläubiger auf den Fond der Baierschen Staatsschuld, auf obligations⸗ mäßige Verzinsung und Zahlung der Rüctstände aus—

——

einander. Herr v. Hornthal, der früher als könig⸗

licher Kommißarius das Liquidationswesen der Stadt

bearbeitet hatte, behauptete, daß diese Schulden zu den Baierschen Staatsschulden nicht zu zählen und daß sie als liquid nicht anzuerkennen, wogegen der königi. Kommißarius Herr v. Roth bemerkte, daß die Liqui— dität allerdings feststehe, daß aber die Berechnung, welche Herr v. Hornthal als damaliger Kommißa—⸗ rius über die Nürnberger Staatskräfte angelegt, und

sein darauf gegründerer Tilge⸗Plan von der Behörde

für unrichtig und untauglich erklärt worden.

Karlsruhe, vom 5. Julius. versammlung setzt in beiden Kammern ihre Berathun—

gen über die wichtigeren Angelegenheiten des Inneren

mit redlicher Bestrebung, nur dem Intereße des Va⸗ terlandes zu nützen, ununterbrochen fort.

Zur Berichterstattung über den Antrag der zweiten Kammer, das Edikt vom 16. April d. J. die Verhält⸗

niße des Adels betreffend, hat die erste Kammer eine

besondere Kommißion ernannt. ö ö Der Großherzog hat alle aus der persönlichen Leib⸗ eigenschaft herrührende Abgaben und Manumißionsgel⸗

geltlich. Der Kammer der Abgeordneren ist diese Ver⸗

fügung mitgetheilt und eine Dank-ALAddreße ein müthig

beschloßen worden.

Stuttgart, vom 8. Julius. Der König hat den Fürsten von Waldburg⸗Zeil-Treuchburg

zum Prasidenten der Ständeversammlung ernannt.

auch Herrn Uhland.

Töplitz, vom 1. Julius. Seine Majestät der König von Preußen sind zum Gebrauch der hiesi⸗ gen Bäder, unter dem Namen eines Grafen von Man glaubt, daß Se. Majestät diesen Monat hindurch hier verweilen und alsdann unmittelbar nach Berlin zurückkehren

Ruppin, allhier eingetroffen.

werden. dd Berlin, vom 16. Julius. Gestern vormittags wurden der Präsident und die Mitglieder des für die

Mer tel

Unsere Stände⸗

Rhein-Provinzen hieselbst errichteten Revisions; un Kaßationshofes, so wie des dabei angestellten öffent.

lichen Ministeriums, nebst den Sekretairen und An walten, in dem zu den Sitzungen bestimmten Lokal. dem ehemaligen Lagerhause in der Klosterstraße, vol einer zahlreichen Versammlung von des Königl. Staate und Justizministers Herrn v. Bey me Excellenz, ü fentlich in ihr Amt eingeführt, und in Eidespflicht genommen. Nach Vorlesung der Königlichen Verordnungen durch welche der Gerichtshof angeordnet und organisin worden, hielten Seine Excellenz nachstehende Rede: Meine Herrn! Im Namen Sr. Majestät de Königs, Unsers allergnädigsten Herrn, verkündige ig die unterm 21. Junius d. J. allerhöchst vollzogen Verordnung, über den für die Rhein-Provinzen er richteten Revisions- und Kaßationshof. . Dieser Revisions und Kaßationshof ist ein we sentlicher Bestandtheil derjenigen Gerichtsverfaßung welche jetzt noch in den Rhein⸗Provinzen besteht, und nach dem allerhöchsten Befehle Sr. Maje stät, so lang noch in ihrer von der Gerichtsverfaßung der übrige Provinzen der Monarchie abweichenden Eigenthümlich keit beioehalten werden soll, vis durch die angeord nete Reviston der ganzen Preußischen Rechts- un Gerichtsverfaßung die nothwendige Einheit der Geset gebung für das ganze Reich wiederhergestellt seyn wird Bis dahin son dieser Gerichtshof über die Anwen dung der in den Rheinlanden geltenden besonderen Ge;

setze wachen, die Einheit der Rechtssprüche erhalten

verbürgen. Zu diesem Zwecke mußten die beiden, bis—

richtshöfe in einen zusammengezogen werden. Et wird in der Hauptstadt des Reiches errichtet; einen schönern Beweis des Wohlwollens konnten Se. Aa. je stät den Rheinländern nicht geben, und eine here Absicht zugleich spricht das Daseyn dieses Ge richts für neue mit der Monarchie vereinigte Pre vinzen, neben dem höchsten Tribunal des Reiches, in der Hauptstadt aus. . r, Durch Unfätle des Krieges und durch eine unglück liche Verkettung der Umstande, fiel das linke Rheinufey vor mehr als zwei Jahrzehenten, unter die Herrschaft einer fremden Nation; der dasige Rechts zustand erli eine gänzliche Umwälzung. Die Verfaßung und d Institutionen des fremoen Staates wurden eingeführt und durch eine sonderdare Fügung des Schicksals e hielt der Teutsche am Rhein gewiße Einrichtunge zurück, die in früheren Zeiten dort, wie anderwärts,

inheimisch, im Laufe der Zeiten nur untergegangen

waren. Zweifelnd nahm man sie anz durch eine zwan zigjährige Erfahrung hat man indeß dort die Üebe zeugung gewonnen, daß einige dieser Instirutionen, da insbesondere das öffentliche und mändliche Verfahren,

; . . . dem näqhsten und legten der Rechtsverw ö der für aufgehoben erklärt, und zwar die letzten in m, Eten fac, de, , n, mn mn m,, den landesherrlich unmittelbaren Besitzungen unent⸗

am meisten entsprechen. Diese Erfahrung verdient um so mehr beachtet zu werden, da die Stimmen der Rechtsgelehrten, und zwar zum größten Theile solcher, die mit den in Teutsqhland sonst üblichen For men vertraut sind, sich mit den Wünschen des Volke vereinigt haben. Auch in andern

fahrens, und nach Einrichtungen, jenen ähnlich deren der Rheinländer . a, Ein lebendiges Beispiel ist nun aufgestellt, der Be= urtheilung eines jeden offen liegend. Die That muß sprechen; denn das Wort allein oermag hier nichts. Sind gleich die Verhandlungen beim Revissonshofe we niger geeignet, von dem in den Rheinlanden noch bei⸗ behaltenen Verfahren einen umfaßenden und erschöp—⸗ fenden Begrif zu geben; so wird doch der unbefan— U. Beurtheiler hinlänglichen Stoff finden, dieses Verfahren mit dem hier und in andern Ländern übli⸗ chen zu vergleichen, und die Vorzüge und Nacht it des einen und andern genauer zu erforschen. Di

. Werke zu gehen. und so die Gewißheit des Rechtes in jenen Provinzen n

Ansicht hat Se. Majestät vorzüglich auch bei der

Wahl der Vorsteher und Mitglieder, sowol des Hofes

als des öffentlichen Ministeriums bei demselben gelei⸗ tet. Diese Wahl verbürgt ein sicheres Urtheil.

Wie dieses Urtheil auch ausfallen möge Sie, meine Herrn, werden Ihre Bestimmung erfüllen und das Königliche Verirauen rechtfertigen. Groß und wichtig ist Ihre Bestimmung, sowol für die Rechts. pflege überhaupt, als insbesondre für die Provinzen, benen dieser Gerichtshof zunächst angehört. Das Recht das Heiligste der Menschheit zu verwalten,

es giebt keine größere, wohlthätigere Aufgabe, und

wer der Richter auch sey, er ist nicht da, nur Gerech⸗ tigkert unter den Partheien zu üben, seine höchste und

würdigste Bestimmung ist, ihr seld st überall Ein⸗

gang zu verschaffen, ihre Herrschaft mehr und mehr zu verbreiten. ;

Dieser Geist schließt keine Form aus; mit gerech⸗ tem Stolze dürfen wir es sagen, daß er in der Preu⸗ Fischen Justizpflege walte. Institutionen, die ihm vor andern förderlich sind; an⸗ dere, die durch lästige und hemmende Formen seine freie Entwickelung hindern.

Die Meinungen hierüber unter würdigen Männern sind getheilt. Prüfen wir frei und unbefangen, so

wird das Wahre und Rechte sich unserm Blicke nicht

entziehen. Den Verwaltern des Rechtes geziemt es

vor Anderen, auch hierin mit Ruhe und ohne störenden

Einfluß fremdartiger Motive und Rücksichten zu

Ziele, es gilt nur die Mittel, die zweckmäßigsten,

8 z ; ausfindig zu machen. alten wir das Ziel unver⸗ her zu Düßetvorf und zu Koblenz bestandenen Ge sndig e. * *. .

Unstreitig aber giebt es

Wir alle streben nach demselben

rückt im Auge, so werden wir uns über die Mittel leicht vereinigen. Woher das Gute seinen Ursprung habe, darf uns nicht kümmern.

„n Ich will,“ so sprachen Se. Maj in der denk⸗ würdigen Kabinets: Ordre vom 20. Junius 1816, „daß das Gute, überall wo es sich fin det, be⸗ nut und das Rechte anerkannt werde.“

Dieses Königlichen Ausspruchs laßen Sie uns stets eingedenk seyn.

Gott erhalte den König!

Ich fodre Sie, meine Herrn, nun zur eidlichen An= gelobung Ihrer Berufspflichten auf.

Der Herr General-Prokurator Eichhorn verbrei⸗ tete sich hierauf über das Wesen und die Vorzüge des öffentlichen Gerichtsverfahrens, so wie der Herr Präsident Sethe im Namen des Gerichtshofes, und der Herr Justiz⸗Kommißarius Reinhardt im Na⸗— men der Anwalte die Rede des königlichen Herrn Kommißarius beantworteten.

(Wir behalten uns die Mittheilung dieser Reden im nächsten Stücke der Zeitung vor.)

Se. Maje stät der König haben die bisher für sich bestandene Landwehr: Inspektion im Berliner Regierungsbezirke aufzulösen und das Berliner Landwehr⸗Regiment der PJsov4tcssdamer Landwehr⸗ Inspektion mit zuzutheilen geruhet. Im Män ster— schen Regierungsbezirke ist die einstweilige Verwaltung der Landwehr⸗Inspektionsgeschäfte, in Stelle des in Ruhestand gesetzten Generalmajors v. Bonin, dem Obersten Grafen v. Ne ße lrode übertragen.

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Eingesandte Bemerkungen zu den Aufsätzen über das Steuerwesen in Nr. (a9. 50. und 52. der Staats- Zeitung. Von einem Rheinländer.

Man hat es an der Staats Zeitung getabelt, daß sie die Bevölkerung als Maasstab für die Steuerbei⸗

träge der verschiedenen Provinzen angenommen. Allein wenn man bedenkt, daß jede Familie einen kleinen Staat bildet, deßen Hauptbeschäftigung darin besteht, die nöthigen Lebensmittel zu seiner Erhaltung zu gewinnen, fo sieht man, daß die Hauptthätigkeit eines Volkes überall in der Hervorbringung der Lebens⸗

mittel besteht, und daß man zwei Provinzen immer

ziemlich richtig besteuern wird, wenn man sse in dem

Verhältniße besteuert, in welchem die Menge der Le⸗ bensmittel steht, so in beiden erzeugt werden. Be⸗

denkt man aber ferner, daß drei Viertel von allen den Lebensmitteln, so in einem Lande gebauet werden, keine Meile von der Scholle verzehrt werden, auf der sie gewachsen, so sieht man, daß man die Menge der Le⸗

bensmittel, die wachsen, sehr gut nach der Mengt . Lebensmittel berechnen kann, die verzehrt wer⸗ en. eben so viel eßen als tausend Menschen in einer an⸗

deten, so giebt die Bevölkerung einer Provinz e n, . 2 ein .

Staaten Teutschlands äusert si en sehr richtigen Maasstab für die Menge der Le ; der Wunsch nach einer Reform des gerichtlichen Ver⸗ Unter den gewählten Abgeordneten bemerkt man

bensmittel, so in einer Provinz gebaut werden.

Man glaubt gewöhnlich von Lebensmitteln die Hauptbeschäftigung einer Na— tion sey, und man hält Gewerbe, Manufakturen und

Fabriken für wichtiger als sie sind, da ihre Wirkungen mehr in die Augen fallen, weil sie auf einzelnen Punk.! ten eine große Geldeirkulation erzeugen. Allein bei

Gelegenheit der Verhandlungen Über die Kornbill sah man, daß selbst in dem gewerbreichen England der Ackerbau immer noch das Hauptgewerbe der Nation ist, indem gezeigt wurde, daß der n, gn, des Landbaues von England das sieben fache vom

Ertrage des gesammten auswärtigen Englischen Han— dels sey. „Wir sind die erste Nation in Europa—

mnicht weil wir die erste handeltreibende, sondern weil —.

Da aber tausend Menschen in einer Provinz .

nicht, daß die Erzeugung

ein⸗

.

„wir die erste ackerbauende sind.“ So sagte damals ein Mitglied im Parlamente ). !

Wenn diejenigen, so gegen den Maasstab geschrie⸗ ben, den die Staats- Zeitung angenommen, diese Ver⸗ hältniße mehr erwogen hätten, so härten sie vieleicht ihre Einreden anders gestellt. Uebrigens findet man ungefähr dieselbigen Resultate, wenn man die Steu⸗ erkräfte der verschiedenen Provinzen nach einem an⸗ deren Maasstabe berechnet, indem man Größe, Bevöl⸗ kerung, Häuserzahl und bisherige Abgaben zum Grunde legt, und dann aus allen vieren eine Durchschnitt⸗ Zahl annimmt.

In Nr. 50. sagt die Staats Zeitung, daß man am Rheine den Nein-Ertrag für den Magdeburger Morgen im Durchschnitt wol zu 2 Rihlr. anschlagen könne, und seinen Kapitalwerth zu 40 Rthlt. Denn gegen den geringen Boden in der Eiffel, am Wester⸗ walde und im Süderlande, komme auch der frucht⸗ bare in den Rhein- und Moselthälern, und den Ebde⸗ nen um Jülich, am Hollwege und im Ravens bergt⸗ schen in Betracht, und sie überlaße es Kennern, zu beuttheilen, ob der Morgen zu 180 Ruthen mit 2 Thalern Rein-Ertrag zu hoch angesetzt sey. 166

Es ist ungemein schwer, hierüber ein Urtheil zu haben, da hieju eine Ueberficht über die Ackerverhält- niße einer Provinz und über die Anzahl Morgen, so in jede Klaße kommen, gehört, die Niemand . und die Niemand besitzen kann, bis eine genaue Statisti von jeder Gemeine aufgestellt ist, und diese ist eben das Kataster. ..

Indes schreint denn doch aus folgenden Zahlen 3 m daß dieser Anschlag von 9. Rihle. zu hoch i enzenberg hat in seinem Werke über das Fataster. die Statistit von 4 Kantonen aus dem ehemaligen Roder. Departement, von aus dem Rhejn⸗ nd Mor sel⸗ Departement und von 2 aus dem Saar⸗Departe⸗ ment bekannt gemacht. Aus diesen Zahlen ergiebt sich. daß diese 29 Kantone so über das ganze linke Rhein- ufer zerstreut sind, eine Fläche von 188, 714 Hektaren

) Siehe auch Will. Spente: Britannien unabhängig dom Handel. übersetzt von Fr. Wolf.