1819 / 65 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 14 Aug 1819 18:00:01 GMT) scan diff

vie Diener der Gerechtigkeit tödten könne, weil man sich in rechtmäßiger Gegenwehr befinde.“

Das Resultat der durch den Generäl-NNdvokaten aufrecht gehaltenen Anklage war: daß der Profeßor Bavoux durch seine Lehrvorträge, in denen er die bestehenden Gefetze einem unglimpflichen Tadel unter⸗

werfe, die Gesinnungen der Zöglinge verschlimmere,

und daß von der Rechtsschule zu Paris die Unruhen

ausgegangen, welche sich über die andern Erzieh⸗An⸗

stalten Frankreichs verbreitet. Der Lehrvortrag des

Herrn Bavouß habe nicht blos die Tendenz gehabt,

in den Gemüthtin der jungen Leute einen Widerwil⸗

len gegen die bestehenden Gesetze hervorzubringen, son⸗ dern noch vielmehr die Zwistigkeiten der Meinungen

und den Haß der Partheien unter ihnen zu entzünden, vor welchem man sie für immer bewahren solle⸗ , Wir alle,“ sagte der General⸗ Advokat, „haben die Zeiten des öffentlichen Elendes und der Unruhen durchlebt;

unser Gemüth ist voll Erinnerungen, die den Gesin⸗

nungen des Friedens und der Eintracht in uns zuwei⸗ len feindlich begegnen: was aber Feindseliges gegen einander üibergeblieben, wird unter der Hekrschaft der Gerechtigkeit und der Gnade nach und nach verschwin⸗ den, und doch werden wir uns gestehen müßen, daß unser Zwiespalt noch sobald nicht untergehen werde. Aber warum wollen wir dem aufkeimenden Geschlechte dieses traurige Vermächtnis hinterlaßen? Dieses muß sich nur friedfertigen und brüderlichen Neigungen hin⸗ geben. Es ist während des Friedens und für den Frie⸗ den erzogen; es ist erwachsen unter dem Zepter der Bourbens und unker dem Schuß der Verfaßung. Unsre Zwistigkeiten sind nicht die seinigen, und werden es nicht seyn. Wehe dem, der sie verderblich ihm einim⸗ pfen wollte. Wir sprechen ohne Scheu über ihn den

Fluch aus, durch welchen Gott die Verführer der Jus

gend verworfen.“ c.

Der Profeßor Bav dux vertheidigte sich anfangs persönlich. Er stellte die Anklage ganz in Abrede. Nicht blos die bestehenden Gesetze habe er lehren, auch mit dem Geist der Gesetze habe er seine Schüler bekannt machen sollen. Nur diese liberale Einrichtung sey seinen Gegnern verhaßt, und diese suchten sie zu

vertilgen. Bei der zu sichtbaren Unbestimmtheit der Anklage

war es seinen Sachwaltern leicht, einen Sieg über

die Gegner zu erkämpfen. Den bedenklichsten Vor— wurf: daß der Angeklagte das Hausrecht wider die Maasregeln der Obrigkeit selbst bis auf Ermordung

der Diener der Gerechtigkeit auszudehneh gelehrt habe, lehnte der Sachwalter durch die Behauptung ab: daß in den Heften des Angeklagten dergleichen gar nicht stehe; er stelle blos die Frage, was in solchem Falle rechtens sey, als ein Problem auf, welches er selbst

nicht löse.

In Bezug auf die Unruhen in der Rechtsschule selbst, obwol solche kein Gegenstand des Kriminal⸗ prozeßes waren, wurden mehre Zeugen, meist Lehrer und Schüler, abgehört. Es ergab sich aus den Ver⸗

handlungen, daß der Profeßer Bavoux seine Vorl⸗ sungen am 22. Junius angefangen, daß die Zuhöter ihm am 24. Beifall geklatscht, daß in den folgenden

Verlesungen geklascht und gezischt worden, daß die

Klatschenden die Zischenden herauswerfen wollen, um daß es darüber zu Schlägen im Hörsaale gekommen

Der Dekan Delvincourt habe dem Unfuge 1

steuern gewünscht, und deshalb den Herrn Bavouxin nicht bewiesen werden.

einem freundschaftlichen Schreiben ersucht, seinen gehn . . . l 4 vorträgen eine andere Richtung zu geben, und allt; Herr Mars, trug selbst auf Freisprechung des Ar— daraus zu entfernen, was den Partheigeist unter dei Da diese Bitte frucht .

los geblieben, habe er auf die ihm gemachte Anzeige, . urben indeß beide freigesprochen.

Der Herzog von Richelieu ist nach Paris zu—

jungen Leuten erwecken könne.

daß mon sich in der Schule schlage, am 29. Jun. dit

Vorträge des Angeklagten zu suspendiren sich gent (

thigt gesehn.

Bavoux und die als Zeugen abgehör ten Zöglinge räumten zwar ein, daß ein solcher U⸗

fug vorgefallen, daß aber der Lärm schon gestillt .

wesen und erst die Erscheinung des Dekans ihn von

neuem angefacht und vermehrt habe; auch ward nicht .

undeutlich zu verstehen gegeben, daß die zwei oder

drei Zischenden von dem Dekan selbst aus Eifersugi; .

über den Beifall, den der Unterricht des Herrn B vo ux gefunden, angestellt worden.

Das Publikum, das groößentheils aus Advokaten und Zöglingen der Rechtsschule destand, nahm an den haften und ungestümen Antheil, den der Präsident des Gerichtes zu mäßigen sich genöthiget sah.

Kaufleuten und Künstlern zusa mmengesetzt war, sprach nach einer viertelstündigen Berathung ihr Nicht⸗ schuldig, worüber der lauteste Beifall der Zuhöret erfolgte.

Die Behauptung des General-Advokaten, daß die Lehren des Profeßors Bavounux die auf einigen ande— ren Schulen Frankreichs vorgefallenen Unruhen ver— anlaßt hätten, erledigt sich schon . die Bemerkung, daß seine Vorlesungen erst am 2. Jun. begannen.

Man scheint hier allgemein ind er kan deh daß die Bu

Dit Jury, die aus 5 Staatsdienern und 7 Eigenthümern,

hörde des öffentlichen Unterrichtes, welche Dis ciplinat⸗-

Maasregel sie auch in Bezug auf die Vorträge des Herrn Bavoux erfoderlich fand, durch die Suspen— sion desselben auf die einseitige, anscheinend sehr übte triebene und nicht leidenschaftlose Anzeige des De⸗ kans zu rasch und Übereilt verfahren, und daß var die Einleitung des Kriminalprozeßes, deten Erfolg mit

leichter Mühe vorher zu sehen gewesen, dieser Sacht .

eine Celebrität gegeben worden sey, welche nut zu ge⸗ eignet ist, den Partheigeist zu nähren und gerade das zu befördern, was die Regierung am dringendsten zu verhüten sucht.

Das Polizei- Gericht hat auch die beiden Studen— ten, Armand und Chavalet, freigesprochen. Sie waren beschuldigt, sich in dem Lärm vorzüglich thätig bewiesen zu haben. Ein Polizei⸗Kommißair versicherte, daß Armand dem Polijei⸗ Präfekten gesagt, Wenn

Plate.“

P

Verhandlungen zu Gunsten des Angeklagten sehr le!

fie hier Ordnung machen wollen, so schicken sie alle ihre Leute fort; wir bleiben hier die letzten auf dem Ein andrer Polizei⸗-Kommißair sagte aus, daß Chavalet ihn an die Brust gefaßt und gesagt:

„Sie treten mir ja auf die Füße; nehmen sie sich

in Acht, daß ich ihnen nicht ins Gesicht schlage.“ Daß die Angeklagten mit Steinen geworfen, konnte gar Der Sachwalter des Königes,

nm and, und gegen den Chavalet auf eine Geldbuße

von 50 Fr. an, weil die jungen Leute zwar ein wenig

aber keine Aufrührer gewesen wären. Sie

erhitzt,

1

rückgekommen.

Die in einigen unfrer Zeitungen verbreitete Nach⸗

richt, daß verschiedene Truppen Befehl erhalten, nach der Spanischen Gränze zu marschiren ist völlig wundlos.

( der Herzog von Wellington in Ostende.

Gewißer ist wol, daß zu dieser Meße,

kommen ist.

Miß Hutchinson hat ihr Gesuch um Begnadi⸗

gung des Generals Sarazin dem Könige wirklich eingereicht, der von dem Justizminister Bericht dar⸗ über erfodert hat.

Der König, mit deßen Gesundheit es sich täglich beßert, wird am 11. d. in Paris zurück erwartet. Er

hat der Wittwe des Marschals Herzog von Feltre,

der kein Vermögen hinterlaßen hat, eine Pension von

is, ooo Fr. bewilligt, und dem Marschall Da vou st

die Bildsäule des Generals Lerlert geschenkt, die sich bisher in der Kirche der h. Genoveva befand.

Der berüchtigte Tresstaillon, den unsre Zeituͤn⸗

gen bald aus dem Lande flüchten, bald wider den Ju⸗ 1 der ihn so arg geschildert, eine Klage er⸗ 16. laßen, lebt unfern Nimes, doch sehr zurückgezo⸗ gen, und denkt an keine Klage.

Nach unseren Zeitungen ist zwischen un serem Gesandt⸗

schaft-⸗Sekretair zu Frankfurt am Main, Herrn Al—

leye, und dem Herrn v. Bethmann daselbst, wegen pnttischer Meinungen ein Duell auf Pistolen vorge⸗ fallen, wobei Niemand verletzt worden.

Die erste Gemahlin des Jerome Bonaparte, MNiß Pattersen, ist mit ihrem über 16 Jahr alten Sohne aus Nord-Amerika in Genua angekommen. Sie hat beschloßen, diesen Ort zu ihrem Aufenthalte . zu wählen, um dem Sohne die gehörige Erziehung zu geben.

London, vom 3. August. Der Prinz Regent hat auf Veranlaßung der Versammlungen, die in ver— schiedenen Distrikten gehalten worden, eine Proklama⸗ tion erlaßen, worin alle Unterthanen vor gesetzwidri—

Nach einer telegraphischen Depesche befindet sich

Die Meße zu Beaucaire wird von einigen unsrer Zeitungen als glänzend gerühmt. die sonst ungeheure Summen aus Spanien zeg, kein Piaster über die Pyrenäen ge—

gen Unternehmungen ober vor Versuchen, bie Regie⸗ rung des Reiches umzustoßen, gewarnt werden.

Es heißt in dieser Proklamation: es seyen Ver—⸗ sammlungen gehalten worden, deren einige durch hoch⸗ verrätherische Reden versucht haben, der versammel—⸗ ten Menge Haß und Verachtung gegen Regierung und Verfaßung, besonders auch gegen das Haus der Gemeinen einzuflößen, Ungehorsam gegen die Gesetze und einen Aufstand gegen die Autorität des Königs zu erregen, wobei man so weit gegangen, daß man eine Person gewählt, um im Namen solcher Versamm= lung im Hause der Gemeinen zu sitzen; daß ferner gottlose und verführende Schriften zu solchem Zwecke verbreitet worden, daß man sogar heimlich und unge⸗ setzlich militairische Uebungen betrieben habe. Von diesen Uebungen abzustehen, wird besonders einge⸗ schärft, indem Verantwortung und Bestrafung dagegen angedrohet wird. Alle Sherifs, Friedensrichter und Magistratspersonen im Königreiche sind angewiesen, die Verfaßer, Drucker und Verbreiter der aufrühri⸗ schen Schriften auszumitteln und vor Gericht zu stel⸗ len, und zugleich alles anzuwenden, um sich der⸗ jenigen Personen zu verfichern, welche verführende Reden halten oder an einer gesetzwidrigen Versamm⸗ lung Theil nehmen

Man hoft, daß diese Proklamation den zum Theil lächerlichen, zum Theil ernsthaft- gefährlichen Zusam⸗ menkünften ein Ende machen werde. Was man über einen politischen Weiberklubb in Stokport verbreitet, ist unstreitig unwahr und wenigstens übertrieben.

Der Baronet Wolseley, der in Birmingham gesetzwidrig zum Mitgliede des Hauses der Gemeinen gewählt worden, wird als ein Mann von Jahren, gründlicher Wißenschaft, einfachen Sitten, frei von aller politischen Schwärmerei geschildert.

Mit der Verhaftung einiger Libellisten hat man bereits den Anfang gemacht.

Als des Meuchelmordes gegen den Konstable Birch verdächtig, find zwei Menschen, Bruce, ein Schullehret, und Davis, in Verhaft genommen.

Vom Vorgeblrge der guten Hofnung wird ge— meldet, daß die Kaffern von neuem Verheerungen an⸗ gerichtet haben, indem sie in zahlreichen Haufen, die man zu 30, ooo Mann angiebt, über die Gränze ge⸗ rückt sind. Der Niederlaßung von Kolonisten, welche die Regierung mit dem Anerbieten einer Unterstützung eingeladen hat, wird diese Nachricht einigen Aufenthalt verursachen.

In Portsmouth sind zwei Rußische Fregatten an= gekommen. Sie gehören, heißt es, zu einem Geschwa⸗ der, das sich im Mittelländischen Meere versammelt.

Die Zeitungen von Madrid erwähnen des Ereig⸗ nißes in Kadix noch immer nicht. Es sind nur Pri⸗ vatbriefe, besonders aus Gibraltar, aus denen diese Nachrichten geschöpft worden, und auf deren Wahrhaf⸗ tigkeit nicht immer zu bauen ist. So viel kann man wol mit Sicherheit annehmen, daß die Abneigung der Sol⸗ daten und Matrosen gegen die nach Süd⸗Amerika be⸗