1819 / 77 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 25 Sep 1819 18:00:01 GMT) scan diff

Reise nach Berlin, Wien, Dresden, Braunschweig, Hanover und den freien Städten anzutreten, hiernächst die Konstitution des Vereines zu entwerfen und sich nach diesem über die Ausführung eines allgemeinen teutschen Douanensystems zu berathen, auch einen gründlichen Plan der Bundesversammlung einzurei— chen. Gewiß werde eine solche Versammlung alle Hin⸗ derniße schnell beseitigen. (Gewiß wird Jedermann in den Wunsch einstimmen, daß es ausführbar seyn möge, alle Intereßen der einzelnen teutschen Staaten, das

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In Nro. 2188. der Hamburger Börsenliste wird aus Kopenhagen v. 2c. Aug. d. J. unter andern gemeldet: „Nachrichten von Schiffern, aber sehr glaubwürdigen „Männern, zufolge, sind vor einigen Wochen in Swi⸗ „nemünde drei Schiffe gescheitert, nämlich eine neue „Dänifche Brigg von Triest kommend, ein Engländer „und eine Galleaße aus Demmin. Der harte N. O. „Wind, welcher dieses auf jener unsichern Rhede ver— „anlaßte, hielt nur 6 5 Stunden an, sonst wäre „das Unglück noch größer geworden. Man ist hier „sehr verwundert, dergleichen durch die regelmäßigen „Berichte von dem Orte her gewöhnlich nie zu er— „fahren.“ Von diesen Angaben ist nach eingezogenen Nachrichten aus authentischer Quelle nut so viel wahr, daß am 135. July d. J. das Dänische Schiff Kath a⸗ rina Christina, Kapitain J. H. Rösing von Triest kommend, von der gedachten Rhede, nach Verlust des Ankertanes, bei einem heftigen Sturme aus N. O. auf den Strand gesetzt worden ist. Ein Englisches Schiff ist gar nicht, ind das angeblich dritte, Preuß. Schiff Konrad, Kapitain Brumm von Petersburg kommend, wenigstens nicht auf der Rhede, sondern ehe es dieselbe noch hat erreichen Eönnen, in der sogenannten Pritterbucht an der Insel Wollin, und zwar am folgenden Tage, den 14. July d. J. gestrandet.

Hieraus ergiebt sich zugleich, daß der Sturm nicht a 5 Stunden, sondern mindestens zwei Tage lang angehalten hat; so wie der Verlust des Ankertaues des Dänischen Schiffes den Argwohn erregt, daß das— selbe nicht tüchtig gewesen seyn muß, weil es sonst, gleich allen anderen gleichzeitig auf der Rhede befind⸗ lich gewesenen Schiffen sich erhalten haben würde.

dem Fabrik -Inkereße oft feindlich gegenüberstehende Intereße der inländischen Konsamenten eingesch loßen, gründlich und zu allseitiger Genugthuung auszu⸗ gleichen.) .

Der Großherzoglich Heßische Staatsminister Herr Freiherr von Lichtenberg ist zu Mainz in einem Alter von 64 Jahren verstorben.

Zu Wiesbaden wurde die Herzoglich Naßausche Familie am 8. d. durch die Geburt eines zweiten Prin⸗ zen erfreut.

Die Bezeichnung der Swinemünder Rhede als einer unsicheren, zeigt von einer Nichtkenntnis dere selben, in sofern man nämlich von einer Rhede, welche wie diese, ausschließlich des Südwindes, allen Winden zugänglich ist, die Sicherheit eines Hafens nicht fo⸗ dern darf. Aus diesem Gesichspunkte steht sie den meisten Rheden der Welt nicht nach.

Nach vollendetem Hafenbau zu Swinemünde, wo⸗ zu Se. Majestät fortdauernd sehr geoze Summen be⸗ willigen, und bei welchem bereits seit zwei Jahren täglich soo Menschen beschäftigt sind, wird indeß noch eine größere Sicherheit fuͤr die Schiffehrt erreicht wer— den, weil alsdann die Schiffe im Stande seyn wer— den, ohne Aufenthalt und Leichterung auf der Rhede, geradezu in den Hafen einzulaufen.

Wenn man endlich darüber verwundert ist, solche Nachrichten von gescheiterten Schiffen von dem Orte selbst nicht zu vernehmen: so sind die Intereßenten bisher durch ihre Korrespondenten unterrichtet wor— den, welches auch für Privat-Intereßen völlig hin— reichend scheint.

Die Klagen der Beamten über Verletzung des Dienstalters durch den Vorzug, den die Regierung einem jüngeren und tüchtigeren Arbeiter einzuräumen sich oft veranlaßt findet, wurden zuweilen, obmwmol sel— ten, schon unter der Regierung Friedrichs des Gro— ßen gehört. Einem dieser Beschwerdeführer antwor— tete Er einst: „Ich habe einen Haufen alter Maul— esel im Stalle; die Länge der Dienste macht aber nicht, daß sie Stallmeister werden.“

Beilage.

Beilage zum 77sten Stucke der Allgemeinen Preußischen Staats⸗Zeitung, vom 25sten September 1919.

Ueber das Verbot der Zeitschrift „Hermann.“ (Von einem Rheinländer.)

Als die Staats-Zeitung das Verbot des „Her—

mann“ anzeigte, so wunderte man sich hierüber we⸗

nig, da man es schon früher erwartet hatte. Der Ton, der in dieser Zeitschrift herrschte, misfiel, und das Herde, Hämische und Spöttische, so vielfach in den Aufsätzen zu finden, die von den Maasregeln der Regierung handelten, kennte bei Verständigen und Wohlmeinenden keinen Beifall finden.

Seit die Staats- Zeitung erschienen, so war es gedem Verständigen klar, daß die Regierung sich an dieser ein Organ zugebildet, mit welchem sie zum Volke reden wollte, um es über die Angelegenheit des Staats— haushaltes zu belehren, und so nach und nach den

Einfluß der Oeffentlichkeit auf das Staatsleben ein⸗ zuleiten. Staats. Zeitung selber solches in den Aufsätzen aus⸗ gesprochen, so sie über das Steuerwesen gab, und wo

Man fühlte dieses noch früher, ehe die

sie durch verständige Rede und Gegenrede irrige Mei⸗ nungen berichtigen, und die allgemeine Meinung da * gewinnen wollte, daß die Maasregeln der Regierung wirklich verständig und wohl⸗ meinend wären.

Wenn man das Glück hat, eine wirklich liberale Regierung zu besitzen, so erfodert es die politische Klug⸗

9 im Sinne dieser Regierung zu schrei⸗ ben. dern daß man besonnen und mit Sachkenntnis über die Maasregeln der Regierung rede. belehrt man entweder sich oder die Regierung, in bei⸗ den Fällen aber das Publikum, das dem Gespräche zu⸗ Hört, in welchem alle die Gründe auseinander gesetzt

Nicht daß man stets lobe und pfalmodire, son⸗

Denn hiedurch

woerden, die sich für und die sich gegen die Sache bei—

bringen laßen.

In diesem Sinne schrieb aber der Hermann nicht. Da die Aufsätze über das Stenerwesen in der Staats⸗ Zeitung in einem sehr ruhigen Tone und mit einer genauen Kenntnis des Gegenstandes abgefaßt waren: fo foderte es der Anstand, daß, wenn man gegen sie

schreiden wollte, man dieses in demselben ruhigen Tone

und mit derselben Kenntnis des Gegenstandes thun muste. Denn in guter Gesellschaft, wo feine Sitte herrschend, wird es immer für unanständig gehalten, wenn Jemand, der von einer Sache gar nichts ver⸗ steht, gegen Jemand an redet, der ihrer völlig Mei—⸗ ster ist.

Das war freilich schwach, was Götz vom Rheine im Hermann gegen die Berechnung der Steuerkräfte

einer Provinz nach der Dichtigkeit der Bevölkerung ein wandte, so wie die Schlüße, die sein edler Freund, der Herr von Hallberg, aus dem Steuerzettel eines Schneiders in Godesberg auf die Besteurung der Lande Jülich, Kleve und Berg machte; und wir Rheinlän⸗

der haben uns eben so sehr wegen der Unwißenheit unserer Landsleute geschämt, wie die Brandenburger wegen einer anderen kleinen Schrift, so Einer in ih—= rem Namen geschrieben, eber freilich ohne Auftrag.

Alein in Steueruntersuchungs- Sachen kommt es bei Vielen gar nicht darauf an, wie unverständig sie sind. Die, welche sich einmal in den Steuerjammer verliebt haben, lesen solchen mit Vergnügen; und da diese Klaße überall ziemlich zahlreich ist so schien der Herausgeber des Hermann gerne solche und ähnliche Aufsätze aufjunehmen, um aus dem Steuerjammer eine Brotwinnung für sich zu machen.

In vdensenigen Ländern wo die Einrichtung der Staatsverfaßung einmal darauf berechnet ist, daß jeder Bürger gegen die Regierung schreiben kann, und sich hieraus feine Erwerbquelle machen, da ist nichts hiege⸗ gen zu erinnern, und da ist solches auch völlig unschäd⸗ lich, wie wir solches in Nord⸗Amerika sehen, eben weil die Staatseinrichtung darauf berech⸗ net ist. Denn da die Gründer des Staates die Be⸗ rechnung seines Trieb werkes so getroffen, daß die mei⸗ sten Gegenstände der öffentlichen Verwaltung unmit⸗ relbar ih den Händen der Bürger liegen, und von diesen besorgt werden so: konnte diese Einrichtung nur dann gehen, wenn die Bürger am Deffentlichen großen ÄAntheit nehmen, und zugleich uber alle offentlichen Angelegenheiten wohl unterrichtet sind. Dieser Geist und dieser Sinn fürs Oeffentliche ist aber nicht leicht zu erwecken und zu erhalten, eben weil jeder Bürger zunäch st mit sich und mit der Brot⸗ winnung für seine Familie beschäftigt ist. Er ist, wie die Erfahrung aller Freistaaten gejeigt, nur durch Partheigeist zu erhalten; denn, indem die Bürger für oder gegen eine Sache Partie nehmen, wird uns vermerkt ihre Persönlichkeit mit hinein verflochten, and sie geben sich nun für das Oeffentliche viel Mühe, ih⸗ rer Persönlichkeit und ihrer Rechthaberei wegen. Auf diese Weise bekommen die Nord- Amerikanischen Staa⸗ ten jedesmal einen gaten Präsiden ten. Denn vor je⸗ der Wahl redet das Volk schon ein ganzes Jahr von nic ts als von dem neuen Präsidenten so sie wählen wollen, und indem die Zeitungen für und gegen Partie ergreifen, eben der Brodwinnung wegen, und gegen⸗ seilig alles mögliche Gute und Böse ron den zu Wäh⸗— lenden bekennt machen, ist die Ration jedesmal volle kommen über die Männer unterrichtet, denen sie ihre Stimme geben oder versacen will.

Bei einer solchen Staatseinrichtung ist die unbe⸗ dingteste Preßfreiheir freilid eine nothwendige Bedin⸗ gung, wen sie gehen soll; und daß eine Staats- einrichtung wiklich gehe; ist doch das Erste worauf man zu sehen. Toute constitution est bonne pour v qu'elle marche, so steht im Manuskripte von St. Helena.

Bei einer solchen Staatseinrichtung aber wirkt die unbedingteste Preßfreiheit auch gar nicht verwir⸗ rend, weder für 6ffentliche nech für Privotverhält⸗ niße, eben weil einmal Alles darauf berechnet ist, und A es sich darnach gebildet hat. Die Amerikanische Zei⸗ tung „Der Friedensbote“ nannte den jeh igen Gou⸗ verneur von Pensylvanien den Appeld od. Wird nun von eben der Zeitung ein anderer Bürger von Pensylvanien ebenfals Appeldo dy genannt, so wird der sich wenig daraus machen, da der Gouverneur. der unter seinen Mi bürgern in einem greßen Anse⸗ hen steht, evenfalls so genannt worden. ,

Wenn aber die Stäatseinrichtung anders ist, so wird eine unbe inge Preßfreiheit als verwirrend er⸗ scheinen, eben weil det Sraatsmechanismus nicht drauf vderechnet ist. So liegt bei dem trefflichen Preßgesetze, das der Justizminister von Frankreich entworfen, eine ganz andere Berecknung zum Grunde, eben weil in Frankreich eine andere Staatseinrichtung ist als in Rord Amerika, obgleich beide Staaten freie Verfaßun⸗ gen haben.

Der politische Schriftsteller muß immer der Ver⸗ faßung des Landes gemäß schreiben, in dem er lebt; und man kann daher sagen, daß jeder politi scha