Dieß find die Gründe, wodurch Seine Kaiserliche Majestät sich bewogen finden, die Ernennung einer Central-Untersuchungs⸗Kommißion, in ausschließen— det Beziehung auf den hier bemerkten Gegenstand, in
Der Wahl des aus der Geschichte der Revolution bekannten Gregoire in die Kammer der Französi⸗ chen Abgeordneten wird von seinen Freunden und
einden eine so große Wichtigkeit beigelegt, daß wir uns nicht enthalten können, eine nähere Kenntnis von ihm zu geben. ! — — Heinrich Gregoire, am 4. Dercbr. 1750 zu Veho unweit Luneville geboren, widmete sich, nach vollendeten Studien zu Metz und Nanch, dem geist⸗ lichen Stande, und ward anfangs Profeßor lan der Schule zu Pont⸗à: Mousson. Zwei Preisschriften „Lob der Poesie, und über die bürgerliche Verbeßerung der Juden“ verschafften ihm die Aufnahme in die Aka—⸗ deimien zu Metz und Nancy. Er war Pfarrer zu Em- bermenil, als er im Jahr 1769 von der Heistlich keit der Baillage Nancy zum Deputirten in dit vom Kö⸗ nige zusammenderufene Versammlung der Reichstände
ewählt wurde. Hier war er unter denen, welche die Lr nigung der Abgeordneten des geistlichen Standes mit dem dritten Stande vorzüglich betrieben, und einer der Ersten, die fich demselben anschloßen.
In der Natlonalversammlung sprach er anfangs mit Siehyes gegen die unbedingte Aufhebung, des Zehenlten der Geistlichkeit, als einen Akt des höchsten Unrechtes, doch gab er bald dem Ungestüm der Gegner nach, so wie er sich jederzeit den Anträgen anschloß, welcht auf die völlige Umgestaltung der politischen und kirchlichen Verfaßung Frankreichs gerichtet wa⸗ ren; doch erklärte er sich gegen ein Schisma in der katholischen Kirche. So wie er den Jüdischen Bewoh⸗ nern die Theilnahme an den Bůrgertechten bewirkte, so sprach er auch seit dem Beginn der Revolution für bie Rechte der farbigen Menschen gegen die Aristokra⸗ tie der weißen Farbe, weshalb ihm seine Gegner den Verlust det Insel St. Domingo zur Last legen. Nach der unglücklichen Flucht Ludwigs des 16ten trug er darauf dn, ihn vor Gericht zu stellen, indem er den Grundsatz der Unverletzlichkeit des Königes be— kämpfte. Das Departement Loire und Eher das ihn noch während der konstituirenden Versammlung zum Bischofe gewählt hatte, wählte ihn auch zu sei⸗ nem Abgeordneten im National Konvente. Hier stimintẽ er am 10. August 1792 für den Antrag des Collot d'Herbois auf Abschaffung des Königthums durch ein förmliches Gesetz. Am 15. Novbr. trat er auf der Rednerbühne des Konventes für die Verur⸗ theilung des Königs auf. „Weil Ludwig Kapet, sagte er, verhaftet ist, ergiebt sich hieraus nicht von seibst, daß ein Urtheil über ihn gesprochen werden muß? Unter welchem Gesichtspunkte seine Verbre⸗ chen auch gebracht werden mögen: das Strafgesetzbuch, die Verfaßung und die Natur der Sache fodern ein Urtheil. Was mich betrifft, so mißbillige ich die To⸗ des strafe, und hoffe, daß dieses Ueberbleibsel der Bar⸗ barei aus unsern Gesetzen verschwinden werbe. Der Gesellschaft reicht es hin, daß der Schuldige weiter nicht schaden könne. Ludwig Kapet wird die Wohl⸗ that des Gesetzes theilen, wenn ihr die Todes strafe abschafft, ihr werdet ihn alsdann zum aseyn verur⸗ theilen.“ Als der Konvent das Urtheil fällte, war er auf einer Sendung zur Organisatien des Departe⸗ ments Montblane abwesend, schrieb aber von dort mit seinen Kollegen, Jagot, Herault und Simond un den Konvent: „Wir glauben, daß es die Pflicht eines jeden Deputirten sey, seine Meinnng öffentlich auszusprechen; es würde Feigheit heißen, wenn wir unsre Abwesenheit benutzen wollten, uns dieser Pflicht
Borschlag' zu bringen; und die Präsidial-Gesanbtschaft ist zu dem Ende angewiesen, den Entwurf eines Be⸗ schlußes über diese Maasregel der Bundesversammlung zu schleuniger Berathung vorzulegen.
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zu entziehen. Wir erklären, baß wir für bie Verur⸗ theilung Ludwig Kapets durch den Nationalkonvent ohne Appellation an das Volk stimmen.“ Der neuste Biograph Gregoires, Lavaud, bemerkt, daß der Entwurf des Schreibens die Todesstrafe angedeutet, Gregoire aber diese Stelle weggestrichen habe. Da
jedoch seine mündliche Abstimmung den höchsten Grad nur dann ausschließt, wenn die Gesetzgebung zuvor die Todesstrafe allgemein abgeschafft haben werde: so stehen seine Gegner nicht an, ihn dennoch den Kö⸗ nigsmördern beizuzählen. Anders urtheilte unmittel⸗ bar nach der 3 der Bischof von Calvados, der in seinem Journal des amis am 2. Februar 17935 sagt⸗ „Zum Troste der Menschheit, zur Ehre des evangeli— schen Glaubens, zum Ruhme des Französischen Bischof— thums, kann ich die Namen der Französischen Bischöfe auf die Liste derer setzen, die für das Leben des Königes gestimmt haben. Auch weiß ich, daß verschiedene katho⸗ lische und protestantische Pfarrer dahin gehören, na⸗ mentlich Rabaud de St. Etienne u. s. w.“ Er nennt alsdann außer sich 8 Bischöfe und fügt hinzu: „ich meine, daß auch Gregoire, Bischof von Loire und Cher, auf dieses Verzeichnis gesetzt werden muß. Seine mündliche und gedruckte Abstimmung schließt die To⸗ desstrafe ausdrücklich aus. Er stimmt mit den andern Kommißarien des Montblane für die Verurtheilung des Königes durch den Konvent ohne Appellation, aber die Art der Strafe ist nicht ausgedrückt, und mit Recht muß man annehmen, besonders in Rücksicht auf den festen Karakter dieses tugendhaften Mannes und würdigen Bischoffs, daß er auch in seiner letzten Ab⸗ stimmung den Grundsätzen treu geblieben, die er auf der Rednerbühne entwickelt.“ Auch wurde Gregoire späterhin von den Jakobinern, aus deren Gesellsck aft er ausgeschieden war, seiner Abstimmung wegen ver⸗ folgt, obwol er den Gefahren der Schreckenstage glück lich entging. An dem Beschluße, der die kirchliche Freiheit fämmtlichen christlichen Religionspartheien ver— schaffte, nahm er wesentlichen Antheil. Als Mitglied des Rathes der soo, zu welchem er gewählt wurde, begünstigte er die Entwürfe Bonapartes am is. Brümaire des Jahres 8, weil er für das Heil der Französischen Republik große Hoffnungen auf ihm grün— dete. Er ward Mitglied des gesetzgebenden Korps, und späterhin des Erhaltenden⸗ Senates, obwol Bo⸗ naparte ihn damals schon haßte. Auf dieser Stelle sprach er dreist, obwol ohne Erfolg, gegen die Kaiser⸗ würde, gegen die Institution des neuen Adels, gegen die Konfkription, gegen die Besitznahme des Kirchen⸗ staates, gegen die Scheidung Bonapartes. Doch ward er selbst Graf und Kommandeur des Ordens der Ehrenlegion. Am 15. März 1814 erklärte er sich mit Nachdruck für die Entsetzung des Kaisers, doch ward er vom Könige Ludwig XVIII. nicht in die Kam⸗ mer der Pairs berufen, und verlor sein Gehalt als Senator. Während der 100 Tage nahm er keine Stelle an und erklärte sich wider die voön Bonaparte porgelegte Zusatz-⸗Akte zur Verfaßungs- Urkunde. Seit der Wiederherstellung des Königthums war er daher jeder öffentlichen Wirksamkeit entzogen und lebte den Beschäftigungen der Litteratur. Daß aber die Wahl eines solchen Mannes in die Kammer der Abgeordne⸗ ten für die Regierung ein öffentliches Aergernis seyn müße, geht aus dem kurzen Abriße seines politischen Lebens hinreichend hervor,
der gesetzlichen Strafe ausspricht, und die Todesstrafe
Al gemeine
Preußische Staats- Zeitung.
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8 1kKes Stuck. Berlin, den 9gten Oktober 1819. ;
1. Amtliche Nachrichten.
Kronik des Tages.
Berlin, vom 9 Oktober. Se. Königl. Ma⸗ jestat haben den Rath bei dem bisherigen provisori⸗ schen Revisions-Hofe in Koblenz, Dahm, und den Kammergerichtsrath Madihn zu Appellations⸗Ge⸗ richtsrä hen bei dem Appellations-Hofe in Köln aller⸗ gnädigst zu ernennen geruhet.
Se. Königliche Majestät haben den bis heri⸗ gen Regierungs⸗Aßeßor Grafen v. Schmiesing, zum Landrath, des Warendorfer Kreises im Münsterschen Regierungs-Bezirke, und den Gutsbesitzer v. Schlie—
ben auf Sucimin, zum Landrath des Stargardter Kreises, Danziger Regierungs-Bezirkes, zu ernennen geruhet.
Seine Majestät der König haben dem Gehei⸗ men Sekretair Bohm bei der allgemeinen Witt ven Verpflegungs-Anstalt und der Officier—⸗ Wittwen⸗Kaße, das allgemeine Ehrenzeichen erster Klaße zu verleihen geruhet.
Seine Majestät der König haben dem Schul⸗ lehrer Paech zu Leitersdorff das allgemeine Ehrenzei⸗ chen zweiter Klaße zu verleihen geruhet.
II. Zeitung s⸗-Nachrichten.
Frankfurt a. M. vom 30. September. Außer den bereits mitgetheilten Beschlüßen der Bundestags— Versammlung hat dieselbe auf den Antrag der Präsi⸗ dial-Gesandschaft noch einhellig beschloßen, daß fol— gende sechs Gegenstände:
1. Die Errichtung einer permanenten Instanz, um den öffentlichen Rechtszustand im Bunde zu sichern,
und die zum gerichtlichen Wege geeigneten Streitig—
keiten der Bundesstaaten unter einander zu schnellerer Entscheidung zu bringen. Hierbei dürfte von dem Gesichtpunkte auszugehen seyn, daß alle Streitsachen und Beschwerden zuvörderst an die Bundesversamm— lung gebracht, und zu deren Prüfung und Beurthei⸗ lung gestellt werden müßten, in wie fern solche po— litisch zu behandeln und von ihr selbst schon zu erle⸗ digen seyen, oder ob dieselben einer gerichtlichen Ent⸗ scheidung bedürfen, um alsdann der deshalb angeord—⸗ neten permanenten Instanz, jedoch nur von dem Bun— destage, zugewiesen zu werden. Ebenfalls würde der gerichtliche Spruch, so wie er von dieser Instanz an die Parteien erlaßen worden, wiederum dem Bundes: tage mitzutheilen seyn, als welcher auch nur die etwa nöthigen Exekutionsmittel zu deßen Vollziehung zu verfügen haben würde.
2. Die Einführung einer definitiven Exekutions⸗ Ordnung, mit Bestimmung von ausreichenden kräfti⸗ gzen Mitteln, um sowol die Beschiüße des Bundes⸗ tages, als auch die Erkenntniße der gerichtlichen In⸗ stanz, in ungehinderte Vollziehung zu setzen.
3. Feststellung der völkerrechtlichen Verhältniße des Bundes, in Ansehung von Krieg und Frieden.
4. Die Verhandlung über die Bundesfestungen, zur Beschlußnahme auf das abgegebene Gutachten der Militair-Kommißion.
5. Die matrikulmäßigen Kontingent⸗Stellungen, zur weiteren Prüfung der, wegen angeblich zu großer Anstrengung im Frieden, dagegen erhobenen Be⸗ schwerden.
6. Die Erleichterung des Handels und Verkehrs zwischen den verschiedenen Bundesstaaten, um den Ar⸗ tikel 19 der Bundesakte zur möglichsten Ausführung zu bringen; soviel die Verschiedenartigkeit der Lokalitãä⸗ ten und besonders die Steuersysteme der einzelnen Bundesstaaten solche zulaßen können“ in der Art zur nöthigen Instruktions-Einholung gestellt werden, um bei Wiedereröffnung des Bundestages nach den Ferien dieselben unverweilt verhandeln und zu einer endlichen Beschlußnahme bringen zu können.
Zu 3. und 4. befinden sich unter den Beilagen des Protokolls zwei wichtige Aufsätze, von denen wir einen wesentlichen Auszug geden.
Zu 3. Um zu Fest setzung der völkerrecht⸗ lichen Verhältniße Teutschlands für Krieg und Frieden zu gelangen hat der für diesen Zw eck früher ernannte Bundestags-Ausschuß folgende poli⸗ tische Satzungen als Vorfragen aufgestellt: Der teut⸗ sche Bund führt nur Krieg für die Erhaltung der unabhängigkeit und Unverletbarkeit seiner Glieder.