1819 / 81 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 09 Oct 1819 18:00:01 GMT) scan diff

8 6 ö .

. 6 ,,,, .

Demnach sucht er zu bewirken, daß keins seiner Mit⸗ glieder nach auswärts verletze, die empfangene Ver⸗ letzung des einzelnen Mitgliedes aber als Beleidigung des ganzen Bundes betrachtet werde. Bei geschehener Verletzung wendet er zuerst gütliche Vermittelung, dann angemeßene Gewalt an. Die Mehrheit der Stimmen des engeren Rathes beschließt diese Schutz⸗ maasregeln giltig; nur zur förmlichen Kriegserklärung gehört die Beistimmung von zwei Dritteln des vol— len Rathes. Mehr als das Kontingent kann in Kriegs⸗ zeiten jedes Mitglied stellen, auch deshalb Subsidien⸗ und Allianz⸗Traktaten schließen, so wie der Bund im Ganzen. Wird ein Mitglied, das zugleich Europäische Macht ist, in einen auswärtigen Krieg verwickelt, so hilft der Bund deßen teutsche Provinzen decken, ohne jedoch über die Bundesgränze hinaus zumarschiren. Ganz neutral kann in diesem Falle der Bund bleiben, wenn die in Krieg verwickelte Macht es ausdrücklich verwilligt, wenn der Feind den Bundes ⸗Provinzen der besagten Macht die Neutralität zugesteht, und wenn die Bundesversammlung, nach Schluß der Mehr⸗ heit des engeren Rathes, die Bundes Provinzen des angegriffenen Mitgliedes gar nicht bedroht findet. Glaubt sich ein Mitglied von außen her bedroht, so entscheidet der Bund binnen 4 Wochen über die Rea⸗ lität dieser Befürchtung und nimmt dann seine Maas⸗ regeln. Hat der Bund Krieg mit geführt, so kann der Einzelne weder Waffenstillstand noch Frieden für sich abschließen. Müßen Bundes-Provinzen abgetre⸗ ten werden, so leistet der Bund dem beschädigten Mit⸗ gliede Entschädigung; müßen Auswärtige an den Bund Provinzen abtreten, so sind diese Gemeingut. (Da diese Ideen zu näherer Instruktions⸗ Einholung erst den verschiedenen Höfen mitgetheilt worden, so ist zu erwar⸗ ten, welchen Modifikationen sie unterliegen werden. )

Zu 4. gehört: Gutachten der Militair⸗Kommißion über Bestimmung der teutschen Bundes fe— stung en, welches im Wesentlichen Folgeudes besagt:

Vorgeschlagen zu neuen Bundesfestungen waren Ulm, Donaueschingen, Rastadt, Germersheim und Homburg. Aus den Berichten der Lokal-Kommißionen über alle diese Punkte, hat die Militair-⸗-Kommißion folgendes Urtheil geschöpft:

Germersheim, vortheilhaft in fortifikatorischer Hinsicht auf dem linken, schwierig und kostbar zu be⸗ festigen auf dem rechten Ufer, ist gleichwol der einzig— schickliche uebergangs punkt oberhalb Mainz. Schluß einstimmig: ein tüchtiger Brückenkopf auf dem linken, einige schützende Werke auf dem rechten Ufer, sobald als möglich anzufangen; Kostenbetrag mit Dotation 15 Mill. Fr.

Ulm, fortifikatorisch gut gelegen und schon verthei⸗ digungsfähig mit Befestigung des Michelsberges. Die taktischen Schwierigkeiten des Debouschirens heben die strategische Wichtigkeit des P⸗uioktes nicht. Schluß: vier Stimmen wollen Ulm zu einem Hauptwaffenplatze machen, und zwar ungesäumt, wozu 20 Mill. ohne Dotation. Baiern und die Stimme des Sten Korps

widersprechen und wollen Befestigungen im Rhein⸗ th ale selbst, als wozu die 20 Mill. Fr. stipulirt.

Rastadt, kann befestigt werden, aber nicht ohne sehr großen Aufwand; indeß wichtig, um doch eine der Operations-Linien gegen den Hauptwaffenplatz zu decken. Schluß: es werde fest und zwar sobalvd als die Bundesversammlung anderweite Mittel dazu ausgeworfen haben wird; nach Baiern und der 8ten Stimme: es werde fest sogleich von den für Ulm veranschlagten 20 Mill. Fr.

Donaueschingen, zu ausgedehnte Werke, zu kostspielig, wiewol wichtig, wenn man eine zweite Operationslinie auf Um decken will. Schluß aller gegen die eine VBaiersche Stimme: es bleibe un⸗ befestigt.

Homburg, ohne Schwierigkeit und mit nicht be⸗ deutenden Kosten zu befestigen, auch strategisch wich⸗

tig, besonders für die Defensive; indeßen Schluß:

erst dann zu befestigen, wenn die Bundes versammlung die Kosten für Ulm, für Rastadt und für die Her⸗ stellung der älteren Bundes-Festungen gefunden ha⸗ ben wird.

Was die Wichtigkeit der festen Plätze betrift, so sollen Ulm, Mainz, Luxemburg Festungen ersten Ranges, Rastadt, Germersheim, Landau und Homburg zweiten Ranges seyn. Die Baiersche Stimme schätzt Luxemburg nur Landau gleich, und also zur zweiten Klaße.

Stuttgart, vom 26. Sept. Gestern erfolgte zu Ludwigsburg die feierliche Uebergabe und gegen⸗ seitige Auswechslung der von Sr. Königl. Majestät sowol als auch von den Mitgliedern der Stände— Versammlung unterzeichneten Verfassungs⸗ Urkunde.

Der König hielt bei dieser Gelegenheit folgende Rede vom Throne:

Hochgeborne, Ehr würdige, Edle, Liebe Getreue!

Sie erhalten hiemit Meine feyerliche Bestätigung der durch freies Einverständnis errichteten Verfaßung des Königreiches. Möge diese ernste Stunde segenreich für das Vaterland seyn! und sie wird es seyn, wenn der Geist der Mäßigung, der Ordnung und der Wahr⸗

heit ihrer Anwendung vorsteht; wenn wahre Vater⸗

lands-Liebe, ächter Bürgersinn das Gute, welches sie enthält, auszubilden, und ihre Unvollkommenhei⸗ ten, die sie mit jedem menschlichen Werke theilt, zu verbeßern bemüht sind. Ohne diesen Geist, ohne diese Gesinnung ist jede Verfaßung eine leere Form. Diese Ueberzeugung hat meine Schritte in dieser wichtigen Angelegenheit geleitet. Sehr gut erkannte Ich die

Wichtigkeit des Zeitpunktes, in dem Wir leben; Ich

verbarg Mir nicht die Schwierigkeit, welche darin lag, die verschiedenartigsten Ansichten, Wünsche und Er⸗ wartungen durch freie Zustimmung zu vereinigen, und wie auch in dem glücklichen Falle, der Mich heute in Ihre Mitte führt, ein auf diesem Wege entstande⸗ nes Grund- Gesetz manche Unvollkommenheit noth⸗

wendig an sich tragen müße, welche in einem Werke, das nur aus Einer Idee, aus Einem Willen hervor⸗ geht, leichter vermieden werden konnte. Doch diese

Rügsichten wichen der Betrachtung, daß jede Ver⸗

faßung nur in so weit gut ist, als sie den Bürger mit treuer Anhänglichkeit an seinen Regenten, an das Vaterland und deßen Einrichtungen bindet; daß Ach⸗ tung vaterländischer Sitte vorzugsweise geeignet ist, diese Anhänglichkeit, welche Kraft und Muth zu jeder Anstrengung giebt, zu erzeugen, und daß mit ihr nothwendig auch die Bereitwilligkeit verbunden ist,

die Lehren der Erfahrung zur Vervollkommnung der

vaterländischen Einrichtungen zu benutzen. Gern ver⸗ traue Ich daher dem guten Geiste Meines Volkes, daß

eine Verfaßung, welche vorzugsweise aus seinen Sit⸗

ten, aus seiner Eigenthümlichkeit hervorgegangen ist, Mir eine neue Gewähr der Ordnungs⸗Liebe, der Ge⸗ setznäßigkeit, der willigen Erfüllung jeder Bürger— pflicht seyn werde. Sie haben dem Vertrauen, das Sie zu dieser wichtigen Angelegenheit berief, rühm⸗ lich entsprochen; mit Freude ertheile Ich Ihnen dies Zeugnis im Angesichte Teutschlands; „Ihr König dankt Ihnen im Namen des Vaterlandes.“ Der Be⸗ ruf, zu dem Sie vereinigt waren, ist hiemit beendigt; doch er begränzt nicht Ihre Wirksamkeit für das Werk, das Sie gründen halfen. Ihren gewöhnlichen Be⸗ schäftigungen zurückgegeben, verbreiten Sie eine ge—⸗ rechte Würdigung der Verfaßung, welches nicht fehlen wird, wenn Jeder nicht nur das, was ihm, sondern auch das, was dem andern darin schätzbar ist, als ei⸗ nen Gewinn für das Vaterland erkennt. Diese Ge⸗ sinnung, das Erheben über den engen Kreis verein⸗ zelter Intereßen, erzeugt den Geist der Mäßigung, der Ordnung und verständiger Prüfung, durch wel⸗ chen, das erwarte Ich zuverläßig, die Stände, welche Ich in kurzer Zeit zu versammeln entschloßen bin, vor dem Viterlande und vor ganz Teutsch land das Vertrauen, welches Ich auch in dieser so hoch—

wichtigen Anlegenheit in Meine Würtemberger gesetzt

habe, rechtfertigen werden.“

Die Stände dankten gerührt und unter dem Ju⸗ bel-Ruf: Lange und glücklich regiere König Wilhelm! für die ertheilte Verfaßungs-Urkunde. Die spatesten Nachkommen werden dieses Tags als eines Festes sich freuen, und der Name des Stifters von Würtem⸗ bergs neuem Glücke wird unsterblich bleiben, wie sein

ö. Werk. Die Mitglieder der Stände wurden zur Königl. Tafel eingeladen.

Heute Vormittag versammelte sich die hiesige Bür⸗

. gerschaft im Schloßhofe und brachte dem Könige ih⸗

ren Dank für die Vollendung der Verfaßung. Der König ritt durch die Reihen der Bürger und wurde mit einem freudigen Lebehoch begrüßt. Nachher be— sichtigte er die Truppen der Garnisonen Stuttgart, Ludwigsburg und Eßlingen, welche ihn ebenfalls mit einem lauten Lebe emofingen.

Heute Abend traten Se. Königl. Majestãt, um Sr. Kaiserl. Majestät von Rußland einen Besuch

ö

abzustatten, die Reise nach Warschau an. Höch stdie⸗ selben gedenken im Laufe des nächsten Monats zu⸗ rückzukommen.

Karlsruhe, vom 30. Sept. Der vor einiger Zeit in der Eigenschaft eines Minister⸗Residenten des Königl. Preußischen Hofes von hier abb erufene Herr Varnhagen von Ense hat, wie hier versichert wird, von seinem Hofe eine anderweite Bestimmung nach Washington erhalten, von wo der bisherige Mi⸗ nister-Resident und General-Konsul Herr Greuhm nach Berlin zurückgerufen ist.

Wien, vom 29. September. Am 26. d. erfolgte hieselbst die Vermählung Sr Königl. Hoheit des Prin⸗ zen Friedrich August von Sachsen mit Ihrer Kaiserl. Hoheit der Erzherzogin Karoline von Oesterreich (vierten Tochter Sr. Maj. des Kaisers) durch Prokuration, wobei der Erzherzog Johann die Stelle des Bräutigams vertrat, und der Erzherzog Rudolph, Kardinal und Erzbischof von Olmütz, die Trauung in der Hofkirche verrichtete.

Ihro Kaiserl. Hoh. die Erzherzogin Kle men tine (dritte Tochter Sr. Maj. des Kaisers), Gemalin des

Prinzen von Neapel Fürsten von Salerno, ist

am 18. d. zu Neapel von einer, bald nach der Geburt wieder verstorbenen Prinzeßin entbunden worden.

Paris, vom 2. Oktober. Der König hat am is. d. M. die Breven des Papstes vom 28. August, nach welchen die vor dem 11. Jun. 1817 eingesetzten Erz⸗ bischöfe und Bischöfe die Verwaltung ihrer damaligen Diöces fortsetzen, die im Konsistorium vom 1. Okto⸗ ber 1817 enannten Bischöfe dagegen keine Rechte aus dieset Ernennung herleiten sollen, so wie die Bullen, durch welchen 5 Erzbischöfe und 10 Bischöfe ernannt werden, ohne Gefährde der Konstitution und der Ge⸗ setze des Königreiches, so wie der Vorrechte, Freihei:⸗ ten und Grundsätze der Gallikanischen Kirche, ange⸗ nommen und bekannt zu machen verordnet.

Auch dieser Gegenstand fängt an, die Federn der versciedenen Pertheien in Bewegung zu setzen.

Der Moniteur enthält das Schreiben des Pap— stes an die Erzbischöfe und Bischöfe vom 19. Aug., durch welches er sie von der getroffenen Maasregel benachrichtigt, und die Erklärung vom is. Sept., in welcher 37 Erzbischöfe und Bischöfe ihre Zufriedenheit mit derselben aussprechen.

Der Minister des Inneren hat eine Vertheidigung wider die Beschuldigungen des Generals Donadieu bekannt gemacht. Im Journal de Faris werden dem General manq erlei Unterschiede zwischen seinem im Jahre 1817 an den König abgestatteten Berichte und der jetzt bekannt gemachten Abschrift nachgewiesen, die ihm zu keiner besonderen Empfehlung gereichen.

Ein Injurien-Prozeß, der durch die theils als Be⸗ klagie, theils als Zeugen darin verwickelten Personen eine Art von Celebrität erhalten hatte, der Pro des Englischen Ehevalier Crawfurd wider die Her⸗ joge von Grammont und von Gu iche, den Gra⸗