1819 / 90 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 09 Nov 1819 18:00:01 GMT) scan diff

tung ihrer 2 gewahr wurden, v rstärkten sie die Besestigungswerke, um sich für jeden Fall in Verthei— digungsstand zu setzen, überzeugt daß Ali Pa scha, wenn er erst

gen Artikel des Vertrages halten werde. Sie erklär⸗ ten zugleich, daß sie sämmtlich die Stadt verlaßen wolltin.! Die Abschätze Kommißarien langten von beiden Selten im Junius 1817 an, brachten aber nichts zu Stande. Herr v. Bo ßet, der dieses vor ausgesehn, hatte jedoch mit Vorwißen des General Mailand die Taxe selbst gemacht und sie auf soo, ooo Pfund ermittelt. Im April 1818 erschienen neue Kommißarien, man ward abermals nicht einig, endlich aber, nachdem General Maitland im April 1819 eine Unterredung mit dem Pascha zu Butrinto gehal⸗ ten, ward den Parganern am 10. Mai 1819 ange⸗ deutet, daß die Türkischen Truppen auf ihr Gebiet rücken, die Engländer aber zu ihrem Schutze so lange bleiben würden, bis sie insgesammt die Stadt geräumt hätten. Hierauf erklärten die Parganer, daß sie sich zwar dem Willen der Engländer unterwerfen müßten, daß sie aber einmüthig beschloßen hätten, so bald ein einziger Türke ihren Boden beträte, bevor sie ihn ver⸗ laßen, ihre Weiber und Kinder umzubringen, und sich mit den Englischen und Türkischen Truppen so lange zu schlagen, bis Keiner von ihnen uͤbrig geblieben, der das Ende dieser Begebenheit erzählen könne, Der Englische Befehlshaber berichtete ihren bestimmten Entschluß an den General Maäirland, der den Ge⸗ neral Adam von Korfu nach Parga sandte, um die Schwierigkeiten der Uebergabe zu beseitigen. Der General Adam fand bei seiner Ankunft auf dem

Markte ein großes Feuer, an welchem sie die Gebeine

ihrer Voreltern, die fie auf den Kirchhöfen ausgegra— ben hatten, verbrannten. Jeder Parganer war be⸗ wafnet und vor der Thür seines Hauses, in welchem die Weiber und Kinder, ihr Schicksal exwartend, ver⸗ schloßen waren. Inzeß ließ sich der Türkische Befehls⸗ haber vom General Adam bereden, Halt zu machen. Die Parganer wurden insgesammt, nach Korfu ge schifft, und den Türken ward die verödete Stadt, noch mit dem Feuer, welches die Gebeine der alten Parga⸗ ner verzehrte, von den Engländern überliefert. Die Summe der Entschädigung ist, wie man aus öffent⸗ lichen Blättern weiß, auf 655,900 Talleris (etwa zos, ooo Rthlr.) ausgemittelt. Wodurch diese Ver⸗ minderung, gegen die Schätzung des Obristlieutenant von Boßet, zu 5soo, ooo Pfund, veranlaßt worden, ist nicht zu ersehen.

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(Eingesandt.)

Es ist ein Misverständnis, wenn der Kritiker des ersten Heftes meines historischen Archives anzunehmen scheint, als glaubte ich nicht an die Möglichkeit eines Rückschreitens in der Entwickelung einzelner Völker und Staaten für gewiße Zeiträume; daß diese statt⸗ finde, lehrt freilich die Geschichte. Wo Perikles, Sokrates, Plato wirkten, hausen jetzt Türkische Paschas; und wo sind Aegypten, Persien, das alte Syrakus und Karthago? Aber im Ganzen schreitet doch die Welt und die Menschheit in der Entwicke—⸗ lung fort, und dies naturgemäß.

Wenn ich im 1sten Hefte von einer Unmöglichkeit der Hemmung der Entwickelung sprach, so geschah es in Hinsicht auf unsere, die Preußische, Verfaßung. Da lich nämlich glaube, daß Preußens Fortdauer ledig⸗ lich von dem Fortschreiten der Geistigkeit seines Vol⸗ kes abhange, fo wie es dadurch vom Markgrafthum zum Königreiche erwachsen ist: fo habe ich dort ange⸗ nommen, es sey unmöglich, diesen Grundsatz bei einer Ausbildung der Verfaßung zu verleugnen.

Wenn der Kritiker fragte, worauf ich den neuen

in Besitz der Stadt ware, keinen einzi⸗

Verfaßungsbau begründen wolle? so antworte ich, wie schon im ersten Hefte des Archivs gesagt worden in: auf die Preußische Verfaßungsgeschichte, oder auf den geschichtlichen Standpunkt der Volkskaltur. Diesen, richtig aufzufinden und festzustellen ist mein Bestreben und ich will gern zugeben, daß ich nur einen schwa— chen Versuch zu diesem Ziele gemacht hake, wobei ich

gern von der viel beßer unterrichteten Redaktion Be—

lehrung annehmen werde.

Warum mir ein Haß gegen alles philosophische Verwenden des geschichtlichen Verfaßungsmaterials zum neuen schöneren Bau vergeworfen wird, kann ich

nicht begreifen, da ich ja erklärt: dies sey mein Zweck

nach Vollendung der Darstellung der Geschichte der sämmtlichen Provinzialverfaßungen.

Ob ich übrigens nicht bei jedem geschichtlichen Zeit— abschnitte gesagt, was resultirte und warum sich die Ver⸗ gangenheit so gestaltet wie es gezeigt worden, darüber verweise ich auf das Archiv selbst.

Gar keine freisennigen Staatseinrichtungen sollte Friedrich hinterlaßen haben? Wo wäre denn der freie Geist hergekommen, den er hinterlies und wel— cher zugestanden wird? Preß- und Censur⸗Freiheit, Sprach- Meinungs-Religions-Freiheit, die Abfaßung des A. Land-Rechtes mit Zuziehung der Gelehrten aller Länder und der Landstände, die Gesetz-Kommißion, die erklärte Unabhängigkeit der Justiz, das, selbst gemis⸗ brauchte, Petitionsrecht 2c. rechne ich dahin. )

Berlin, den 3. November 1819. v. Cölln.

Die Redaktion hat sehr gern biese Aeuserungen des Herrn Kr. R. v. Cölln aufgensmmen, da sie eben nur gewuͤnscht hat, von seinem Werke Misdeutungen zu entfernen, keinesweges ihn zu belehren, als welches (r gewiß nicht gern annehmen wuͤrde, woruͤber auch mit Niemand zu rechten ist. Nur in Ansetzung der letzten

Behauptung müßen wir etwas hinzufügen. Preß- und Gensurfreiheit fand unter der Rigierung Friedrichs

des Großen rechtlich nicht statt. Ob sie faktisch

vorhanden wär, wißen wir doch ach nicht gruͤndlich,

weil wir keine Protokolle der damaligen Censoren aus Gesetzt aber, sie koͤnne faktisch eingeräumt werden, so war ste doch theils nur eine Folge der Geistesfreiheit, die der Koͤnig be—

gaͤnstigte, kein Ausfluß einer Staats⸗Institution (wo—

allen Theilen des Staates besitzen

von hier die Rede), eben weil sie rechtlich nicht vor— handen war, theils, was wir auch wohl zu beherzigen haben, eine Folge des damaligen Zustandes der Wißen—⸗ schaften und der buͤrgerlichen Gesellschaft. Die Sch ift⸗ steller mißbrauchten die Preße nicht, und gaben den Censoren keinen Anlaß, die bestehenden Censurgesetze in Ausuͤbung zu bringen. Ueber manches, was wic jetzt einer Aufsicht zu unterwerfen noͤthig finden, konnte der Koͤnig damals allerdings hinwegsehen; manchem un— srer Schriftsteller aber wuͤrde er schon damals tuͤchtig auf die Finger geklopft haben. Alles andere, was Herr 2c. v. Esln noch anfuͤhrt, bis auf die Lanrdstaͤnde, entsprang wiederum nur aus der Freiheit des Geistes, und Herr ꝛc. v. C8 Un verwechselt unstreitig diese Frei⸗ heit mit den Staats-Institutionen welche die buͤrger-— liche Freiheit eines Volkes hegründ en. Was die Land⸗

staͤnde betrifft, so wurden sie doch nicht als Gesetzgeber .

zugezogen, sondern nur als Rathgeher (S. 131.), die

mit ihren Privat⸗Einsichten, ihren Kenntnißen der Lo⸗ ö . ; * ; ö nannt liberalen Zeitungen wollen sich nicht über eu—

gen, daß eine solche Zufammenkunft den Gesetzen zu⸗

kalitaͤt, der Gewohnheiten u. dgl. an die Hand gehen sollten. Die Anfertigung eines allgemeinen Gesetz buches war ein freisinniges Unternehmen, wie das Werk Ju⸗

inians, und wenn wir S. 108 den Ausspruch des Koͤniges lesen: daß vor der Justiz der Prinz dem Bett⸗ ler gleich sey, S rz aber erfahren, daß nach dem Landrechte von einer Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetze nicht die Rede sey so: haben wir den Fall ganz eigentlich vor uns, wie sich freisinnige Ideen von freisinnigen Institutionen unterscheiden. Ob uͤbrigens die Behauptung S. 135. die Kritik aushalten werde, müßen wir dem Urtheile er Rechtsverstaͤndigen ans heimgeben.

Allgemeine

Preußische Staats -Zeitung.

Joke Stuͤck. Berlin, den 9ten November 1819.

. Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages. Berlin, vom 9. November. Seine Ma jestät der König haben dem Kaiserlich Rußischen Gene— ral-Major Prinzen Ernst von Heßen⸗Philipps⸗ rhal den rothen Adler-Orden erster Klaße zu ver— leihen geruhet.

Der bei dem Revisionshofe für die Rheinprovinzen

stehende Anwalt, Anton von Sandt, ist zugleich zum Justiz Kommißarius bei dem hiesigen Stadige⸗ richte und zum Notarius publics in dem Departe⸗ ment des Kammetgerichtes ernannt worden.

II. Zeitung s⸗Nachrichten.

Ausland.

Paris, vom zo. Oktober. Eine Maasregel der Regierung, welche die ferneren Zusammenkünfte der sogenann en „Gesellschaft der Freunde der Preßfrei⸗ heit,“ die sich bei gen Herren Gevaudan und Si—⸗ mon versammelte, untersagt hat, setzt seit einigen Ta— gen die Federn unsrer Journalisten in Bewegung. Diese Gesellschaft hatte sich seit 18 Monaten etwa vereint, um sich über verschiedne Fragen zu unterhal— ten, so die Erörterung der Gesetze über die Preße in den Kammern veranlaßt. Auch mit Einrichtung der Jury beschäftigte man sich. Man hielt die Ge⸗ sellschaft für aufgelöst. Aber sie trat von neuem zu⸗ sammen und die Zahl ihrer Mitglieder nahm zu. Man blieb nicht bei dem ursprünglichen Zwecke des Vereines stehen, Gegenstände der Gesetzgebung einer wißenschaft⸗ li en Erörterung zu unterwerfen: die Gesellschaft zog die wich igsten Fragen der Polintk des Tages, nicht blos in Bezug auf die inneren, sondern sogar auf die äuseren Verhältniß« vor sich, theilte sich in Aus schüße, ereffnet« Dis kußionen, faßte Beschlüße ab, bras te ei⸗ nen gemeinschaftlichen Fond zusammen æ*c. Eine sol che, den bestehenden Gesetzen zuwider gebildete Gesellschaft, di in unserem gegenwärtigen 3ustande Nachbildungen der gefährlichsten Art von Seiten der enngegengesetzte— sten Faktionen veranlaßen konnte, mußte nothwendig bie Aufmerksamkeit der Regierung erregen Der Ekö— nigliche Anwalt trug daher bei der gerichtlichen Be⸗ hörde an, die Gesellschaft auf ulösen, und dem Herrn Gevaudan und Simon die gesetzwidrige Aufnahme derselben in ihren Häusern zu untersagen, welches dem Antrage gemäß verfügt worden ist. Die soge—

wider sey. Das Gesetz selbst lautet dahin „daß jeder über 29 Persogen en hai ende Verein, der den Zueck habe, sick täglich oder zu gewißen bestimmten Tagen zu versammeln, um sich mit religiesen, vißenschaft⸗ lichen, politischen oder anderen Gegenständen zu be schäftigen, nur mit Genehmigung der Regierung und nur unter den von ihr festaesetzsen Massgace errich— tet werden könne“ Herr B. Constant behauptet, daß ein wesentliches Erfadernis gefehlt habe, die Ver— sammlungen der Freunde der Preßfreiheit zu den ver— botenen Gesellsafren zu zählen, nämlich die Zusam⸗ menkunft an festbestimmten Tagen.

Die Hetren Dernig und FJethellv haben dem Könige da. Modell eines Segelwagens vorgelegt, der ohne Pferde, zo Meilen in Einer Stunde macht!

Vincenzo Macchi, Nuntius in der Schweiz, ist

zum päpstlichen Nantius in Paris ernannt,

Aus Marseille gehen seit einiger Zeit große Klagen

ein, daß der Handel ganz darnieder liege. „Der Markt ist mit Waaren überfüllt und findet keine Käufer. Besonders ist der sonst so blühende Handel nach der Levante so gut als zu Grunde gerichtet, weil wir die von der Tückis chen Regierung unseren Kaufleuten be⸗— willigten Handelsfreiheiten nit mehr geniesen.“ (Un⸗ streitig werden au die Griechen, die sich üheratt den wohlfeilsten Markt zur Versorgung der Türkischen Staaten zu eröffnen gewußt haben, diesen Handel fich nicht wieder aus den Händen spielen laße,, und es wird, was den Absas Frankreichs nach der Levante berrifft, nur darauf ankommen, daß man gute Waars

und wohlfeile Preise finde. Bei dem zunehmenden Ve fall des Türkiscen Reiches muß aber auch der

Handel narürlich von selbst abnehmen.)

„Keine Zeit (sagt eins unsrer Journale) war une fruchtbarer an Schriften wider die Religion, als die setzige; überall predig!, überall verehrt, man die Wahr— heiten des Evangeliums, und selten läßt man die Ge— legenheit vorbei, mi gebührenden Lobe Zäge der reli giösen Menschlis keit zu eriählen, von welcher die meisten unster Geistlichen so vile und so rührende Beispiele geben. Je mehr Beifall aber der apostolische Eifer tugendhafter Previger findet, desto mehr Wider⸗ stand setzt man den Anmaßungen einiger Fanatiker ent⸗ gegen, welche den eh wärkigen Karak er, mit dem sie bekleidet sind, nur mißsrauchen, um die unwürdigsten uno furchtbarsten Leidenschaften zu verbergen; um un⸗ aufhörlich die Gewißen zu beunruhigen, die Leichtgläu⸗ bigkei der Einfältigen zu hinlergehen, die Freunde der christlichen Dul samkeit mit den gehäßigsten Schmä⸗ hungen zu überhäufen, und den Saamen ber Zwilea tracht, des Haßes und der Rachsucht in alle Herzen zu strenen. Daher rühren die täglichen Klagen unster heutigen Jeremias.“ ꝛc.

Unsre fogenannt lieberalen Zeitungen sind über die Bildung der Kriegsmammt in einigen Zwiespalt gera⸗ then Der Constirutionel verbreitet sich über die Noth⸗ wendigkeit, ein zahlreiches, tapfres, krieggewohntes Heer zu unterhalten; ohne zu verschwenden, aber auch ohne zu sparen, die nöthigen Summen zur Anfüllung der Zeughäuser, zu Befestigungen, zu Vermehrung der Regimenter, zu Anschaffung von Pferden ꝛc. zu be⸗ willigen. Freigebigkei sey in diesem Punkte Klugheit, und Sparsamkeit Verderben. „Wollen wir uns (sagt der Censeunr dagegen) gegen jeden Angriff der Frem⸗