1819 / 91 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 13 Nov 1819 18:00:01 GMT) scan diff

In einem Lande, in dem selche Schulden und Ab⸗ gabe-Verhältniße existiten, können alle Reden über die Noth des Volkes nichts helfen, so wenig wie sie in England helfen können, so lange die Nation 800 Mill. Pfd. Sterling Schulden hat und jährlich 0 Mill. Pfd. Sterling Zinsen bezahlen muß. Dieses macht auf dem Kopf 2 Pf. oder 15 Berl. Thl. Da nun ein Franzose in allen Staatsakgaben nur 8 Thl., ein Niederländer 7 Thl. und ein Preuße noch nicht völlig à Thl. bezahlt: so sieht man leicht ein, daß alle Reden über eine Parlamentsreferm, die hohen Abgaken und die Noth des Volkes nicht im geringsten vermin⸗ dern können; ja wenn selbst diese Parlamentsreform zu Stande käme, und die Engländer ein Wahlgesetz erhielten, das so einfach wäre wie das Französische und das auf eine völlig gleiche Weise den gan— zen wohlhabenden Theil der Nation umfaßte: so würde dieses auf das Wohlbefinden des Volkes doch keinen Einfluß haben, da einmal die 40 Mill. Pf. Sterl. Zin⸗ sen vorhanden sind, und beigebracht werden müßen; und diese machen nach der Parlamentsreform eben so wohl 15 Thl. auf den Kopf als vor derselben.

Eben so war es in den Herzogthümern Berg und Jülich, und es war bei den damals bestehenden Schul— den und Steuerverhältnißen wol unmöglich, daß die Leute friedlich mit einander leben konnten. Auch fin⸗ det man wirklich, daß sie sich ganz ungemein und fast in einem fort gezankt haben, wovon man sich leicht überzeugen kann, wenn man einen Band von den Candtags-Verhandlungen nimmt, so die Stände im Jahr 1721 und 1724 beim Buchdrucker Steinhaus in der Stadt Gent drucken ließen, und aus denen diese Nachrichten genommen sind. Die Zinsen von den geliehenen 4 Mill. betugen zu 6 Procent 240, oo Gul⸗ den; und 400,000 Gulden betrug das Zehntel, so jmĩhrlich zurückgezahlt werden mußte, so daß also im ersten Jahre von den angeführten Aemtern Sac, ooo Gulden mußten aufgebracht werden. Das Fehlende kam aufs allgemeine Budjet des Landes, und dieses sind die 37500 Rihl. so im Budjet für 1719 stehen.

Doch ist aber auch von der andern Seite nicht zu leugnen, daß damals die Landesrepräsentation sich in einem eben so unvollkommenen Zustande befand, als die Englische, und daß dieser unvollkommene Zu— stand nicht wenig zu der damaligen Verwirrung beitrug.

(Fortsetzung folgt.)

Wißenschaftliche Nachricht.

„Versuch einer topographisch-statistiscken Darstel⸗ lung des ganzen Bezirks der „önigl. Prenßischen Re⸗ gierung zu Mün ster, vom Kriegsrath und Regierungs- sekretair Sigismund.“

Sämtliche Regierungen haben theils ähnliche Dar— stellungen ihrer Departements bereits officiel bekannt gemacht, eder sind nech, dami⸗ beschäftigt. Die Kö— nigl. Regierung zu Münster ist bisher an der Heraus— gabe eines efficiellen Werkes dahurch verhindert wor— den, daß die Kreiseintheilung für bie standesherrlichen Bezirke noch immer nicht feststeht; indeß vertritt die vorliegende mit dem gewohn en Fleiße des Herrn Her— ausgebers aus n, . Quellen bearbeitete Dar— stellung, welcher das Königl. statistische Büreau das Imprimatur ertheilt hat, vorläufig hinreichend die Stelse des Fehlenden. Zweckmäßig hat der Herr Her— ausgeber über diese merkwürdige Provinz, das Bater— land eines tüchtigen, einsamernsten, ordnunglieben— den Volkstammes, einige historische Notizen einge— webt, die nach der Absicht des Werkes doch nur he— schränkt bleiben konnten. In der Regel war die Re—

ierung der Bischöfe, gelehrter und einsich tvoller Hir wer, milde und wohlthätig für das Land; eine alte Parömie preißt das Wohnen unter dem Krum⸗ stabe; und hätten nicht die äuseren Verhältniße des teutschen Vaterlandes geboten, mehr zu Kampf⸗ und Kriegsgefahren bereit zu seyn, als zu Uebungen der Andacht und der Künste des Friedens; so würde sich vielleicht gegen die Glückseligkeit der Unterthanen geist— licher Staaten wenig Erhebliches haben anmerken latzen. Der Herausgeber erwähnt mit gebührendem Lobe

der weisen Verwaltung des Freiherrn von ür st e n⸗ berg, der während der Regierung des Bischofs Ma⸗ ximilian Friedrich (Grafen von Königseck Rotenfels) welcher als Kurfürst zu Köln in Vonn residirte, in den Jahren 1755 zum Vorweser des Bis⸗ thums bestellt war. Wenn es den Bemühungen neue— rer Zeit nicht gelingen mögen, unter den Bewohnern und dem würdigen Klerus im Lande eine Verfinste— rung zu veibreiten, die das Werk der Unduldsamkeit und der Unwißenheit ist, so darf man auch hierin noch

die wirksamen Spuren des Lichtes erblicken, welches Fürstenberg theils angezündet, theis erhalten und

gefördert hat.

Die statistischen Nachrichten enthalten den Zustand des Jahres 1815, wobei man in Rücksicht auf die Be⸗ völkerung, die zu 553,284 Seelen angenommen ist, in Vergleichung mit der vom Wirkl. Geheimen Oser-Re— gierungsrathe Herrn Hoff mann im vorigen Jahre be— kannt gemachten Uebersicht, welche für das Jahr 1817,

353,283 Seerlen zählt, nur bemerken muß, daß des

Militair nicht mitgerechnet worden.

Außer dem eigentlichen Bisthume Münster (wo⸗ die Trauer für S. M. den König Karl Emanuel

von Sardinien auf orei Wochen an.

von jedoch drei Aemter, Meppen, Vechta und Klop— penburg, so wie lein Dist ikt vom Amte Nheina⸗Be⸗ vergern an Oldenburg und Hanover abgetreten wor—

den, gehören zum Münsterschen Regierungs Bezirke

die Grafschaft Teklenburg, die bere Grafschaft Lingen, die vormals Kur-Kölnische Veste Rekling— haufen, die Grafschafe Steinfurt, die vormalige Reichsherrschaft Anholt und die vormalige Reichs— herrschaft Geh men. (Die Reich sunmittelbarkeit von Gehmen war ja wol zweifelhaft.)

Bei jedem landräthlichen Kreise, deren 10 sind (die S adt Münster ausgeschloßen) giebt der Herr Her ausgeber die Gränzen, den Flägeninhalt, vie Gee äaßer, Berge und Waldungen, die Beschaffenheit des Bodens, der Viehzucht ꝛc. an.

Es ist sehr wünschen, daß die sämmilichen Regie— rungs-Bejirke, deren nur einige noch iückständig

sind, mit solchen oder ähnlichen Darstellungen bald ver⸗

sehen seyn mögen.

Nekrolog.

Johann Siegfried Wilhelm Mayer, Königl. Ge— heimer Ober Tribunalsrath und Ri ter des rothen Adler-Ordens dritter Klaße, starb hieselhst in der Nacht vom 31. Okt. zum J. Non im 73sten Jahre seines Alters. Man kann von ihm sagen, daß er Kopf und Herz am rechten Flecke hatte, und wie jener rurch Wißenschaft vielseirig genährt und bereichert, und durch ein arbeitvolles, praftischen Leren täcttig gebildet wurde, so hatte dieses, viel und tief he— wegt durch die Freuden und Leiden der Zeit, dennoch ein? fast kindlicke Reinheit be ahrt, welche ven feine

müther an zog und ihm all‘ gewann.

Er war im Jahre 1747 zu Berlin geboren, wurde nach vollendeten akademischen Studien und gehöriger Vo bereitung zum Geschäftleben zuerst Rath des Land⸗ vog eigerichtes in Lauenburg, im Jahre 1774 Kam mergerichtsrath nach Berlin, und im Jahre 1795 Ge— heimer Ober Tribunalsramh.

Er war dreimal verehlicht. Aus der ersten Ehe hatte er drei Töchter, die Frauen geistreicher und ge⸗— achteter Schriftsteller, indem die altere an den 1804 verstorbenen Hofrath Spatzier, die zweite an Jean Paul Fr. Richter, und die dritte an den Hofrath Mahlmann verheurathet wurde.

Möge dem Staate, und besonders der Justizver⸗ waltung, es niemals an Männern fehlen, die, wie Mahyer, es bewähren, daß Wißenschaft den Geschäft⸗ mann nicht blos ziere, sondern seinen Geschäftkreis erhelle und erweitere; daß Vorwärtsstreben die Banbe des Pflichtgefühles nicht löse, und daß ein milder menschlicher Sinn mit der Strenge der Gerechtigkeit in einer Harmonie stehe, die für alle da ist, wenn

inden wißen.

12 m , ee.

Al gemeine

Preußische Staats-Zettung.

n 24 ; m

It Stuck. Berlin, den 13ten November

1819.

JI. Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages. Der Königl Hof legt Sonn ag den 16. November

Berlin, den 12. Novemder 1819.

v. Buch, Schloshauptmann. Doie Damen erscheinen die erste Woche in schwar⸗ zen Kepfzeugen, Handschuhen und Eventaitlen; die letzten beiden Wochen mit weißen Kopfzeusen, Hand⸗ schuhen und Eventaillen. Dir Herrn die ersten acht

Tage mit angelaufenem Degen und mit Schnauen; die

letzten vierzehn Tage mit weißem Degen und Schnallen.

Berlin, vom 13. November. Seine Ma jestãt der König haben dem Kaiserl. Oesterreiischen Wirk⸗ lichen Geheimen Rathe, Freiherrn von Gärtner, den rothen Abler-Orden erster Klaz« zu verleihen geruhet.

Seine Majestät der König haben dem Konigl.

ga nicht alle, wie der verewigte Mayer, sie zu

Ausland. Paris, vom 6. November. Der Pair, Herzog v. Broglie, hat sich in unsern seitungen osfenclich über das nach seiner Meinung gesetzlie begründete Verbot der ferneren Zusammenkünfteé oes Vereines der Freunde der Preßfreiheit erklart, und dre den den so⸗ genannt liberalen Zeitangen geieugnete Behauptung der ministeriellen, daß sich achtungsmzerthe Manner von dem Vereine zurückgezogen, durch sein eignes Dei⸗ spiel bestätigt. Das Journal de Faris macht dem Profeßor Gör⸗ res, der von Strasburg aus die Hospitalilät Frank— reichs als ein Recht in Anspruch genommen, demert⸗ lich, daß die Hospitalitat dem Fremden, der ste be⸗ gehre, auch Pfliten auflege, und daß diese nicht blos in der strengen Beobachtung der Landesgesete de⸗ stohen, sondern auch in der gehörigen Achtung der Verhältniße, worin das Land, welches ihm oie Frei staäte gewährt, gegen sein Vaterland sich befinde; wenn rw daher erkenne, wie bitter und angerecht er in euts land gegen Frankeeich geschrieben, so werde er uch von selbst erwägen, wie anangemeßen es seyn würde, wenn er in Frankreich gegen Teutschland zu schreiben sich beigehen laßen soute. Nur insofern sey die Hospitalität eine Art von Recht, ats man alle hflich'en erfülle, die sie auflege. In Brest hat die Ankanft zweier Priester-Mißio— arien, in deren Begleitung der Bischof von Quim⸗ er am 22. v. M. baseibst eintraf, zu einem großen Volksaufstande Anlaß gegeben Nach den Auweisun⸗ Hen des Ministers des Inneren waren die Amisvercich tungen dieser Mißionarien auf die Kirche selbst, in welcher sie predigen sollten, beichrankt, aber unmittel⸗ bar nach ihrer Ankunft entstanden Bewegungen, die

Sächsischen Gesandten am Wiener Hofe, Grafen von Schulenburg, und dem Königl. Sächsischen Wirk— lichen Geheimen Rathe und Gesandten, von Globig, den rothen Abler-Orden erster Klaße zu verleihen geruhet.

Des Königs Majestät haben den bisherigen Regierungs-Asfeßor Baron v. Vogten zum Regie⸗ rungarathe bei der Regierung zu Liegnitz zu ernennen und die Bestallung für denseiden auechöchstselbst zu vollziehen geruhet.

Seine Majestät der König haben dem Guts— besitzer Eramer zu Bleckengorf im Magbeburgschen, den von Sr. Königl. Hoh. dem Großherzoge von Meklenburg-⸗Schwerin ihm beigelegten rakter eines Domainenrathes zu führen bewiliget. .

Der bisherige otat Rosenderger zu Barby ist zum Justizkommiß rius bei dem Land- und Stadt gerichte zu Kalbe an der Saale destellt worven.

III. Zeitung s⸗Nachrichten.

am 24. abends zum Ausbruch kamen. Zahlreiche Hau⸗ fen versammelten sich unter den Fenstern des Bijch ofs und der beiden Geistlichen, die wan in aller Art ve⸗ schinpfte und bedrohte, wenn sie in die Kirchen zu gehen sich unterfangen souten. Die Bemühnngen der Polizei waren fruchelos. Noch großer ward der Lärm am folgenden Abend. Die Poli sei und Milirair-Pa⸗ rroutllen waren ognmäcrig gegen einen Haufen von eintgen Taufen Menschen. Am 285. gab der Maire, ger sich wayrsceinlich auch beleidigt glaubte, seine Entlaäßung bei dem Ugter-Prafekten ein, der auf den Antrag des Maire den Stas raih zusammend rief. Man faßte den Beschluß, die Entfernung der Geistlie Jden bei dem Bischose nachzasachen. Dieser sah sich der öffentlichen Ruhe wegen zwar genöihiget nachzu⸗ geben, doch prorestirte er wider eine solche an der Freiheit des Gottesséienstes und der Personen verübte Gewalt. Man maß dieses Ereignis um so mehr be⸗ dauern, da die Handlungen der obeigkeirlichen Perso⸗ nen, als ungesetzlich uno anregelmatzig, den gerechte⸗ sten Tadel verdienen. Die Regierung hat bereits ver— fügt, daß die Urheber dieser strafdaren Exceße zur ge— ich tlichen Unter fuchung gezogen werden. Die Be⸗ schlüße des Staotraäthes sind fur nichtig erklärt und“ der ÜUnter-Prafeki ist hieher derufen, um sich zu ver an worten.

Die Prin eßin von Wales hat am 26. v. M. Lyon verlaßen und ihre Reise nach dem sudlichen Frankreich sortgesetzt. ͤ

London, vom 5. November. Die Versammlung der Reformers in Finsburh⸗ Square hieselost am 1. d. M rar sehr unbedeutend. Man ählte vie l icht 2000 Theilnehmer, die, dis auf einige Schlägereien, Leine