Die Minister hatten durch eine gute Finanzverwaltung
in der ersten Hälfte des 18ten Jahrhunderts den Kredit so hergestellt, daß ihnen Geld zu 3 Procent angebo⸗ ten wurde. Sie kündigten nun die Kapitalien, so zu 5 Protent standen, und da die Inhaber derselben auch eben nicht mehr als 5 Procent zu bekommen wuß⸗ ten, so boten sie den Ministern an, daß sie sich auch mit 3 Procent begnügen wollten. Auf diese Weife sind bekanntlich die s Procent— Stoks in England ent⸗ standen. Die Minister ließen ihr Finanzsystem nun fo fortgehen, legten aber die 2 Procent, so sie erspar⸗ ten in den Tilgefond, und tilgten so Kapitalien, ohne daß es der Nation neue Auflagen kostete.
Wenn man daher auch nicht annehmen will, daß die Menschen beßer sind als vor 100 Jahren, so darf man doch annehmen, daß sie klüger sind. Und wenn ste sich nur nicht mit fingirten Etats wechfel⸗ seitig betrügen und verwirren, so gilt es gleich, ob sie solches aus Klugheit oder aus Sittlichkeit un⸗ terlaßen, obgleich es ihres eigenen Besten wegen aller⸗ dings zu wünschen ist, daß sie es aus Si tt lichkeit unterlaßen mögen.
Viertens ist das ein großer Fortschritt bei den Lan⸗
des verhandlungen, daß die Stände keine Dieten be— kommen. Wie der Landtag von 1717 den Herzogthü— mern von Berg und Jülich nahe an 33,000 Rthlr. ge⸗ kostet, ist schon oben angezeigt worden. Auch sagt der Marquis d Itter, in der Note an den Kurfürsten Karl Theodor, so im ersten Bande von Meiners und Spittlers historischem Magazine abgedruckt ist: „daß die Landstände oft geflißentlich die Landtage ver⸗ „zögerten, um nur viele Dieten zu ziehen, weil Viele „unter ihnen sind, welche nicht so viele Einkünfte be⸗ „sitzen, als sie von einem Landtage an Dieten zie—⸗ „hen.“ — Das ist aber immer das Verderben der Landstände, wenn sie aus den Landtagen eine Brot— winnung machen. Auch ist nicht zu leugnen, daß im 181en Jahrhundert öfter im Bergschen Aufschwö⸗ rungen auf ganz geringe Rirtersitze geschehen sind, so nur 3: oder 400 Rthlr. kosteten, weil nur noch das alte Gemäuer vorhanden war, und die dazu gehörigen Ländereien längst an die Bauern verkauft. Man hat sogar Beispiele, daß das Landtagsrecht gemiethet wurde, indem der Bauer das Rittergut behielt, wo⸗ durch denn in Düßeldorf der Witz entstanden, daß die armen Junker auf einem Miethklepper auf den Landtag ritten. .
Alles dieses fällt weg, sobald eine wahre Volksre⸗ präsentation vorhanden ist, bei der sich die Wahlen immer gegen bedeutendes Vermögen wenden, und wo die Deputirten es klein finden, wegen ein paar hun⸗ dert Thalern, so ihnen ein Landtag kostet, eine Entschä⸗ digung zu begehren. Indem sie aber nun auch nicht geneigt sind, unnöthiger Weise Geld zu verzehren, so richten sie sich gleich von Anfang so ein, daß die Ge— schäfte sich fördern, und daß ein solcher Landtag im⸗ mer in 4 Wochen geendigt ist. Damit er dieses seyn könne, so machen 6 daß sie nicht unvorbereitet hinkommen, sondern sorgen dafür, daß jeder schon die Gegenstände kennt, so verhandelt werden sollen, ehe sie zusammen sind. Daß dieses angeht, das sieht man am Englischen Parlamente, und an der großen Menge Gegenstände, die dort in einer Seßion ihre Erledigung finden, und alle sehr gut bearbeitet werden. Die De. putirten, so keine . Wochen auf dem Landtage bleiben wollen, gehen zwischendurch wieder nach Haus und kommen wieder, so wie ihnen solches genehm, gerade wie die Deputirten in England deren 658 sind, und von denen in London selten mehr als 200 versammelt sind, da a0 schon hinreichen, im Parlamente einen en n, Beschluß zu faßen.
Fünftens wird die Sache dadurch ungemein er— leichtert, daß die Sprache jetzt viel vollkommner, kür⸗ zer und klarer ist, als wir sie in den Verhandlungen
der Bergschen und Jülichschen Landstände des vorigen
Jahrhunderts finden. — Man ist zu der Einsicht ge—⸗
kommen, daß man wohlthut, Alles mündlich zu ver⸗
handeln und nicht schriftlich, da die Menschen frü⸗ her reden gelernt als schreiben. Wenn die Stände unter der Kontrolle ihrer Kommittenten stehen, indem ihre Verhandlungen öffentlich sind, so bemühen sre fich auch gut zu reden. Denn die öffentliche Meinung üb⸗ auch hier ihre Macht; und wie sehr sie sich in neuerer Zeit überall in den Zeitungen gegen das Schreibe— reiteutsch erklärt hat, ist bekannt, auch welche gute
Folgen dieses gehabt, indem die Menschen nun in zwei Jahren größere Fortschritte in ihrer Miuttersprache
gemacht, als sonst in einem halben Jahrhunderte. Endlich darf man sechstens auch das wol anfüh—
ren, daß die Gesellschaft viel beßer auf staͤndische Ver⸗
handlungen eingerichtet ist, als sie es vor 100 Jahren war. Es ist ein viel größerer Verkehr und Austausch der Ideen in ihr. Wenn man sieht wie in einem kleinen Gemeinewesen sich alles Oeffentliche mitLeichtig⸗
keit macht, und wenn man nach der Ursache ferscht, so
findet man, daß dieses eben aus seiner Kleinheit kommt. Weil Alles klein ist, so ist Alles nahe, und die Glieder des Gemeinewesens kennen sich, und über— sehen leicht ihre Zwecke, so wie die Mittel, so sie zur Erreichung dieser Zwecke anzuwenden haben. Da nicht Alle weder an der Berathschlagung noch an der Aus⸗— führung Theil nehmen können, so fangen sieimmer da— mit an, ihren Vorstand zu wählen.
sorgen sollen.
Baß ein kleiner Staat, wie z. B. Bremen, sich
mit Leichtigkeit regiert, rührt eben von seiner Klein⸗
heit her, daß er namlich nur 36,00 Inwohner hat, Alles dieses über⸗
und nur 2 Quadratmeile groß ist. sieht sich leicht, weil Alles nahe ist, und es ist nahe, weil Alles klein ist.
Bei größeren Staaten liegt die Schwierigkeit eben in der Größe, welche Menschen und Dinge von einander entfernt hält, und die eine richtige Kenntnis erschwert. Alles das, was den Austausch der Kenntniße und den
Verkehr der Ideen befördert, trägt daher dazu bei, die
Regierung eines großen Staates zu erleichtern. Und
da ist nun nicht zu leugnen, daß die Gesellschaft auf
diesen Verkehr, durch Posten, Chaußeen, Zeitungen und Druckereien jetzt ungleich beßer eingerichtet ist, Wir finden aber auch
als sie es vor 100 Jahren war. wirklich, daß die Völker, so eine öffentliche Gesetzge⸗ bung bei sich eingeführt haben, ziemlich schnell hiemit ins Gleis gekommen sind, und man muß dieses dem Umstande zuschreiben, daß die Austauschmittel der Kenntniße sich sehr vervollkommnet haben, und daß es für die Gesellschaft leichter geworden, sisch über Menschen und Dinge zu unterrichten, als es früher war. — Wie schnell ist man nicht über—⸗ all mit dem Geldhaushalte der Staaten ins Klare ge—⸗
kommen, sobald die öffentliche Gesetzgebung sich mit
ihm beschäftigt hatte.
Auh * olrf inn vielleicht sagen, daß die öffentliche Meinung beßer ist als früher, eben weil sie sich zwi⸗
schen entfernteren Personen bildet, so blos die Gleich⸗ heit der Gesinnung mit einander verbindet, und auf die die Ansteckung der Oertlichkeit, der Verwandt⸗
schaften und Gevatterschaften keinen Einfluß übt.
Wenn man alle diese Gegenstände sorgfältig in Er⸗ wägung zieht, so sieht man, daß fich der ganze Zustand der Gesellschaft und alle Verhältniße seit 100 Jahren völlig geändert haben, und daß man daher gar nicht zu befürchten, daß die Landtags-Verhandlungen wie— der so voll Zank, Hader und Verdruß werden werden, wie sie damals fast überall waren, und wie wir sol⸗ ches eben in den Landtags-Akten der Bergschen und Jülichschen Stände gesehen haben. B.
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Diese Wahlen werden jedesmal gut, weil die Leute sich kennen, und weil, wie Montesquieu schon bemerkt, das Volk einen besonderen Takt bei der Wahl der Männer hat, die seine Angelegenheiten be⸗
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Preußische Staats- Zettung.
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mmm.
93 ** Stuͤck. Berlin, d
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en 20sten November 1819.
J. Amtliche Nachrichten.
Kronik des Tages.
Berlin, vom 20. Nobember. Se. Königliche Majestät haben den bisherigen Rath bei dem Rhei— nischen Appellationsgerichtshofe zu Köln, Herrmann Joseph Baumeister, zum zweiten General⸗ Advoka⸗ ten bei dem nämlichen Gerichtshofe, und den Rath bei dem vormaligen provisorischen Revisonshofe zu Koblenz, Herrmann Joseph Foͤlix, zum Rathe bei jenem Gerichtshofe allergnädigst zu ernennen geruhet.
Der Ober Landesgerichts-Referendarius Stell⸗ ter ist nach bestandener dritter Prüfung bei ber Im⸗ mediat⸗ Examinations⸗-Kommißion, zum Justiz⸗ Kom⸗ mißarius bei dem Ober-Landesgerichte von Ost⸗Preu⸗ ßen zu Königsberg ernannt worden.
Der ehemalige standesherrliche Hofgerichts-Direk⸗ tor Friedrich Withelm Sieber, ist zum Junizkom— mißarius in Muskau, mit Anweisung der Praxis bei den Gerichten der Standesherrschaften Muskau und Halbau, und den Ortschaften des Rothenburger Krei—⸗ ses in einer Entfetnung von 3 Meilen von Muskau, bestellt worden.
An die Stelle des verstorbenen Dr. Beres ford, ist nunmehr der Privatdocent, Dr. von Seymour, zum Lektor der Englischen Sprache und Litteratur bei hiesiger Universität ernannt und bestellt worden.
Der Sprachlehrer France son ist zum Lektor der Französischen, Italischen und Spenischen Sprache
1 und Litteratur bei hiesiger Universitat ernannt worden.
IH. Zeitung s-Nachrichten.
Ausland.
Paris, vom 15. November. Der König hat die Eröffnung der Kammern auf 14 Tage, bis zum 29. d. verset oben.
Der Monireur ertheilt eine Verordnung, durch welche den Lieutenants der Infanterie und Kavalerie eine jährliche Zulage von 200 Fr. bewilligt wird. Auch en hält dieses Blatt eine ausführliche Verord⸗ nung über die Organisation der Marine vom 31 v. M.
Dem Ausspruche der Renommée, daß die Liberalen den Ruhm Napoleons bewundern und seine Grund⸗ sätze fuͤrchten, setzt der Censeur entgegen, daß der Ruhm eines Mannes ohne Grundsätze oder von schlechten Grundsähen zu zweideutiger Natur sey, um ein Gegenstand der Bewunderung werden zu können. Es sey wol einmal Zeit, den großen Unterschied zwi— schen dem Ruh me und der Berühmtheit (gloire, celébritèé) zu begreifen.
Zum Behuf der gerichtlichen Verfolgung der Möt— der des Marschals Brüne erfolgt jetz! ununterbro— chen die vorläufige Untersuchung zu Nimes durch Ab— hörung aller Personen, welche eine Kenntnis von den bei der Ermordung vorgefallenen Umständen haben.
Der Moniteur tadelt allgemein die Angriffe der Parthei-Journale auf die Verwaltung, insdesondre aber die falschverbreiteten Nachrichten in Bezug auf
die Reformen der Militairverwaltung. Er leugnet, daß der Kriegsminister auf die Veränderung der be⸗=— stehenden Einrichtung angerragen, besonders daß er beabsichtiget habe, aus der königlichen Garde einen Kern elite) des Heeres zu bilden. Auch werden die in Ansehung der Officiere vorgenommenen Verände⸗ rungen gerech fertigt. Es würde unmöglich seyn, der beschränkten Zahl der Truppen, welche ein sparsamer Haushalt unter den Fahnen zn halten gestatte, durch die Organisalion Kraft zu geben, wenn der Konig nicht das Recht härte, die fähigsten Officiere an die Spitze der Regimenter und Korps zu stellen. Aller= dings sey die treue Ergebenheit an den König ein unerlaßliches Erfodernis zur Beförderung im Heere; aber diese Ergebenheit sey für das Waffenhandwerk nicht hinreichend.
Wir haben die Londoner Nachrichten bis zum 8. d. Sie enthalten nichts Bedeutendes, doch find die Jonds im Sinken, 5 p. C. consol. 68.
Madrid, vom 2. Nevember. Die Hoffnung, daß unsre junge Königin bei dem Könige eine allgemeine Verzeihung für die wegen angeschuldigter Staaisver— brechen verhafteten oder flüchtig gewordenen Persenen auszuwirken vermögend seyn werde, ist nur zum Theil in Erfüllung gegangen. Der König hat am as. v.