10 Sie kontroliren die Vollziehung der Strafen und müßen namentlich darauf sehen, daß Relegirte durch die Polizei gleich aus der Stadt entfernt wer⸗ den und sich in einem vier Meilen von derselben ab⸗ stehenden Umkreise nicht aufhalten. ;
11 Bei allen Gelegenheiten, wo erhebliche Unord⸗ nungen der Studirenden zu besorgen sind, und wovon sie im Voraus Nachricht erhalten, sind sie berechtigt, ben ÜUniversitätsbehörden und der Polizei die Anwei⸗ sungen, welche f für erfoderlich halten, zu geben, und diese sind ihnen in Allem, was die universität angeht, zu folgen verbunden. Mit den Militairbehör⸗ den treffen sie nöthigenfalls die erfoderlichen Verabre⸗ dungen zur Aufrechthaltung der Ordnung.
1a) Bei Tumulten und anderen öffentlichen Ex— ceßen der Studirenden haben sie sowol die Universi⸗ tätsbehörden, als auch die Polizei, so weit sie einzu⸗ greifen für erfoderlich halten, mit Anweisung zu ver— sehen und nöthigenfalls das Militair zu requiriren.
13) Ueber Disciplinarfälle, welche die akademischen Lehrer selbst betreffen, müßen sie dem vorgeordneten Ministerium ungesäumt Anzeige und Anträge machen und von ihm Instruktion einholen.
II.
Die Regierungs⸗Bevollmächtigten sind ferner, dem Beschluße des Bundestages zufolge, bestimmt, den Geist, in welchem die akademischen Lehrer bei ihren offentlichen und Privatvorträgen verfahren, sorgfaltig zu beobachten und demselben, jedoch ohne unmittel⸗ dare Einmischung in das Wißenschaftliche und die Lehrmethode, eine heilsame auf die künftige Bestim⸗ mung der Jugend berechnete Richtung zu geben. Um dieser Bestimmung nachjukommen, müßen sie sich
1) Von der Beschaffenheit der Vorträge der Do⸗ centen und ihrem Geiste die erfoderliche Ueberzeugung verschaffen.
2) Den Docenten die nöthigen Bemerkungen so⸗ wol schriftlich als mündlich mittheilen.
3) Die halbjährigen Lektionskataloge und die Ver⸗ zeichniße der halbjährig gehaltenen Vorlesungen mit ihrem Gutachten begleitet dem vorgeordneten Ministe⸗ rium einreichen.
4) Ueber jede Zulaßung eines Privat⸗Docenten, so wie über jede Anstellung und Beförderung eines Profeßors, sollen sie ihr Gutachten abgeben.
59) Die akademischen Institute müßen sie beaufsich⸗ tigen und dafür sorgen, daß sie in einer der künfti⸗ gen Bestimmung der Studirenden zusagenden Ver⸗ faßung bleiben.
6) Um über dies alles mit den Fakultäten Rück⸗ sprache nehmen und ihnen die erfoderlichen Mitthei⸗ lungen machen zu können, sind sie befugt nicht allein den Sitzungen jeder Fakultät beizuwohnen, sondern auch außerordentliche Versammlungen der Fakultäten durch deren Dekane zu veranlaßen.
III.
Weiter sollen sie Allem, was zur Beförderung der
Sittlichkeit, der guten Orbnung und des äuseren An— standes unter den Studirenden dienen kann, ihre un—⸗ ausgesetzte Aufmerksamkeit widmen und müßen des⸗ wegen .
1) den herrschenden Geist und den Ton der Stu⸗ direnden fortwährend beobachten und selbst Einfluß darauf zu gewinnen suchen.
2) Solche Studirende, die sich durch unanstän⸗ dige Tracht und durch ein unanständiges oder anstö— iges Betragen nachtheilig auszeichnen, müßen sie durch die Rektoren erinnern laßen und nöthigenfalls sorgen, daß sie durch angemeßene Disciplinar-Mittel zur Aen⸗ derung ihres Betragens veranlaßt werden.
z) Auf die Entfernung derer, welche auf die Sitten und den Geist der Uebrigen einen nachtheiligen Ein⸗ fluß haben, müßen sie bei dem vorgeordneten Mini⸗ sterium antragen, sind aber berechtigt, in dringenden Fällen die Entfernung solcher Individuen, unter Vor⸗ behalt der Verantwortung, selbst anzuordnen.
c) An ber Verleihung der Freitische und übrigen akademischen Beneficien sollen sie den Antheil nehmen, daß alle Kollations⸗Dekrete ihnen vorgelegt werden, und sie durch Beisetzung ihres Namens ihre Zustim⸗ mung bezeugen. Sie haben darauf zu sehen, daß nur
Würdige dergleichen Wohlthaten erhalten und genie,
ßen. Deswegen soll auch von dem vorgesetzten Mini⸗ sterium keinem Studirenden eine Unterstützung bewil⸗ ligt werden, dem nicht seine Würdigkeit dazu von den
Regierungs⸗-Bevollmächtigten bezeugt ist.
5) Alle den Studirenden von den Rektoren und den Fakultäten zu ertheilenden Zeugniße müßen sie
mitzeichnen. 6) Sie sollen darauf sehen, daß völlig genaue Ab—
und Zuganglisten der Studirenden gehalten und ih
Piebei müßen sie darauf Acht haben, daß teine von andern Universit⸗ ten Relegirte, auch keine von einer anderen Universi⸗ tät kommenden und nicht mit einem von deren Regie
. 59
rungs-Bevollmächtigten mitunterschriebenen Zeugnißt
nen fortlaufend vorgelegt werden.
versehenen Studenten aufgenommen werden.
5 Sie haben regelmäßig monatlich Bericht über ;
die Disciplinar-Ereigniße, den herrschenden Geist und die Besqaffenheit der Sitten auf der Universt ät an das vorgesetzte Ministerium zu erstatten, erheblicht Vorfälle aber demselben außerordentlich ohne Verzuz anzuzeigen.
IV.
Da es den Ober-Präsidenten in den Provinzen wegen ihrer übrigen ausgedehnten Geschafte und häu
figen Abwesenheit nicht wohl möglich seyn würde, den
an die Regierungs⸗Bevollmächtigten zu machenden, seht
ins Einzelne gehenben Foderungen vollkommen zu entsprechen: so wollen Wir die Bestimmung in §. 16. der Verordnung wegen verbeßerter Einrichtung der Provinzial: Behörden vom 30. April 1615, wonach jeder Over-Präsident Kurator der in der ihm anvertrau— ten Provinz befindlichen Universität seyn soll, und di bestehenden Kuratorien der Universitat überhaupt, au so lange, als die gegenwartige Maasregel dawert, hiermit aufheben. Es werden demnach ö
9) die Regierungs⸗Bevollmächtigten an den Univer sitäten welche Kuratoren haben, so lange an die Stelle der letzten treten; und auf dieselben gehen daher auch alle den Kuratoren in ven ihnen bereits ertheilten Instruktionen gegebene Obliegenheiten und , , in den übrigen Universitäts-Angelegenhei— en über.
22 Dieselben Obliegenheiten und Befugniße wer— den hiemit auch dem Regierungs-Bevollmächtigten bei der Universität Halle zugesprochen, welchen das Mi— nisterium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal— Angelegenheiten hienach noch mit weiterer Instruk— tion versehen wird.
s) Gedachtem Ministerium bleibt es vorbehalten, da von ihm unmittelbar die Kuratorial-fGeschäfte det hiesigen Universität wahrgenommen werden, diese auf den Regierungs⸗Bevollmächtigten so weit zu übertragen
daß er gehörig zum Wohl der Universität einwirken und seine Bestimmung ganz erfüllen könne. .
) Die Universität in Greifswald bleibt bis zu ih⸗
.
.
ö.
ö
rer beendigten neuen Organisation in ihrem bisherigen Verhältniße zu ihrem Kanzler, welcher jedoch die 6
Reglerungs:⸗ Bevollmächtigten gegebene Bestimmung
nach der ihm von Unserem Ministerium für den öffent.
lichen Unterricht zugehenden Instruktion im Allgemei⸗
nen wahrzunehmen hat.
wirken. Stellung dazu aufbieten und die Regierungs-Kom⸗
mißarien mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln
kräftigst unterstützen werden.
9.
Den Ober Präsidenten bleibt übrigens die Ver⸗ pflichtung, so viel als nur immer möglich zum Besten der Universitäten und zur Erreichung des Zweckes bei der Anstellung der Regierangs-Kommißarien mitzu⸗ Wir erwarten, daß sie allen Einfluß ihrer
V.
Die Regierungs⸗Bevollmächtigten stehen im Allge⸗ meinen in denselben Verhältnißen wie die Kuratoren der Universitäten. Sie sind demnach
1) in Beziehung auf dieselben als die Stellvertre⸗ ter des ihnen vorgesetzten Ministeriums zu betrachten, und es muß ihnen deswegen von den akademischen Behörden und Personen willig Folge geleistet, auch müßen ihnen alle Berichte gedachter Behörden, inglei⸗ chen die Berichte der Direktoren und Vorsteher der akademischen Institute, Sammlungen und Apparate vorgelegt werden, wobei es ihnen freisteht, selbige un⸗ ter bloßer Beischrift ihres Namens weiter zu befördern oder auch mittels besonderer Berichte zu überreichen.
2) Sie sind dem Ministerium der geistlichen, Un— terrichts- und Medizinal⸗Angelegenheiten unmittelbar untergeordnet, erstatten an dieses allein alle ihre Be⸗ richte, indem demselben überlaßen bleibt, in vorkom⸗ menden Fällen mit andern dabei intereßirten Ministe⸗ tien zu verhandeln.
Ebenso erhalten sie auch nur von dem erstgedachten Ministerium alle Aufträge und Resolutionen, und werden hiemit angewiesen, den Verfügungen dieser Behörde in allen Stücken pünktlich und ohne Auf⸗ schub nachzukommen.
3) Sie sollen in Stand gesetzt werden, das für ihre Geschäfte nöthige Dienstpersonale zu halten, doch sollen ihnen auch erfoderlichen Falles alle Subalter⸗ nen der Universitäten zu Gebote stehen.
Nach diesen Festsetzungen haben sowol die Regie⸗ rungs⸗-Bevollmaͤchtigten selbst, die Universitäten und ihre Behörden, als auch die in vorkommenden Fällen mitzuwirken angewiesenen polizeilichen, richterlichen und militairischen Behörden, sich streng zu achten. Die letzten sind hierzu von den ihnen vorgesetzten Mini⸗ sterien anzuhalten, das Ministerium der geistlichen, Un⸗ terrichts- und Medizinal-Angelegenheiten aber hat im Allgemeinen, wie in Hinsicht auf die Regierungs-Be—⸗ vollmächtigten und die Universitäten insonderheit dar⸗ über zu halten, daß obige Vorschriften genau befolgt werden. Gegeben Berlin, den 18. November 1819.
(L. S.) (gez.) Friedrich Wilhelm. C. F. v. Hardenberg.
Reglement für die künftige Verwaltung der akademischen Disciplin und Polizei⸗ Gewalt bei den Universitäten.
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc., haben uns überzeugt, daß die bisher auf Ünsern Universitäten rücksichtlich der Ver⸗ waltung der akademischen Disciplin und Polizei⸗Gewalt bestandenen Einrichtungen nicht überall den gehofften Erfolg gehabt haben. Die Rektoren und Senatoren Unster Universitäten, in deren Händen sich bisher die akademische Disciplin und Polizei-Gewalt koncentrirte. standen nicht in der nothwendigen Verbindung mit den Orts-Polizei-⸗Behörden, und die jährlichen Ver⸗ änderungen in dem mit jenen akademischen Würden bekleideten Personale verhinderten eine gleichförmige Ausübung der ben Universitäten verliehenen Dis cipli· nar-Gewalt. Wir haben daher beschloßen, bei jeder Unserer Universitäten statt des bisherigen Syndikus einen eignen Universitätsrichter anzustellen und diesem hauptsächlich die Verwaltung der akademischen Disei⸗ plin und Polizei- Gewalt zu übertragen. Dem ge⸗ mäß verordnen Wir, indem Wir alle dem gegenwärti⸗ 3 Reglement widersprechende Bestimmungen Unseres steglements vom 25. December 1810 wegen Einrich⸗ tung der akademischen Gerichtsbarkeit bei den Univer⸗ sitäten, und der Ünsern Universitäten bisher ertheilten Statuten hiedurch ausdrücklich abändern und aufhe⸗ ben, hiemit Folgendes:
g. 1. Die durch das Ebikt vom a8. Deebr. 1810 den Universitäten anvertraute akademische Diseciplin und Polizei- Gewalt wird, nach Verschiedenheit der
Fälle, von dem Rektor oder dem Universitäts-Richter oder dem akademischen Senate ausgeübt.
S. 2. Dem Rektor allein gebührt die Ausübung der Distiplin, so weit sie sich über die Sitten und den Fleiß der Studirenden erstreckt, und härtere Maas⸗ regeln, als Ermahnungen und Verweise nicht erfo⸗ dert. Schriftliche Verhandlungen finden in diesen Fäl⸗ len nicht statt, doch ist der Rektor verpflichtet, in einer kurzen Registratur die von ihm gewählte Maas⸗ regel, die Veranlaßung zu derselben, so wie den Vor⸗ namen, Namen, das Vaterland des dadurch betroffe⸗ nen, und die Fakultät zu welcher derselbe gehört, auf⸗ zuzeichnen, und diese Registratur dem Universitätsrich⸗ ter und dem Dekan der Fakultät, zu welcher der Be⸗ troffene gehört, nachrichtlich vorlegen zu laßen.
§. 3. Wenn wegen Unfleißes oder unsittlichen Be⸗ tragens, ungeachtet solches in einer Verletzung der alls gemeinen Landesgesetze und Verordnungen noch nicht de⸗ steht, dennoch härtere als die §. 3. bemerkten Strafen nothwendig werden, z. B. Beraubung der unter der Verwaltung des akademischen Senates stehenden Bene⸗ ficien, Freitische und Stipendien, oder Verweisung von der Universität, so tritt das unter §. 10. sqq. be—= merkte Verfahren ein. ⸗
§. 4. Streitigkeiten unter den Studitenden selbst, so lange sie nicht in Thätlichkeiten übergegangen, wer⸗ den zunächst von dem Rektor allein erörtert; in sofern ihm aber deren gütliche Beilegung nicht gelingen, oder seiner Ansicht nach einer der Theilnehmer eine härtere Strafe als einen bloßen Verweis verwirkt haben sollte, ist er vetbunden, die weitere Verhandlung dem Uni versitäts-Richter zu überlaßen.
§. 5. Die Ernennung des Universitäts⸗Richters geschieht von Unserem Ministerium der geistlichen, Un⸗ rerrichts- und Medizinal-Angelegenheiten mit Zu⸗ stimmung Unsers Justiz-Ministeriums und Unsers Mi⸗ nisteriums zur Revision der Gesetzgebung ꝛc. für die Universität Bonn. Der Universitätsrichter soll in der Regel dieselvde Qualifikation zur Verwaltung des Rich⸗ ter-Amtes haben, welche Wir von den Mitgliedern Unserer Ober-Landesgerichte nach näherer Anweisung der allgemeinen Gerichts-Ordnung erfodern. Er darf weder akademischer Lehrer noch Privat-Docent seyn, hat aber den Rang der ordentlichen Profeßoren. Er ist Mitglied des akademischen Senates, und nimmt in demselben, so wie bei feierlichen Aufzügen, die Stelle zur Linken des jedesmaligen Rektors ein. Er ist de⸗ fugt, in Sachen seines Amtes dem Sekretair und den Unterbeamten der Universität Aufträge und Anweisun⸗ gen zu ertheilen, und steht seinerseit zunächst unter dem Regierungs Bevollmächtigten bei der Universität, welcher in allen Sachen, vorin es auf Kenntnis der Gesetze und der Landes-Verfaßung ankommt, ihm 3 abzufodern und Aufträge zu geben berech tigt ist
§. 6. Der Universitäts⸗Richter ist zugleich Rechts⸗ Konsulent der Universität, und als solcher dafür ver⸗ antwortlich, daß die Beschlüße und Verhandlungen des akademischen Senates nach Inhalt und Form den be⸗ stehenden Gesetzen und der Verfaßung vollkommen ge⸗ mäß sind. Er hat daher in allen hieher einschlagen⸗ den Gegenständen ein Votum decisivum gleich den andern Senats-Mirgliedern. Es steht ihm auch fret, wenn er glaubt, daß der Beschluß der Pluralität des Senates sich nicht vertreten laße, die obwaltende Dif— ferenz zur Entscheidung des Regierungs-Bevollmäch⸗ tigten zu bringen. In solchen Fällen findet nur eine mündliche Deliberation statt, bei welcher die Plura⸗ lität des Senates durch zwei von ihm erwählte De— putirte vertreten wird. Der Richter hält dem Re— gierungs-Bevollmächtigten dann Vortrag, der durch die Deputirten nöthigenfalls ergänzt wird, und nur der Beschluß des Regierungs-Vevollmächtigten wird, von ihm vollzogen, niedergeschrieben. 8
In Rechtsangelegenheiten der Universstät diese vor Gericht zu vertreten, ist der Richter nicht zerbun⸗ den, er ist vielmehr befugt, gemeinschaftlich mit dem