Zeiten, die verkehrtesten und abentheuerlichsten Folge rungen gezogen, und Stoff zu tausendfältig wieder— holten Anklagen gegen die edelsten teutschen Fürsten geschöpft hat. Es mag dem künftigen Geschichtfor— scher vorbehalten bleiben, nach glaubwürdigen Urkun—⸗ den auszumitteln, von wem denn eigentlich, wo,
wann, in welchen Worten, in welchem Sinne jene so vjel besprochnen, und so seltsam zu Tage gekommenen
Verheißungen ergangen sind. Gewiß bleibt immer, daß die ersie ausdrückliche, mit gesetzlicher und völ— kerrechtlicher Sanetion versehene, mithin wahrhaft verbindliche Erklärung über die konstitutionellen Ver— hältniße der teutschen Staaten diejenige war, welche der 13te Artikel der Bundesakte enthält.
Die der Bundesversammlung übertragene Erläute⸗
rung dieses Artikels konnte keinen anderen Zweck ha— ben, als den, den wahren Sinn desselben gegen falsche Auslegungen zu vindiciren, den Begriff einer land⸗ ständischen Verfaßung, nicht nach irgend einer will— kürlichen Theorie, sondern so wie er von jeher in der Geschichte, im Staatsrechte, in der Sprache der teut— schen Völker bestanden und gelebt hatte, aufrecht zu erhalten, um in einer Angelegenheit von so großem Gewichte, wenigstens künftigen IVitthümern und un— heilbarer Verwirrung vorzubeugen; ein Geschäft, das nur zu wohlthätigen Resultaten führen, und keinen Freund gesetzmäßiger Freiheit und ächter Repräsenta— tion einen Augenblick beunruhigen konnte.
Was hat nun dieser untadelhafte Schritt mit ge— brochnen Verheißungen, mit betrogenen Erwartungen, mit Unterdrückungsplanen, und allen den frevelhaften Beschuldigungen gemein, wodurch man Unwißende zu bethören, und schwache Gemüther zu erschüttern sucht? Wir finden im Texte der Präsidialproposition kein Wort, das den leisesten Vorwand dazu hergäbe. Heißt es, die landständischen Verfaßungen aus Teutschland verbannen, wenn man den Wunsch äusert „daß sie in allen den Bundesstaaten, wo sie nicht bereits ihre feste Existenz haben, ohne weiteren Aufenthalt, ja mit verdoppelter Thätigkeit ins Werk ge— richtet werden mögten?“ Heißt es, aus treulosen Ab— sichten Unmöglichkeiten fodern, wenn man ausdrücklich anerkennt „daß der 13te Artikel nicht in allen Bun— desstaaten in gleichem Umfange und in gleicher Form vollzogen werden könne?“ Nein! Die ein— zigen bestimmt ausgesprochnen Beschränkungen sind die „daß sie der Aufrechthaliung des monatchischen Princips, und der Aufrechthaltnng der Bandeseinheit nicht widersprechen sollen.“ Und nut Der, welchem der Umsturz der Throne, oder die Anarchie in Teutscht land willkommner wären, hat recht, solche Beschrän⸗ kungen zu verdammen.
Die im zweiten Abschnitte der Präsidialproposition ausgesprochenen Grundsätze über die gesetzgebende Kraft der Vin ee dee ne fließen so unmittelbar und noth⸗ wendig aus der Natur eines Staatenvereines, und stehen der Aufrechthaltung der vollen Souverainität der einzelnen Bundesglieder so wenig im Wege, daß es keiner großen Geistesanstrengung bedarf, sie zu rechtfertigen. Zur vollständigen Berichtigung der über diesen Punkt noch obwaltenden Misverständniße ist hier nicht der Ort. Wir besorgen ohnehin nicht, daß irgend eine teutsche Regierung ihren sicheren und wür⸗ devollen Standpunkt im teutschen Bunde verkennen, und den eirlen Vorspiegelungen derer, welche die Lo⸗ kal-Souverainität als durch die Bundes -A Autorität bedroht darstellen, Gehör geben sollte. Um hierüber ganz beruhigt zu seyn, dürfen wir uns nur erinnern, von welcher Seite die Klagen über die vermeinte Un⸗ verträglichkeit der dem Bundestage beigelegten Ge⸗ walt mit den einzelnen Landesverfaßungen, zuerst aus⸗ gingen, mit welchen Gründen man diese Klagen zu
unterstützen suchte, und wie wenig Die, welche sie e
stimmten, von dem Wunsche oder Triebe, für R. gentenmacht zu kämpfen, beseelt waren. Sehr winß⸗ schenswerth aber ist es, daß die Grundkosigkeit solg⸗ Darstellungen, wovon unwißende oder feindselig ! sinnte Ausländer Stoff hernehmen, den inneren . stand Teutschlands mit den ungünstigsten Farben. schildern, im teutschen Publikum allgemein erkann und unter uns wenigstens das Verhältnis zwi. dem Bundesvereine und den darin begriffenen ein,! nen souverainen Staaten in seiner wahren Gestaͤlt ah
gefaßt werde. .
Wenn der Bundestag als Repräsentant der ten schen Föderarivmacht allgemein gültige Beschlüße! saßen verechtiget ist, so darf es ihm auch an den zu Vollziehung derselden erfoderlichen Mitteln nicht f len. Dieser Satz ist nirgends angefochten, vielme ist über die Abwesenheit solcher Vollziehungsmitil! als über eine wesentliche Lücke in der Bundesvn faßung, häufig geklagt worden. Die in dieser Hinsi
k
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jekt angeordneten provisorischen Magsregeln konng um so weniger Anstoß geben, als sie sich los auf . schlüße, welche die Erhaltung der inneren Ruhe u Sicherheit in Teutschland zum Zweck haben, beschter Von bewaffneren Tribunalen, wandern en Cn
ken.
kutions-Kolonnen, und allen ähnlichen, ia dem va
brannten Gehirne Französischer Demagogen erzengtn Schreckbildern, sehen wir nirgends eine S —
laßen uns auch in voller Zuversicht, der darch in Eintracht der Fürsten und das Uebergewicht der Gut,; gesinnten hinlänglich gerechtfertig en Hoffnung, des
der Bundestag so leicht nicht in den Fall komm werde, die ihm anvertrauten außerordentlichen Vol
machten zu gebrauchen.
Was die Maasregeln gegen den Misbrauch dae Preße betrifft, so ließ si voraussehen, daß sie in und außerhalb Teutschlaͤnd eine Menge von Gez nern finden würden. In Frankreich, wo ma nach vieljährigen Debatten, mehr aus Ermüdn ng A
aus Ueberzeugung, die Schriftsteller endlich sich vel dieser Theil der Bendesbe;
überlaßen hat, konnte schlüße von keiner Seite großen Beifall erwarten.
Nicht allein die Srgane jener Parthei, die alles, wi;
zu ihren Zwecken nicht taugt, als Barbarei und Knechtschaft verschreit, auch Tagblätter von beßerem Karakter, die im Uebrigen (wie das Journal dez Debats u. a.) von den Frankfurter Verhantlungen mit Achtung und Einsicht, und in den löblichsten
Gesinnungen sprachen, geben hier ihre Un ufrieken.
heit zu erkennen. Wir wollen nicht mit ihnen dar über rechten, daß sie eine Freiheit, die (wie sie auc unter andern Umsländen vielleicht daxon urtheilm würden) in der Lage, worin sie sich gegenwän tig befinden, großen Werth für sie hat, mit Wärme vertheidigen. Eben so wenig wollen wi untersuchen, ob in Zeiten, wie die unsrigen, eine regelmäßige Regierung neben uneingeschränkte Preßfreiheit in irgend einem Europäischen Staan— lange bestehen känne; eine Frage, die, was man aus sagen mag, noch nicht entschieden ist, ob sie glei ihrer Entscheidung täglich näher rückt. Wir bileihen in den uns angewiesenen Gränzen. von durch und durch praktischer Natur, und wobei al—
Spur, über 63 Statt haben konnte.
licher Prüfung xnstänbigem Tadel des Fehlerhaften, auch wohl gemeinten
Ein Gegenstand s
Beilage zum 96sten Stücke der Allgemeinen Preußischen Staats-⸗Zeitung, vom zosten November 1819.
Französische Kritik der teutschen Bundes— Beschlüße. (Schluß.)
Alle verständige und rechtliche Männer, wie ver— chieden auch sonst ihre politischen Ansichten seyn ögen, waren über die Thatsache einig, daß während
der letztverfloßenen Jahre die Preße in Teutschland aufs äuserste gemißbrauckt worden. Dem Uebel durch Strafgesetze abjuhelfen, war unmöglich. Denn wenn auch das auf Strafgesetze gebaute System in anderen Staaten ausführbar, und auf die Dauer ausführbar seyn sollte: so lehrt doch ein ein iger unbefangener Blick auf die gegenwärtigen Verhältniße Teutsch— lands, daß es bei uns keine Anwendung litt; daß in einem Vereine von dreißig und mehr unabhangi— gen, großen und kleinen Staaten, auf solche Bedin— gungen Friede und Ordnung nicht bestehen konnten. Üeberdies war das Censursystem nur in wenig Bundes— staaten aufgehoben; der dei weitem größere Theil der—⸗ selben war fest entschloßen, es aufrecht zu halten. Der Bundesbeschluß hat also blos dem Grundsatze desselben die Allgemeinheit versichert, ohne welche ein gleich— förmiges Verfahren in allen Bundes staaten, deßen Nothwendigkeit sich gar nicht verkennen ließ, nie Selbst aus dem Gesichtpunkte des wahren Vortheiles der schreibenden Klaße betrach⸗
tet, ist dieser Beschluß gerechter, milder und beruhi—
gender, als die Strafgesetzgebungen benachbarter Län⸗ der, und als es ein ähnliches System, stark und strenge genug, um in TeutschlLand Ordnung zu er— halten, gewesen seyn würde. /
Wie die Maasregeln gegen den Misbrauch der Preße auf die Freiheit des Geistes wirken werden, hangt allein von ihrer Vollziehung ab; und wer den bisherigen Gang der sämmtlichen teutschen Regie—
rungen beobachtet hat, der kann von dieser Seite un⸗
möglich wahre Besorgniße nähren. Von Vertilgung der Preßfreiheit ist nie die Rede gewesen. Die Drohung Französischer Allarmisten, als werde nun „das Licht in Teutschland bis auf den letzten Funken erlöschen,“ können Beßer-Unterrichtere ge⸗— trost verlachen. Die Fortschritte oder Rückschritte des Lichtes in der intellektuellen und moralischen Welt sind an Gesetze gebunden, die mit den Poli—⸗ zeimaasregeln, welche die öffentliche Ordnüng gebie— tet, nichts gemein haben. Ueber diesem Gange wal— ten ganz andere Gestirne. Noch giebt es kein Bei⸗ soiel, deß Schriften von entschiedenem und dleiven— dem Werthe, für die Menschheit bedeutende, auch
nur für dieses oder jenes Land wahrhaft ersprießli—
che Sctriften, durch Censoren oder Preßgesetze zu⸗ rückgehalten worden wären. Die guten Schriftsteller verden nie verstummen; die mittelmäßigen und schlechten nie früh genug; die Wißenschaften werden un—
gehindert ihren Gang gehen. Auch ruhiger und gründ⸗ der öffentlichen Angelegenheiten, auch
.
Verbeßerungsvorschlägen wird nirgends der Zugang ber— schloßen seyn. Wir sind ohnedies von staatswißenschaft⸗ lichen Ideen und Träumen seit einigen Jahren so
.
les auf Zeit- und Ortverhältniße ankommt, läßt sich nicht nach allgemeinen Grundsätzen behandeln. s Es kam nicht darauf an, ob unbeschränkte Preßftei⸗. heit in diesem oder jenem Lande, unter diesen odet
jenen Umständen unschädlich sey: die teutschen Re. wil
gierungen hatten zu bestimmen, ob sie in Teutsch—
land, wie es heute beschaffen, georsnet ober nit
geordnet ist, zugelaßen werden konnte. (Schluß in der Beilage.)
Beilage.
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=
. langen der Neligion und ihrer Diener, denen wahrlich nicht zut Ehre Teutschlands, ein so großer Theil un⸗
erer Zeitschriften bisher besonders gewidmet schien, je— en täglich wiederkehrenden Veruünglimpfungen und Ver⸗ hottungen aller öffentlicher Macht, und jenem rastlo⸗ (en Streben, alle Noth und alles Elend der Zeit, der
Unfähigkeit oder dem bösen Willen ber Regierungen
aufzubürden, und so, zur gemüthlichen Unterhaltung derer, denen es wohl geht, die wirklich Leidenden, weit entfernt, ihr Schicksal zu beßern, noch in Muth— losigkeit, Erbitterung und Verzweiflung zu stürzen: insofern diesen und manchen ähnlichen Uebeln ein Ziel gesetßt werden könnte, wäre die Beschränkung der Prcße eine nicht genug zu preisende Wohlihat, gegen welche der Unmuih einiger, durch lange Zügellosigkeit ver— wöhnten Zeitungschreiber und Erf. gar nicht in Ansehlag gebracht werden könnte.
Das Geschrei über Unterdrückung der Universi⸗ täten ist, wo möglich, noch ungerechter als jenes über die vorgedliche Vernichtung der Preß freiheit Umsonst wird die feindseligste Tadelsucht in der ö position und dem darauf erfolgten Beschluße irgend eine Aeuserung aufzutreiben suchen, die der unsinni⸗ gen Anklage „es sey auf Zerstörung der teutschen Uni— versitäten abgesehen“ nur einen Vorwand liefern könn⸗ te. Obgleich die Gebrechen des Universitärs-Wesens mit Ernst und Strenge gerügt worden, war doch die Absicht so unverkennbar, die Ueberzeugung von dem hohen Werthe jener Lehr Anstalten so wenig zweifel⸗ haft gelaßen, und der Wunsch, sie nich! bios von vorübergehenden Auswüchsen, die ganz Teutsch—⸗ land erkannt und gefühlt hatte, zu reinigen, son— dern auch auf gründlichen Wegen ihres alten verdien— ten Ruhmes würdig zu erhalten, so un zweiventig ausgedruckt, daß man Misverständniße kaum für mög⸗ lich gehalten hätte. Auch hierüber wollen wir ruhig die Zukunft erwarten. Ansteckende Thorheiten und Verirrungen haben, wie ansteckende Krankheiten, zum Troste der Menschheit, ihre Zeit; und der Augen⸗ blick ist vielleicht nieht fern, wo alle gute Vater in Teutschland erkennen werden, daß das, was Ver— blendung oder Erbitterung „den Todesstreich der (ut⸗ schen Universitäten“ nannte, der Anfang ihrer Wie— dergeburt war.
„Die muthwilligen Deklamatisnen gegen die zu Mainz errzétztete Unt ersuchungs-Kommißion sind sammtlich auf eine und die selde grobe Unwahrheit gebaut, und fallen mi ihr zu Boden. Die Kommißion ist kein Tribunal; und der Unstand, aß man die Wahl ihrer Mi gliedet auf Männer b schränkte „die in richterlichen Verhältnißen gestanden, oder wichtige Un⸗ tersuchungen geführt hatten“ beweiset nur die rühm⸗ liche Sogfalt, mit welcher man den Sein eines ra—⸗ schen oder unregelmäßigen Verfahrens von ihren Ver handlungen zu entfernen gesuch; hat. Sie hat weder Vollmacht, Urtheile zu sprechen, noch auch nur im ju⸗ ridischen Sinne des Wortes Pro ße zu instruiren; selbst Individuen, die sie vernehmen zu müßen glaubt, kön— nen nicht ohne Mitwirkung des Staates, dem sie ange⸗ hören, vorgefodert werden. Der Bundegtag hat sich vorbehalten, etst „nach Maasgabe der Resaltate der Untersuchung die weiteren Beschlüße zür Einleitung des gerichtlichen Verfahrens zu faßen.“ Hier ist von keiner Verletzung des Gerichtstandes, von kei— ner willkürlichen Prozedur, von keiner Verurtheilung ohne Gehör, von keiner Militair- oder Presotal Justiz die Rede. Das wußten die Gegner so gut, wie wir; denn wenigstens mußten sie doch die Aktenstücke, die sie brandmarken wollten, flüchtig gelesen haben. Da aber in ihren Augen jede von einer Regierung ergriffene Sicherheit-Maasregel ohne weitetes Gewaltthat und Tyrannei, und jeder Feind der öffentlichen Ordnung ein unschuldig verfolgter guter Bürger ist: so muß der teutsche Bundestag sich wol gefallen laßen, mit Sylla, Tiberius und Robespierre in eine Klaße zu wandern.
Von dem wahrscheinlichen Ausgange der Untersu⸗ chung wäre es unzeitig und vermessen zu reden. Ueber die Kommißion selbst erlauben wir uns einige Bemet— kungen, die mit dem Ganzen der letzten Bundes-Be⸗ schlüße in naher Verbindung stehen Die Ernennung einer solchen Behörde, obgleich nur für ein bestimmtes,