1820 / 2 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 04 Jan 1820 18:00:01 GMT) scan diff

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ge wird heute das 1ste Stuck der biesjaͤhrigen Gesetz⸗ Sammlung ausgegeben, welches enthalt:

No. 574. den Vertrag wegen der Zoͤlle und Verbrauch⸗ Steuern, welche an der aäͤuseren Graͤnze des Preußischen Gebietes von dem Verkehre des darin eingeschloßenen Theiles der fuͤrstl. Schwarzburg⸗Sondershausenschen sou⸗ verainen Besitzungen erhoben worden; vom a5. Okt. v. J.

No. 575. die Allerhöchste Kabinetsordre vom 22. Decem⸗ ber ejusd. a., die anderweite Eintheilung der gandwehr betreffend, und

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No. 5§6. bie vom 30. desselben Monates, betreffend das Verbot des Ein- und Durchganges der in Eng⸗ land und Frankreich in teutscher Sprache und der in den Niederlanden heraus kommenden Zeitungen.

Das Titelblatt und die chronologische uebersicht fuͤr den Jahr⸗ gang 1819 erhalten die Intereßenten in den naͤchsten Tagen geliefert; mit dem 1. d. M. i st ein neuer Praͤ⸗ numerations⸗Termin eingetreten. Berlin, den 4. Januar 1820. Königl. Pr. Debit⸗Komtoir f. d. allgem. Gesetzsammlung.

* me.

H. Zeitung s⸗Nachrichten.

Ausland.

Paris, vom a3. December. In den Sitzungen der Rammer der Abgeordneten vom 22. und a4. wurde der Gesetz Entwurf wegen vorläusiger Erhebung der sechs Zwölftel auf die Steuern des Jahres 1820 und eines Kredits von 200 Mill. für den Finanzminister berathen. Der Ausschuß, durch seinen Bericht⸗Erstat⸗ ter, Herrn Ternaux, trug an, die Erhebung von nur vier Zwölfteln und den gefoderten Kredit zu be⸗ willigen. Er erkannte die Gründe an, die das Gesetz motiviren, weil die Erfahrung lehre, daß bei aller Thätigkeit der Behörden, die Anfertigung der Steuer⸗ Listen doch in manchen Departements 8 bis 10 Mo⸗ nate Zeit erfodern, woraus aber folge, daß man mit den nachgesuchten sechs Monats⸗Raten doch nicht aus⸗ komme, und daß man, wie es in allen vorhergegange— nen Jahren geschehen, noch ein längeres Provisorium werde bewilligen müßen. Es habe daher dem Aus—⸗ schuße geschienen, daß man die erste Bewilligung in ein angemeßenes Verhältnis mit dem nachgesuchten Kredit von 200 Mill. setzen müße. Die Erhebung von sechs 3Zwölfteln betrage etwa a00 Mill., wenn man also vier Raten bewillige, so sey die Einnahme dem für die Ausgabe angettagenen Kredit angemeßen. Die Diskußion, die eine merkwürdige Wendung nahm, ward durch den Grafen de la Bourdonnaye, von der techten Seite, eröffnet. Er äuserte, daß es, in finanzieller Hinsicht, wenig erheblich sey, ob man sechs oder vier Zwölftel bewillige, daß die Sache jedoch einen erheblichen politischen Gesichtspunkt habe. Man könne den Ministern nicht eher die Unterstützung der Kam⸗ mer einräumen, als bis sie durch die Vorlegung der in der königlichen Rede angedeuteten Gesetze sich grö⸗ ßeres Vertrauen erworben haben würden. Er stimmte daher für die Bewilligung von vier Zwölfteln mit ver⸗ hältnismäßiger Herabsetzung des nachgesuchten Kredits. Froc de la Boulaye, aus der Mitte, sprach für das Gesetz; der BS. Mechin für die Abänderung der Rommißion. Der Finanzminister setzte die Noth⸗ wendigkeit und Zweckmäßigkeit des Gesetzes auseinan⸗ der. Wenn man zugeben müße, daß die provisorische Erhebung von sechs Zwölfteln auf jeden Fall unerlaß⸗ lich sey, so sey eine zweimalige Bewilligung durchaus unnütz, und könne, da sie ein Mißtrauen in die Maas⸗ regeln der Regierung verrathe, nur nachtheilige Folgen für den öffentlichen Kredit nach sich ziehn. Der Ge⸗

neral Demargay, von der linken Seite, auch den politischen Gesichtspunkt hervorhebend, stimmte für die Bewilligung zweier Zwölftel und eines verhältnis mã⸗ ßigen Kredits. Er erklärte, daß er nach seinem Ge⸗ wißen und nach der Erfahrung stimme. Der Graf Decazes nahm das Wort. „Man macht (sagte er) aus einer rein finanziellen Sache eine Angelegenheit der Politik, des Verttauens und des Gewißens. Das Gewißen des vorigen Redners verpflichtet ihn, für die Bewilligung des Staatsbedürfnißes nicht zu stimmen; sein Gewißen befielt ihm, die Maasregeln der Regie⸗ rung zu hemmen, weil sie sein Vertrauen nicht besitzt. Das Mitglied, das zuerst die Bühne bestieg, sprach in demselben Sinne. Wir können beiden versichern, daß wir niemals von dem Dünkel beseßen gewesen sind, ihr Vertrauen erwerben zu wollen; wir können noch mehr sagen, wir haben es eben so wenig gewünscht als gehofft. Seit fünf Jahren hat der erste der Redner (Graf de la Bourdonnaye) uns beständig seine Stimme verweigert; er meint, wir hätten allein ge⸗ standen in der Mitte der Nation. Das dünkt uns doch nicht so. Denn wenn unser Gedächtnis uns nicht trügt, so verschaffte uns jederzeit, wie oft wir ihn auch zu bestreiten hatten, eine sehr entschiedne Majorität, vielleicht eben so entschieden in der öffentlichen Mei⸗ nung als in dieser Kammer, den Sieg über seine An⸗

griffe und Kämpfe (lebhafte Bewegung). Wird diese Majorität unter den gegenwärtigen Umständen dieselbe « seyn? Wird sie die Besorgniße und die Unruhe des

geehrten Mitgliedes theilen? Wir fürchten nichts, weil wir heute, wie damals, das Bewustseyn unsres Ge⸗ wißens und unsrer Pflicht in uns tragen, weil wir heute, wie damals, diese Pflicht in ihrem ganzen Um⸗ fange erfüllen werden. Wir werden sie erfüllen, nicht, wie der vorhergehende Redner es meint, nicht, wie das geehrte Mitglied dem ich jetzt antworte, es meint, sondern wie unser Eid es gebietet, der uns vor

allem die Pflicht auflegt, den Thron und die Freiheit zugleich gegen die Anarchie zu vertheidigen, nicht durch Staatsstreiche, sondern durch gesetliche Maas tegeln,

die wir Ihrem Nachdenken, Ihrer Prüfung anheim⸗ geben, über welche Sie nach reiflicher Erwägung einen Beschluß faßen werden, ohne sie zu verwerfen, bevor

Sie solche noch kennen, bevor Sie noch den Vorschlag

des Königes gehört haben. Nein, nicht durch Staats⸗ Streiche wollen wir die Faktionen bestreiten. Wir sind

zu ohnmächtig dazu, sagt der erste Rebner, weil wir keine Parth ei haben. Glückliche Ohnmacht! Größte Stärke der Regierungen gegen die Partheien, die ihren Umsturz begehren oder ihnen Gesetze vorschreiben wol⸗ len! Nicht auf so schwachen Stützen beruhet die Re⸗ gierung des Königes. Nein, auf dieser, ich will nicht sagen Parthei (parti), sondern auf diesem zahllosen Theile (partie) der Nation, der in dieset Kammer so wohl vertreten, allen Faktionen fremd, was auch seine frühere Meinung selbst seine IVrthümer gewesen, das Vorhandene (ce qui est) will, Alles Vorhandene will, ohne Rückhalt, ohne Neuerungsinn, und von der Ge⸗ genwart, an die er sich offen angeschloßen hat, nur die Gewähr für vie Zukunft fodert.“ (Lebhafter Beifall, besonders ven der linken Seite. Das ist alles was wir wollen, rief Herr von Chauvelin.) Herr Dü— pont de l' Eure sprach für die Abänderung des Aus⸗ schußes, die Herrn Cornet de Incourt, von der rechten Seite, und Courvoisier für das Gesetz. Herr B. Constant sprach für die Abänderung, seine Rede war jedoch ganz geeignet, seiner Absicht ent— gegen, die Mehrheit für das Gesetz zu bestimmen. Er sagte nämlich. „Es ist nur zu deutlich, daß die Mei⸗ nung schwankend und bewegt, daß, seit wir auf Ver⸗ änderungen vorbereitet wurden, das Vertrauen gewi— chen, selbst bei denen gewichen ist, die in die Absichten der Ministet eingeweiht sind; denn sie wißen sehr wohl, daß die Dauer dieses Ministeriums von der Annahme seiner Gesetz⸗ Entwürfe abhangt. Also ein provisori⸗ sches Ministerium fodert provisorische Zwölftel (Be⸗ wegung). Wir müßen mit Vorsicht unsre Maasre⸗ geln beschließen. Schon werden wir gewahr, daß die von dem Ausschuße vorgeschlagene Abänderung einen heilsamen Etfolg gehabt hat, einen Erfolg, der unsre Erwartungen übertrifft. Hat nicht der Präsident des Ministeriums so eben erklärt, daß die Regierung das Vorhandene bestehen zu laßen beabsichtige? Vielleicht ist er dahinter gekommen, daß die Entwürfe, wovon sich das Gerücht verbreitet, die wahre Ursache der Be⸗ stürzung sind, über die man sich nicht täuschen kann“ (neue Bewegung). Diese Aeuserungen veranlaßten den Grafen Der azes noch einmal die Bühne zu be— steigen. „Ich glaubte mich deutlich genug erklärt zu haben, um verstanden zu werden. Auch bin ich es gewiß, wie ich mir schmeichle, von denjenigen Mitglie⸗ dern der Kammer, die meine Grundsätze und Gesin— nungen kennen und theilen. Aber ein geehrtes Mit⸗ glied giebt meinen Worten eine ganz falsche Deutung. Das Vorhandene, das was wir und Sie verthei⸗ digen wollen, und vor jedem Angriffe zu vertheidigen wißen werden, ist der Thron, ist die Dynastie; es sind unsre Freiheiten, die darauf beruhen. Das Vo rh an⸗ dene jedoch sind auch die Faktionen, die dieses dop— pelte Palladium zu vernichten streben; die Anarchie, die es umstürzen will: aber was wir mit der zahllosen Mehrheit der Nation, mit der gesammten Nation (denn die Ausnahme verstärkt hier die Regel) wollen, was Sie mit uns wollen, sind sicherlich nicht die Faktionen und

die Anarchie, sondern der Thron, und unste Freihei⸗ ten, welche mit so großer Vermeßenheit bedroht wer⸗ ben. Laßen Sie es uns diesen angeblich⸗ ausschließli⸗ chen Vertheidigern unsrer Freiheiten sagen: ihr wahrer, vielleicht ihr einziger Vertheidiger ist der Thron, n ur der Thron. Haben diese Freiheiten nur einen Augenblick ohne ihn bestanden? Mit ihm nur erhoben sie sich wir⸗ der. Er unterlag einen Augenblick, und die Gefäng⸗ niße öffneten sich wieder; die Charte war verschwun⸗ den, Verbannungslisten wurden angefertigt, Konfiska⸗ tionen erneuerten sich. Schmeichelt man sich, daß so neue Lehren vergeßen worden? Kann eine so theute Erfahrung für uns verloren gehn? Nein, sie ist uns und dem Volke stets gegenwärtig, um es zu erin⸗ nern, daß nur in den Reihen der Vertheidiger des Thrones die Vertheidiger der Verfaßung zu suchen, daß es ohne den Thron weder für uns noch für das Volk Unabhängigkeit und Freiheit gebe. Wir wer⸗ den Ihnen die Gesetz⸗ Entwürfe vorlegen; vielleicht noch zu früh für die Leute, die uns jetzt eine Ver⸗ zögerung vorwerfen, deren Ursache ihnen so gut als uns bekannt ist, und wir überlaßen uns der Hoffnung, daß sie jedes verständige Gemüth, welches die Ordnung, die Dynastie, unsre Freiheiten und alle durch die Ver⸗ faßung gesicherten Rechte begehrt, ermannen, daß sie Ihre Zustimmung und Ihren Beifall erhalten wer⸗ den.“ Diese Rede, von der Vorstehendes nur ein wesentlicher Auszug, wurde mit fast einstimmigem Beifall gehört. Die Herrn Manuel und v. Ch au— velin sprachen noch zu Gunsten der vom Ausschuße vor⸗ geschlagenen Veränderung; besonders aber brachte eine Rede des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten, Herrn Pas quier, heftige Bewegungen von Seiten der Linken hervor, indem er darin äuserte, daß die von einer Faktion geleitete Wahl des Herrn Gre⸗ goire hinreichend bewiesen habe, wie nöthig es sey, daß mit den Gesetzen über die Wahlen eine Abände⸗ rung vorgenommen werde. Hert von Chauvelin sagte unter andern „Wenn Frankreich nicht ruhig ist, rührt es daher, daß Ihr Euch in Religionsangelegen— heiten nicht gemäßiget habt. Nur dadurch läßt sich die Stelle der koͤnigl. Rede erklären, daß die Ruhe wesentlich in keiner Art gestört worden. Die statt— gefundene Bewegung ist nur eine Folge der Mißio⸗ nen. Frankreich wird von der Wiederaufnahme geist⸗ licher Orden bedroht, wider welche sich unter der vor⸗ maligen Monerchie und selbst in den Parlamenten die Stimme der Beredsamkeit erhoben.““ Auch dieses ver⸗

) Wenn man unter den Mißionarien, den sogenann⸗ ten Vätern des Glaubens, die Fefuiten ,, haͤtte, so ist die Familie des Marquis von Ch au ve⸗ lin schon fruher ihnen nicht guͤnstig gewesen. Es war der Abbe Chauvelin, sein Vetter, der im Jahre 1761, nach dem schmahligen Prozeße der Glaͤubiger des Handlungshauses Lionci wider den Jesniten La va—⸗ kette, zwei Denunciationen wider den Orden der Je⸗ suiten an das Parlement zu Paris richtete, die eine ihre Konstitutionen, die andre ihre Lehren betreffend, auf welche die Parlamentsverfuͤgung vom 6. Aug. 1262 erfolgte, die den ganzen Orden, als seiner Natur na 2 n. Staats verfaßung vertraglich aus er

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