1820 / 3 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 08 Jan 1820 18:00:01 GMT) scan diff

anlaßte unter den Mitgliedern der rechten Seite große Bewegung. Indeß foderte man von allen Seiten den Schluß der Debatten. Bei der Abstimmung ward der Gesetzentwurf mit 137 gegen 97 Stimmen unver⸗ ändert angenommen. Nach den sogenannt⸗royalisti— schen Zeitungen haben nur der Graf de la Bourdon— naye, die Herrn v. Eerbiere, und v. Floirus, (nach dem Kourier auch Herr v. Billele) von der rechten Seite gegen das Geses gestimmt. Der In— halt der Debatten scheint indes außer Zweifel zu stel⸗ len, daß die durch den Angriff des Herrn B. Con— stant hervorgebrachte Rede des Grafen Decazes besonders günstig auf die Mitglieder der rechten Seite gewirkt, die Vereinigung des größten Theiles dersel— pen mit der Mitte bewerkstelligt, und hiedurch den Ministern den Sieg verschaft hebe. Auch scheinen die Aeuserungen der beiden Minister das Gerücht ganz zu widerlegen, als ob man die Absicht aufgegeben, das Gesetz wegen Abänderung der Wahlen wenigstens für jetzt in die Kammer zu bringen.

Die Krankheit des Justizministers ist ernsthaft ge— worden.

Der Kours der Renten ist noch immer im Stei⸗ gen. Gestern standen sie Jo Fr. 80. Ct.

Der Graf Serrurier, Pair und Marschal von Frankreich, ist im 18sten Jahre verstorben. Schon bei vbem Ausbruche der Revolution stand er als Major der Reiterei in Kriegsdiensten. An den Feldzügen in Italien nahm er ehrenvollen Antheil. Bonaparte machte ihn zum Senateur und zum Gouverneur der Invaliden.

Der General Savary, Herzog v. Rovigg der wegen seiner Theilnahme an dem Aufstande im Jahre 1815 abwesend zum Tode verurtheilt worden, hat sich freiwillig in das Gefängnis gestellt und es wird in die⸗ sen Tagen ein Kriegsgericht über ihn gehalten wer— ben. Da man ihn bekanntlich auch einer Theilnahme an der Ermordung des Herzogs v. Enghien beschul⸗ diget, dem er jedoch öffentlich widersprochen, so merkt eine Zeitung an, daß in demselben Augenblicke, da man Savary vor ein Kriegsgericht stelle, der Gene⸗ ral Hulin (der den Vorsitz im Kriegsgericht über den Herzog von Enghien führte) aus der Verbannung

begnadigt nach Paris zurückkehre.

Herr Azais, ein der Regierung ergebener politi— scher Schriftsteller, hat eine Schrift „Unpartheyisches Urtheil über Napoleon“ bekannt gemacht, in wel⸗ cher Bon aparte zum Theil sehr günstig beurtheilt wird. Ein Recensent dieser Schrift sagt auf Anlaß eines der Bonapartischen Kriminal-BKesetzgebung beigelegten Lobes „Ich weiß nicht, ob Herr Azais das Strafgesetzbuch oder die Kriminal-Gerichtsord— nung meint. Auf alle Fälle aber überlaß ich sie sei— nem Helden sehr gern, und werde den Tag segnen, an welchem die Weisheit der Regierung und der Kam⸗ mer eine Gesetzgebung abändern wird, welche mit dem verdienten Namen zu benennen der Anstand mir ver— bietet.“

Im Prozeße wider Servant und Truphemy wegen der Morde zu Nismes hat der hiesige Kaßa⸗ tionshof das vom Servant eingelegte Rechtsmittel verworfen. Dagegen ist das wider den Truphemy gefällte Urtheil wegen eines in der Form vorgefalle—

nen Fehlers aufgehoben.

Kopenhagen, vom 28. December. Vom 1, k. M. an lautet der königl. Titel: „König zu Däne⸗ mark, der Wenden und Gothen, Herzog zu Schleswig, Holstein, Stormarn, Dithmarschen, Lauenburg und Sldenburg.“ Auch das Wappen ist den jehigen Ver⸗ hältnißen gemäß abgeändert.

Aus dem Haag, vem 28. December. Die zweite Kammer hat nunmehr, nach Anleitung des von der Central-Abtheilung über die Erörterung der durch die Regierung vorgelegten 5s Finanz-Gesetzentwürfe abgestatteten Berichtes, diese Gesetzentwürfe in Bera— thung geiogen, und die dagegen aufgestellten Erinne⸗ rungen so erheblich, deren Beantwortung durch die Regierung aber so unbefriedigend gefunden, daß sie sämmtliche 5 Entwürfe zu verwerfen sich veranlaßt gesehen hat. Der Graf von Hogendorp, der schon früher die Finanz-Maasregeln der Regierung bestrit⸗ ten, war auch jetzt wieder mit seinen Bedenken gegen den zu hohen Tarif der Ein-Aus- und Durchfuhrzölle, gegen die ohne angemeßenen Unterschied angeordnete Erhebung aller Aceise an der Quelle, anstatt beim Abfatz, gegen den Verkauf der Stagts-Domainen :(. aufgetreten. „Ich habe, schloß der Redner, mein gan— zes Leben hindurch unverändert den Wahlspruch ge⸗ führt: es lebe Oranien! Unter solchem Wahlspruche stimme ich jetzt gegen diese 5 Finanz⸗-Gesetzentwürfe,.“

Die an einigen Orten des Königreiches vorgefalle— nen Verhaftungen, von denen die öffentlichen Blätter sprechen, sind zwar auch hier ein Gegenstand des Ge— spräches; man kann jedoch über die Ursachen bis jetzt nur Vermuthungen hegen und muß erwarten, bis die Regierung selbst eine Bekanntmachung deshalb er— laßen wird.

Hanover, vom 29. December. Gestern erfolgte die feierliche Eröfnung unserer Ständeversammlung durch Se. Königl. Hoheit den Herzog v. Cambridge, als General-Gouverneur und Bevollmächtigten Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Regenten, im landschaftli⸗ chen Hause. Ein Gottesdienst in der Schloßkirche war vorhergegangen. Der Herzog hielt eine Anrede an die Ständeversammlung, in welcher er die Grund— sätze näher entwickelte, die in der königl. Verordnung über die Organisation und Wirksamkeit der Stände allgemein aufgestellt worden. Hauptsächlich empfahl er die zu vollendende Ausbildung eines festen, den Bedürfnißen des Staates und den Verhältnißen der verschiedenen Theile des Königreiches entsprechenden Steuersystems. Die bisherigen Steuern werden einst— weilen fortdauern. Die Verminderung des Kriegshee⸗ res wird so weit ausgedehnt werden, als die Verpflich⸗ tungen zum teutschen Bunde und die Aufrechthaltung der inneren Ordnung es gestatten. Die innere Einrich—⸗ tung des Kriegsheeres wird verschiedene Veränderun⸗ gen erfahren, wodurch mehre Bestimmungen der Land⸗ wehr-Srdnung theils aufgeheben, theils modificirt werden.

Inland.

Arnsberg, vom 27. December. Zu Herdeke im hiesigen Regierungsbezirke, ereignete sich am ersten Weihnachtstage ein beklagenswerther Unfall. Ein go Fuß langer Bogen an der dort neuerbauten steinernen Ruhr-Brücke hatte einen Riß bekommen, der bei dem Anschwellen des Stromes Gefahr besorgen ließ. Um solche zu verhüten, ließ der Waßerbau-Inspektor Hartmann, der den ganzen Bau geleitet, an jenem Tage durch 12 Arbeiter eine große Menge Steine auf die entgegengesetze Seite des Bogens schaffen. Es scheint indes, daß der Druck zu stark geworden, denn der ganze Bogen stürzte plötzlich zusammen und alle 12 Arbeiter sammt dem Inspektor wurden vom Strome verschlungen, ohne daß eine Rettung möglich war. Von dem ganzen koloßalen Bogen sieht man keine Spur mehr. Das schaelle Steigen der Gewäßer läßt auch in anderen Gegenden, namentlich am Rheine, Maine und Neckar noch Unfälle befürchten.

Redaktion in Aufsicht: von Staägem ann. Reimersche Buchdruckerei.

Allgemeine

Preußische Staats-Zeitung.

Berlin, den gten Januar 1820.

J. Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages.

Berlin, vom 8. Januar. Se. Majestät der König haben dem Lieutenant außer Diensten, Hein⸗ rich v. Unruh zu Karge im Großherzogthume Posen, die Kammerherrn-Würde zu ertheilen geruhet.

Des Königes Majestät haben den Regierungs—⸗ Rath Erbkam bei der Regierung zu Potsdam zum Geheimen Regierungsrathe ernannt, und das für den⸗ selben ausgefertigte Patent allerhäöchstselbst vollzogen.

Der Regierungsrath und Justizkommißarius H ä⸗ nisch zu Kolberg, ist auch zum Notarius publicus

im Departement des Oberlandesgerichts zu Köslin be— stellt worden.

Des Königes Majestät haben die Kaufleute Landeck und Websky zu Breslau zu Kommerzien⸗ Räthen zu ernennen und die desfallsigen Patente al— lerhöchstselbst zu vollziehen geruhet.

Des Königes Majestät haben dem Fabrik ⸗In⸗ haber Busse zu Luckenwalde und dem Fabrik ⸗Inhar ber Krage zu Quedlinburg, den Karakter als Kom⸗ merzienrath beizulegen und die desfallsigen Patente allerhöchstselbst zu vollziehen geruhet.

I. Zeitungs-⸗Nachrichten.

Ausland. Paris, vom 29. December. Der Gesetz⸗Entwurf, die provisorische Steuer-Erhebung betreffend, ist von

der Kammer der Pairs mit 138 Stimmen gegen 9 angenommen worden. (In der Kammer der Abgeord— neken waren 137 Stimmen dafür und g, nicht 97, wie aus einem Druckfehler des Journal des Debats in die vorige Zeitung übernommen worden, dagegen.) Aus dem vom Moniteur mitgetheilten Protokoll einer früheren Sitzung der Pairs bemerkt man, daß die Dank-Adbdreße an den König in der abgefaßten Art mit 164 Stimmen gegen 12 beschloßen worden. In der gestrigen Sitzung der Pairs kam eine Bittschrift zum Vortrage: über das Gesetz wegen Verbannung der Königsmörder vom 16. Januar 1816 als ver⸗— faßungswidrig, Bericht erstatten zu laßen. Auf den Antrag des Marquis von Lally-Tolendal ward beschloßen, diese Bittschrift außerhalb den Ortes der Sitzung zerreißen zu laßen. Auch ward, auf den An⸗ trag des Marschals Prinzen von Eck mühl, be— schloßen, daß dergleichen Bittschriften von dem Aus— schuße der Kammer gar nicht mehr vorgetragen wer— den sollten.

Das über den Herzog von Rovigo unter dem Vorsitze des General- Lieutenants Gr. Damas gehal— tene Kriegsgericht hat ihn einstimmig losgesprochen und er ist sofort in Freiheit gesetzt worden. Die An— klagen wider ihn waren dahin gerichtet: 1) daß er in einem an Fouchs gerichteten Billet (worin er den Arzt Renoult empfielt) ausdrücklich sagt „er ist im vorigen Jahre der Briefträger und die Mittels⸗ Person zwischen der Insel Elba und uns gewesen;“ 2) daß er am 20. März 1815 die General-Inspek⸗ tion der Gensd'armerie übernommen habe. Das Billet erklärte der Angeklagte für falsch. Auch hatte man schon im Jahre 1816 den Arzt unschuldig befunden. Die Inspektion der Gensd'armerie hatte er erst am a5. März in Auftrag des Marschals Prinzen von Eckmühl, jetzigen Pairs, übernommen.

Arnault, Felix Desportes und Harel sind aus der Verbannung nach Paris zurückgekehrt. Kours der Renten Ji.

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London, vom 29. December. Das Gesetz gegen aufrührische Versammlungen hat nun auch, nachdem es mit einigen Zusätzen in beiden Häusern angenem⸗ men worden, die königliche Sanktion erhalten. Es bleibt 5 Jahre in Kraft.

Die Kibellbill ist noch immer ein Gegenstand leb⸗ hafter Diskußionen.

Auch die Finanz-Angelegenheiten sind verschiedentlich zur Sprache gekommen. Der Kanzler der Schatz kam⸗ mer versicherte, daß das öffentliche Einkommen mei⸗ stentheils den Betrag erreichen werde, zu welchem es angeschlagen worden; doch soll dem Unterhause über mehre Gegenstände des Einkommens noch Aus⸗ kunft ertheilt werden. Ueber die Verhältniße zwischen der Bank und der Regierung wollte der Kanzler der Schatzkammer sich nicht erklären, weil zu befürchten sey, daß Spekulanten einen für den Staat schädlichen Gebrauch davon machen dürften. Er versicherte auch, daß nach eingezogenen Erkundigungen der Betrag Brit⸗ tischen Eigenthumes, welches den hiesigen Fonds ent⸗ zogen und in Französischen angelegt worden, nicht be⸗ deutend sey.

Ein Mitglied, Herr Irvin, legte dem Unterhause eine Bittschrift verschiedener Kaufleute von London vor, worin auf eine Untersuchung des Zustandes untd der Verlegenheiten des Handeis angetragen wird. Es werde nur begehrt, sagte er, die Ursachen der gegen⸗ wärtigen Noth zu untersuchen. Wie dieses anzufan⸗ gen, habe er nicht anzudeuten, sondern nur die Hoffe nung auszudrücken, daß die Minister die Sache ernst⸗ lich erwägen würden, besonders die jetzt bestehenden Handelsbeschränkungen, wobei er nur den Freibrief der Hstindischen Kompagnie und den Handel mit Ehina nennen wolle; ingleichen die wegen der Baarzahlun⸗ gen der Bank getroffenen Maasregeln. Er glaube, daß einige Aenderungen hierin wohl statt finden könn⸗ ten, z. B. daß sowol in Silber als in Golde gezahlt werden dürfe. Hiebei sey indeß nicht seine Meinung, die Korn- und die Armengesetze durch einen Ausschuß in Erwägung ziehen zu laßen. Herr Gren fell glaubte, daß diese Bittschrift nur das Werk der Leute sey, die noch länger mit Papier und Gelbe ihr Spiel zu trei