ten wißenschaftlich bürgerlichen Umwälzung und sich selbst als Priester derselben anzusehen.
Leider haben sich auch bei uns bedauernswürdige Beispiele einer solchen Verführung unserer Schul⸗ Jugend ergeben; auch bei uns glaubten selbst Tertia⸗ ner und andere Schulknaben sich zu Staats⸗Reforma⸗ toren und Konstitutions-Verfaßern berufen; auch bei uns beschäftigten sie sich mit Diskußionen über Frei⸗ heit, Einheit, Gleichheit und mit Entwürfen über die Verfaßung Teutschlands; auch bei uns trübten sie die schönen frohen Jahre ihrer Jugend durch trübe Phan⸗ tasten und Jquäsende Sorgen Über den angeblich tiesen Verfall Teutschlands und des ganzen menschlichen Ge⸗ schlechtes, und dutch Haß und Erbitterung über ein Zeitalter und über Stäatsverhältniße, in welchem und für welche sie zu künftig nützlichen Bürgern sich bil⸗ den sollten; auch bei uns entweiheten sie das wahre reutsche, ja selbst das menschliche Gefühl durch laute Lobpreisung des Meuchelmordes.
Sv ist schmerzhaft dies äusern zu müßen, aber es ist in mehrfacher Beziehung Pflicht, diese Ermittelun— gen der öffentlichen Kenntnis nicht vorzuenthalten. Es ist besonders deshalb Pflicht, weil dadurch Eltern und beßer gesinnte Lehrer, alfo der bei weitem größte Theil dieses ehrwürdigen Standes, auf die geheimen Feinde aufmerksam gemacht wird, welche unter der anscheinend unschusgtgen, aber höchst gefährlichen Larve von Teutschheit, Volksthümlich keit, sogenannter Er— kräftigung der Jugend, und wie diese Verführungs— Wege sonst genannt werden mögen, die Verführung Der Jugend bezwecken, und ungeachtet der ernsten Auf⸗ merksamkeit der Regierung auf sie und ihr Treiben dieses im Geheimen dennoch fortsetzen dürften.
Zur Bestätigung Dieses werden hier aus den vor— liegenden Unterfuchungs-Akcen einige Beläge wörtlich, wie sie in den Akten vorkommen, miigetheilt. Die Ra— men sind für jetzt weggelaßen; es wird jedoch bemerkt, daß alle Verfaßer der mitgetheilten Briefe und Auf⸗ sätze leidenschaftliche Schüler der Turnplätze waren. Die in diesen Belägen enthaltenen Aeuserungen möch⸗ ten wegen des jugendlicken und zum Theil Knaben⸗ Alters ihrer Verfaßer unter anderen Verhältnißen nur lächerlich erscheinen: sie verdienen aber gegenwärtig die innigste Beachtung aller Dersenigen, welchen das Wohl des Staates und seiner Bürger, und der ganzen Menschheit nicht gleichgültig ist, und welche daher die Gefahr zu würdigen wißen, die daraus entsteht, wenn schon Ghmnasiasten und Schüler von Ideen der Frei⸗ heit und der republikanischen Verfaßung fanatisch er⸗ griffen und mit denselben beschäftigt sind. Die Menge solcher Erscheinungen, und dieselbe Verwirrung der heiligsten Grundsätze der Religion und Moral, welche Eberall dabei vorksmmen, beweisen leider, daß diese Verführung der Jugend nach einem übereinstimmen⸗ den Plane betrieben ward; und es kann daher wol Niemand weiter daran zweifeln, daß dieses verderbliche Treiben nicht länger Gegenstand des Mitleidens und der Nachsicht bleiben durfte, sondern daß es heilige Pflicht der Regierung war, demselben Einhalt zu thun.
Ein 16 jähriger Gymnasiast äusert in dem an einen jungen Privat⸗Docenten unterm ig. Wonnemond 1819 geschriebenen Briefe: „Wie manchen Knaben habe ich wecken wollen, die himmlische Morgenröthe zu schauen, und wie Viele blieben ungerührt! Voller Weltlust muß ich sie stutzern sehen. Wann haben wir Dich herangefungen, gesehnet, gebetet, Du Morgen der kom men soll, Freiheitstag! Ja! das Reich muß uns doch bleiben! Heil uns, wir schreien ja zu keinem gestren⸗ gen Herrn; ein gnadenreicher Heiland nimmt ja un⸗ sern kalten Wansch für warme Liebesbrunst. Ja, er lebt noch, der ate Gott, der die Männer in der Nacht auf dem Rüttli hörte, er wird auch für uns nicht taub seyn! Glück auf, mein Velk, Du bist gedeckt — — Und doch sitzen wir ruhig! Keine That? Heuchelten wir oder lafen wir Einer aus des Anderen Auge glü⸗ hende Gelübde? Sind unsre Lieder leeres Geklingel oder läuft uns das Herz dabei über? Sind wir Nar⸗ ren und lernten blos Vaterland krähen? Ich armer
Sünder! wenn Thränen für That gingen, hätte ich viel gethan, wenn Klagen Beßermachen hieße, und Thränen Mannsstreiche wären, hätte ick viel genützt! Nun aber, nun es von allen Orten ruft: so zeigt was ihr wollt! nun lieg ich da in meinen eigenen Banden und frage selbst: wie ist zu helfen? — sich geopfert, habe ich in mir einen schweren Kampf zu kämpfen. —— Drum will ich mal mit mir sel⸗ ber recht zu Rathe gehen und habe ungefähr so ge⸗ dacht: J... (der Turnlehrer) soll zu Michaelis mir schreiben, wo er zu einer bestimmten Zeit ist. Meine Prüfung zur hohen Schule wollt' ich früher machen, dann zu J... (jenem Turnlehrer) ziehen, mit ihm ein Paar Wochen umher zu wandeln. Hätte er noch was auf dem Herzen, sollt' er mirs sagen. Darnach zöge ich denn nach Bonn, treu zu verrichten wie's der Herr gebeut. Auf dieser Fahrt wollt' ich so recht zu⸗ sehen, was dem Volke Noih thut, wollt' so recht lau⸗ schen, ihm sobald als möglich zu helfen.“ —
HSDerselbe sagt in einem andern Briefe; „Ein Frei⸗ staat braucht Kraft; unser Feind ist Faulheit! Sieh Dir doch selbst das Leben an, da wirst Du finden, wie setzt nichts hilft als Predigen von Einheit und Frei⸗ heit. Hat das Volk erst diese Hinimelsgüter erkannt, dann ist das Geschrei von Morden und Abmurt sen unnütz.“
Ein 16jähriger Tertianer schreibt unterm 50, No⸗ vember 1819 an einen Seminaristen: „Doch laß uns an die Zeit denken, die uns fo schwer jetzt drückt! Wahrlich wir laßen uns jent behandeln wie Ochsen, wir laßen uns das Joch und den Zügel anlegen nd die Königs-Knechte machen uns Wind von G hoꝛrsam vor. Aber was sollen wir fetzt thun, was souen wir Jünglinge ihun, wenn die Männer ver agen! Joch zertreten, den Zügel zerreißen, ehe man uns statt des Zügels Ketten anlegt? Ja unbegreiflich und schnöde ist jetzt Alles. Wie soll man rathen? was soll man thun, als sich im Glauben stärken, denn wir sind ja noch nicht stark genug. Und doch zeigen wir durch ewiges Hoffen auch unsere Faulheit. Die Welt scheint aber noch zu schwach, um das Engelsbild der Freiheit zu schauen, wenn sich auch Wenige finden, die sich darnach sehnen, die nach der wahren Freiheit stre— ben, so ist ja doch die Mehrzahl der Menschen Für⸗ stenknechte und — — Gesellen. Auch ich würde ge⸗ wiß verzweifeln, wenn ich nicht immer daran dachte, daß doch gewöhnlich Diejenigen, die lange Zeit unter ein⸗ ander Verrath getrieben haben, sich zuletzt selbst verras then. Dies wollen wir jetzt auch hoffen, wollen recht innig hoffen, denn Hoffnung läßt ja doch nicht zu Schanden werden. — Aber diese Zeit ist auch den⸗ noch stärkend für uns, denn wir sehen wie die Schwa— chen jeht abfallen, wie sich in den Bleibenden ein fester Stamm bildet, der den Anfällen der Bösen trotzt, wie eine Eiche dem Sturimwinde. Sieh, die Eiche dir tausend Jahre steht, hat viel Zeiten erlebt, sie hat die Freiheit wie die Knechtschaft gesehen und dennoch bestand fie. Sie trug jährlich im Stillen ihre Frucht, streuete im Herbste ihre kleinen Eicheln aus, die im Frühjahre emporkeimten und ihrem Stamme gleich wurden. Auch sie säcten dann jährlich Früchte aus, die auch aufgingen, bis so endlich ein Wald entstand, der unverwüstbar war. So kann es ja mit uns auch werden, o! fo muß és mit uns werden, wenn wir es ernstlich wollen. enn nur der Stamm fest und treu
enblich ein Wald von Teutschen, die mit vereinter
fehnten. Mit desto größerer Wonne werden wir sie dann umfaßen und kein Teufel wird sie uns durch Aberwitz und Heuchelei rauben können; kein Zwing⸗ herr wird mit den Waffen gegen uns etwas vermögen, benn wir kämpfen nicht nur Werkzeuge, unsete Waffen sind Glaube, Liebe, Hoffnung. Ach! schon sehe ich diese Zeit der Freiheit fo oft in Gedanken, dann ist mir so wonnig, dann möchte ich alles mit Liebe umfaßen!“
(Siehe Beilage.)
Seitdem Sand
Das
zusammenhält und um sich herumwirkt, so bildet sich
Kraft den Fürstenknechten trotzen und die alte Frei⸗ heit wieder hervorrufen, nach der wir uns so lange
6.
ist groß,
K zum 15ten Stücke der Allgemeinen Preußischen Staats⸗Zeitung,
vom 19ten Febrnar 1820.
Aktenmäßige Nachrichte tionairen Umtriebe
n über die revolu⸗ in Teutschland.
(Fortsetzung.)
Derselbe äusert in dem Briefe vom 1819 an eben diesen Seminaristen:
a9. December „Trübe Wetter—
wolken, schwer drückend, schweben im Gehirn, eine
drängt die andere hinweg, ein
Gemisch trüber Gedanken, ein nenlose Augen, nach Labung
tend, nach Freiheit athmend steh ich da. daß wirs ertragen, diese grauenvolle schwere
ist viel,
Zeit, eine harte Prüfung ist uns aufgelegt. der Jüngling
schweigt ruhig,
Mann 4. as mag
der Knabe weint.
mir so recht aufs Reine kommt? uns dulden, laß uns schweigen,
in mir das feurige Blut; da
wahrer Wirwarr, ein trauriges Gemüth, thrä—⸗ in der Wüste schmach⸗ Wirklich es
Der härmt sich und es seyn, daß es nie in
Bald denk ich, laß bald aber kocht wieder bin ich ganz unschlüßig,
mit großen Schritten lauf ich auf und ab und komme
doch nicht zur Klarheit. und die Verzweiflung naht, Schwert hervor und erkämpft sprengten sich Ketten. — —
boch kommen, o Freiheit! komm
recht nach dir sehnen, wie woll
Noch ein kleines Weilchen,
sie sucht das verrostete das Recht, es ist als O, Kraft! wolltest du zu denen, die sich so t ich dich umfaßen, liebe
Freiheit, süßes Engelsbild! zeige dich doch endlich der
bedrängten Welt! —
Es wird mir
Ja, die Gott Du weißt es, o hilf ihr! dich glauben.
Welt ist hart bedrängt! Hilf denen die an
immer dunkler die Zu⸗
kunft; traurig ist die Gegenwart und die Zukunft
scheint noch trauriger Dulder wird man uns nach
Von Sand hört man wenig viel. Der Arme ist betrogen die Morgenröthe zu wecken
genröthe ist geweckt, aber sch Woran liegt das? An
zu werden. — —
die wir auf uns laden. tausend Jahren
.Er schrieb:
uns;
Die Schmach dumme nennen. Gleich⸗ ich gehe — er thats; die Mor⸗ on wieder eingeschlafen. furchtbare Schuld für
Narren,
oder gar nichts.
uns, die Morgenröthe der Freiheit nicht aufrechtzu⸗
halten. lieber Sand, wußtest nicht,
nicht folgten. Er ist frei!
Da fällt mir eine Stelle aus Sind wir denn wehrlos? Wozu lernten wir die Arm⸗
mit bloßen Waffen: sie sind
brunst spannen und die schwere
Axt schwingen? Jedem We
in der Verzweiflungsangst!
dem Turnplatze den Gehr und den
Sollten wir nicht etwa ren können? Denn, sagt frau, nichtswürdig ist dig setzt an seine Ehre. Ehre darin fuchen, frei zu frei und setzen nur Worte an Leben setzen sollten. Das dem Ro ste, sonst ist nie, finden.
ter den Füßen, noch einen
Sind wir müde, schlaff? Deine Liebe war stark für uns; welche He u⸗Och sen werden wir noch klagen, daß wir
Wir, wir sind Knechte.
Armer, aber Du wir waren. Lange Seinem Schritte
Freilich.
Schillers Tell ein:
Wucht der Streit⸗
sen ward eine Nothwehr
Wir lernten ja auch auf
Fechtel führen! — s leichteres aus füh— Schiller in der Jung—
das Volk das nicht alles freu— Muß ein Volk nicht seine
feyn. Wir sind nicht unsre Ehre, wo wir das Schwert muß aus nie wieder Ehre zu
Zwingherrn, Bösewichte haben sie schon un⸗
Tritt und Teutschlands
Ehre besteht aus Scherben. — Wo weilt Dein Herr—
mann, edles Teutschland? jetzt zu finden, Teutonen-Mütter, sie
Recht treiben.“
wo ist ein freier würden uns Ketten
uns mit Waffen in den Kampf für Freiheit,
Wo ist die alte Treue Mann? Hätten wir zeigen und Ehre und
Dieser Seminarist bemerkt unter andern in seinem Tagebuche, nachdem er angeführt, daß er mit einem andern auf der Schreibestube eines Advokaten arbei—
*
tenden jungen Menschen „ü
her die jetzige Babelsche
Oesterreich und Preußen, über Turnen und die Polizei und Sand und Stunde gesprochen und
Verwirrung, und über J. Fürstenzittern“ deswegen eine dann zu J... gegangen sey: „O, wie fühle ich mich heute wieder so begeistert, so entflammt und voller Freuden und Sehnsucht! Himmel, nähre die Glut in deinem Lichte und laß die reinste Erkenntnis in mein Herz gehen, daß ich alle meine Gefühle von Volk und' Freiheit jedem Fürstenhunde klar vorlegen und geschichtlich begründet aufdonnern kann.“
Ein 18jähriger Handlungsbursche schreibt einem Schulamts-Kandidaten unterm 24, September 1819 „Du schreibst da etwas von Fürsten und von dem thätlichen Haße gegen sie; dagegen bin ich auch. Dieser Zeit Fürsten und Herrn mögten nur den Geist der Waheheit bannen, diese wahre Freiheit bannen, denn jegliche Freiheit ist ihnen verhaßt. Fürsten und Wahrheit vertragen sich nie ganz, wie wir genugsam sehen an jeglichem Treiben ihrer Knechte. — Wie soll hier der Geist der Wahrheit siegen? Also Ver⸗ rilgung der Bösen, der Verführer. — Hier Sand — so denke ich.“ Und unterm 29. desselben Monats. „Deine Gedanken über diese Zeit und unser Treiben sind mir meist wie aus der Seele geschrieben, wenn da Viele reden von angestammter Sbrigkeit und daß Obrigkeiten seyn müßen. Angestammte Obrigkeit ist Unsiun, wir sind nicht Aegypter, daß eine Fürsten⸗ oder Herrn-Kaste über uns wäre, und was seit beinahe 1000 Jahren Unrecht war, wird noch keine Stunde
Recht.“ (Fortsetzung folgt.)
* 1623
Reglement
über die feierliche Beisetzung Ihro Königl. Hoheit der am 10. dieses verstorbenen Prinzeßin Anne Elisa⸗ beth Louise von Preußen, verwittweten Ge⸗ mahlinn des Prinzen Ferdinand von Preutzen.
Der letztwilligen Verordnung Ihrer Königl. Ho⸗ 3 gemäß wird die Hohe Leiche nicht en Farade aus- gestellt.
Am Tage der Beisetzung selbst wird die Hohe Leiche nach der von Ihrer Königl. Hoheit hinterlaßenen Verordnung bekleidet, in den Sarg gelegt, und der⸗ selbe von der Hofdienerschaft, unter Begleitung des Hofstaates an den Platz gebracht, von wo aus der feierliche Zug beginnen soll.
Während dieser Zeit wird im Dome mit den Glocken geläutet.
Um den Sarg sind 12 Gueridons mit Wachsker⸗ zen aufgestellt. An der rechten Seite desselben liegen auf Tabourets die Prinzliche Krone und der Louisen⸗ Orden, auf der andern Seite der St. Katharinen⸗ Orden und das St. Johanniter-Maltheser⸗-Kreuz.
Ihro Excellenz die Ober-Hofmeisterin Gräfin v. Neal, die Frau v. Wallen rodt und der dienst⸗ thuende Kammerherr, Graf v. Lott um, stellen sich an das Kopf-Ende des Sarges. Die Damen mit her⸗ unterhangenden Kappen, letzter den Hut mit her⸗ unterhangendem Flore auf dem Kopfe und einem Marschalstab in der Hand. Die Kammerfrauen, gleichfalls mit heruntergelassenen Kappen, stehen auf beiden Seiten des Sarges, in einiger Entfernung von demselben. Alle diese Personen verbleiben daselbst, bis die Hohe Leiche weggeführt wird.
Die Hohen Leidtragenden, das Königl. Haus und die hier anwesenden fremden Prinzen, so wie die dazu eingeladenen Personen, vdersammeln sich zu dem Ende in der dazu bestimmten Stunde in den gewöhnlichen
Zimmern der Hochseligen Prinzeßin.