1820 / 17 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 26 Feb 1820 18:00:01 GMT) scan diff

der Kammer der Abgeordneten der Vetfaßung nicht entsprechend sey, und daß deshalb die Kammer der Standesherrn auf die Frage: ob irgend eine Steuer bewilligt werden könne, ohne vocherige Prüfung über⸗ haupt einzgehn, sich außer Stande befinde, worüber sie sich auch unumwunden ausgesprochen. Dabei sey sie jedoch einstimmig der Meinang gewesen, daß bei der Dringlichkeit der Umstände und in stztem Hin— blicke auf das unzertrennliche Wohl des Königes und des Vaterlandes, tzur Sicherung des nngestörten Ganges der Staats-Verwaltung, Vorkehrungen zu rreffen wären. Dieser Zweck hätte sich durch die von der Kammer der Standesherrn erklärte Bereitwilligkeit zur Erhebung der Steuer bis zum

Akten mäßige Nachrichten über die revolu— tionairen Umtriebe in Teutschland.

(Fortsetzung. )

Wenn die Akten über die revolutionairen Umtriebe in Teutschland werden öffentlich bekannt gemacht seyn: so wird das Publikum aus den darin enthaltenen zahl— reichen Beweisen ersehen, daß die teutschen Reforma— toren den Namen der Radital-Reformatoren, wie in England, im eigentlichsten Sinne verdienen.

Sehr richtig schrieb daher einer derselben, der Schulamts⸗Kandidat M...... im Jahre 1819 in ein Stammbuch. „Ist unfer Werk Erneue— rung der Welt von Menschenhand, so wirds vergehen, ists aber aus Gott, wer wills dämpfen?“

Aus den Akten wird sich ergeben, daß ihre, theils in förmlichen Vereinen, zu welchen die Burschenschas— ten und die sogenannten Tutngemeinden die Vorbe— teitangs-Klaßen waren, theils in formlosen Verbindun— gen verfolgten Zwecke, die Veränderung des gan⸗ zen kirchlichen und bürgerlichen 3Zustandes von Teutschland und der ein zelnen teut= schen Staaten waten. Insonderheit enthalten die Untersuchungs-Akten zahlreiche Bestätigungen, daß sie Teutschland eine republikanische Verfaßung zugedacht hatten. Wir heben hier verschiedene darü⸗ ber zu den Untersuchungs-Pretokollen niedergelegte Geständniße aus. K

So gesteht der Student M zum Protokolle vom 1. Mai 1819. „Ich habe mit Einzelnen darüber ge sprochen und wir sind darüber einig geworden, daß ein teurscher Freistaat dem ächten Volksleben am an— gemeßensten sey.“

Der D S. . . . . zum Protokolle vom 15. Mai 1819. Durch diese gesellschaftlichen Unterhaltungen sind wir in unserer Ansicht über Staat und Staat s⸗ Verfaßung darin Alle übereingekommen, daß nur in ei⸗ nem Freistaate das erreicht werden könne, was nur Überhaupt in einem Staate Wünschenswerthes gesucht werden kann. So sehr wir auch immer bereit waren, einer vernünftigen Belehrung zu folgen, so sind wir doch in unserer Ansicht, wiewol viele Einwendungen dagegen gemacht wurden, noch nicht widerlegt worden. Ein Zaeck, der sich nun daraus ergiebt, ist folgender: zur endlichen Herbeiführung eines solchen Zustandes, den man für den besten hielt, mitzuwirken.“

Der Student B. . . zum Protokolle vom 21. dess. M. „Es wurde von den Meisten unter uns ein Frei⸗ staat, als die rechtlichste Staatsverfaßung anerkannt; über einzelne Staatseinrichtungen in derselben wurde ebenfalls verhandelt und öfters die aus dieser Ver⸗ handlung hervorgegangenen Resultate niedergeschrieben und in der nächsten Versammlung wieder vorgelegt.“

Der Student B. zum Protokolle vom 1. Jun. dess. J. „Aus Anderer Aeuserungen habe ich den Schluß gefaßt, daß die Bibelunterhaltungen auch auf poli⸗ tische Gegenstände angewandt worden, und glaube ich, das sich die Mitglieder des Vereines ein Ideal von

Zeitpunkte der Verabschiedung vollkommen erreichen

laßen. Sie könne nur bedauern, daß die Kammer der Abgeordneten diese Ansicht nicht getheilt habe, und müße es lediglich anheim geben, ob nicht aus dem ge— genwartigen Vorgange für die Verfaßung seldst in Zu⸗ kunft nachtheilige Folgen zu besorgen seyn möch ten.“

Der Präsident der FKammer der Abgeordneten bemerkte

hierauf, daß man unter diesen Umständen die Stim⸗ men beider Kammern zusammenzählen müße, welches

ein Resultat von 60 gegen 37 für die Bewilligung

ergab. Er schlug daher eine von ihm bereits abge⸗ faßte Addreße an den König vor, deren Genehmigung auch in sofern kein Bedenken finden konnte, als sie dem Beschluße der Mehrheit gemäß war.

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einer Staatsverfaßung bildeten, auch auf deßen Reali⸗ sirung hinzuwirken suchten, ohngeachtet so viel ich be⸗ urtheilen kann, wol Viele von ihnen überzeugt seyn möchten, daß sie einen solchen Zeitpunkt nicht erleben werden. Aus einzelnen Aeuserungen habe ich sch ließen zu können geglaubt,

liege, und daß namentlich für Teutschland die Verei⸗ nigung zu einem einzigen Staate für zuträglich erach— tet werde. Nach ven Aeuserungen einzelner Schwar⸗ zen muß ich glauben, dat Viele derselben der Mei⸗ nung gewesen und noch sind, man müße das Volk für dergleichen Ideen empsänglich machen, auf die Be⸗ schränkang der Herrscchergewalt in den Monarchien einwirken, und durch beides den beab chtigten Frei⸗ staat herbeiführen. Der hat mir geäusert, ein Freistaat könne unter dermaligen Umständen schlech⸗ erdings nicht durch Empörung realisirt werden, son⸗ dern es müße vielmehr die Einführung der Land— sände bewirkt, diesen immer mehr Einwirkung zu— geeignet und dadurch nach und nach die Gewalt der dürsten dergestalt eingeengt werden, daß von dieser Seite der Einführung eines Freistaates kein Hinder⸗ ais mehr im Wege stehe; die sittliche Verbeßerung des Volkes gehöre ebenfaus zu den Beförderungsmit⸗ teln eines Freistaates.“

2 Der Kandid:t L.. . .. zum Protokolle vom 2s. Jul, 1819. „Die Zwecke der Vereine waren auf Her— deiführung einer veränderten bürgerlichen Verfaßung gerichtet, Und zwar so, daß man zunächst im Großher— ogthume * eine allgemeine Volksrepräsenta⸗ ion einzuführen, demnächst aber dem vürgerlichen Zu⸗ stande in Teutschland eine andere Gestalt zu geben sich bemühen wollte. In letzter Beziehung waren, so viel ich erfahren, die meisten Mitglieder jener Vereine darüber einverstanden, daß Teutfchland in ei—⸗ nen gemeinsamen Freistaat umgewandelt werden müße. In Betreff der Maasregeln, die zur Verwirklichung solcher Ansichten bereits getroffen worden, hade ich von Anderen erfahren, daß die im H... schen startgefun⸗ denen Versammlungen der Gemeinden durch Mitglieder jener Vereine veranlaßt worden seyen. Sie sollen dabei auf die Weise thätig gewesen seyn, daß Ein— zelne von ihnen nach Maasgabe ihrer persönlichen Verbindungen, die Vorsteher und Prediger vermocht haben, ihre Gemeinden zu versammeln, bei deren Zu⸗ fammenkünften dann die anwesenden Mitglieder der Vereine ihnen ihre Absichten und Pläne vorgetragen und zur Theilnahme an denselben aufgefodert haben. Die Mitglieder der J. . er Gesellschaft (deren Mit⸗ glied Deponent selbst war) hatten sich vorgesetzt, die⸗ sen Weg auch zu betreten. ;

Der Student G . . . . zum Protokolle vom 25. Au⸗ gust 1819: „Ich bin nicht Mitglied der Schwarzen, und kann auch von ihrem Treiben und Wirken aus eigener Wehrnehmung durchaus nichts angeben. Nur das habe ich aus den Aeuserungen von K.. ent nommen, daß der Verein den Zweck habe, Teutschland Einheit zu geben und zu einem Freistaate zu bilden.“

(Siehe Beilage.),

geglaubt, daß besagtem Ideale von einem Freistaate die Freiheit und Gleichheit zum Grunde

Beilage zum 17ten Stücke der Allgemeinen Preußischen Staats⸗Zeitung,

vom 26sten Februar 1820.

Aktenmäßige Nachrichten über die revolu⸗ tionairen Umtriebe in Teutschland. (Fortsetzung. )

Der Kandidat S. . . .... * zum Protokolle vom 13. August 1819: „Der Zweck des Bundes zu M sey, wie ihm wörtlich erzählt habe, Sturz der teutschen Fürsten gewesen.“

Der schon erwähnte Kandidat L zum obgedach⸗ ten Protokolle: „A.-... sagte mir um Michaelis 1818, daß er durch die Heidelderger Zusammenkünfte die Ansicht gewonnen habe, es könne eine allgemeine Republik in Teutschland bestehen.“ Und dieser Stu— bent A.. . . . . zum Protokolle vom 25. September 1819: „Es war unser Zweck, ebenso wie der Provin⸗ zial-Unterschied der Studirenden auf den Universitä— ten aufgehoben wurde, auch eben diesen Unterschied für ganz Teutschland aufzuheben, also die verschiede⸗ nen Länder Teutschlands zu einer Einheit zu bringen; wir waren darüber einig, nach geendigten Studien⸗ Jahren, und nach dem Uebertritte in burgerliche Stan⸗ de dafür nach unsern Kräften wirksam zu seyn. Es ist allerdings unser Wunsch und Wille gewesen, daß in der Zukunft Teutschland, mit Aufhebung der jetzi⸗ gen Läönderemntheilung, nur ein einziger und ungetheil⸗ rer Reichskörper seyn solle, und hierauf haben wir, je⸗ doch nur durch Mittel des Wortes und der Schrift, hin uwirken in unserem Zwecke gehabt. Die Grund⸗ Idee der desten Staatsform Teurschlands war die Ein⸗

. heit im Allgemeinen; dagegen war es unentschieden, ob

wir diese am oesten in einem monarchischen, republika⸗ nischen oder anderen Regierungs⸗ Prinzipe feststellen würden. Ich habe nicht sowol aus kiesen Versamm— lungen, sondern aus vielen anderen Unterhaltungen, die Ueberzeugung gewonnen gehabt, daß vie, Republik die höchste Staatsform sowol im Augemeinen, als auch in Bezug auf Teutschland, und es wünschens⸗ werth sey, solche einst mals einzuführen. Die G6. . und D. . . ... wollten, daß das teutsche Reich ein republikanischer Körper werden, und daß alle Terri⸗ torialherrschaft aufhören solle. Sie hielten die Zeit und Teuischland noch nicht reif zur plötzlichen Einfüh⸗ rung einer Republik, und also es angemeßen, Schritt vor Schritt zu gehen, und aus der repräsentativen monarchischen Regierungsform demnachst eine Republik zu entwickeln, und hatten angenommen, daß annoch zwischen der repräsentativen Monarchte und der Re⸗ publik durch Zeit und Umstände Uebergänge sich, dar— bieten würden, die vorauszuberechnen weder nöthig, noch auch möglich sey. In J. . . ist eben falls die repräsentative Verfaßung als ein Uebergang zur repu— blikanischen, also als ein Mittelzustand, angenommen. Aus den in Beschlag genommenen Briefen gehören insonderheit folgende hieher: Der Student A. .. . . . in H... 3 6 schrieb unterm 18. Juli 1818 am L. ** „Die G l haben die Idee einer Repu⸗ blik fest in der Brust; ich habe ihre Grundsatze gelesen, und ihre Grundzüge, wie ber Staat seyn müße. Noch kann ich damit nicht übereinstimmen; ich will wol einen freien Staat aber teinen Freistaat, weil ich noch nicht glauben kann, daß dies für Teutschland passend seyn werde. Ich halte ihnen noch die Widerpart. Das nächstemal, das wir zusammen kommen, da wirds tüch: tig losgehen, da wird darüber gesprochen. Ich will einmal sehen, ob ich das, was ich will, durchsetzen kann. Lieb wäre es mir, denn ich bin setzt fest über⸗ zeugt, daß eine Republik nicht für uns paßen werde. Nähme ich auch das als höchstes Ideal, was sich ver—⸗

wirklichen laße an, so müßten auf jeden Fall Mit⸗ telzustände angenommen werden, wie es auch in J. .. geschehen ist.“

In dieser Zusammenkunft hat indeßen die repu⸗ blikanische Partie gesiegt, denn dieser L..... sagt zum Protokoll vom 24. Julius 1819: „A fagte mir um Michaelis 1518, daß er durch die H.. . Zusammenkünfte die Ansicht gewonnen habe, es könne eine allgemeine Republik in Teutsch⸗ land bestehen.“

Der Student G. .... zu J. .. schrieb 1818 an den ebengedachten A.. „Bleibe fest in Deinen Grundsätzen und vertheidige sie gegen Die, die noch mehr wollen. Unser Volk ist ja noch nicht so mündig, daß es das Allerbeste und Schönste verlangen könnte, nämlich die republikanische Gleichheit und Freiheit.“

Der D. B . . .. warnt daher unterm 16. April 1819 die Genoßen seines Vereines, den D. P.. in ihre Geheimniße nicht einzuweihen: „Reger für die Wißenschaften als P.. könnt Ihr keinen finden, aber sie sind ihm auch Alles; auf sie bezieht er Alles, daher will er keine Einheit in Teutschland, sondern in kleine Staaten vertheilt, damit jede Residenz einen Licht⸗ Punkt habe. Freistaaten taugen ihm nichts, weil gei⸗ stiges Wißen in ihnen nicht genug befördert wird 1

Die verschiedenen Vereine deschickten und bespra⸗ chen sich auch gegenseitig über die republikanische Form.

So gesteht z. B. S.. „daß die Frage: ob ein Freistaat für die beste und allein rechtmäßige Form einer Staatsverfaßung zu halten sey? in den vom Studenten G .. ..... von G. ... a gebrachten Punkten enthalten gewesen,“ Und der Student W. . . . . . .. zum Protokoll vom 28. Juli 519: „daß in den ebengedachten nach J. . . gebrach⸗ ten Punkten auch die Auffoderung enthalten gewesen: man möge sich auch darüber erklären, ob man den Freistaat für die beste und allein rechtmäßige Staats⸗ Verfaßung halte.“ Auch akademische und übrige Leh—⸗ rer theilten diese Ansicht.

So sagt z. B. der P: F.... in dem im Ver⸗ eine zu J... vorgelesenen sogenannten politischen Glas bensbekenntniße: „Ich halte heilig die Formirung einer künftigen republikanischen Reichsordnung für Teutschlands Einheit; ich halte heilig die republika⸗ nische Gemeinde⸗Verwaltung durch Gleiche; das Volk ist das Heer und der Herr!“

Der D. J. . . äuferte zu seinen Schülern; . 2 hat Unsinn geredet; er hat nicht das Höchste einer Verfaßung dargestellt, denn er will eine erdliche monarchische. Das ist Unsinn; denn wenn das Reich Gottes kommt, dann muß es nur Freistaaten geden; demokratische Verfaßung ist die Urform, zu der müßen wir wiederkehren.“ Und in einer Druckschrift: „Das Enthoheiten, Entländern und Entherrschern duldet, trägt, liebt und lobt das Volksgefühbl. Nur für kleine Sünden hat die Weltgeschichte immer Verge⸗ bung. Jedes nicht entvolktbhümlichte Volk ist immer einig, Eins zu sen, und Scheidung ist idm Ehe⸗ bruch. Wider die Volklesigkeit dilligt das Volt Hippokrates Mittel wider den Kreds: was Arznei nicht Heiler, deilet das Eisen, was das Eisen nicht deiler, deilet das Feuer.“

Der P. fragte unterm 21. 2 ezemder 1818 den Gomnastasten „Also auch zu Euch ist die Lehre vom Freistaate gedrungen?“ Daß diese

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