1820 / 19 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 04 Mar 1820 18:00:01 GMT) scan diff

sey in Frankreich nur auszuführen, wenn die Wahlen

in den Händen der großen Familien lägen, wie in England, woselbst bie unbedingte Mehrheit im Unter—⸗ hause von den großen Familien ernannt werde. Dieses könne man nur bewirken, wenn man aus den 20,000 ganz großen Gutsbesitzern, welche 1000 Fr. Steuern bezahlen, ein besonderes Wahl-Kollegium bilde, und zu⸗ gleich die Patentsteuer bei Berechnung des Steuer— Satzes ausschließe).

Die Regierung arte in eine Volksregierung aus, wenn man das Princip, das in den 120,090 Höch stbe⸗ steuerten wohne, ferner befolge. Dieses Princip sey nicht genug über seinen wahren Vortheil verständigt. Es laäße sich öfter von den Faktionen leiten, die in der Hauptstadt ihren Mittelpunkt hätten, wie man solches bei den letzten Wahlen gesehen, wo die 300 Wähler im Isere-Departement auf Empfehlungen aus Paris eine im höchsten Grade unschickliche und politisch unkluge Wahl getroffen.

Diesen antworten die Gegner; die Wahl im Isere⸗ Departement sey allerdings ein Beweis, daß die 300 Wähler über ihre wahren Intereßen nicht aufgeklärt gewesen. Aber diese 300 wären doch auch nur ein kleiner Theil der 120, 00 Wähler. Es sey allerdings möglich, ja sogar wahrscheinlich, daß auch anderswo manche schlechte Wahlen getroffen worden und noch getroffen werzen würden: aber wenn man bedenke, daß die Bürger bisher von aller Theilnahme an dem Oef⸗ fentlichen ausgeschloßen gewesen, weil die Gemeinde⸗ Verwaltung in den Händen der Präfektur gelegen, müße man sich vielmehr verwundern, daß sie bisher noch so gut ausgefallen; denn die Bürger hätten, weil sie keinen Theil am Oeffentlichen genommen, das Ge⸗ schick dazu verloren. Dieses würde sich aber ändern, sobald die Lokal-Verwaltungen den Bürgern zurückge⸗ geben worden. Hiedurch würden die Meistbeerbten in den Departements mehr Sinn für das Oeffentliche bekommen und mit dem Sinne auch mehr Geschick. Die Engländer hätten die Regierung ihres Landes auch nur durch eignes Handanlegen gelernt. Indem nun zu gleicher Zeit in den Departements Lokal⸗In⸗ tereßen und Lokal-Ambitionen erwachten, würden sich nicht mehr alle Intereßen und Ambitionen in der Hauptstadt konglomeriren, und deren Einfluß, so wie der Einfluß der Partheien darin eben hiedurch immer geringer werden. Schlechte Wahlen würden, wie die Erfahrung gelehrt, nur unter schlechtem Einfluße, un⸗ ter der Einwirkung der Par heien getroffen. Entferne man diesen, so habe man von den Gesinnungen der Meistbegüterten nur das Beßere zu erwarten. Man könne aber den Einfluß der Partheien nur entfernen, und die Wähler unabhängig auf ihrem eignen Boden feststellen, wenn man ihnen durch die Theilnahme an der Lokalverwaltung die Einsicht über ihre wahren In— tereßen aufgeschloßen. Man werde daher das beste— hende Wahlgesetz ohne Gefahr für den Staat und nur zu seinem Heile aufrecht erhel en können, wogegen die Ausschließung der Mittel-Klaͤte von dem Antheile an den Wahlen eine Maasregel sey, deren Gefahr für die Regierung und den Staat sich nicht berechnen laße.

Dieses sind ungefähr die Hauptpunkte des Strei⸗ tes, in sofern er zwischen den Wohl meinenden von beiden Theilen geführt wird.

Die Regierung scheint die Mitte halten zu wol⸗ len, indem sie zwei verschiedene Wahlsysteme aufstellt. Von den 120000 Wählern werden die Reichsten, welche 1000 Fr. steuern (nach der vorliegenden Sta⸗ tistik etwa a0, ooo), zu einer besonderen Klaße gebildet, von welcher 172 Deputirte (gerade die Zahl, um welche

) Wie mächtig die alten Familien in Frankreich noch sind, ergab sich aus der Personen-Statistik, die Bo⸗ naparte im Jahr 1810 uͤber alle reiche Leute von mehr als 10,000 Rthlr. Einkuͤnften aufstellen ließ. Es fanden sich 1300 Familien, und unter diesen zwischen §z und Joo von altem Adel.

partement nur Eine Wahlversammlung.

man die Kammer verstärkt) ausschließlich gewählt werden.

Von den für die zweite Klaße überbleibenden 100, 00 Wählern scheidet man diejenigen aus, welche zwar zoo Fr. steuern, aber weniger als die Hälfte in einer Grundsteuer beitragen. Daß sie hiedurch nicht bedeu— tend werde vermindert werden, ist oben bemerkt. Diese Klaße wählt, gemeinschaftlich mit der ersten, die alte Zahl von 258. Deputirten.

Der Entwurf, den die Regierung der Kammer hat vorlegen laßen, unterscheidet sich von dem bis herigen Wahlgesetze in folgenden wesenl lichen Punkten.

1. Die Zahl der zu wählenden Deputirten ass auf aso verstärkt.

Weder die Verfaßungs⸗Urkunde noch das Wahlge⸗ setz enthält über die Zahl der Abgeordneten eine aus⸗ drlckliche Bestimmung.

2) Nach dem Wahlgesetze werden sämmtliche Mit— glieder von allen wahlberechtigten Bürgern des De⸗ partements, das heißt, von solchen gewählt, welche eine direkte Steuer von zoo Fr. bezahlten, diese Steuer mochte eine Grund- oder Patentsteuer seyn.

Nach dem Entwurfe werden a) in allen Depar— tements, welcht mehr als 1309 Wähler haben, zuz Klaßen gebildet. Die erste Klaße besteht aus den Wählern des Departements, welche 1000 Fr. direkte Steuern entrichten. Diese wählt ausschließlich die Jahl von 172 Beputirten. Die zweite Kleße besteht aus sämmtlichen Wählern des Departements, und wählt die übrigen 258 Deputirten. b) Die Hälfte der 1000 Fr. in der ersten, und der 300 Fr. in der zwei—⸗ ten Klaße muß in einer Grundsteuer bestehen.

3. Nach dem Wahlgesetze giebt

ist von

mehr als 600 Wähler, so theilt sich die Versamm lung in Sektionen von wenigstens 300.

Nach dem Entwurfe bildet nur die erste Klaße eine einzige Versammlung. Die zweite Klaße wird in Kreisversammlungen zusammenberufen. Jeder Kreis bildet seine besondere Wahlversammlung. wurf bezieht sich hiebei auf beson dere Verzeichnißes die noch nicht mitgetheilt sind.

4. Nach dem Wahlgesetze wählt die Wahl versamm— lung die Wahlzeugen (Ecrutateris) selbst; nach dem Entwurfe bestimmt die Regierung dazu 4 Beamte.

5. Nach dem Wahlgesetze scheidet jährlich R der De⸗ putirten aus. Dieses ordnet auch die Verfaßungs— Urkunde 5 37. an. Nach dem Entwurfe sollen die neugewählten 172 Mitglieder 5 Jahre lang in der Kammer hleiben, und die jährliche Erneuerung des Fünftels erst nach Ablauf dieser Frist eintreten. Die Maasregel ist also nur vorübergehend.

es in jedem De⸗ Sind jedoch

Der Ent

Das Oppositionsblatt liefert im A3sten Stücke

eine Nachweisung von dem in verschiedenen Ländern, wobei überal, mit Aus⸗ nahme der Preußischen Bank Obligationen und Staats⸗ Schuldscheine, der Zinsfuß bemerkt worden, woraus man folgern dürfte, als ob sie, wie die unmittelbar vorher erwähnten. Obligationen der Englischen An— leihe 5 Procent trügen. Die alten bis zum 18. Okt. 1866 ausgefertigten Banko-Obligationen (von denen hier nur die Rede, denn die neuern stehen pari und kommen nicht an den Markt) tragen jedoch nur 2 Procent und die Staats- Schuldscheine 4

und des Oppositionsblattes bemerken zu müßen glauben.

In der Beilage des 17ten Stuͤckes dieser Zeitung sind

zwei Druckfehler zu verb eßern: in der Sten Zeile der zweiten Spalte (von unten) muß es heißen Waltlosigkeit statt

Volklosigkeit, in der 25sten Zeile ebendaselbst Fode⸗ rung statt Formirung.

Redaktion in Aufsicht: von Stägemann. Reimersche Buchdruckerei.

Stande der Staats papiere

Procent, welches wir für auswärtige Leser der Staats-Zeitung

Allgemeine

Preußische Staats“ Zeitung.

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19 Stück. Berlin, den 4ten Maͤrz 1820.

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. Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages.

Berlin, vom 4. März. Der bisherige Ober Lan⸗ desgerichts⸗Referendarius Toll zu Frankfurt an der

Oder, ist zum Justiz⸗Kommißarius bei den Untergerich⸗

ten im Departement des Ober ⸗Landesgerichtes zu Frankfurt, mit Anweisung seines Wohnortes in Lands⸗

derg an der Warthe, bestellt worden.

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Il. Zeitung s-Nachrichten.

Ausland.

Paris, vom 26. Februar. Der Pruͤsident des Mi⸗ nisteriums und Minister des Inneren, Graf De ca⸗ zes, hat am ao. d. seine Entlaßung gegeben. Der Rönig hat, in Hinsicht seiner schwächlichen Gesundheit, die ihm die Verwaltung der ihm anvertrauten Aem⸗ ter nicht länger gestattet, die Entlaßung angenommen,

und ihn für sich und seine männlichen Nachkommen mit

dem Rechte der Erstgeburt zur herzoglichen Würde erhoben. Auch bleibt er Mitglied des Geheimen Rathes.

Der Herzog von Nichelieu ist zum Wirklichen Staats-Minister und Präsidenten des Ministeriums, der Graf Simeon, bieher Unter⸗Staatssekretair im Justiz⸗Ministerium, zum Minister des Innern, der Pai, Baron Mounnier, zum General⸗Direktor der Departements-Verwaltung und der Polizei, und der Pair, Graf Pportalis, zum Unter⸗Staatssekretair im Justiz⸗Ministerium ernannt.

(Der Graf Sim eon hat Revolution Theil genommen. Im Jahre 1794 ward er, außer dem Gesetze erklärt, nach Genua zu flüchten gde h g, Im Jahre 1785 ward er in den Rath der

lten gewählt. Das Ereignis des 18. Fruktidor be⸗ teltete ihm die Deportation, doch entging er seinen Verfolgern. Während der Konsular-Regierung war er Mitglied des Tribunats. Bonaparte ernannte ihn zum Staatsrathe und Baron. Während der Dauer des ehemallgen Königteiches Westphalen hat er ab⸗ wechselnd das Amt eines Ministers des Innern und der Justiz verwaltet, und ein tühmliches Andenken seiner Einsicht und seiner Redlichkeit hinterlaßen. Daß er jemals von Seiten der Westphälischen Regierung den Gesandtschaftsposten in Berlin bekleidet, ist ein auswärts geglaubter Irrthum. Sein Neffe war eine kurze Zeit hier. Der Baron Monun nier ist der Sohn eines als Mitglied der konstituirenden Versamm⸗ lung bekannten Vaters, mit welchem er im Jahre 1792 nach Teutschland auswanderte. Unter der Konsular⸗ Regierung zurückgekehrt, ward er von Bonaparte zum Auditeur im Staatsrathe und zum Kabinets⸗ Sekretair ernannt. Der König ernannte ihn zum Staatsrathe und im Jahte 1819 zum Pair. Der Graf Portalis flüchtete mit seinem Vater, nach⸗ maͤligem Minister des Kultus, der am 18. Fruktidor

ur Deportation verurtheilt wurde, nach Teutschland.

ei seiner Zurilckkunft ward er von Bonaparte in diplomatischen Geschäften gebraucht. Späterhin ward er General: Sekretair im Ministerium des Kultus, Staatsrath und General-Direktor des Buchhandels, zog sich jedoch die Ungnade Bonapartes zu, der

an allen Stürmen der

ihn aller seiner Aemter entsetzte. Der König ernannte ihn zum Staatsrathe und im Jahre 181 zum Pair Im Jahre 1818 ward er bekanntlich wegen der geist⸗ lichen Angelegenheiten nach Rom geschickt.) .

Der Moniteur enthält das voll ständige Verzeich⸗ nis der Wahlkreise. Jedes Departement ist in so viel Kreise getheilt, als es bisher Mitglieder in die Kam⸗ pier der Abgeordneten zu wählen hatte. Nur Korsika ist hievon ausgenommen, welches überhaupt zwei De⸗ putirte, wählt so daß es überhaupt 256 Kreis voersamm⸗ lungen giebt.

Am 22. d. wurden die irdischen ueberreste Sr. Königl. Hoheit des Herzogs ven Berry in der Ka⸗ pelle des heil. Ludwig in der Kirche zu St. Denis mit königlichem Gepränge beigesetzt. Der feierliche Leichenzug begann vormittags um 9! Uhr. In Paris sowol als in St. Denis waren viele Häuser mit schwarzen Teppichen vehängt und aus den Fenstern weheten weiße Fahnen mit Flor bewunden. Tiefes Schweigen herrsch te während des Leichenzuges. All⸗ gemeiner aufrichtiger Schmerz begleitete den großher⸗ zigen Enkel unsrer Könige zu seiner letzten Ruhestäãte. Die verwitwete Prinzeßin hat St. Cloud verlaßen und die für ihr bereiteten Zimmer im Schloße der Tuillerlen bezogen. ö

Alle unsere Zeitungen sind fortwährend mit Ad⸗ dreßen aus allen Gegenden bes Königreiches angefüllt, die dem Könige ihr Beilcid und die Verabscheuung der unseligen That bezeigen. . r

Nur über eins der drei Gesetze welche die Regie⸗ rung den Kammern hat vorlegen laßen, ist Bericht er⸗ stattet worden, nämlich über das Geseßz zur Beschrãn⸗ kung der Preßfreiheit politischer Tagblatter, Der Her⸗ zog von Rochefaucauld hat in der Sitzung der Pairkammer vom a5. d. im Namen der ernannten Rommißion auf die Verwerfung des Gesetzes angetra⸗ gen. Der Bericht ⸗Erstatter rãumte vollkommen ein daß die Preße von den Journalisten strãflich gemis⸗ braucht werde, und daß ihrer Zügellosigkeit ein Ende gemacht werden müße: aber er ging dadon aus, daß es hiezu des Mittels nicht bedürfe, welches die N egie⸗ rung anzuwenden rathsam sinde. Die Gesetze zur Un⸗ terdrückung der Preßfreiheit der Zeitungschreiber wã⸗ ren theils unzureichend theild würden ste von den Gerichtshöfen nicht befolgt. unzureichend waͤren sie, indem sie die verderblichen Lehren nicht dejeich neten, die jede bürgerlich Gesellschaft aus ihrem Sch ooße entfernen müͤße. Dieses Still schweigen habe die Mei⸗ nung hervorgebracht, als ob jede Lehre, we nicht er⸗ laubt, doch außer dem Bereiche des Strafgesetzes sex. Daher fänden nunmehr die großen Angelegenheiten