1820 / 21 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 11 Mar 1820 18:00:01 GMT) scan diff

neben welcher sich Jemand auf die Lauer befand, der wahrscheinlich noch Gelegenheit gefunden hatte, die Ver⸗ sammlung zu benachrichtigen; denn als die Pol. Beamten, Ruthwen, Ellis, Smithers und Salmon, nebst Herrn Birnie hinaufstiegen, nachdem sie sich der Schildwache bemächtiget hatten, fanden sie die Rotte schon beschäftiget, sich in aller Eile zu bewaffnen. Thist le wodd stand an der Thür mit bloßem Degen, und stieß nach Ruthwen, den er verfehlte. Hr. Birnie befahl ihnen die Waffen niederzulegen und den Verhaftbefehlen, die wider sie ergangen, Folge zu leisten. Indem Ruthwen sich der Thür versich erte, um ihre Flucht zu verhindern, drang Smithers auf den Thistlewood ein, um ihn zu entwaffnen, wurde jedoch von ihm durchstoßen und sank mit dem Schrei „Gott ich bin —“ dem Ruthwen todt in die Arme. Thistlewood ließ bie Lichter aus löschen. Ruthwen und Ellis feuerten Pistolen auf ihn ab, die ihn jedoch verfehlten. Um diese Zeit traf die Garde ein, aber der Boden war bereits so mit Rauch ange⸗ füllt, daß Niemand den Andern unterscheiden konnte. Es ward von allen Seiten geschoßen und gestechen. Einer der Verschwörer ging auf den Hauptmann Fi tz⸗ Clarence los, ein Andrer feuerte ein Pistol auf ihn ab, doch traf nur ein Streifschuß den Arm des Ser⸗ geanten Legg s. Außer ihm wurde noch ein Polizei⸗ Beamter an der Stirn verwundet. Ob einer der Ver— schwornen getroffen worden, weiß man nicht, indem der größte Theil, und unter ihnen Thi stlewood, Ge— legenheit fand, durch ein Hinterfenster zu entkommen. Nur neune wurden verhaftet. Auf dem Boden fand man Waffen und Munition wol flir hundert Mann. Noch in der Nacht wurden Steckbriefe zur Verfolgung Thi st— l'ewodd's erlaßen und eine Belohnung von 1000 Pfd. geboten. Am folgenden Morgen fanden ihn die Polizei⸗ Beamten in einem Hause in White-Street Moorfields im Bette. Auch Brunt, der als das zweite Haupt der Verschwörer genannt wird, ist verhaftet. Die Uebri⸗ gen neune sind: der Fleischer Inggs, der Schneider Wilson, die Zimmerleute Bradburn und Shaw, die Schuster Gilchrist, Cooper, Tidd und Mo— nument, und der Tischlet David on, ein Mulatte. Ihr Plan soll dieser gewesen seyn: Th i st lew ood sollte an des Lord Hartowby Hausthüre klopfen; er sollte dem Thürsteher eine Depesche übergeben, um sie auf der Stelle an die Minister zu bringen; während der Thürsteher ihm solche abgenommen, wäte Thi stle⸗ wood und noch Einer ins Haus eingetreten, als ob sie auf Bescheid warten wollten, hätten die Thür wie⸗ der geöffnet, und die Andern eingelaßen, die mit Gra⸗ naten versehen waren, um dann durch deren Ent⸗ zündung Lärm und Verwirrung im Hause anzurich— ten, während deßen Andere in den Speisesaal gedrun⸗ gen und durch Ermordung der anwesenden Minister zur Ausführung ihres ruchlosen Planes geschritten wären. Nach einer anderen Erzählung hätten sie an der Hausthür lauern, und den Minister, der die Ge⸗ sellschaft zuerst verlaßen würde, ermorden, die Verwir⸗

rung, die diese That hervorgebracht, benutzen und ins Haus eindringen wollen, um auch die Anderen nieder⸗ zustoßen.

In dem Stalle in der Katostraße hat man 6 Fuß lange Piken, mit Eisen beschlagen, aber noch ohne Spitzen, in großer Menge gefunden; auch Waffen

und Munition bei einem Schmidt in der Kapellan⸗ Straße. Der Besitzer des Stalles und Bodens, Firth, will von den Veranstaltungen der Verschwornen nichts gewußt haben, man kennt ihn aber als einen An⸗

hanger der Radikalen. Außer den schon genannten Personen sind noch etwa 20 eingezogen und wider An⸗

dere sind Verhafibefehle ausgefertiget worden.

In der königlichen Kapelle hat ein feierliches Dan?⸗ Gebet für die Erhaltung der Minister des Könige stattgefunden.

Die Regierung scheint von dem ganzen Plane der Verschwörer in gründlicher Kenntnis zu seyn. Men setzt voraus, daß er sich noch weiter erstreckt habe, als auf die Minister, weil Thistlewood in dem wider ihn ergangenen Steckbriefe wegen Hochverrathes ver— folgt wird. Daß die Rotte außerhalb London Verbin⸗

dungen gehabt habe, bezweifelt man. Indeß haben die Radikal-Reformer in den Fabrikgegenden von

neuem Unruhen erregt. In Lanarkshire sind a7 ein⸗ gezogen worden.

Thist lewood ist ein Apothekergehilfe und Lieu⸗

tenant in der Miliz, etwa a8 Jahr alt, und als ein vorzüglicher Theilnehmer an den Umtrieben der Radi—⸗ kalen berüchtiget. Man sagt, er wolle den Beweis führen, daß er am Abende seiner Verhaftung gar nicht in der Katostraße gewesen sey. Seine Wirtthin in Moorfields nennt sich Harris, und Firth hat aus— gesagt, daß er den Stall und Boden in der Katostraße

an einen Harris vermiethet habe. Das Oberhaus hat die vorläufigen Geldbewilligun⸗

gen des Unterhauses genehmigt, obwol der Graf Lau— derdale das Verfahren desselben für verfaßungswi⸗

drig und den Privilegien des Parlamentes und des Oberhauses nicht gemäß erklärte. Der Marquis Eands⸗ down, der ihm beitrat, bemerkte, daß ein solcher Uebel⸗ stand, durch die Maastegel der Minister, dem Parla⸗ mente die Erwägung der Rathsamkeit seiner Auflö⸗ sung anheimzugeben, herbeigeführt worden sey. Die im Unterhause durchgegangene Bill über die Suspen⸗ sion des Wahlrechtes einiger Flecken ist vom Ober Hause nicht angenommen, sondern vertagt worden. Im Unterhause brachte man die Unruhen zur

Sprache, welche in Irland durch die Ribbonmen (Band.

männer) verursacht werden. Man fragte: ob die Re⸗ gierung entschloßen sey, die Insurrektions: Akte daselbs erneuern zu laßen? welches Lord Castlereagh ver— neinte, indem die Regierung hoffe, durch die Kraft der bestehenden Gesetze dem Unfuge zu steuern.

Am heutigen Tage ward das Parlament durch eine Botschaft des Königes aufgelöst. In der Rede det vom Könige wegen seiner Krankheit hiezu beauftrag⸗ ten Minister heißt es: „Zufolge des uns ertheilten Be⸗

befehles benachrichtigen wit Sie, daß Se. Majestät, in⸗ dem Sie von dem jetzigen Parlamente Abschiede neh— men, nicht umhin koͤnnen, Sie aufs angelegentlichste zu versichern, wie sehr Se. Maj. die wichtigen Dienste empfinden, die Sie dem Lande geleistet. So tief Se. Majestät es beklagen, daß solche Anschläge und Hand⸗ lungen, denen ein Ziel zu setzen Sie unlängst aufge— fodert wurden, in diesem freien und glücklichen Lande obgewaltet, so wißen Höchstdieselben doch nicht genug die Einsicht und die Kraft zu rühmen, mit welcher Sie auf die entgegenwirkenden Mittel Ihre Aufmerk— samkeit gerichtet. Könnte man noch bezweifeln, welche Grundsätze den Frieden und die Wohlfahrt des Vol⸗ kes so schwer bedrohet, zu welchen Verbrechen sie wahrscheinlich geführt haben würden: so muß doch jetzt die Entdeckung einer blutigen, auf frischer That be⸗ troffenen Verschwörung, auch dem Ungläubigsten die Augen öffnen, und vor der ganzen Welt, als gerecht und nothwendig, die Maasregeln rechtfertigen, die Sie zur Aufrechthaltung der Gesetze und der Verfaßung des Königreiches zu beschließen nöthig erachtet haben.“

Paris, vom 29. Februar. Die Kammer der Pairs hat das Gesetz wegen Beschränkung der Preße mit 1365 Stimmen gegen Ja in der Hauptsache, wegen Unterwerfung der politischen Tageblätter unter eine Censur, zwar angenommen, doch mit wesentlichen Ab⸗ änderungen. Sie bestehen darin? a) Nach dem zwei⸗ ten Artikel des Entwurfes kann kein politisches Tage⸗ Blatt anders als mit königlicher Bewilligung erschei⸗ nen; hievon werden nach dem Beschluße der Pairs die jetzt schon erscheinenden Blätter ausgenommen. b) Nach dem fünften und sechsten Artikel des Ent⸗ wurfes soll eine Ober-Censur-Kommißion gebildet wer⸗ den; diese ist von den Pairs verworfen worden. c) Nach dem elften Artikel ist die Dauer des Gesetzes bis zum letzten December 1824 bestimmt; nach dem Beschluße der Paits nur bis zum Ende der Sitzung der Kammern für das laufende Jaht.

Außerdem hat die Kammer auf den Antrag des Herzogs von Fitzjam es einen Zusatz beschloßen, der auch Karikaturen, in Kupferstich oder Steindruck, den Bestimmungen des Gesetzes unterwirft.

Gegen das Gesetz erklärten sich besonders die Het⸗ zege von Broglie und Praslin, der Graf Dar ů und selbst der Graf Saint Rom an, der jedoch au⸗ ßerte, daß nach seiner Meinung die angeblichen Wohl⸗ thaten der Preßfreiheit ihre Gefahren gar nicht auf— wiegen könnten. Das Uebel aber sey einmal gesche⸗ hen, und das vorgeschlagene Gesetz gar nicht geeignet ihm abzuhelfen.

ueber das Gesetz, mehr misbilligend, sprachen die Grafen Lanjuinais und Germain; mehr beifäl— lig, der Herzog von Levis, die Grafen de Seze und Cornet. Sie begehrten besonders die Beschrän— kung auf einen kürzeren Zeitraum.

Der Herzog von Doudeauville, und die Mar— quis von Lally-⸗-Tolendal und von Clerment—

Tonnere sprachen für den Gesetz-Entwurf; det letzte besonders klagte die verderblichen Grundsätze, welche durch die politischen Tagblätter verbreitet wür⸗ den, wegen der jüngsthin begangenen Frevelthat an, und suchte historisch zu erweisen, daß die Preßfreiheit in Frankreich nur unglückliche Folgen gehabt habe.

In einer anderen Sitzung der Kammer der Pairs wurden von einigen Mitgliedern neue Gesetzt (von untergeordnetem Intereße) vorgeschlagen und motivirt. Da die Kammer beschloß, sich mit ihnen zu beschäfti— gen, so werden wir künftighin darauf zurückkommen.

Die Kammet der Abgeordneten ist noch immer in ihren Büreaus beschäftiget. Die Kommißion, welche das Gesetz über die veränderten Wahlformen bearbei— tet, besteht aus den Herrn Royer-Collard, Bour—⸗ deau, Gr. Foy, Chevalier Verneil oon Puyra— se au, Camille FJourdan, Düpont von der Eure, Lainé, Daunou, Courvoisier. Zur linken Seite gehören hievon nur die Herrn Foy, Düpont unb Daundu, doch ist kein Abgeordneter der rechten Seite darunter, da die übrigen zur Mitte gehören, obwol die linke Seite sich unlängst des Chevalier Vern eil (ehemaligen Deputirten der gesetzgebenden Versamm— lung von 1791), so wie der Herrn Roy er-Collard und Courvoisier berühmte.

Herr Clauzel von Caussergu es hat dem Ptäͤ— sidenten der Kammer schriftlich angezeigt, daß er die Anklage wider den Herzog Detazes zurücknehme, da derselbe nicht mehr tiver Minister sey.

Noch immer sind unsere Zeitungen mit Beileid— Addreßen an den König angefüllt.

Die Herzogin von Berry hat den Gatdesoldaten Desbiez, der den Lou vel einholte und verhaftete, mit einer goldnen Uhr und den Aufwärter im Kaffé Hardy, Paulmier, der ihn zuerst anhielt, mit 1000 Fr. beschenkt. Auch hat der erste den Orden der Eh— tenlegion erhalten.

Kours der Renten 73 Fr. 95 Ct.

Paris, vom 4. März. Die Kammer der Abge— ordneten hielt ihre öffentliche Sitzung am 1. d. M. Bei der Vorlesung des Protokolles der letzten Sitzung bemerkte Herr B. Constant, daß man die Beschul— digungen des Herrn Clauzel von Caussergues wider den H. De cazes und die Antwort des Hrn. St. Aulaire nicht aufgenommen habe. Dit Diskußion, die hierüber entstand, endete damit, daß durch die Mehrheit die Aufnahme dieses Vorganges beschloßen wurde. Herr Clauzel erklärte hierauf, daß er nunmehr seine frü⸗ here Erklärung zurücknehme und seine Anklage verfol— gen werde. Er habe nicht den Minister, sondern das Haupt der Revolutionairs angeklagt. Was in dieser Sitzung vorgehe, bestätige seinen Antrag im voraus. Dieser letzten Aeußerung wegen ward er auf den An⸗ trag des Herrn Courvoisier vom Ptäsidenten zut Ordnung gerufen, nachdem auch hierüber abgestimmt worden war. In derselben Sitzung übergab der Mi—⸗ nister des Innern das nach dem Beschluße der Pairs ab⸗

geänderte Gesetz wegen Beschtänkung det Preßefteiheit.