1820 / 22 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 14 Mar 1820 18:00:01 GMT) scan diff

beinahe nicht daran zweifeln, daß die Vorsicht hierin weiter gehe, als nöthig. schen Gemüthe in der Lage, in der wir uns befinden, darf ihm an einer gewöhnlichen Beschränkung gnü— gen? Die Mehrheit des Ausschußes glaubt es nicht, wiewol bis jetzt noch Alles zu bestätigen scheint, daß der Verlust, den wir erlitten, keinem Komplotte bei⸗ zumeßen sey. Sie hat geglaubt, daß es keiner weit— läuftigen, zeitraubenden Untersuchung bedürfe, um für einen bestimmten und kurzen Zeitraum eine vorsor⸗ gende Maasregel zu bewilligen, welche die nächsten Wächter unseres Königes und unserer Prinzen in An— trag bringen. Die Willkür dieser Maasregel hat einige Besorgniße rege gemacht und schmerzhafte Erinnerun⸗ gen zurückgerufen. Aber neben diesen Besorgnißen, neben diesen Erinnerungen raucht noch das Blut eines unsrer Prinzen, durch die Hand eines Bösewichtes ver— goßen. Ein so herzzerreißender Anblick, dieser allein fodert unwiderstehlich zu außerordentlichen Maasre— geln auf ꝛc.“

Die Veränderungen, welche der Ausschuß vorge⸗ schlagen hat, betreffen:

1) Eine bestimmtere Faßung des ersten Artikels, um der etwanigen Willkür so wenig als möglich Raum zu gestatten. Sie ist dahin vorgeschlagen: Wer durch Reden, Schriften, Drohungen oder Handlungen auf irgend ein Art sich aussetzt, eines Anschlages, eines Komplottes ober der Auffoderung zu einem Komplotte wider das Leben oder die Person des Königes, wider das Leben oder die Person der Mitglieder des könig⸗ lichen Hauses, ferner eines Anschlages, eines Kom— plottes oder der Auffoderung zu einem Komplotte be— schuldiget zu werden, welches den Zweck hat, die Re⸗ gierung zu stürzen, die Regierung oder die Thronfolge zu ändern, kann auf einen ihm abschriftlich mitzu⸗ theilenden Befehl, der im Ministerium berathen und wenigstens von drei Ministern unterzeichnet ist, ver⸗ haftet und ins Gefängnis geführt werden.

2) Zum zweiten Artikel wird näher bestimmt, daß der Verhaftete in das Gefängnis entweder desjenigen Kreisgerichtes geführt werden müße, welchem die Ge— richtsbarkeit über den Ort, wo die zur Haft Anlaß gebende Handlung vorgefallen, oder desjenigen, welchem Te über den Wohnort des Beschuldigten zusteht; auch, daß der königliche Sachwalt die ihm von der Ver— haftung geschehene Anzeige dem General-Prokurator des kompetenten Gerichtes unverzüglich mittheilen, daß nicht jener, sondern dieser das Verhör binnen 16 Ta—⸗ gen bewerkstelligen, und das Protokoll binnen 24 Stun⸗ den nach der Aufnahme dem Justizminister zusenden; daß endlich der Bericht des Justizministers und die Entscheidung des Ministeriums spätestens drei Mo— nate darauf erfolgen, und der Verhaftete von den Ur⸗ sachen seiner Verhaftung schriftlich unterrichtet wer⸗ den müße.

3) Die Minister müßen der nächsten Kammer ein Verzeichnis aller in solcher Art verhafteten Personen vorlegen und sich über die Vollstreckung des Gesetzes

Aber darf einem Französi⸗

ausweisen, welches sofort außer Kraft tritt, wenn en

nicht in der nächsten Sitzung der Kammer erneuert wird.

Unter den Rednern, die sich für das Gesetz haben einschreiben laßen, bemerkt man unter mehren Mit— gliedern der rechten Seite die Herrn Graf Beugnot, Delong, Blanquart v. Bailleul und Jacqui—⸗ not-Pampelune, von denen die beiden ersten sonst zur linken Seite gehörten; die Anderen sind aus der Mitte. Unter den Rednern gegen das Gesetz befindet sich, außer einigen Häuptern der linken Seite, auch Herr Courvoisier.

Herr RiviKre fand sich, nachdem er seinen Vor- trag gehalten hatte, noch veranlaßt zu bemerken, daß

der Minister der auswärtigen Angelegenheiten dem Ausschuße zugesichert habe, an einer Sitzung des sel— ben zur Ertheilung einiger faktischen Auskunft Theil nehmen zu wollen, doch an der Erfüllung dieses Ver— sprechens verhindert worden sey. Hierüber ward durch die Deputirten der linken Seite einige Weiterung ver—

anlaßt, die damit endete, daß man zur Tagesordnung

ging, da man sich zu überzeugen schien, daß der Mir

nister die etwanige Auskunft zu geben nicht verwei⸗

gert, daß aber der Ausschus nicht nöthig gefunden habe, selbige zu erwarten, nachdem jener an dem be—

stimmten Tage der Berathung beizuwohnen durch an⸗

derweite Geschäfte verhindert worden.

In einer geheimen Sitzung hielt Herr Manuel

seinen ausführlichen Vortrag über die Verbeßerung der Geschwornengerichte, wobei er insonderheit zur Sprach

brachte, daß die Anfertigung der Geschwornenlisten

nicht mehr den Präfekten überlaßen werden möchte. Der Graf Lambrechts unterstützte den Antrag. Herr von Villéle wünschte deßen Vertagung. In— zwischen ward mit einer starken Majorität beschloßen, daß die Kammer sich mit diesem Gegenstande beschäfti= gen wolle.

Herr B. Constant hat seinen ausführlichen Vor trag über einen Gegenstand des Budjets verschoben, weil, wie er erklärt, die Aufmerksamkeit jetzt ganz auf die drei vorliegenden Gesetz-Entwürfe gerichtet wer— den müße.

Der Abgeordnete Rolland entwickelte dagegen

seinen Gesetzvorschlag, daß die Regierung die Unter— haltungskosten für die Graben und Baumpflanzungen an den Heerstraßen übernehmen möge.

Das Trauerspiel „die Tempelherrn“ wird bereits

wieder auf die Bühne gebracht.

Die Regierung hat das Börsengebäude, behufs der Einrichtung zum Opernsaale, von Sachverständigen untersuchen laßen.

Mit vielem Misfallen bemerkt das Publikum, daß einige Kupferstichhändler ein Bild des Louvel aus— hängen.

Der Spanische General Mina, ver, wie es hieß, hieselbst unter polizeiliche Aufsicht gestellt war, hat in den Tagen der allgemeinen Unruhe, welche die Er— mordung des Herzoges von Berry verursachte, zu entweichen Gelegenheit gefunden. Nach Briefen aus

Bahonne vom as. Febr. ist er am as. daselbst ange⸗ kommen, und am folgenden Tage, mit Zurücklaßung seines Wagens, in Begleitung des Obersten Eche⸗ verria zu Fuß weiter gegangen.

Die Nachrichten aus dem Südlichen Spanien

stimmen wenigstens darin überein, daß der General Freyre die Rebellen auf der Isla de Leon noch ein⸗ geschloßen halte, daß das Korps unter dem Obersten Riego sich 6 Tage in Algesiras aufgehalten und hie— nächst die Küste entlang sich auf Malaga gewendet habe, daß zwischen diesem Korps der Rebellen und den königlichen Truppen einige Gefechte, das letzte in der Vorstadt von Malaga am 19. Febr. vorgefallen, und daß die Rebellen die Stadt bis in die Nacht vom ig. zum 20. behauptet, Odonel aber bereits am 20. wieder in Malaga gewesen sey. Die Erzählung eini—⸗ ger unserer Zeitungen, daß Riego vor seinem Zuge nach Malaga von Algesiras aus erst Lebensmittel nach Isla de Leon geführt habe, ist offenbar ungegründet, und überdies mit ihrer anderweiten Versicherung, daß Isla de Leon mit Lebensmitteln vollauf versehen sen, in Widerspruch. Zweifelhaft erscheint dagegen aller— dings, ob Riego sich in die Gebirge von Ronda, oder, wie einige Nachrichten behaupten, nach Granada ge⸗ wendet habe, ob er also zurück oder vorwärts gegan⸗ gen sey. Die Erzählung, daß Riego überall, wohin er komme, die Konstitution der Cortes proklamire, mag auf sich beruhen. Da die Städte selbst keine Theil⸗ nahme an dieser militairischen Rebellion äußern und die Aufrührer zu schwach sind, um alle diese Städte, deren sie sich bemächtigen, besetzt zu halten, so bleibt ihre Proklamatien ohne Wirkung und die königlichen Behörden treten wieder in ihre Funktion, sobald jene sort sind, wie es unmittelbar nach deren Abzuge am J. Febr. in Algesiras geschah. Sie kosteten der Stadt rtwa zo, ooo Piaster. Die Englischen Nachrichten über Gibraltar sind insgesammt von älterem Datum, und durch das Organ der Englischen Zeitungen, besonders des Morning Chronicle, zu deßen wenigen Tugenden die Wahrhaftigkeit nicht gehört, entstellt worden.

London, vom ag. Februar. Die vorläufigen Un— tersuchungen wider Thistlewood und seine Rotte sind in vollem Gange. Die zur Leichenschau ernannte Jury hat erklärt, daß der Polizeibeamie Smithers durch Mord gestorben. Die Anklage findet daher auf Hochverrath und Mord statt.

Ueber die Kurmärksche Landschaft.

Das unter dem Namen der Kur märkschen Landschaft bekannte Geld-Institut der Mark Bran— denburg war eine öffentliche Kreditanstalt des Landes, deren Leitung und Verwaltung der Landesherr unter seiner Oberaufsicht den Ständen der Provinz über⸗ tragen hatte.

Unter der Landschaft verstand man, wie bekannt ist, die Stände, die in der Mark „Prälaten, Gra— fen, Herrn, Ritterschaft und Städte“ hießen. Nach— dem die Wirksamkeit der Stände seit der Mitte des 17ten Jahrhunderts nach und nach erloschen, blieb der Name der Landschaft ausschlieslich jenem Geld⸗Insti⸗ tute. Man brachte sein Geld auf die Landschaft, sagte man, wenn man es bei diesem Institute, deßen Schuldverschreibungen Kurmärksche Landschaft-Obli⸗ gationen benannt wurden, zinsbar anlegte. In Schle⸗ sien, Pommern, Ost- und Westpreußen nennt man das Pfandbrief-System die Landschaft, weil es eine Association der Rittergutsbesitzer ist.

Der Ursprung dieser Kurmärkschen Landschaft, als eines Geld-⸗Institutes, fällt in die Mitte des 16ten Jahrhunderts. Eine Geschichte des Institutes zu schreiben wird nicht beabsichtiget, indes müßen für den Zweck dieses Aufsatzes einige geschichtliche Bemer⸗ kungen vorangehen.

Die Einkünfte der Kurfürsten von Brandenburg, welche hauptsächlich auf den Ertrag der Domainen und Forsten, auf die Zölle und auf eine von den

Man glaubt daß ber Mitverschworne Monument der Polizei den Aufenthalt des Thistlewood ent⸗ deckt habe. Auch Thomas Preston, einer der be— kanntesten Radikalen der Spafields⸗Versammlung, ist verhaftet worden.

Spanisches Süd-Amerika. Nach Briefen aus St. Thomas bis zum 25. Januar, welche sich wiederum auf Nachrichten vom Süd-⸗Amerikanischen Kontinent bis Ende Decembers beziehen, hat Boli⸗ var einen feierlichen Einzug in Aug ustura gehal⸗ ten und durch eine öffentliche Bekanntmachung die Provinzen von Venezuela und Neu⸗Granada in Eine Republik unter dem Namen „Neu⸗Kolumbia“ verei⸗ niget. Er war wiederum zur Armee abgegangen. Nach eben diesen Nachrichten war, seit der Einnahme von Santa Fe di Bogota, kein Gefecht mit den koͤ⸗ niglichen Truppen vorgefallen.

Aus dem Haag, vom 4. März. Der zweiten Kammer der General-Staaten sind wiederum zwei Ge⸗ setz Entwürfe, der eine in Bezug auf die außerordent⸗ lichen Ausgaben für 1820, der andre über die Mittel zu deren Bestreitung vorgelegt. Jene belaufen sich auf 13,735,754 Fl., diese nur auf 10 Mill. Der Kö⸗ nig hat sich den Vorschlag fernerer Mittel zur Dek⸗ kung des Ausfalles vorbehalten. Die nunmehr aufs neue in Antrag gebrachten ordentlichen und außeror⸗ dentlichen Ausgaben für 1820 betragen 81, 189,534 Fl. mit Inbegriff der Hebekosten.

München, vom 2. Mätz. Der Staatsrath v. Gönner ist zum Wirklichen Staatsrathe im ordent⸗ lichen Dienste bei der Justiz⸗Sektion ernannt worden.

Wiesbaden, vom 4. März. Die Eräéffnung der diesjährigen Versammlung der Naßauschen Landstände ist durch ein landesherrliches Edikt vom 1. d. auf den 20. d. festgesetzt.

Braunschweig, vom 29. Februar. Heute ver⸗ starb hieselbst der herzogl. Geheime Instizrath und Profeßor am Karolinum, Herr Jehann Joachim Eschenburg, im 77sten Lebens- und 53sten Dienst— Jahre. Das teutsche Vaterland kennt und ehrt seit einem halben Jahrhundert seine vielfachen gelehrten und gemeinnützigen Verdienste. Er war in Hamburg geboren.

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Städten und bäuerlichen Besitzungen zu enteichtende Grundsteuer (die Urbede) angewiesen waren, reichten nicht jederzeit hin, die öffentlichen Bedürfniße zu be— streiten, und es mußten theils außerordentliche Steuern ausgeschrieben werden welche der Bewilligung der Stände bedurften, theils sahen sich die Kurfürsten ge— nöthiget, ihre Domainen, Zölle und selbst die Grund⸗ steuern zu verpfänden. Die außererdentlichen Steuern wurden anfangs nur auf diejenigen Eingeseßenen ge— legt, welche die jährliche Urbdede zu entrichten hatten. Man nannte sie gewöhnlich Landbede. Sehr uneigent⸗ lich heißt es von solchen Steuern, daß die LanLst ande die Schulden der Landesherrschaft übernommen hätten; sie steuerten zu den Bedürfnißen des Staates, und mußten es auf unregelmäßigem Wege, durch außeror⸗ dentliche, sich von Zeit zu Zeit erneuernde Auflagen thun, weil kein regelmäßiges, die öffentlichen Be⸗ dürfniße hinreichend versorgendes Steuersostem orga⸗ nisirt war. Von solchen außerordentlichen Aufla⸗ gen sind aus dem 13ten, 14ten und 15ten Jahrhun⸗ derte verschiedene Beispiele in den Urkunden jener Zeit aufbewahrt. Aus einer Erhedung dieser Steuer in den Jahren 1450 und 1451 unter dem Kurfürsten Fried⸗ rich 1II. geht hervor, daß damals noch landesherrliche Beamte die Steuer einzogen und derechneten. Das Register des Landschoßes don 1461, welches der Herz⸗ bergschen Ausgade des Landduches von 1375 S. 501. beigedruckt worden, nennt drei kurfürstliche Schreiber als diese Heben und Kaßendeamten. Späterhin viel-