1820 / 24 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 21 Mar 1820 18:00:01 GMT) scan diff

3261 nur ferner fo gehen.“ Und enblich der Dr. B.... unterm 1s. April 1819 an W—: P ist ein achtungswerther Mensch, für uns ist er aber nicht, denn wir müßen uns uneigennützig der schönen Idee opfern, sollten wir sie auch nur mit Blut ins

Leben rufen. Worte machen kann Jeder!“

Ein Hauptmitglied des Vereines zu H. P...... ... schrieb unterm 21. Februar 1819 an W— „Ruhe können und dürfen wir nicht erwarten, der Feinde und Widersacher werden noch Viele auszurotten seyn, der Schwächlinge und Halben noch mehr zu heben und zu gewinnen.

Nach den Akten war im engeren Vereine zu G. als Norm des Handelns folgender Spruch aufgestellt:

Trotz unterm Hut,

Im Herzen Muth,

Am Schwerte Blut, Macht Alles gut!

So schrieb der Student v. L..... ...... unterm 1. Juni 1819: „Freilich, noch ringt mit der Freiheit gekrönter Wahn, noch kämpft mit dem Teufel die Tugend. Aber er muß hinunter! Ein Diener ist ab—⸗ gefahren, herrlich vorangeritten den andern. So wird die ganze Brut abfahren aus dem teutschen Lande. Daß sie sich doch erst bereiten muß zu ihrer Stunde! Oder wenn sie nicht weichen will, so werden sich doch endlich Schwerter finden, überall die Wurzeln aus⸗ zuschneiden, und ein gewaltiger Sturm vor der Sonne her wird überhin fliegen und reinigen bis sie kommt.“

Aber auch außer den Vereinen galt dieser Grund⸗ satz. Den oben bereits angeführten Belägen fügen wir noch einige hinzu: .

ö. Der Turnlehrer R. .. ...... schrieb unterm 10. Juli 1819 einem Lehrer: „Der von den Schmalz— Gesellen neu erregte Sturm geht vorüber, ohne den beabsichtigten Schaden angerichtet zu haben, er wird Vielen von ihnen vielmehr selbst die Luft benehmen, sey es durch die Macht der Wahrheit oder durch die Kraft der Rede und des schneidenden Schwertes, was zur Noth der Wahrheit und Sittlichkeit Bahn macht.

Der Student M. .. in einem undatirten Briefe: „Kotebue mußte mit Gewalt weg. Da hilft kein Widerstreben; jemehr sie sich sträuben, desto här— ter die Rippenstöße“

Der Kandidat F. . . .... in einem bei ihm gefun⸗ denen handschriftlichen Aufsatze: „Wer den Gewalt— herrn räth, der Entwickelung der Freiheit sich entge— gen zu stemmen, ist ein Hochverräther am Vaterlande und an der Menschheit, und muß, als solcher, als ein Ungeheuer aus der menschlichen Gesellschaft wegge— rãumt werden.“

Der Lehrer Fe.... unterm 6. Mai 1819 an den Dr. R. .. . . . „Wie rechtfertigst Du denn einen Krieg auf Leben und Tod eines Polkes mit dem anderen, wo doch wol Gift und Dolch erlaubt sind? Wenn nun aber wirklich die öffentliche Gerechtigkeit so feil und verdorben, das Volk so jämmerlich ist, daß ein Schänder teutscher Volks-Ehre nicht gerichtet und aus⸗ gespieen wird; sollte es nicht denkbar seyn, daß ein einzelner Mann das Schwert der Gerechtigkeit ergriffe und mit gutem Gewissen Henker und Meu— chelmörder würde?“

Der Professor A.... äußerte: „Ein Paar Execu— tionen und die ganze Sache hat ein Ende. Wenn ein Prediger erschoßen seyn wird, hat die Sache ein Ende.“ Wenn Sands und Läönings Verbrechen zu den scheußlichen Früchten solcher verderblichen, Mo—

ral und Gesellschaft zerstörenden Grundsätze gehören,

so ist dazu gewiß nicht minder zu rechnen, daß, wie aus dem Stücke 156. und 16. der Staats-Zeitung her— vorgeht, diese empörenden Grundsätze hin und wieder selbst schon der Schuljugend eingeflößt waren.

Die Akten enthalten eine Reihe von Rechtferti—⸗ gungen, ja selbst von Lobpreisungen des von Sand begangenen Verbrechens, die aus jenem Grundsatze gefloßen sind.

So schreibt z. B. der Student H., Mitglied des engeren Vereines zu J unterm 1. May 1819 an H.: „Du wirst sie (Sands That) hoffentlich doch beßer argen, als viele einfältige Zeitungschreiber. Ob die That rathsam war, daran ö ich; schlecht war sie aber gewiß nicht, im Gegentheile groß, er hat nach seiner Ueberzeugung gehandelt, er hat das Leben an die Idee gesetzt.“

Der Student v. L. 77777. unterm 1. Julius 1819: „Wer mag sagen, darum hat er (Sand) es gethan; aber fühlen kann mans wol

Was ihn zu solcher That gelenkt,

In unsern Herzen liegts versenkt! Es ist nichts als ein Zeichen der Zeit, die sich kund giebt als Bekampfung gehegter Schurkerei.

Der Student A.. . . . unterm 5. April 1619: „Sand hat edel gehandelt und groß, und es stände gut um uns, wenn nur recht Viele da wären; wie unser redlicher treuer Sand. Sie (Sands That) mag uns allen ein Zeichen der Zeit seyn, daß wir. wie er, alles thun sollen, um dem Vaterlande seine Einheit wieder zu geben. Kotzebues Ermordung mag uns eine neue Ermunterung seyn, frisch auf das Ziel loszusteuern, was jedem Redlichen stets vor Au⸗ gen steht.“ Und unterm 11. May 1819 „San ds That ist keine leere Spiegelfechterei, keine Schwär⸗ merei, sondern ein großes Zeichen deßen, was kommen wird und kommen muß. Am wenigsten werde ich jetzt eine ähnliche wie Sands That, vollbringen, denn dies würde durchaus schlecht wirken, indem es Sands That herunter setzte und alles Gute was sie wahrlich in vielen Gemüthern erregt hat, vernichtete. Alle würden sagen, seht den Affen!“

Der Student K. . . . unterm 16. May 1819 in den oben angeführten Briefe, nach der oben schon ausge— hobenen Aeußerung: „Hatte nicht jeder Teutsche das Recht, solch einen Mann nieder zu dolchen? O ja! das ist nicht fanatisch, es ist gerecht und wenn Alle blind sind, so muß der Sehende wachen. Ja, wenn unser Volk energisch und volkthümlich gewesen wäre, daß es so einen Kerl ins Gesicht gespuckt hätte, dann hätte es so einen Gewaltstreich nicht gebraucht, aber —“ So der Rechts⸗-Kandidat F.. in einem bei ihm gefundenen Aufsatze: „Daher erkennt die beßere Mehrzahl des Volkes die That des Sand als eine herrliche große That an, welche entsprun⸗ gen aus dem edelssen Vaterlandsgefühle des natür⸗ lichen Rechtes“ ꝛc. So äußert der vormalige Turn⸗ Lehrer M. . .... unterm 26. May 1818: „Das Hin⸗ ziehen zu und Sands That haben tief in mein Inneres gegriffen, wie in die Saiten eines verstimm— ten Flügeis, und haben mich gewaltig aufgerssft und vorwärts getrieben. Sands große Liebe hat auch mich ergriffen und geläutert, es ist mir durch Mark und Bein gegangen, wie elend ich gegen ihn bin, wie's mir noch gewaltig fehlt um treu und wahr zu seyn wie Sand und rein wie er, um so rein aus dem Leben gehen zu können.“

Solche Gesinnungen sind allerdings Gegenstand des Mitleidens und des Bedauerns, weil sie beweisen, daß verschrobene Grundsätze über öffentliche Verhält⸗ niße, und religieuser und politischer Fanatismus die ersten Gefühle für Religion, Recht und Sittlichkeit selbst bis zur Lobpreisung des Meuchelmordes und des Verbrechers abstumpfen können; allein sie erfo⸗ dern die ganze Aufmerksamkeit und die kräftigste Für⸗ sorge der Regierung um so gebieterischer, als hin und wieder selbst Diejenigen, welche berufen sind die Jugend vor solchen Gesinnungen zu bewahren, ähn⸗ licher Grundsätze sich schuldig machten, indem sie bald dem Beweggrunde jenes Verbrechens, bald der ver⸗ meintlichen Willenskraft des Verbrechers laut und öffentlich Achtung und Billigung bezeugten.)

) Zu den Grundsaͤtzen der teutschen Demagogen gehoͤrte auch die Verfolgung der in ihre revolutionairen An⸗ sichten nicht einstimmenden Schrifsteller. So schreibt z. B. der Kandidat F „St. habe ich aufs heftigste in einem Aufsatze im Oppositionsblatte wegen seiner Behauptung „die ga er hätten sich nirgend der freien Entwickelung des Geistes in den Weg gesteilt“ angepackt und ihn einen Luͤgner wider beßeres Wißen, geheißen. St. Schrift enthaͤlt etwas Niederträͤch— tiges, denn er fragt: wo haben die Fuͤrsten irgend der freien Geistes entwickelung 2c. Also ist er ein Heuchler ein Schandbube!“ So der Dr. K an den Dr. B unterm 28. Nov. 1818: „Die schaͤdlichen Seelen mehren sich täglich und umsummen uns wie ein Heu— schreckenheer, Es muß doch ein kräftiger Schlag ir— gendwo geschehen, sonst hilft alles nichts.

Redaktion in Aufsicht: von Stägem ann. Reimersche Buchdruckerei.

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Allgemeine

Preußische Staats-Zeitung.

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24e Stück. Berlin, den 21sten Maͤrz 1820.

k. Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages.

Berlin, vom 21. März. Se. Königliche Majestät haben im Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten die bisherigen Wirklichen Legations⸗ Räthe 3yka, Humbert, Philipsdern und Ba— lan zu Geheimen Legationsräthen, die bisherigen Hofräthe de La Croix sen.,, Heim, Wallmüller, de La Croix jun., die Geheimen expedirenden Se⸗ kretarien, Referendarius Krug und Lieutenant von Bülow, zu Legationsräthen, und den bisherigen Le⸗ gations-Sekretair Wu strow, den Geheimen expedi⸗ renden Sekretair Bork, und den bisherigen Geheimen Sekretair Cottel, zu Hofräthen zu ernennen, und die darüber ausgefertigten Bestallungen allerhöchst ei⸗ genhändig zu vollziehen geruhet.

Des Königs Majestät haben dem Kaufmanne Bergmüller zu Grüneberg, den Karakter als Kom⸗ merzienrath zu ertheilen und das desfalsige Patent allerhöchstselbst zu vollziehen geruhet.

Se. Majestät der König haben dem Unter— Förster Herrmann Faßbender zu Knapsack in der Forst⸗Inspektion Bonn, das allgemeine Ehrenzeichen zweiter Klaße zu verleihen geruhet.

Ich bestimme hiedurch, daß die auf ein jãhrige Dienstzeit eintretenden Freiwilligen hinführo nicht mehr gehalten seyn sollen, sich Waffen und Lederzeug— stücke aus eigenen Mitteln zu beschaffen, sondern daß ihnen dieselben aus den Vorräthen, mit der Bedin⸗

gung gegeben werden, sie nach vollendeter Dienstzeit in einem völlig brauchbaren Zustande zurückzuliefern. Dagegen fallen diese Freiwilligen bei der Geld⸗ und Brodverpflegung aus, und erhalten fernerhin auf öft fentliche Kosten nur freies Quartier.

Um indeßen armen Studirenden, oder anderweiti⸗ gen zum einsährigen Dienste berechtigten jungen Män⸗ nern die Ablösung ihrer Dienstpflicht zu erleichtern, wi ll Ich gestatten, daß in einzelnen außerordentlichen Fällen die Hilfbedürftigsten in die Verpflegung aufgenommen werden, wenn sie ihre Bedürftigkeit den Regiments⸗ Kommandeuren durch glaubwürdige Atteste nachwei⸗ sen, und sie von dem Brigade⸗Dioisions⸗Kommandeur und kommandirendem Generale genehmigt woroen« Diese sollen dann nicht allein vollständig verpflegt, sondern auch auf Meine Kosten mit Waffen ꝛc. ver⸗ sehen werden, wogegen sie sich die Bekleidung wie bis⸗ her zu beschaffen haben. Solche Freiwilligen gehd⸗ ren zur etatsmäßigen Stärke der Truppentheile; alls nebrige werden als überzählig geführt. Bei der Ka⸗— vallerie findet die obige Bestimmung aber keine An⸗ wendung, vielmehr sollen die bei dieser Waffe eintre⸗ tenden Freiwilltgen jederzeit aus der Verpflegung weg⸗ fallen, und überzählig seyn. In Beziehung auf die Berechtigung zum Eintritte bleibt es genau bei den bisherigen Verfügungen.

Berlin, den 5. März 1820. (gez. Friedrich Wilhelm. An das Kriegs Ministerium.

I. Zeitung s-Nachrichten.

Paris, vom 11. Maͤrz. Ueber den Gesetz: Ent⸗ wurf zur Beschränkung der persönlichen Freiheit hat sich die Beredsamkeit aller ausgezeichneten Mitglieder der Kammer, zu welcher Parthei sie auch gehören, nunmehr vernehmen laßen. Die Minister des Innern und der auswärtigen Angelegenheiten haben auf die Berathung mit lebendigem Eifer eingewirkt. Die Rede des Er⸗ sten war besonders dadurch merkwürdig, daß er aus den Berichten der Präfekten und General-Prokurato—⸗ zen der Departements, verschiedene faktische Umstände

mittheilte, welche die gefahrvollen Anschläge der Un ruhstifter beweisen, und die Maasregel der Regierung, durch die Verhaftung dieser Feinde der öffentlichen Ordnung und Ruhe ihren Ränken zuvorzukommen und ihren Einfluß auf das Volk zu verhindern, voll⸗ kommen rechtfertigen. Er setzte auseinander, daß die Verbeßerungen des Gesetz Entwurfes durch die Vor⸗ schläge des Ausschußes das ganze Gesetz aufhöben, und bemerkte, daß auf den Grund des früheren Ge⸗ setzes vom 12. Febr. 1817, wodurch der Regierung eben