1820 / 26 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 28 Mar 1820 18:00:01 GMT) scan diff

Stirn an Stitn im Kampfe, also mit Achtung gegen⸗ über gestanden bei Ober-Kamlat und in zwanzig an⸗ deren Gefechten; auf Franzosen, die seit einer 19jäh⸗ rigen Rückkehr, im Vaterlande diejenige Achtung wie— vererlangt haben, die man in friedlichen Zeiten jedem gesellschaftlichen Vorzuge zu beweisen gewohnt ist. Ich bin von einem meiner Kollegen beleidigt worden, der sich seinerseit für seine ehemaligen Leidensgefährten von mir beleidiget glaubte. Wir haben uns darüber ausgeglichen wie es Männern von Ehre in solchem Falle geziemt. Aber als Bürger und als Mensch pleibt mir noch eine Pflicht zu erfüllen übrig, und ich erfülle sie mit Biederkeit und mit Vertrauen. Ich würde mich höchst unglücklich fühlen, wenn eine falsche Deutung meiner Worte neuen Saamen der Zwie— tracht in unserem Vaterlande, das nur des Friedens und der Eintracht bedarf, ausstteuen sollte. Auf wel⸗ cher Bahn wir uns zuvor befanden, unser Aller Blut muß nur für das Vaterland, für den Thron und für unsere Verfaßung fließen.“ Diese Rede ward mit all⸗ gemeinem Beifalle, besonders auch von den Mitglie⸗ dern der rechten Seite, vernommen. Auch Herr von Corday erklärte sich in gnugthuender und versöh— nender Weise.

In derselben Sitzung trug Herr Froc de la Bou⸗ kaye das (von der Kammer der Pairs bereits ange⸗ nommene) Gesetz, welches die Zeitungen wiederum ei—⸗ ner Censur unterwirft, als Bericht-Erstatter des zur vorläufigen Prüfung niedergesetzten Ausschußes vor. Er bemerkte, daß drei Mitglieder der Kommißion sich gegen das Gesetz erklärt, weil es verfaßungswidrig sey, da nach dem Sten Artikel der Charte jeder Fran⸗ zose das Recht habe, seine Meinungen bekannt zu machen und drucken zu laßen, wenn es den Geseten gemäs geschehe, durch welche den Misbräuchen dieser Freiheit gesteuert werden soll. Die Censur solle aber verhüten, zuvorkommen; eine Maasregel, welche von der Verfaßungs-Urkunde nicht santtionirt sey. Die Freiheit der Zeitungen sey von der Presfreiheit un⸗ zertrennlich; ein Zeitungsblatt sey für eine reprä—⸗ sentative Regierung, was die Rede für den Menschen; es gebe dem Gedanken Flügel, es beförbere diese schnelle Publieität, diese bequeme Versinnlichung der Wünsche und Empfindungen, die durch nichts ersezt werden könne. Die Mehrheit des Ausschußes sey da—⸗ gegen anderer Meinung. Sie halte dafür, daß die Zeitungen einer Censur, auch verfaßungsmäßig, un⸗ terworfen werden könnten, wenn die Regierung und die Kammern es nothwendig fänden. Und diese Noth— wendigkeit sey vorhanden, da es weltkundig sey, wel— chen schmähligen Misbrauch die Zeitungschreiber von der Presfreiheit gemacht hätten. „Was ist in Frankreich nöthiger (sagte der Redner) als den Zwiespalt und den Has zu versöhnen! Man zeige uns in Europa eine Lage die der unsrigen gleicht, und wir wollen gern unsre Beispiele anderswoher nehmen. Man suche sie uns in der Geschichte auf und wir wollen Lehren daraus schöpfen. Aber vergebens befragen wir unsre Zeitgenoßen und die Jahrbücher der Welt.“ Mach

einer kurzen Schilderung der Vergangenheit und dei Gegenwart, nach treffenden Bemerkungen über dit verschiedenen Intereßen der alten und der neuen Zeit, die sich einander noch immer feindselig begegneten, stellte der Redner dar, daß nur die Aristokratie der Federn, daß nur die anarchische Macht der Zeitungen, dieser Rüsthäuser des Haders und der Schmähungen, aus denen sich Jedermann mit vergifteten Waffen versehen könne, die Versöhnung der Partheien verhin— dere, den alten Zwiespalt erwecke und die Leidenschaf— ten durch Ausschweifungen nähre, über welche die Feinde der Freiheit frohlockten. „Unter ihrer Herr— schaft ist die Mäßigung zum Stillschweigen verurtheilt. Niemals zufrieden gestellt, niemals erkenntlich, be— trachten sie eine Freiheit, die man ihnen einräumt, nur als ein Recht, eine zweite zu begehren. Das

Volk, in tausendfacher Weise von ihnen bewegt, weiß nicht mehr, was es hoffen oder fürchten, achten oder

verachten, lieben oder haßen soll. Der König, sein— Familie, seine Regierung, die Kammern, die Gesetze, die Religion, nichts mehr wird eine Scheu einflößen, nichts mehr wird heilig seyn. Wir bedürfen nur Ord— nung, Ruhe, Frieben. Und unsre Ruhe wird nur durch

diejenigen getrübt, die uns um jeden Preis in Bewegung setzen wollen, nur durch die Schriftsteller, die uns scho⸗

nunglos Einen gegen den Andern in Harnisch bringen, und auf unsre Kosten sich den Sieg streitig machen.

Diese Schriftsteller allein sind im Stande, zwischen

uns und dem gesammten Europa Zwietracht anzuspin nen. Durch ihr unverständiges Mitsprechen über die Angelegenheiten des Auslandes nöthigen sie das Aut— land, in unseren eigenen Angelegenheiten mitzuspre⸗ chen. Frankreich soll nach ihrer Meinung ein Land seyn, auf deßen Gränze Jedermann ungestraft seine

eigene Regierung und andere Mächte verlästern könne, ohne daß es für uns irgend eint Unbequemlichkeit,

irgend einen Anlas zur Beschwerde für unsere Nach⸗ barn herbeiführen dürfe. Nein! Niemand wird sich in unsere Sachen mischen, wenn wir uns nicht in fremde Sachen mischen; aber ganz Europa wird wieder auf— merksam, wenn sich Frankreichs heitrer Himmel aufe neue mit Wolken bedecken sollte.“ Der Redner räumte ein, daß die Censur der Zeitungen ein Räckschritt auf dem Wege zur Freiheit sey; aber ein nur momenta—

nes Opfer könne nicht in Betracht kommen, wo ein

so großes Intereße vorwalte. Ueberall sey man ein⸗ verstanden, und es werde selbst von den Vertheidi⸗ gern der allgemeinen Presfreiheit nicht verkannt, daß das Uebel sehr weit gediehen und daß ein öffentliches Aergernis vorhanden sey. Er schloß daher im Namen des Ausschußes mit dem Antrage: den Entwurf des Gesetzes ohne Abänderung anzunehmen, gleichzeitig aber den Wunsch an die Regierung gelangen zu laßen, daß der Kammer ohne Anstand ein angemeßen stren⸗ ges Repreßivgesetz vorgelegt werden möge.

Unter den Rednern für und gegen das Geset

haben sich die Koryphäen der rechten und der linken

Seitt einschreiben laßen. Neben den letzten bemerkt man auch den Heren Camille Jourdan.

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Noch ward in dieser Sitzung ein vom Herrn

Maine von Biran (Staatsrathe) vorgeschlagener Zusatz⸗Artikel zum Geschäft⸗-Reglement der Kammer, das Verfahren bei dem Vortrage der Bittschriften be⸗ treffend, auseinandergesetzt. Die Kammer beschloß durch Stimmenmehrheit, sich mit diesem Vorschlage zu beschäftigen. Die Herrn Manuel und B. Con⸗ stant hatten dagegen gesprochen.

In der Sitzung vom 17. stattet- Herr Staats rath Benoit über den Gesetz Entwurf in Bezug auf die

Finanzrtchnungen der Jahte 1817 und 1818 Bericht

ab, der jedoch wegen seiner Ausführlichkeit nicht voll⸗ endet wurde.

unsere Fonds sind in diefen Tagen ungewöhnlich gestiegen, namentlich die Renten, jouiss. vom as. März, in 8 Tagen von 1 Fr. 70 Et. auf 75 Fr. Jo Ct.

London, vom 17. März. Die Wahl der City von London für das nächste Parlament ist beendigt. Unter den vier gewählten Kandidaten, dem Lordmayor Bridges, Thomas Wilson, Curtis und Wood sind die drei ersten ministeriell. Bei der Wahl von Westminster hatten bis jetzt noch Sir Fr. Burdett und der berüchtigte Hobhouse die meisten Stimmen.

Hunt hat in Pre ston kein Glück gemacht und ist zu seinem Verhöre nach York gereist.

Die Unruhen, welche die Bandmänner in Irland erregt, haben sich auch über die bisjetzt ruhige Graf⸗ schaft Kilkenny verbreitet. In der Grafschaft Gal⸗ 1ë0way ist es einigen Obrigkeiten gelungen, den Auf⸗ rührern die Gewehre abzunehmen. Zu Roscom⸗ mon sind Mehre hingerichtet worden. Von einem An⸗ führer der Bandmänner, Con wah, der in einem Ge⸗ fechte bei Castlebar schwer verwundet und gefangen worden, erwartet man wichtige Geständniße. Der Ge⸗ neral Paget hat den Oberbefehl über die königlichen Truppen im Westen Irlands übernommen.

Madrid, vom 98. März. In den ersten Tagen dieses Monates hatte die Regierung die zuverläßige Nachricht erhalten, daß die Insurrektion, die sich bis⸗ her auf Andalusien und einen Theil von Galizien be— schränkt hatte, durch die ganze Armee verbreitet sey, und es gewann den höchsten Grad von Wahrschein⸗ lichkeit, daß die meisten ihrer Anführer schoͤn seit einiger Zeit in einem Zusamenhange ständen, der über ihte Absicht, die Konstitution der Cortes vom 18. März 1812 zu proklamiren, keinen Zweifel übrig ließ. Zu Ocanna (etwa 5 Meilen von Madrid) hatte der Graf von Abisbal selbst, an der Spitze von 5 Bataillons, diese Konstitution verkünden, öffentliche Gelder in Be⸗ schlag nehmen und die Kouriere der Regierung anhal⸗ ten laßen. Von Ocanna hatte er sich nach Santa Cruz von Mudela (am Fuße der Sierra Morena) be⸗ geben, wo er noch mehr Truppen an sich zog. Ver⸗ schiedene Gardes du Corps und Offieiere verließen Ma⸗ drid, um sich an ihn anzuschließen. Von seinen bei⸗ den Brüdern, den Grafen Odonel, ven denen der eine gegen Riego, der andre in Alt Kastilien zommandirt, besotgte man ähnliche Schrittt. Aus

Murcia, Gallizien, Leon gingen Meldungen ein, daß die Konstitution der Cortes Überall proklamirt werde. Das Regiment Malaga, welches in Ciudad⸗ Rodrigo garnisonirt, beschwor sie und marschitte auf Astorga. Die Regierung gewann die Ueberzeu⸗ gung, daß diese Bewegung der Armee nicht mehr zu unterdrlicken sey, und det König erließ die Prekla⸗ mation vom 5. d. um die Gemüther zu gewinnen. Sie brachte die erwartete Wirkung nicht hervor. Die kraft derselben in Wirksamkeit getretenen Staats behor⸗ den stimmten insgesammt für die unverzügliche Zusam⸗ menberufung der Cortes (den Rath von Indien aus— genommen, der sich für die Angelegenheiten der Halb— Insel inkompetent erklärte). Der General Balla⸗ steros, den der König aus seiner Verbannung zu Valladolid nach Madrid berufen hatte, trat dieser An⸗ sicht bei. Aber auch die Bekanntmachung, durch welche der König am J. d. morgens seinen Entschlus zut Zusammenberufung der Cortes anzeigte, verfehlte ih⸗ res Zweckes, die einmal aufgeregten Gemüther zu be⸗ ruhigen. Gleichzeitig erhielt die Regierung die Nach⸗ richt, daß auch die vom General Frehre komman⸗ dirte Andalusische Armee sich für die Konstitution der Cortes erklärt habe. Hiedurch bewogen, erlies der König, ohne weitere Berathungen zu veranlaßen, aus eigner Entschließung noch am J. des Abends folgende Bekanntmachung: „Um den Verzug zu vermeiden, der durch etwannige Zweifel über die Ausführung Meines Befehles, die unverzügliche Berufung der Cortes betreffend, im Staatsrathe entstehen könnte, und bei dem allgemein erklärten Willen des Volkes, habe Ich Mich entschloßen, die von den außerordent⸗ lichen und allgemeinen Cortes bekannt gemachte Kon⸗ stitution vom Jahte 1812 zu beschwören.“ Diese Bekanntmachung erschien in einer außerordentlichen Hofzeitung vom 8. d. Sie machte den lebhaftesten Eindtuck. Der König watd abends im Ptado mit En⸗ thusiasmus empfangen. Die Stadt war allgemein erleuchtet.

Wien, vom 15. Marz. Unsere Zeitungen ent⸗ halten das schon am 22. Detemder v. J. zu Linz im 95sten Lebensjahre erfolgte Absterben des Veteranen unseres Heeres, des Generalfeldzeugmeisters Johann Peter Freiherrn von Beaulieu. Er wat schon 1745 in Kriegsdienste getreten, hatte im siedensährigen Kriege als Adjutant des Feld marschals Grafen v. Daun an den Tagen von Kollin, Leuthen, Hochkirch Theil genommen. Im Französischen Revolutienskriege kom= manditte er im Jahre 1789 in den Niederlanden. 1796 hatte er den Oberbefehl in Italien.

Stuttgart, vom 18. März. Unste Ständever⸗ sammlung fährt in ihren Berathungen Über die An⸗ gelegenheiten unserer Gesetzgebung mit Ruhe und um—⸗ sichtiger Ueberlegung fort. Sind ihre Dis kuß ionen für das Publikum des Auslandes weniger interefant, so werden sie um so wohlthätiger auf die Wohlfahrt unseres Vaterlandes einwirken.

ginen sehe ausführlichen, Und gehaltvollen Voꝛ⸗