Die wegen der Ungiltigkeit der Renuntiation des Königes erlaßene Verfügung erneuerten sie durch ein späteres Dekret vom 1. Jan. 1811, indem sie, die Zu⸗ kunft gleichsam vorahnend, hinzufügten, daß jede Akte, welche der König entweder auf fremdem Boden voll— ziehe, oder zwar auf heimischem, doch aber unter der Umgebung feindlicher Soldaten oder fremden Einflußes unkräftig sey, weil die Nation ihm nicht eher gehor— chen werde, als bis er sich wieder unter seinen treuen Unterthanen in der Versammlung des National-Kon— greßes befinde.
Die Hauptbeschäftigung der Cortes war die Ent— werfung einer Berfaßungs- Urkunde. Der zu dieser Arbeit ernannte Ausschus vollendete sie in der Mitte des Jahres 1811. Nach langer Berathung vollzogen die Cortes den Entwurf am 18. März 1812 und die Regentschaft machte ihn am folgenden Tage im Na— men des Königes als Gesetz bekannt.
Man kann einräumen, daß der größere Theil der Männer, die an dieser Verfaßungs-Urkunde gearbei— tet haben (161 haben sie unterzeichnet, unter denen 52 Amerikaner und 1 aus den Philippinischen Inseln) zu den einsichtvollen wahrhaften Freunden des Va⸗ terlandes und zu den treuen Dienern des Königes ge⸗ hörten: abet während der Eine die seit Jahrhunder— ten untergegengene Gewalt der ehemaligen Cortes herzustellen, die Verfaßung geschichtlich zu begründen strebte, verlor sich der Andere in metaphysische Träu— mereien, und so entstand, nach dem Muster der Fran— zösischen vom Jahre 1791, diese sogenannte Konstitu— tion der Cortes, die sich nur dadurch von ihrem Mu— ster entfernt, daß sie der vollsiehenden Gewalt noch
verschiedene Attribute mehr entzieht, und einige Gei⸗—
stesbeschränkungen voriger Jahrhunderte in das neun— zehnte herüber nimmt.
Welche vaterländischer Sinn, welche Anhänglich—
keit an den Thron und an den alten Regentenstamm den Mitgliedern dieser konstituirenden Versammlung“
jedoch zugestanden werden möge, so darf die Geschichte auch nicht verschweigen, daß sie gegen diejenigen Män— ner, welche theils ihren Beruf, im Namen des Köni— niges und der Nation die Landesverfaßung so gänz— lich umzuändern, theils die Ausführbarkeit ihrer Grundsätze bezweifelten, mit heftiger Leidenschaft und einem Haße verfahren, der den erleuchteten Gesetzge— bern unserer Tage nicht zur Ehre gereicht. Einige Mitglieder der Regentschaft von 1811, unter ihnen der ehrwürdige Bischof v. Orense, welche mit Wider— sprüchen auftraten, deren Erheblichkeit vielleicht die nächste Zukunft ans Licht bringen wird, wurden dafür, als des Spanischen Namens unwürdig, mit der Ver— bannung bestraft.
Durch das Dektet vom 22. Febr. 1813 schaften sie die Inquisition ab, die schon nach der Konstitution von Bayonne nicht mehr bestand. Die Regentschaft gerieth darüber mit dem päpstlichen Nuncius Gra— vina in harte Kontestation, doch ohne hierin nachzu—⸗ geben. Als die Herrschaft der Franzosen im Jahre 1813 endete, und ihre Heere durch den Herzog von Wellington aus Spanien vertrieben waren, ver— pflanzte sich die Regentschaft nebst den Cortes nach Madrid (im Januar 18146) und die Constitution ward überall bekannt gemacht. Um dieselbe Zeit erhielt die Regentschaft vom Könige den zu Valengay geschloße⸗ nen Vertrag vom 11. Debr. 1813, durch welchen Bo— naparte ihm Frelheit und Reich zurückgab, mit dem Befehle, die gebräuchliche Ratifikations-Urkunde zu entwerfen. Statt deßen sandte sie solchen, begleitet von dem vorhin erwähnten Dekrete der Cortes vom 1. Januar 1811 an den König zurück. Gleichzeitig, auf die Nachricht von der bald zu erwartenden An— kunft des Monarchen, foderten die Cortes ein Gut—
achten ves Staatsrathes, wie man sich gegen den Kö— nig zu betragen habe, wenn er vor dem Abschluße des allgemeinen Friedens zurückkehren sollte. Der Staats⸗ rath gab es dahin: daß der König, bevor ihm die Aus— übung der Königlichen Gewalt zu gestatten sey, den in der Konstitution vorgeschriebenen Eid ableisten müße. Auf den Grund dieses Gutachtens erließen die Cortes am 2. Febr. 1816 eine Verfügung, worin sie festsetzten, daß der König nicht eher als frei betrachtet werden könne, und daß ihm der Huldigungseid nicht eher zu leisten sey, als bis er in einer Sitzung der Cortes die Konstitution beschworen haben werde. Zugleich be— schloßen sie in eben dieser Verfügung die Verbannung aller Spanier, welche den Brüdern Bonaparte in irgend einer Art Dienste geleistet, Pensionen oder Eh⸗ renzeichen von ihnen angenommen und mit den Fran— zösischen Truppen das Land verlaßen hätten. Indem die Cortes durch diesen Beschlus den Vertrag des Kö— niges mit Bonaparte vom 11. Debr. 1813 vernich⸗ teten, hielten sie es erfoderlich, über eine so tief ein⸗ greifende Maasregel, durch welche fast jede Familie mehr oder weniger hart betroffen wurde, sich noch be—
sonders gegen die Nation zu rechtfertigen, welches in
einer Verfügung vom 16. Febr. geschah, worin sie den Vertrag von Valengay als ehrlos für das Spanische Volk schilderten.
Dem Könige war durch die Regentschaft und die Cortes eine Deputation entgegengeschickt worden, an deren Spitze sich sein Onkel, der Kardinal Erzbischof von Toledo, Den Ludwig von Bourbon, Präsi— dent der Regentschaft, befand. Doch wählte der Kö— nig absichtlich einen andern Weg, als diese Deputa⸗ tion, die ihren Zweck verfehlte, ihn unmittelbar an der Spanischen Gränze zu erreichen, und ihn mit den Beschlüßen der Cortes bekannt zu machen. Sie traf ihn in der Gegend von Valencia. In dieser Stadt erließ er am 4. Mai zwei Verfügungen, die dem bis⸗ herigen Zustande der Dinge ein plötzliches Ende mach ten. In der ersten erklärte er die Versammlung du
Cortes zu Kadix für unrechtmäßig, und die von ihnen
ausgegangene Konstitution, so wie alle ihre Verfügun⸗ gen, für nichtig; er hob ihre Versammlung auf, und bedrohte Diejenigen mit der Todesstrafe, die zu Gun— sten der Cortes oder ihrer Konstitution in Worten oder Handlungen sich vergeßen würden. Uebrigens gad er das Versprechen, eine rechtmäßige Versammlung der Cortes in Spanien und Amerika zu berufen, und eine Verfaßung zu gründen, durch welche die Willkür der Regierung, die seinen eignen Gesinnungen und der Aufklärung des Jahrhunderts entgegen sey, ausge— schloßen werde. In der zweiten Verfügung schaffte der König die durch die Cortes promulgirte Presfrei— heit wieder ab und stellte für alle Schriften eine Cen⸗ sur her, welche nur solchen Personen anvertrauer wer— den solle, die weder der Regierung der Cortes noch dem Zwischen-Könige angehangen. Diese Erklärungen erließ der König an der Spitze einer Armee von 40,006 Mann, die der General Elio zu seiner Verfügung gestellt hatte. Das Volk, deßen Vertrauen weder die Regentschaft noch die Cortes besaßen, das vielmehr üher ihr Betragen gegen ihren Monarchen höchst auf— gebracht war, billigte die Maasregeln des Königes, der noch vor seinem Einzuge in Madrid den Präsi— denten der Regentschaft nach seinem Erzbisthume To— ledo verbannte, und zwei andere Mitglieder derselben, Agar und Eiscar, so wie ihre Minister nebst ver— schieden en Mitgliedern der Cortes verhaften lies. Der Wagen des Königes ward bei seinem Einzuge durch das Volk von Aranjuez bis Madrid im Triumphe gezogen.
Redaktion in Aufsicht: von Stägem ann. Reimersche Buchdruckerei.
Al gemeine
Preußische Staats-Zeitnng.
2913 Stuͤck. Berlin, den 8ten April 1820.
I. Amtliche Nachrichten.
Kronik des Tages.
Berlin, vom 8. April. Se. Majestät der König haben in der Armee zu General-Lieutenants, die General-Majors von Bose, Kommandanten in Schweidnitz, von Ryßel 1, Kommandeur der 12ten Division, von Wollzogen, von der Ar⸗ mee, und zu General-Majors die Obersten v. Ho ff— mann, Kommandanten in Koblenz und Ehrenbreit— stein, v Rummel, im Kriegs-Ministerium, v. An⸗ halt, Kommandeur der 10ten Infanterie-Brigade, Rüchel v. Kleist, Kommandeur der zten Inf. Brig., v. Kyckpu sch, Kommandanten in Silberberg, v. Pooey⸗ da, Kommandeur der 1ten Landwehr-Brigade, Gr. v. Lehndorsff, Kommandeur der 15ten Kavalerie⸗Brigade, Benkendorff v. Hindenburg, Kommandanten in Thorn, v. Schutter, Kommandeur der iästen Inf. Brig, v. Steinwehr, Direktor der Ober- Militair— Examinations Kommißion, Gr. v. d. Schulenburg, Kommandeur der 4ten Kaval. Brig, Streit, Kom⸗ mandanten in Kolberg, Rühle v. Lilienstern, im Kriegs-Ministerium, v. Sandrart, Kommandeur der zten Kaval. Brig., v. Rudolphi, Kommandeur der zten Landw. Brig., v. Kemphen, Kommandanten in Stralsund, v. Lettow, Kommandeur der äten Inf. Brig.6, v. Thile, Kemmandeur der 12ten Landw. Brig., v. Mü ff lin g, Brigade⸗Kommandeur der Be—
satzung der Bundesfestungen, v. Block, Inspekteur der Garde- und Grenadier-Landwehr-Bataillons, zu befördern geruhet.
Se. Majestät der König haben dem Gutsbe⸗ sitzer von Radonski im Großherzogthume Posen die Kammerherrnwürde zu ertheilen geruhet.
Des Königs Majestät haben mitiels allerhöch— ster Kabinets-Ordre vom 6. Januar d. J. im Mini— sterium der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal⸗ Angelegenheiten, die Geheimen expedirenden Sekreta— rien Auerswald und Credé, die Geheimen Regi⸗ strateren Becket und Pauli, und den Geheimen Kanzlei-Direktor Felgentreff zu Hoöfräthen, den Geheimen Kalkulator Dannemann aber zum Rech⸗ nungsrathe allergnädigst zu ernennen und die darüber sprechenden Patente allerhöchsteigenhändig zu vollzie⸗ hen geruhet.
Se. Majestät der König haben den bisherigen Ober Landesgerichts⸗Referendarius Merkel zu Bres⸗ lau zum Stadt-Justizrathe bei dem Land- und Stadt⸗ Gerichte zu Danzig zu ernennen, und dem Justiz⸗-Kom⸗ mißarius Hacker zu Elbing den Karakter als Justiz⸗ Kommißionsrath beizulegen geruhet.
Se. Majestät der König haben dem Prediger Müller zu Laßehn den rothen Adler⸗Orden dritter Klaße zu verleihen geruhet⸗.
II. Zeitung s-⸗Nachrichten.
Paris, vom 29. März. Der erste Artikel des Censurgesetzes gegen die Zeitungen ist dahin abgefaßt: „der freie Umlauf der Zeitungen und periodischen Schrif— ten, wenn sie ganz oder zum Theil den Tages-Neuig⸗ keiten oder politischen Gegenständen gewidmet sind, sie mögen an einem bestimmten Tage oder unregelmäßig und in Lieferungen erscheinen, ist eine Zeitlang bis
ju dem unten näher zu bestimmenden Zeitpunkte auf— gehoben.“ In dieser Art hat die Mehrheit ihn an—
genommen.
Der Graf de la Bour don naye, bekanntlich zu den Häuptern der rechten Seite gehörend, hatte die Abänderung vorgeschlagen: „daß die Dauer des Gesetes
bis auf das Ende der gegenwärtigen Sitzung der Kam⸗ mer beschränkt werden möge.“ Die ganze linke Seite und ein Theil des Centrums, namentlich Herr Ter⸗ n aux, trat diesem Antrage bei, weil ein Repreßivge⸗ setz wider die Zügellosigkeit der Tagblätter nöthig, das vorgeschlagene Präventivgesetz aber doch immer ein Ein⸗ griff in die Karte sey. Die Gegner merkten ihrerseit an, daß sich die Kammer drei Jahre lang mit einem Repreßivgesetze beschäftiget, und zuletzt, in der vorjãh⸗ rigen Sitzung, doch nur ein solches zu Stande ge⸗ bracht habe, deßen Unzulänglichkeit durch die Erfah—⸗ rung nunmehr anerkannt sey. Wie könne man er— warten, daß die Kammer während der nur kurzen