1820 / 35 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 29 Apr 1820 18:00:01 GMT) scan diff

ihrer Diskußion dem heftigsten Widerstande unterlã⸗ gen, gründlich und erschöͤpfend zu erörtern. Der Kö⸗ nig habe deshalb ramhsam gefunden, den Entwurf zu vereinfachen, hn auf das Dringendste zu beschränken und dergestalt umarbeiten zu laßen, daß ihn auch nicht der geringste Vorwurf, die Verfaßungs Urkunde anzu⸗ rasten, treffen könne. Es sey zu erwarten, daß man sich inzwischen selbst über die Zweckmäßigkeit des ersten Entwurfes, über die Vorzüge einer zahireicheren Kam⸗ mer, über die parlamentarischen Vortheile einer ganz- lichen Erneuerung, von 5 zu 5 Jahren, verständigen werde. Jetzt halte der König für gut, dem Vorurtheile einiger befangenen Gemüther nachzugeben, und die Verfaßungs⸗Ürkunde durch das neue Gesetz mit keiner Sylbe berühren zu laßen. Nur einer mangelhaften Bestimmung des Wahlgesetzes vom 5. Febr. 1817 solle nachgeholfen werden, wozu man der Regierung hof⸗ fentuch eben so wenig das Recht bezweifeln, als sich barüber verwundern werde, daß ein jugendliches Re⸗ gierungssostem nicht mit den ersten Schritten das Ziel erreiche; daß in manchen Zweigen der Gesetzgebung abzuändern, zu verbeßern, zu vervollständigen sey; daß man erst durch Versuche, durch Erfahrungen sich der Vollendung nähere.

Das Gesetz selbst ist folgendes: .

Art. 1. 2) Es giebt in jedem Departement eine Wahlversammlung des Departements und Wahlver⸗ sammlungen der Kreise. b) In den Departements, die nur Einen Abgeorbneten zu ernennen haben, und in Korsika vereinigen sich sämmtliche Wähler in Eine

ersammlung. 9 ö Dir Wahlversammlung jedes Departements vesteht aus den höchst besteuerten Wählern.

Die Zahl der Mitglieder dieser Departements⸗ Wahl versammlung besteht im fünften Theile sämmt⸗ licher Wähler, doch darf sie nicht unter 100 und nicht über 600 seyn, ausgenommen im Seine⸗Departe⸗ ment (Paris), woselbst sie aus 8oo besteht. .

5. Sie Wahlversammlung jedes Kreises besteht aus alsen Wählern, die ihren politischen Wohnsitz im Freise haben und nicht zur Departements⸗Wahlver⸗

lung gehören. z n,, . . nicht wenigstens 80 Wähler, so müßen sich selbige dem benachbarten Kreise, der die wenigsten Wähler hat, anschließen und mit diesem eine einzige Versammlung bilden.

4. Jede Kreis versammlung ernennt, nach unbe⸗ dingter Mehrheit der Stimmen, so viel Kandidaten zur Kammer, als das Departement in dieselbe abord⸗

muß. ö 2 ein Kandidat gleichzeitig von mehren Krei⸗ sen ernannt, so wird er demjenigen Kreise angerech⸗ net, in welchem er die meisten Stimmen hat; in Allen übrigen Kreisen, die ihn auch gewählt haben, wird , , ,, . der nach ihm die meisten

immen erhalten.

. Rlterrtemen i Wahlversammlung ernennt vie Abgeordneten zur Kammer, und wählt solche aus den von den Kreisversammlungen berufenen Kandidaten.

6. In den Departements, die unter b. Art. 1. bezeichnet sind, schreiten sämmtliche in Eine Versam⸗ lung vereinigte Wähler zur Ernennung des oder der

rdneten. 36 Die Wahl der Kandidaten und der Adgeordne⸗ ten geschieht in der Art, daß jeder Wähler in dem Sitzungszimmer der Wahlverordneren auf einen Zet⸗ tel, der ihm zu diesem Behufe behandiget wird, seine Stimme schreibt oder von einem der Wahlverordne— ten schreiben läßt, und solchen dem Vorsitzenden über⸗ giebt, der ihn in die dazu bestimmte Urne wirft.

3. Die direkte Steuer, von deren Entrichtung die Eigenschaft des Wählers und des Wählbaren ab⸗ hangt, wird nicht anders in Rücksicht gezogen, als wenn Ein Jahr vor stattfindender Wahlversamlung das Grundsfück in Besitz genemmen, der Miethver⸗ trag abgeschloßen, das Patent einge löst und das daran geknüpfte Gewerbe betrieben worden). Nur wer zus einem Erbrechte erwirbt, ist hievon ausgenommen. D Di direkte Steuer besteht: a) in der Grundsteuer,

p) in der Personen- und Mobiliensteuer, ) in der

Thuͤr⸗ und Fenstersteuer, d) in der Patent sttuer.

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g. Die Bestimmungen des Gesetzes vom 5. Febt. 1817, welche durch gegenwärtiges nicht aufgehoden worden, behalten ihre verpflichtende Kraft und sind von den Departements- wie von den Kreis⸗Versam⸗ lungen zu befolgen. . ;

Das Wahlgesetz vom 5. Febr. 181 ist hiena hauptsächlich und wesentlich nur in den Bestimmun⸗ gen der 55. 7 9 abgeändert. „In jedem Depar— tement ist nur Eine Wahlversammlung, die aus allen Wählern des Departements besteht. Sie versammelt sich im Hauptorte, wenn der König nicht einen an— bern Ort dazu bestimmt. Die Wähler vereinigen sig da, wo ihre Zahl nicht 600 uͤbersteigt, in eine einzige Versammlung. Wo mehr als 600 Wähler sind, then sich die Wahlversammlung in Sektionen, deren en aus wenigstens 300 Wählern besteht. Jede Sektion nimmt an der Ernennung aller vom Departement z wählenden Abgeordneten unmittelbar Theil.“

Die Gründe der Abänderung giest der Ministe des Innern dahin an: „Man hat demerkt, daß ein Menge von Wählern an den Wahlen gar keinen Tha

nimmt. Fast überall fehlte mehr als ein Drittel ba Man hat Ursache zu glauben daß die Zusammenberufung an Einen Ort im Deyn tement, der oft von ihrem Wohnsitze entfernt liezt, Leuie, die zu setzen sich über solch,⸗ Leute von friedfet gemäßigten Gesinnungen folgen bei diese Hange zur Gemäch⸗ lichkeit, und ziehen ihre Ruhe einer Pflicht vor, deren Die Sache

den letzten Wahlen.

sie abgehalten habe, sich einzufinden. irgend einer Parthei gehören, Schwierigkeiten hinweg; aber tigen und

Gelegenheit gern einem gewißen

Bedeutung sie nickt gehörig würdigen. D wird sich ganz anders gestalten, wenn die Wahlen, so

zu sagen, vor ihrer Thür geschehen; wenn sie statt ei ner Reise nur einige Schritte gehn dürfen und nicht mehr den Einfluß des Hauptortes zu fürchten haben von Wählern in Streit ge die Ent

wo sie mit einer Menge rathen, der ihnen noch unangenehmer ist als

fernung. Geschehen die Wahlen nach Kreisen, so fin—

den sich wahrscheinlich weit mehr Wähler ein, und

die Wahlen können mit beßerem Grunde für die Ce fentliche Stimme gelten.

selbst, sondern stellt der Wahlversammlung des D

partements nur Kandidaten vor:

als die Gewählten nun einer doppelten Prüfung un terliegen.“

Diese Botschaft der Regierung veranlaßte einen seh Der Präsident schickte sich an in der gewöhnlichen Form zu verfahren, nämlich aut) daß die Kammer den Empfang bescheinige

stürmischen Auftritt.

zusprechen, den Druck verordne zur weiteren Berathung vertheile, schrei der linken Seite unterbrochen wurde.

und an die einzelnen Ausschüß als er durch das Ge

terbrach der

geren Berathung gelangen zu können. hertschte bis auf den letzten Augenblick in der Ver fammlung, die sich nur durch eine wenig ernsthaftt Wendung, welche der Herr Graf Girardin der Sache gab, aus ihrer Verwirrung zog und über di einzig zweifelhafte Frage zur Abstimmung gelangt Aus der ganzen Erzählung der Verhandlungen in de

öffentlichen Blättern geht hervor, daß die Mitglier

der linken Seite durch den ganz unerwarteten Vm trag des Ministers des Innern in einem Plane

stört worden, den sie über das früher vorgelegte 61

setz wegen der Wahlen schon verabredet hatten. Wu

auf den jetzt eingetretenen Fall für sie zu thun 9 hatten sie nicht mit einander berathen; daher schun sie, der Eine Dieses, der Andre Jenes wollend, heft

burch einander, bis sie sich nur einigermaßen seltů verständigen konnten, wozu der Präsident, den der nich erwartet? Widerspruch gegen die gewohnte Formel aus

zu überraschen schien, den Anlaß gab. Er verweigern

anfangs alle Diskußion über diese Fermel, inden— el vorausfetzte, daß es nur darauf angesehen sey, da Recht des Königes zu bezweifeln, an die Stelle det noch nicht berathenen

Zwar ernennt die Wahl Versammlung des Kreises nicht die Abgeordnet,

aber aus diesen muss sie wählen, und eine solche Wahl ist um so gründlichen

Nach fruchtlosen Anstrengungen, die Ruhe herzustellen, un Präsident die Sitzung auf eine Stund, ohne nach deren Ablauf zu einer gesunderen und ruhi Die Anarchi

Entwurfes einen anderen ni

setzen. In sofern er aber ben Druck des neuen Ge⸗ sez⸗ Entwurfes aussprach, fand allerdings eine Bera⸗ thung statt, weil das Reglement den Druck von dem Gatfinden der Kammer abhängig macht. Und obwol er auch diesen Zweifel sehr bald zur Sprache brach te und eine Abstimmung darüber veranlaßte, welche durch bie rechte Seite und das Centrum vejahend erfolgte, so war die Absicht der linken Seite doch nur dahin gerichtet, die Frage zur Diskußion zu bringen, ob der König den früheren Gesetz⸗ Entwurf zurücknehmen könne, einen Gesetz- Entwurf, der längst zuvor ihren leiden— schaftlich sten Tadel erregt hatte. Der Präsident ver— weigerte, über diese Frage bei Gelegenheit einer Dis— fußlon abstimmen zu laßen, wo es sich nur um die uslegung der Geschäft-Ordnung der Kammer handelte. Der Graf Girardin, von der linken Seite, der zuerst das Wort genommen und die Rednerbühne mit gro⸗ ser Beharrlichkeit nicht verlaßen hatte, aber niemals, ohne Unterbrechung, weiter kommen konnte, ais zur Fhrase: „Gehört es zu den Vorrechten der Krone, einen von ihr vorgelegten Gesetz- Entwurf vor Eröff— nung der Berathung zurücknehmen zu können?“ er— flärte am Ende der Sitzung, als man noch darüber sititt, ob ihm endlich das Wort zu gestttaen: es sey höchst befremdend, daß man ihm den Beweis darüber zu führen verweigere, „daß der König dieses Vorrecht wirklich besitze:!“ denn das sey die Meinung, die er vom ersten Augenblicke an habe auseinandersetzen wol— len, wenn man ihn hätte zu Wort kommen laßen. Man lachte über diesen Ausgang der Sache.

In den Sitzungen vom 18. und ig. vollendete die Kammer die Berathung über die Rechnungen vor 1819, wobei nur noch Ein Gegenstand von Erheblich keit zur Sprache kam. Die Regierung hatte im Jahre 1817 zur Abwendung der Hungersnoth für die Stadt Paris 18 Mill. Fr. verwendet, die als ein Vorschus noch auf den Rechnungen stehn, deren Einziehung jedoch kurch eine Ministerial⸗Verfügung zur Zeit ausgesetzt worden ist, weil die Stadt ihre Zahlungsverpflichtung bezweifelt. Dieserhalb trug der General Brun von Villeret auf einen Zusatz zum Gesetze in der Art an, daß die Stadt jährlich, von 1820 an, 2 Mill. zu⸗ rückzahlen solle. Man bemerkie, daß dieser An⸗ trag nicht zur gegenwärtigen Sache gehöre, weil zu⸗ foͤrderst zwiscken der Regierung und der Stadt recht⸗ lich oder gütlich entschieden werden müße, ob die Zah— lung zu leisten sey, oder nicht. Auch ward der An— trag vermöge der vorläufigen Frage durch Stimmen Mehrheit zurückgewiesen.

Das Ganze des Gesetzes warb mit 18a gegen 25 Stimmen angenommen.

Die g Ausschüße der Kammern haben die Mitglie— der zu den vorläufigen Prüfungen, sowol über das Ge— setz wegen der Wahlen, als wegen einiger andern von Abgeordneten vorgeschlagenen Gesetze, gewählt. Unter den letzten ist nur der Antrag des Herrn Manuel über die anderweite Organisation der Jurh bemerkens— werth. Der Ausschus zur vorläufigen Prüfung des Wahlgesetzes besteht aus den Herrn Courvoisier, Magneval, Paillot de Lohnes, Camille Jour⸗ dan, Mousniar-Buisson, Barrairon, Laine, Daunou, Graf Foy, also nur aus zwei entsct ie⸗ denen Mitgliedern der linken Seite (den beiden letz ten), obwol die Herrn Courvoisier und C. Jour⸗ dan etzt auch dahin neigen.

Die Kammer selbst wird sich zunächst mit dem Zollgesetze beschäftigen.

Der König ist von seinen Gicht-A1nfällen gänzlich hergestellt.

Der Spanische Botschafter hat Sr. Majestät die

Herstellung der Konstitution von 1811 im Namen sei— ner Regierung angezeigt. Die, g Abgeordneten, welche die Auffoderung zur Unterstützung zu verhaftender Verbrecher mit unter— zeichnet, haben von dem General-Prokurator Bellart schriftlich verlangt, daß er bei der Kammer die Auto— risation nachsuchen möge, auch wider sie sein Amt ver⸗ walten zu durfen, weil er sich sonst einer Pflichtver— geßenheit schuldig mache. Er hat ihnen geantwortet, daß er von seinem Betragen nur den Gesetzen und den Gerichten Rechenschaft zu geben schuldig sey.

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Diejenigen, die in der Geschichte unserer Legisla— turen seit 1789 erfahren sind, wollen bemerken, daß es zu keiner Zeit in irgend einer dieser Legislaturen eine Minorität gegeben habe, die von einem so feind— seligen Partheigeiste bewegt worden sey, als die Mi— norität in der jetzigen Kammer der Abgeordneten.

Keurs der Renten Ja Fr. 10 Ct.

Großbritannien. Der König wird das Parla— ment am 25. April in Person eröfnen. Einige Tage zuvor wird sich dasselbe mit den Förmlichkeiten be— schäftigen.

Das gerichtliche Verhör des A. Thistlew odd und seiner Helfershelfer hat am 179. April den An⸗ fang genommen. Sie haben sich sammlich für nicht— schuldig erklart, daher das Verfahren durch die Jury eintritt, deren Mitglieder ste sich jeder einzeln aus— wählen. (Jeder Angeklagte wird, wenn die große Jury die Anklage begründet erklärt hat, vor Gericht gefragt, oo er sich schutdig, oder nicht- schuldig halte. Im er— sten Falle, welches nicht selten geschieht, wird er, nach—⸗ dem ihm die Folgen dieser Erklärung ernstlich zu Ge— müth geführt sind, auf sein eigenes Gestandnis ohne weiteres Verfahren verurtheilt; im zweiten Falle wird er gefragt, wie er gerichtet seyn wolle, er antwortet oder man läßt ihn in der vorgeschriebenen Formel antworten: „von Gott und meinem Lande.“ Diese Formel hatte vormals eine Bedeutung, da der Ange⸗ klagte auch die Waßer- und Feuerprobe, oder ven Zweikampf wählen konnte. Jetzt, wo dlos das Ver⸗ fahren durch die Geschwernen stattfindet, sagt sie wei— ter nichts. Im Verfahren wegen Hochverrathes kann der Angeklagte 35 Geschworne ablehnen, ohne einen Grund für seine Weigerung anzugeben.)

Mac Innis ist, dem Urtheile gemäß, hingerichtet. Von dem Unfuge der Radikalen gehen noch immer einige Rachrig ten ein, die jedoch mehr und mehr de— stätigen, daß von ihren strafbaren Versuchen für die Ruhe des Staates nichts zu fürchten seny.

Wir erhalten jetzt aus verschiedenen Theilen der Welt Zuführen an Bauholz. Das Hol; aus Dal— matien findet Beifall. Das Afrikanische Eichenholz steht dem Englischen nicht nach, doch wird es durch die Anschaffungekosten zu sehr vertheuert.

Spanien. Der König hat durch einen Befehl vom 6. April auf die Anfrage und wahrscheinlich auf den Antrieb des General Mina, denjenigen Spa— niern, welche durch die Verfügungen der Cortes vom Jahre 1812 deshalb verbannt wurden, weil sie dem Könige Joseph dienten (gewiß sämmlilicher Ver— bannten) die Rückkehr in das Vaterland verweigert, bis die Cortes darüber anderweit entschieden ha— ben werden.

Auf das Gutachten der provisorischen Junta hat der König rathsam gefunden, die Zusammenkunft der Cortes zu beschleunigen. Sie sind deshalb zum g. Junius, statt Julius, berufen.

Im Ministerium sind einige Veränderungen vorge— gangen. Don Augustin Arguelles ist zum Mini— ster des Innern und Don Garria Herreros, vor— maliges Mitglied des Cortes, zum Justizminister ernannt.

Eine der hiesigen Zeitungen, der Konstitutionelle, enthält in einem Attikel aus Amerika heftige Ausfälle gegen Bolivar und spricht von Rebellen.

Sanct Thomas, vom 26. Decbr 1819. Unste benachbarten Inseln, Hapti, Kuba, P⸗anrtoriko sind jetzt mit Europäischen Waaren aller Art anhaltend überführt. An den Küsten des festen Landes des Spanischen Amerika, die noch immer von den König⸗— lichen behauptet werden, fangen die Quellen für Han⸗ del und Wandel mehr und mehr zu versiegen an.

Namentlich findet im teutschen Leinenhandel kein ergiebiger Umsatz statt, obwol die Zuführen sehr be— schränkt werden.

In land.

Münster, vom a1. April. Die durch oͤffentliche Blätter bereits bekannt gewordene Verfügung des hie⸗ sigen General Vikars vom 18. Febr., durch welche den Theologen seiner Diöces untersagt werden soll, sich

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