1820 / 36 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 02 May 1820 18:00:01 GMT) scan diff

Der Gemeinderath verwaltet das Vermögen der Gemeinde, vertheilt und erhebt die öffentlichen Steuern, handhabt die Polizei in Rücksicht auf die Gesundheit, die Bequemlichkeit und das Vergnügen der Einweh— ner, sorgt für die Unterrichts⸗ Industrie⸗ Armen- und Wohlthärigkeit⸗Anstalten ꝛc.

Er steht unter Aufsicht des Provinzialrathes, dem er jährlich von seiner Geldzerwaltung RNechenschaft ablegt.

3 337. Hier wird von der Provinzial-Ver— waltung gehandelt.

Der König ernennt für jede Provinz einen Statt— halter (Vefe superior) zur Verwaltung derselben,

Unter dem Vorsitze desselben beardeitet ein Pro⸗ vinzialrath, bestehend aus dem Intendanten (währ⸗ scheinlich dem Obersteuer⸗-Direktor der Provinz) und Räihen sämmtliche Angelegenheiten der Civilver⸗ waltung. 3

Die Provinzial-Wahl-Funten (Art. 18.) wählen die 7 Mitglieder des Provinzialrathes und deren Stell⸗ vert reier.

Der Provinzialrath erneuert sich alle zwei Jahre um die Hälfte. Kein königlicher Beamter kann ge— wählt werden.

Er hält jährlich wenigstens go Tage Sitzungen. Seine Wirksamkeit erstreckt sich in eben solcher Art auf die Provinz, wie die Wirksamkeit des Gemeinde⸗ Rathes, über welchen er die Aufsicht führt, auf die Gemeinde. Er vertheilt die von der Provinz zu erhe⸗ benden Steuern, veranlaßt statistische Aufnahmen, sorgt für den öffentlichen Unterricht und die Erziehung, befördert die Industrie, wacht für die Erhaltung der Verfaßung ꝛc. Den Provinzialräthen jenseit des Mee— res ist besonders noch die Vorsorge für die Bekehrung der heidnischen Indianer ur Pflicht gemacht.

(Schluß folgt.)

Es hat die vor einiger Zeit wiederum in mehren sffentlichen Blättern verbreitete Nachricht von einer Crbschaft von 36 Mill. Gulden, die ein in Indien verstorbener Schiffkapitain, Namens Morgenst ern. seinen in Teutschland befindlichen Verwandten hinter⸗ laßen habe, mehre vermeintliche Erbintereßenten ver— anlaßt, bei den Behörden Anträge wegen Erlangung dieser Erbschaft zu machen.

Schon der Umstand, daß über die Existenz und den Nachlaß des Erblaßers, wiewol er nur erst vor einigen vierzig Jahren verstorben seyn soll, dennoch bis jetzt, aler angewandten Mühe ungeachtet, nichts Bestimmtes hat ausgemittelt werden können, stellt die ganze Sache als ein grundloses Gerücht dar, indem sich annehmen läßt, daß ein Privatmann von dem an—⸗ gegebenen und selbst schon von einem zehnmal gerin— geren Vermögen nicht so unbekannt bleiben, und wäh. rend der Dauer einer Generation nicht so ganz aus dem Gedächtniße schwinden konnte, um über seine Exi⸗ stenz und den Ort seines Nachlaßes einer solchen Un⸗ gewisheit Raum zu geben, als hier bei so reichen Hofnungen stattfindet. Allein es hat sich auch bei den Rachforschungen nach der Quelle dieser Erhschaft— Nachricht ergeben, daß dieselbe vor einigen 20 Jahren zuerst von Personen ausgegangen sey, die außer an deren Betrügereien ein Gewerbe damit getrieben haben, Nachrichten über das in andern Welttheilen angeblich erfolgte Ableben dorthin ausgewanderter Europäer den hinerlaßenen Verwandten derselben, unter den glänzend—⸗ sten Vorspiegelungen von reichen Erbschaften, betrüge⸗ risch zu hinterbringen, und den bethörten Erblustigen unter dem Vorgeben, ihnen zum Besitze der Erbschaft zu verhelfen, baare Kostenvoörschüße und andre Vor⸗ theile abzulocken.

Die vermeintlichen Erben des Mergen stern kön— nen hieraus abnehmen, wie fruchtlos jeder Schritt wegen Auffindung der Erbschaft, und wie unnütz die darauf zu verwendenden Kosten seyn dürften.

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Wißenschaftliche Nachrichten.

ueber das Kataster. Von Benzen berg. Bonn, bei Weber. 2 Theile in 8.

(Fertsetzung. )

Der zweite Theil handelt im ersten Abschnitte von der Natur der Grundsteuer, die aus ihrer Geschichte entwickelt wird. Sie hat die geringsten Hebekosten, sie ist keiner Defraude unterworfen, das unbewegliche Eigenthum haftet immer als Pfand für die Steuer, sie bringt dieselben Summen, die in den Rollen ste⸗ hen, in die Kaßen, und sie kostet dem Lande nicht mehr als der Landesherr auch wirklich empfängt, wo⸗ gegen bei den indirekten Steuern die Einnahme oft um so niedriger ist, je höher die Sätze sind, durch welche dann 3 Thl. aus den Taschen der Unterthaͤnen genommen, und nur 2 Thl. in die des Fürsten gebracht werden, indes das Uebrige von zahlreichen Beamten ver⸗ zehrt wird, oder aber an den Staatskaßen vorbei in die Hände der Schleichhändler geht. Die Grund⸗ Steuer muß daher die Basis von jedem Steuersysteme seyn, weil sie die sicherste von allen Sreuern ist, und weil sie bei einer gleichförmigen Vertheilung das jedes⸗ mal einbringt, was man von ihr fobert. Verf. shricht nun von der Nothwenbigkeit, sie gleichförmig zu ver— theilen und sie nicht über eine gewiße Hohe zu span— nen, eben weil sich ihr Niemand entziehen kann, da das Undewegliche für sie haftet, wogegen die indirek⸗ ten Steuern immer noch in Hinsicht der Höhe eine natürliche Gränze am Schleichhandel finden; dann von der Wichtigkeit der gleichlörmigen Vertheilung der Grundstener in einer wohlgeordneten Staatsver— waltung und von den Schwierigkeiten, diese glei för— mige Veriheilang zu Stande ju bringen, und wie diefe durch einen wohlangelegten Plan zu beseitigen.

Der Verfaßer geht von dem Grundsatze aus, daß man von jedem Lande, welches man katastriren will, zorher eine Sraristik aufstellen müße, und en wickelt im zeiten Abschnitte den Plan zu einer solchen von S. 64 bis 137. Die politische Eintheilung des Lan— des bildet die Grundlage sowol für die Séatistik als für das Kataster. Jede Gemeinde ist ein kleiner Staat, deßen Gränzen zuerst festgestellt werden, und in dem alle Stücke, die innerhalb dieser Gränzen lie⸗ gen, so aufgenommen werden, wie in der Statistik des Herzogthämes Westphalen geschehen ist. Zwanzig bis zo Gemeinden bilden einen laͤndräthlichen Kreis, der wieder einen kleinen Staat für sich macht, in welchem der Landrath mit Hilfe seines Geometers und seines kleinen statistischen Büreaus die Statistik seines Krei— ses aufstellt. Die Abschatzung jeder Gemeinde ge— schieht wie im Kataster; Kauf- und Pachtbriefe die— nen zu Anhaltpunkten. Obgleich die Abschätzung der wichtigste Theil des Katasters ist, kostet sie doch im— mer ungemein wenig, wenn man ihre Kosten mit de— nen der Parcellar-Aufnahme vergleicht. Unpartheilich—⸗ keit des Landrathes gegen die verschiedenen Gemein⸗ den seines Kreises ist die erste Bedingung. Ist die Statistik von jedem Kreise in einer Provinz aufge— stellt, haben die geographischen Karten zur Kontrolle für die Aufnahme der Gemeinde, und die Pacht⸗ und Kaufbriefe zur Kontrolle für die Abschäzun⸗ gen gedient: so wird die Statistik der Provinz zusam⸗ mengestellt, und alle Data, die diese Kontrollen gege⸗— ben, in ein Tableau gebracht, so daß man mit einem Blicke übersieht, welche Fehler diese Arbeit hat und welche sie nicht hat. Uctheilt nun der Minister, daß diese Statistik der Gemeinde viel voll⸗ kommner ist, wie diejenige, die man bei der gegenwär— tigen Steuervertheilung zu Grunde legte, urtheilen die Eingesetzenen und Meistbeerbten der Kreise, denen sie zur Beurtheilung vorgelegt wird dasselbe: so wird nach ihr die Grundsteuer auf die Kreise und Gemein den vertheilt.

(Siehe Veilage.)

1692

Beilage zum z6sten Stücke der Allgemeinen Preußischen Staats⸗Zeitung,

vom 2ten Mai 1820.

ueber das Kataster. 1c. (Schluß.)

Die Aufstellung einer solchen Statistik vor der Aufstellung des Katasters hat folgende Vortheile, 1) Verschwinden die größten Steuerungleichheiten auf der Stelle, und man findet dann keine Gemeinden mehr, die das Doppelte von dem bezahlen müßen, was ihnen zukemmt, indes andere nur die Hälfte bezah⸗ len. (Der Verfaßer belegt diese Ungleichheit der jez⸗ zigen Vertheilung mit einer Menge aktenmäßiger Thatsachen, die das Kataster aufgefunden.) 2) Dem Lande wird sogleich eine gerechte Vertheilung gewährt, da sich eine solche Statistik in ein paar Jahren auf⸗ stellen läßt, statt sonst die gegenwärtige Generation kaum diese gerechtere Vertheilung erlebt, wenn man mit dem Kataster anfängt und wenn, wie das häufig der Fall ist, solche Arbeiten durch einfallende Kriege unterbrochen werden. 3) Das Kataster selber hat we⸗ niger Feinde, weil die Statistik schon die Vortheile aller Derer durchschnitten hat, die entweder gar nichts, oder doch zu wenig bezahlten. Denn eine Arbeit, die in ein paar Jahren zu vollenden ist, geht immer im ersten Eifer durch, weis während eines Zeitraumes von zwei Jahren Menschen und Dinge noch so ziemlich auf derselben Stelle bleiben. Auch treffen die Statistik die Vorwürfe der großen Kosten nicht, die immer Diejenigen machen, die nicht gerne ans Kataster wollen, eben weil die Statistik nicht viel kostet, da bei ihr die Parcellar-Vermeßung umgan⸗ gen wird, und diese von jeden 4000 Thalern die auf das Kataster verwendet werden, allein 30oo Thaler hinwegnimmt. 4) Bekammt das Kataster aus der Statistik ein völlig gebildetes Personale. Die Land—⸗ Räthe der Kreise, die Bürgermeister der Gemeinden haben sich nun mit diesen Arbeiten bekannt gemacht, und die Aufstellung der Statistik ist gleichsam die große Schule für sie geworden, in der sie sich gebildet. Ebenso mit den Geometern, welche die Gränzen der meinde festgestellt und bei der Kommißion die Auf⸗ nahmen der Erklärungen der Eigenthümer gemacht haben. Auch unter diesen haben sich die Thätigeren, die Verständigeren bemerkbar gemacht, und man be— geht nun bei den Anstellungen im Kataster ungleich weniger Irrthümer. Das Französische Kataster hat daran so lange gekränkelt, daß die Anstellungen der Obergeometer von Anfang so schlecht gerathen waren,

und so viele Nach läßige und Träge, durch Protektion

begünstigt, eine Ansteülung erhalten hatten. Nachher kommt dann das Mitleid hinzu, die Menschen haben Frau und Kinder, man kann sich nicht entsch ließen, ihnen ihr Amt wieder zu nehmen, und das Geschäft leidet und rückt nicht von der Stelle. Der Verfaßer führt ein Beispiel an, wo diese Anstellung so sehr mislungen war, daß bei der Verifikation von 52 Ge⸗ meinden 16 annullirt werden mußten.

Im dritten Abschnitte handelt der Verfaßer nun von der Aufstellung des Katasters. Nachdem durch die Aufstellung der Statistik die meisten Schwierig⸗ keiten besiegt find, und man das Kataster mit einem völlig gebildeten Personale beginnt, ist der Erfolg we⸗ niger zweifelhaft; und wenn es auch im Laufe der Jahre durch Krieg unterbrochen wird, so ist doch Das⸗ jenige immer brauchbar, was bereits fertig ist, und kann gleich ins Leben treten. Zuerst handelt der Ver⸗ faßer von den Parcellar-Vermeßungen, von den Flur⸗ Karten und von der General⸗Karte der Gemeinde. Dann von der Kreiskarte, die aus den Gemeindekarten zu⸗ sammengesetzt wird. Dann von der Berechnung des Inhaltes der Parcellen, von der Abschätzung derselben und von der Entwerfung der Rollen. Endlich von der Kreisversammlung auf der die Rollen von den

Deputirten der Gemeinden geprüft werden, ehe sier

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ihre gesetzliche Giltigkeit erhalten. Es würde zu weit führen, wenn man hier in eine ausführliche Darstel⸗ lung des ganzen Geschäftes und des scharf und be⸗ stimmt verzeichneten Geschäftganges eingehen wollte. Dieses muß dem eigenen Nachlesen überlaßen bleiben.

Im vierten Abschnitte wird von der Bezahlung der verschiedenen Arbeiten gehandelt. Die richtige Vertheilung des Geldes hat einen großen Einfluß auf den schnellen Fortgang des Geschäftes. Ueberall wird nur fertige, abgelieferte und verificirte Arbeit bezahlt, damit alle Arbeiten sich fördern und k einem Sch luße gelangen. Alle Dudeley auf Tagegelder ist gleich von Anfang verbannt. Die Güte der Arbeit muß man ohnehin kontrolliren; soll man nun auch noch dem Fleis kontrolliren, so ist man beständig im Nachtheile, wie alle Arbeiten beweisen, die sich auf Disten hin⸗ schleppen. Im Französischen Kataster wird Alles nach fertiger Arbeit bezahlt, und ohne dieses hätten sie noch nicht die Hälfte von dem fertig, was sie nun wirklich fertig haben. Der Verfaßer führt ein Beispiel an, wo eine geometrische Arbeit, die auf Tagegelder ge⸗ macht worden, zoo Thl. kostete. Dieselbe hätte frü⸗ her zur Französischen Zeit, wo Alles nach fertiger, ab⸗ elieferter und verificirter Arbeit bezahlt wurde, 600

haler gekostet.

Im fünften Abschnitte handelt der Verfaßer vom der Erhaltung des Katasters. Es ist nicht genug, daß man ein Kataster macht und es dann wieder zu Grunde gehen läßt, sondern man muß gleich von A* fang für die Erhaltung desselben sorgen, und alle An⸗ stalten so treffen, daß es mit der Zeit fortgeht und stets bei der Gegenwart bleibt. Das Kataster muß allen Bewegungen folgen, die der Ackerboden im Laufe der Jahre durch Kauf, Erbschaft und Theilung macht ꝛc. Schwierigkeiten, so sich der Erhaltung des Katasters entgegenstellen. Fehlerhafte Einrichtung des Französi⸗ schen Katasters. Um zweckmäßige Vorkehrungen für die Erhaltung des Katasters zu machen, muß man vor⸗ her die Bewegungen kennen lernen, die das Grund⸗— Eigenthum macht. Beispiel an der Gemeinde Krüch⸗ ten. Bewegungen, welche das Grundeigenthum in ihr in einem Zeitraume von 25 Jahren gemacht, seit sie ihr Kataster anfstellte.

Soll das Kataster iwmer bei der Gegenwart blei⸗— ben, so muß es: 1) den Besitzveränderungen der Stücke folgen, 2) den Theilungen derselben, 3s) den Kultur⸗ Veränderungen, und 4) den Pachtveränderungen durch eine zojährige Richtigstellung auf die Mittelpreise des Silbers in den letzten Jahrzehnten. Einrichtung des Gemeinde-Atlas. Einrichtung des Flurbuches. Ein⸗ richtung des Erd- und Erbebuches.

Im sechsten Abschnitte sind die Schwierigkeiten aufgezählt, die sich der Vollendung des Katasters ent⸗ gegenstellen. Jedes große Unternehmen hat seine Schwierigkeiten, so auch das Kataster. Es ist nütz⸗ lich sie gleich von Anfang kennen zu lernen, und sich keine zu verschweigen.

In den Beilagen zu diesem Theile sind noch ver⸗ schiedene Gegenstände behandelt, so in einer näheren oder entfernteren Verbindung mit dem Kataster ste⸗ hen. In der ersten ist ein Beispiel aus dem Beug⸗ notschen Kataster fürs Großherzogthum Berg ange⸗ führt, das dieser auf Deklarationen gründete, ohne ir⸗ gend eine geographische Karte dabei zu Rathe zu zie⸗ hen, um die Deklarationen der Gemeinden zu kontrol⸗ liren. Im Regierungsbezirke Münster wurden 565, 000 Holländische Morgen angegeben und as], ooo verschwie⸗ gen. Als Beugnot im Jahre 1808 nach Düßeldorf kam, sagte er: „Ich habe keine Karten nöthig.“ Die zweite Beilage enthält Beiträge zur Geschich te des Ka⸗ tasters im Herzogthume Westphalen, ausgezogen aus