begreiflich, daß das Kurfürstenthum Köln seit der Erb Landes-Vereinigung von 1463 keine Offensivkriege mehr gehabt, und seit der Zeit auch keine Besitzungen gewennen noch verloren hat. Vorher hatte es mit dem Grafen von Jülich schwere Kriege geführt und einmal (1278) die ganze Grafschaft erobert. Doch gelang es ihm nie, diese Grafschaft und die von Berg zum Erzstifte zu bringen, obgleich es zweimal nahe daran war, einmal durch Eroberungen und einmal durch einen heimlichen Kauf von Herzog Gerhard (ius 1), der damals keine Kinder hatte.
Der Umstand, daß man, wie oben gesagt, wohl krie⸗ gerische Bischöfe aber nie kriegerische Kapitel im Erz— Stifte Köln gehabt, erklärt deßen ganzes Steuerwe⸗ sen, das durch seine Niedrigkeit eine wirklich merkwür⸗ dige Erscheinung in der Geschichte des Steuerwesens von Teutschland ist.
Die Abgaben wurden im Erzstifte von den Län— dereien entrichtet, und zwar nach einem Steuerfuße, der sich nach einem Simplum berechnete, und der deswegen der Simpelfuß hieß. Auf den Landta— gen wurde jedesmal bestimmt, wie viel Simpla für die Landesbedürfniße ausgeschrieben werden sollten. Die Städte trugen in jedem Simplo 2911 Kölnische Gulden (jeden zu 2u Albus) diese Summe wurde das Quantum intra muros genannt. Im Jahre 17J00 wurde diese Summe für die nächsten 12 Jahre bis auf 800 Gulden heruntergesetzt. Dieses blieb so bis zum Jahre 1775, wo den Städten von den übrigen Ständen ein Vergleich angeboten wurde, nach welchem die Rückstände seir 1712, die an 2 Mill. Köln. Gul⸗ den betrugen, den Städten erlaßen seyn sollten; für die Zukunft sollten sie aber nur die Hilfte von den agi Gulden bezahlen, nemlich 1455 bis das Kom—⸗ mercium sich wieder in die Städte ziehe, welcher Vergleich von den meisten Städten auch gleich angenommen wurde.
Wegen der Steuerfreiheit der adeligen Sitze und Güter wurde auf dem Landtage von 1603 folgender Vergleich getroffen. Wenn einer von Adel mehr adelige Sitze hätte, so sollte nur einer derselben frei seyn. Wenn Einer aber nur einen Sitz habe, so solle er von dem nur die Hälfte bejahlen. Wenn er aber noch andere Höfe und Ländereien besäße, von denen er Steuern bezahlte, so follten ihm diese bei seiner halben Steuerfreiheit in Anrechnung gebracht werden.
Da hiedurch manche verwickelte und verdrießliche Berechnungen entstanden, so setzte man den Simpel⸗ Fuß von 1648 aus und hob die Grundsteuer auf. Statt ihrer führte man eine Konsumtionsteuer ein, die aber wenig Beifall gefunden zu haben scheint, denn 1651 wurde mit ihrer Abschaffung der Simpel—⸗ Fuß und die Grundsteuer wieder eingeführt. Da in⸗ beßen die Beschwerden über die Ungleichheiten dersel⸗ ben fortdauerten, so wurde im Jahre 1669 eine neue Landes⸗Deskription oder ein Kataster eingeführt.
Hiebei wurde nun festgesetzt, daß die gräflichen und adeligen Sitze in drei Klaßen eingetheilt werden, und die erste für immer steuerfrei seyn sollte. Die andere sollte für immer zur Hälfte frei seyn und die dritte sollte bezahlen wie andere Güter. —
Hienach erhielt der Grafenstand 5s, und die Ritter⸗ schaft 63 adelige Sitze ganz frey. 126 wurden zur Hälfte frey. Alle geistliche und adelige Sitze be— trugen zusammen za, 8oo Morgen. Alle gräfliche und adelige Höfe 59, goo Morgen.
Im Ganzen foll die Ritterschaft (Dien stmannschaft, Ministeriales) nur ein Sechstel ihrer Besitzungen ver⸗ steuert haben. Selbst von denen, nur ihres Besitzers wegen sogenannten adeligen Höfen brauchten sie seit 1670 nur drei Viertel zu versteuern.
Nach dem im Jahre 1669 errichteten Kataster des Erzstiftes Köln war der Ackerboden unter die verschie⸗ deren Stände der Gesellschaft in folgender Weise vertheilt.
Die Geistlichkeit besaz. e 68er 59 —⸗ Der Kurfürst (als Tafelgüter) 5,050 ⸗
.
Ferner besaßen die Bauern 151,119 Morg. die Bürger a 41 In allem. 152,241
Das ganze Ackerland betrug demnach im Rheini⸗ schen Erzstifte 347, 991 Morgen oder 21 Quadrm ').
Man sieht aus diesen Zahlen, wie geringe das Besitzthum der Bauern und wie groß das Besitzhum der Geistlichkeit im Erzstifte war.
In Hinsicht der Besteuerung der geistlichen Güter herrschte ein beständiger Hader, und schon seit der ersten' Landes-⸗Matrikel. Die Landstände wiesen der Geistlichkeit ein Viertel von der verwilligten Summe zu, wogegen das Domkapitel protestir;e, indem es fagte, daß die Geistlichkeit kein Stand sey, und daher von den weltlichen Standen nicht zu ven Steuern könne herangezogen werden daß daher nar in casibus extremae necessitatis, toegen ein uhsidiĩ charitativi, in loco consulto gehandelt iwer 5e. Die geistlichen Güter blieben daher auch frei, und ihre Halbwinner bezahlten nur eine Geninn⸗ und Gewerbesteuer (quota colonica), die ein Viertel von dem betrug, was das Gut würde bezahlt hahen, wenn es nicht geißlich gewesen. Die weltlichen fe, welche über 30 Morgen hielten, wurben auch nun auf die Hälfte herabgesetzt, und als man auf diese Weise die Größeren auf Unkosten der Kleineren gewonnen, so scheint man sich wechselseitig beruhigt zu haben. Die Stände wiesen der Geistlichkeit vor wie nach ihren vierten Theil zu, wogegen dann das Domkapitel eine Protestation einlegte, so von den Ständen mit einer Re⸗ protestation beantwortet wurde. Dieses war die lang⸗ weilige Form Geschäfte zu machen und sich zu zanken, die auf den teutschen Landtagen beliebt worden.
(Fortsetzung folgt.)
gs, 82g Morg. Köln.
195, 750
Berichtigung. Nr. 108. des Oppositionsblattes vom 2g. April d. J. enthält unter den kurzen Nachrichten Folgendes: „Preußen.“ „Man sagt, daß Wetzlar mit sei— nem Gebiete an Naßau für das Amt Atzbach abge— treten werden dürfte.“
Preußen besitzt das Amt Atzbach seit dem Oktober des Jahres 1816, und Naßau hat gleichzeitig den Er⸗ satz dafür erhalten. Das Uebereinkommen, worauf diese Erwerbung beruht, ist in dem Anhange zur Ge⸗ setzsammlung für die Königl. Preußischen Staaten, welcher am Schluße des vorigen Jahres ausgegeben worden, unter Nr. 2. S. 97. abgedruckt. Es ist da⸗ her ganz und gar keine Veranlaßung vorhanden, noch jetzt Wehlar für Atzbach hinzugeben, und die vorange⸗ führte Sage ist völlig grundlos.
) Ein Koͤlner Morgen hat 150 Quabratruthen Koͤlnisch oder 224 Quadratruthen Rheinisch. Da ein Magde⸗ burger Morgen 180 Quadratruthen hat, so verhalten sich beide zu einander wie 5 zu 6
Redaktion in Aufsicht: von Stägem ann. Reimersche Buchdruckerei,
ᷣ—CVäQu—Eei ,
Al gemeine
Preußische Staats- Zeitung.
,
3916 Stück. Berlin, den 13ten Mai 1820.
w
J. Amtliche Nachrichten.
Kronik des Tages.
Berlin, vom 13. Mai. Am verwichenen Freitag, als den 5. d., haben Se. Majestät der König dem am diesseitigen Hoflager accreditirten außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Sr. Maje⸗ stät des Königes von Spanien, Herrn Ritter v. Val⸗ lejo, eine Privat-Audienz zu ertheilen, und aus deßen Händen das Rappelschreiben zu empfangen geruhet.
Se. Majestät der König haben dem Rittmei⸗ ster von Kröcher vom ersten Bataillon des 2usten Landwehr-Regimentes (Potsdammer), dem Se⸗ ond -Lieutenant von Schweinitz auf Stusa, bei der Schlesischen Landwehr, und dem Kurfürstl. Heßi⸗ schen Kammerherrn von Mengersen, in Gemäß⸗ heit vormaliger Expectanz, den Königl. Preuß. St. Johanniter⸗Srden zu verleihen geruhet.
Des Königs Maje tät haben den bisherigen
Geheimen Ober⸗ Justiz⸗ und Revisions: Rath Fi⸗ schenich zum Mitgliede des Rheinischen Appellations⸗ Gerichtshofes, mit Beibehaltung seines Ranges und seines Karakters als Geheimen Sber⸗Justizrathes, zu ernennen und demselben das Präsidium im dritten Civil⸗ Senate dieses Gerichtshofes zu übertragen, auch den bis⸗ herigen Apellations⸗-Gerichtsrath v. Breuning zum General-Advokaten bei dem nämlichen Gerichtshofe zu befördern und die desfalsigen Bestallungen allergnã⸗ digst zu vollziehen geruhet.
Se. Königliche Majestät haben bei der Re⸗ gierung zu Merseburg den bisherigen Regierungs-A s⸗ seßor Grafen von Frockow zum Regierungsrathe allergnädigst ernannt.
Des Königs Majestät haben dem bei der Re⸗ gierung zu Koblenz stehenden vormaligen Polizei⸗Di⸗ detto: Weber den Karakter als Hofrath allergnädigst zu verleihen geruhet.
II. Zeitungs⸗Nachrichten.
Ausland.
Frankreich. In den fortgesetzten Berathungen über das Zollgesetz hat man die Stahl⸗Arbeiten des Auslandes, die bisher besonders aus Steiermark und dem Herzogthume Berg geliefert wurden, mit höheren Eingangzöllen belegt, wobei Herr von Puy maurin versicherte, daß dieses ohne Rachtheil für die Bedürf⸗ niße der Agrikultur geschehen könne.
Lebhaft ward die Diskußion über die Einfuhr der Ostindischen Nankings, die bisher gegen einen Ein⸗ fuhrzoll von etwa 60 Proc, des Werthes eingeführt werden durften. Der Ausschuß hatte einen Eingang⸗ Zoll von 5 Franks p. Kilogramm, etwa 30 Proc. des Werthes, in Ansehung aller Nankings die auf Franzö—⸗ sischen Schiffen aus den Ländern senseit des Vorge⸗ birges der guten Hoffnung eingeführt werden, und ein gänzliches Verbot aller andern Einfuhr vorgeschlagen. Herr von Brigo de, dem sich mehr Mitglieder z. B. der Fabrikant Herr Terneaux, anschloßen, foderte ein gänzliches Verbot, weil die Rücksicht auf die Be⸗ günstigung der Schiffahrt gar nicht in Betracht gezo⸗ gen werden könne, da Ein Schiff hinreiche, den gan⸗ zen Bedarf Frankreichs zu laden, ohne ein gänzliches Verbot aber dem Schleichhandel, der in diesem Artikel besonders lebhaft betrieben werde, gar nicht zu steuern sey. Herr Eab anon, ein Kaufmann, bemerkte zur Unterstützung dieses Antrages, daß die Proben inlän— discher Arbeit, die der Komite für die Fabriken und Künste vorgelegt worden, die vorzüglichere Güte der Französischen Nankings in Rücksicht auf den innern Gehalt bereits bewiesen hätten und nur über die Farbe ein Zweifel verblieben wäre. Diesen Zweifel aber hätté ein neueres Schreiben des Ministers des In⸗ nern gleichfalls gelöst, indem deraus hervorgehe, daß
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3.
man in Frankreich schon seit einiger Zeit den Nan⸗ kings die Farbe der Ostindischen, und eben so echt ünd dauerhaft zu geben vollkommen verstehe. Es sey also gar kein Grund mehr vorhanden, die Ostindischen Nankings nicht eben so, wie Baumwollengarn und Tü⸗ cher, einem Verbote zu unterwerfen. Den Vorzug der Französischen Nankings vor den Ostindischen räumte Herr von Villele uicht ein, In Betreff der Zölle müße man keinem Systeme unbedingt huldigen. Wenn man den Französischen Schiffen nach und nach jeden Artikel der Rückfracht entziehe, was sollten sie aus Indien noch holen? Pfeffer? Die Nankings würden in benachbarten Ländern schlechter als die Indischen, aber beßer als die Französischen verfertigt; wolle man nun die Indischen als die beßere Sorte verbieten, so würde man durch den Schleichhandel nur die schlech⸗ tere Sorte der Nachbarn ins Land bringen.
Der General⸗Zolldirektor Herr von St. Eriq äu⸗ ßerte, daß der Begehr nach Ostindischen Nankings doch die gleiche Güte der inländischen zur Zeit noch be⸗ zweifeln laße, und daß zu erwarten sey, man werde durch die Herabsetzung des Eingangzolles um die Hälfte dem Schleichhandel steuern, daher es nicht rathsam sey, der Schiffahrt auch diesen Zweig der Befrachtung zu entziehen, eine Meinung, der die Kammer mit ent⸗ schiedener Mehrheit durch Annahme des Vorschlages des Ausschußes und mit Verwerfung des von Hrn. v. Bri⸗ gode angetragenen gänzlichen Verbotes sich anschloß.
Noch lebhafter ward die Diskußion über den Zoll auf aus- und eingehende Wolle. Verschiedene Mit⸗ glieder, z. B. die Herren Demar gay und Ville⸗ ve que foderten die zollfreie Ausfuhr der Französischen und einen mehr oder weniger starken Eingangzoll auf fremde Wolle. Der Eiste vereinte damit noch den Wunsch, den zollfreien Ausgang der Schaafe, des