1820 / 43 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 27 May 1820 18:00:01 GMT) scan diff

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so bestätigen laßen, wenn man sie mit einer so großen Anzahl Erfahrungen vergleichen könnte und mit den arithmetischen Mittelsätzen, so aus diesen gezogen wor den. Uebrigens ist diese Biegung in der Wärmelinie sehr merkwürdig, da sie gerade in die Blüthezeit der Obstbäume und in das Auslaufen des Weinstockes fällt. Diese Biegung ist es, die so manches Obst⸗ und so manches Wein Jahr zerstört, und die dem Land⸗ manne in rielen Gegenden im Durchschnitte wol mehr kostet, als smmtliche Grundsteuern.

Die vier folgenden Tafeln bilden nur eine einzige, so des Formates wegen in vier sind zerlegt worden. Sie stellen nämlich den Gang der Thermome er in dem merkwürdigen Jahre 185 von folgenden Or ten, für jeden Tag des Jahres dar. Mafra (nahe bei Lißabon), Rom, Marseille, Rochelle, Mannheim, Berlin, Ofen, Kopenhagen, Spydberga, St. Got hard, Stockholm und Petersburg. Durch die klare Ue— bersicht, die diese Tafel gewährt, kann man si über⸗ zeugen, daß die Ursache, die eine hohe oder geringe Temperatur veranlatzt, über ganz Europa weg ieht wie rin Reisender, und daß diese an den versqhiedenen Residenzstädlen (denn da sind die meisten Besbach— tungs⸗ Orte) auch zu verschiedenen Zeiten anlangt,

rade wie eine gute oder schlimme Nachricht.

Oft hat aber auch ein einzelner Ort wirklich sein be⸗ sonderes Wetter, und es wirkt bei ihm eine Lokalursach, die sich nicht a eit verbreitet, und die entfernte Orte gar entweder nicht berührt, oder doch nur in einem ent— fernteren Grade. So sieht man z. B. in dieser Ta— belle, daß den 5. Jan. 1385 in Petersburg das Ther— mometer 1 Grad höher stand als in Ofen, und den 9g. stand es 50 Grad tiefer. Beide Temparatärer— gehören nicht zu einander, obgleich beide von demselben Tage sind. Die Ursache, die den 5 die große Wärme in Peiersbnrg machte, wobei das Thermomerer nur 5 Grad unter dem Gefrierpunkte stand, kam hier früher an, als in Ofen. Als fie den J. in Ofen anlangee, so brachte sie da das Thermometer auf s Grad über zen Gefrierpunkt. Im Gegentheile ist die Ursache der Kälte vor dem 5. Jan. in Ofen angelangt, allein erst den 9. in Petersburg, wo das Thermometer 25 Grad unter dem Gefrierpunkie war, Sieht man die Tafel a, so glaubt man, daß die eine Ursache, so die Kälte, und die andere so die Wärme machte auf ihrer Reise von Ofen nach Petersburg und von Petersburg nach Ofen, am 5. Jan. en einander vorbeigegangen sind.

Seite 217. hat der Verfaßer eine wichtige Untersu—⸗ chung über den Einflaß des Windes auf das Höhen⸗ Meßen durch den Barometer mitgetheilt, indem er die Höhe des Gotthards (nemlich des Hospitiums, wo ehemals die Kapuciner wohnten) über Genf und Pa— dug bei entgegengesetzten Wind strichen berechnete. Das Hospij liegt über Padua 6595 Fuß. Auf diese Höhe übten die Nordwestwinde einen Einfluß von 156 Faß, um welche sie sie zu hoch angaben. Es ist zu be— dauern, daß man keine Beobachtungen von einer völ— lig frei stehenden Bergspitze hat; denn das Hospitium liegt in einem Queerihale, so sich über den Rücken des Gotthards zieht. Ebenso liegt das Hospitium des Bernhard in einem Queerthale, so sich aus Teutsch— land nach Italien über das Bernhardgebirge zieht. In einem solchen Thale ist aber die Beobachtung des Windes großen Schwierigkeiten unterworfen, da er sich nach allen Seiten an den Fels wänden bricht.

Seite 270. untersucht der Verfaßer den Einfluß des Mondes auf die Witterung. Im gemeinen Leben wird dieser Einfluß für größer gehalten als er ist. Die Ursache ist leicht begreiflich. Jeder Mensch kennt nur die Witterung seines Wohnortes, und tritt nun an seinem Orte mit dem Neumonde Kälte ein, so sagt er: Man kann doch den Einfluß des Mondes auf die Witterung deutlich wahrnehmen.“ Dieses ist eine Täuschung die Aehnlichkeit hat mit der des Dio— genes, den man bei Nacht ganz sachte mit seinem Faße den Berg hinunterrollte, und der nun im Sch lafe

über die Umdrehung der Erde nachdachte und sich

über die Leute ärgerte, die solche leugneten, da man sie doch gleichsam schon fühle. Die, so dem Neu⸗ Monde Kälte zuschreiben, weil an ihrem Wohnorte mi. dem Neumonde Kälte eingefallen, bedenken nicht, daß an dem Tage, wo sie Neumond haben, man in Petersburg, in Stockholm, in Paris, in Madrid und in Philadelphia edenfalls Neumond hat, und daß an allen diesen Srten Kälte einfallen müßte. Wenn man, wie der Verf. Jo, o00 Beobachtungen zu seiner Verfü⸗ gung hat, an denen man gleich jede Vermuthung über den Einfluß des Mondes prüfen kann, so ist selten eine die Stich hält, und man kann mit einem gerin— gen Aufwande von Gelehrsamkeit gewöhnlich das Ge⸗ gentheil eben so gun beweisen. „Nach Belieben“ pflegte Lichtenberg bei solchen Gelegenheiten zu sagen, wenn schwache Meinungen sich in schwacher Weise ein⸗ ander bekämpften.

Seite 282. untersucht der Verfaßer die Frage, ok die 18jährige Periode der Mondbahn keinen Einfluß auf die Witterung übe, wie viele Meteorologen und Kalendermacher geglaubt, die daher das Wetter so ab⸗ drucken ließen, wie es vor 18 Jahren gewesen. Allein die Jo, o0o0 Beobachtungen sind immer ein großes Hin⸗ derniß für Witterungshypethesen besonders da der Verfaßer nicht zu der Schule der Naturforscher ge⸗ hört, die erst ein tüchtiges Kreuz aus gutem Hypo— thesenzPolze zimmern, unz dann die Beobachtungen so saön daran nageln, daß sie sich gehörig nach dem Kreuse fügen müßen.

Vergleicht wan die Witterung zweier Jahre mit einender, die 18 oder 19 Jahre von einander entfernt liegen, so finder sich gor keine Aehnlichkeit, die irgend Probe hält. Nach 19 Jahren fallen Neu und Voll⸗ monde wieder auf eben die Fahrestage. So ist z. B. 1800 und 1819 der Vo mond am 14. Januar. Ist es 1800 an dem Tage kalt gewesen, so muß es auch 1819 an dem Tage kalt gewesen sein, und wirklich rirsß man immer einen Ort finden können, wo es un— gewohnlich kalt war, sey es Ofen oder sey es Peters⸗ burg. Allein eben so gut wird man einen finden kön⸗ nen wo es ungewöhnlich warm war.

Nach etwas mehr als 18 Jahren hat die Ebene der Mondbahn wieder glei e Lage gegen die Ebene

der Erdbahn. Der Mond geht also an denselben Ster⸗ nen vordei, allein nicht an denselben Tagen des Jah- res. Gesetzt, daß dieses Einfluß hätte, so müßte der 1800 den ersten

Kalendermacher die Witterung so Mai war, in 1819 auf den 12. Mai ansetzen, denn das

einfache Abdrucken, so wie es vor 19 Jahren gewesen, hilfe ihm zu nichts.

Zugleich erreicht der Mond seine größte Entfer⸗

nung von der Erde bei eren der Stellung in seiner Bahn wie vor etwa 18 Jahren, aber auch dieses nicht an denselben Jahrestagen z. B. 1801 ging der Mond im Zeichen der Waage durch die Ebene der Erdbahn am 6. Januar. Hingegen 1819 am 18. Januar. Im Jahre 1801 war er am 123. Januar in der Erdnähe, im Jahre 1819 am 24. Man sieht hieraus, daß es,

wie der Wan'sbecker sagte, um die 19jährige Pe⸗ riode ein gar sonderlich Ding ist, und daß mehr Ge⸗

lehrsamkeit dabei in Betracht gezogen werden muß, als man anfangs glaubt. Es ist daher am besten, daß die Kalendermacher bei der bisherigen Methode

bleiben, und das Wetter ad libitum in den Kalender

setzen. Es wird sich schon immer ein Ort finden, wo an dem Tage gerade das Wetter so seyn wird wie es angesetzt. Es geht hiemit, wie mit den schlechten Taschenuhren Diese zeigen auch immer die richtige Zeit, nur befinden sie sich nickt unter dem rechten Meridian, wo es nämlich gerade Mittag ist, wenn sie auf 12 Uhr stehen. (Schluß folgt. )

Pedaktion in Aufsicht: von Stägemann Reimersche Buchdruckerei.

Allgemeine

reußische Staats

eitung.

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4344 Stück. Berlin, den 27sten Mai 1820.

I. Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages. Berlin, den 27. Mai. Se. Majestät der König haben dem Polizey⸗Präsidenten Struensee zu Köln den Adelstand zu ertheilen geruhet.

Der bisherige Ober⸗ Landesgerichts Referendarius Johann Christian Keuffel ist zum Justizkommißa⸗ ius bei dem Land- und Stadtgerichte zu Seehausen im Magdeburgischen bestellt worden.

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II. Zeitung s-⸗Nachrichten.

Groß-Britannien. Im unterhause hat man sich mit vorläufigen Diskußionen über das Prohibitiv⸗ Handels-System fortdauernd beschäftigt. Vermehrte Bittschriften der Land-Eigenthümer gaben hiezu den nächsten Anlaß. Die Vercheidiger der Kornbill fühl⸗ ten wol, daß es nicht an der Zeit sey, ein solches Gesetz zu bevorworten, sie räumten auch ein, daß die Kornbill dem Landmanne selbst keinen Vortheil gebracht habe, sie behaupteten aber, daß die Noth des Landes hierin gar nicht zu suchen sey; die Land⸗-Eigen thümer begehrten nicht eine Erhöhung der Kornp'eise, sondein nur eine Maasregel, durch eine gründliche Untersuchung ihrer Klagen der wahren Ursache der allgemeinen Noth auf die Spur zu kommen. Herabsetzung der Auflagen durch Herabsetzung der Zinsen von der Nationalschuld sey erfoderlich. Die Gegner der Kornbill, meisten⸗ theils die Repräsentanten der M mnufakturstädte, gin⸗ gen davon aus, daß die Noth in den Städten durch bie Verdienstlofigkeit der Arbeiter die Noth des Land⸗ mannes bei weiten überwiege. Niedrige Kornpreise wären am meisten geeignet, die Noth der Armen zu erleichtern. Lord Rugent bemerkte besonders, daß die Korngesetze, indem sie den Getraidepreis erhöheten, theils den Preis der Arbeit steigerten, theils die Armen—⸗ Taxe vermehrten, weil der Arme den hohen Kornpreis nicht erschwingen könne, daß also dem Land-Eigen— thümer und Pachter der seinem Arbeiter mehr bezah⸗ len und einen größeren Beitrag zur Armentaxe geben müße, durch eine Kornbill nicht geholfen werden könne, sondern nur durch Prämien auf die Ausfuhr. Ein Mitglied versicherre, daß die Stabt Birmingham im Laufe dieses Jahres bereits 10,843 Pfund für die Ar⸗ men habe ausgeben müßen. Man hatte übrigens kein Bedenken dabel, die Bittsariften der Landleute, behufs der nähern Verhandlung, zum Drucke zu verordnen.

Die Kaufleute und Fabrikanten von Glasgow haben gleichfalls die Freiheit des Handels, in deßen Beschränkungen sie die Häuptursache der herrschenden Noth finden, nachgesucht. Herr Fin dlay, der die Bitt⸗ schrift überreichte, fetzte die Nachtheile auseinander, die der Englische Kaufmann, besonders im Ost- und West⸗ Indischen Handel, durch die mancherlei Beschränkun⸗ gen gegen den unbeschränkten Amerikaner erleide. Die⸗ ser koͤnne jeden sich darbietenden Vor heil auf der Säelle und mit Schiffen von jeder Größe benutzen, während der Engländer nichts unternehmen könne, ohne erst 5s bis 6 Wochen mit Erkundigungen zu verlieren, ob seinem Vorhaben nicht irgend eine örtliche Beschrän⸗ kung im Wege stehe; und wie dem hienächst auch sey, müße er sich doch eines Schiffes von 300 Tonnen be⸗ dienen. Der Redner bezeichnete zugleich verschiedene ßoll-Einrichtungen, so wie die Wucher- und Konkurs⸗

Gesetze des Landes als wesentliche Hinderniße des Han⸗ dels, und als einer Revision bedürftig. In Ansehung der Einfuhrbeschränkungen rathe er wenigstens ver⸗ suchweise vorzugehen; so könne z. B. die Aufhebung der Beschränkungen auf irdene und Eisen Waaren kei⸗ nem Bedenken unterliegen. Seit dem Vortrage des Herrn Baring sey bereits vermehrtes Zutrauen in den Manufakturstadten sichtbar geworden;

Auch die Bittschriften gegen die erhöhete Woll⸗ Einfuhrtaxe vermehren sich.

Einige Tausend Einwohner von New⸗Castle ha⸗ ben die Parlaments-Reform in Anregung gebracht. Herr Ridley, der die Bittschrift einreich te, bemerkte dabei, daß die öffentliche Versammlung der Unterzeich⸗ ner die erste gewesen, die nach Bekanntmachung der jüngsten Parlaments-Akte über die Volksversammlun⸗ gen statt gefunden habe. Herr Lambton unterstützte den Antrag auf den Druck der Bittschrift, welche an⸗ genommen wurde.

Die Bill über die Civil-Liste ist bereits zwe imal verlesen worden und wird nunmehr in einem allgemei⸗ nen Ausschuße des Hauses erwogen werden,

Ein Antrag des Lord Hamilton, das Gericht der Schatztammer (court of exchequer) in Schottland von 5 Baronen (Richtern) auf 4 zu vermindern, wie in England, gab zu einer lebhaften Debatte Anlaß. Eine über die Schottischen Gerichtshöfe niedergesetzte Kommißion hatte diese Verminderung vorgeschlagen; sie ward jedoch mit 189 Stimmen gegen 177 verwor⸗ fen. Die geringe Mehrheit für die Meinung der Mi— nister hat befremdet. (Das Gericht der Schatzkamraer entschied ursprünglich in Sachen, die den König oder seine Dlener, besonders in Rechnungssachen betrafen; nach und nach ist es Jedermann zugänglich geworden. Es besteht in England, mit Einschlus des Präsiden⸗ ten, in 46 Richtern, Barone genannt, denen der erste Lord des Schatzes, erster Minister, und der Kanzler der Schatzkammer, Finanzminister, hinzutreten. Das Gehalt der 4 Richter besteht in 4 bis 5000 Pfund.)

Durch das Gericht der Königsbank ist Hunt nun⸗ mehr zu drittehalb jährigem Gefängniße und nach de⸗ ren Ablauf zu fünfjähriger Bürgschaft mit 2000 Pfund, der Baronet Wolseley und der Schulmeister Har⸗ rison sind jeder zu anderthalbjährigem Gefängniße und fünfjähriger Bürgschaft mit 400 Pfund, und drei an⸗ der‘ Radikale dieser Gesellschaft zu einjährigem Ge⸗ fängniße und gleicher Bürgschaft verurtheilt werden.

Bruce, der Mitschuldige des Mac Innis, wird lebenslänglich nach Botanybay deportirt.

Die Rheder zu London haben in Anwesenheit des Herrn Baring eine Versammlung gehalten, um wi⸗ der deßen Anträge im Parlamente, besonders in Be⸗