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dem 9. 16. des neuen Ediktes über die standesherrli⸗ chen Verhältniße. c) Aus dem Senior der Familie von Riedesel, welche bisher durch die ehrenvolle Würde des Erbmarschal-Amtes von Heßen geziert war. d) Aus dem Katholischen Landesbischof. Im Falle der Erledigung des Stuhles behalten Wir Uns vor, einem ausgezeichneten Katholischen Geistlichen den Auftrag zu ertheilen, an der Stelle des Bischofs bei dem Landtage zu erscheinen. ) Aus einem Protestan⸗ tischen Geistlichen, welchen Wir dazu auf Lebens zeit, mit der Würde eines Prälaten, ernennen werden. f Aus dem Kanzler der Landes⸗-Universität, oder deßen Stellvertreter. g Aus denjenigen ausgezeichneten Staatsbürgern, welche Wir auf Lebenszeit dazu deruü⸗ sen werden. Wir werden diese Ernennungen nicht über die Zahl von 10 Mitgliedern ausdehnen. — Art; 35. Die zweite Kammer wird gebildet:; 1 Aus sechs Abgeord⸗ neten, welche der gnügend in Unserm Großherjiogthume mit Grundeigenihum angeseßene Adel aus seiner Mitte wählt. 2) Aus 10 Abgeordneten derjenigen Städte, welchen Wir, um die Intereßen des Handels oder alte achtbare Erinnerungen zu ehren, ein besonderes Wahl⸗ recht hiermit ertheilen. Diese Städte sind: a) Unsere Residenz Darmstadt, b) Unsere Stadt Mainz, welche jede a Abgeordnete zu wählen hat, ) Uasere Stadt Gießen, d5 Unsere Stadt Offenbach, e) Unsere Stadt Friedberg, f) Unsere Stadt Alsfeld, g5 Unsere Stadt Worms, h) Unsere Stadt Bingen, don welchen jede einen Abgeordneten wählt. 3, Aus 34 Abgeordneten, welche nach Wahldistrikten, gebildet von den nicht mit einem besonderen Wahlrechte degabten Städten und den Landgemeinden gewähli werden. Die Bedingun⸗ gen zum Wahlrechte und die Art der Ausübung des⸗ selben werden, sowol für den Adel, als auch für die Städte und die Wahleistrikte, durch besondere Regle⸗ ments bestimmt werden. — Art. 4. In beiven Kam⸗ mern haben die Mitglieder Unseres geheimen Staats⸗ Ministeriums und die von Uns etwa ernannt werden— den Landtags- Kommißarien, guch wenn sie den Kam⸗ mern nicht Propositionen in Unserem Namen vorzule⸗ gen haben, freien Zutritt ohne Stimmrecht. — rt. 5. Die gebornen Mitglieder der ersten Kammer können von ihrem Rechte nur dann Gebrauch machen, wenn sie das asste Lebensjahr zurückgelegt haben, und ihnen, in Bezug auf die Ausübung staatsbürgerlichtr Rechte kein gesetzliches Hindernis entgegensteht. — Art. 6. Die Abgeordneten zur zweiten Kammer müßen Staatsbůür⸗ ger seyn, welche das 56ste Lebensjahr zurückgelegt ha⸗ ben und ein zur Sicherung einer unabhangigen Existenz gnügendes Einkommen besitzen. Wie dieser Besitz erkannt werde, wird durch die Wahlreglements näher bestimmt. — Art. J. Wer als Mitglied der einen oder der andern Kammer auf Landtagen erscheinen will, darf nie wegen Verbrechen oder Vergehen, die nicht blos zur niederen Polizei gehören, vor Gericht gestan⸗ den haben, ohne gänzlich freigesprochen worden zu seyn. — Art. 5. Ein Mitglied der ersten Kammer kann nicht zur zweiten gewählt werden. — Art. g. Weder in der ersten, noch in der zweiten Kammer darf man sein Gtimmrecht durch einen Stellvertreter ausüben laßen, oder für seine Stimme Instruktionen annehmen. — Art. 10. Alle Wahlen sollen auf 6 Jahre geschehen. Es iß aber nicht verboten, nach dem blaufe dieser Zeitperiode den Gewählten wieder auf 6 Jahre zu wählen. — Art. 11. Wir allein haben das Recht, die Stände zu berufen, und sobald Wir es für gut finden, die ständische Versammlung zu vertagen, aufzulösen und zu schließen. Eine willkürliche Vereinigung der⸗ elben ohne Einberufung, oder nach dem Schluße der Vertagung oder der Auflösung ist strafbarer Eingriff in Unsere Hoheitrechte, wenn diese Vereinigung nicht
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durch den Zweck als strafbares Verbrechen erscheinen
sollte. — Art. 12. Wir werden Unsere getreuen Stände
wenigstens aue drei Jahre versammeln; sollten Wir Uns aber veranlaßt finden, die Ständeversammlung vor dem Schluße ihrer Geschäfte aufzulösen, so wer⸗
den Wir binnen Jahresfrist eine neue Ständerersamm
lung berufen. — Art. 15. Durch eine solce Auflö⸗ sung erlöschen alle Rechte aus den bisherigen Wahlen, und es müßen für die neu einberufene ständische Ver⸗ sammlung neue Wahlen stattfinden. — Art. 14. Un
sere Stände sind nur befugt, sich mit denjenigen Ge⸗ genständen zu beschäf tigen, welche die nachfolgenden ie Ue⸗
Artikel zu ihrem Wirkungskreise verweisen. berschreitung dieser Befugnis ist eben fo zu betrach⸗
ten, wie nach §. 11. die willkürliche Vereinigung. — welches immer
Art. 15. Das neue Finanz-Gesetz, auf drei Jahre gegeben wird, werden Wir, ohne Zustimmung Unserer geireuen Stände, nicht in Voll— zug setzen. Dieses Gesetz soll zuerst oer zweiten Kam⸗ mer vorgelegt werden und es kann, wenn es von die⸗ ser Kammer genehmigt worden ist, von der ersten Kam— mer nur im Ganzen angenommen oder verworfen werden. Die Zastimmung darf von keiner Kammer an die Bedingung der Erfüllung bestimmter Deside— rien geknüpft werden. Beile Kammern sind aber be⸗ fugt, nicht nur eine volnständige Üebersicht und Nach⸗
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weisung der Staansbedürfniße, sondern auch eine gnü⸗
gende Auskunst über die Verwendung früher verw ils liger Hummen zu begehren. schiedenheit der Ansichten beider Kammern wird das
Finanzgesetz in einer Versammlung der vereinigten
deiden' Kammern unter dem Vorsige des Präsiden⸗ ten der ersten Kammer diskärirt und der Beschluß nach absoluter Stimmen-Mehrheit gefaßt. Art. 1. Jundem Wir durch die Bestimmungen des Art. 15. Unsercm Volte die Gewisheit bereiten, dah ihm keine neue Lasten ohne die Ueberz-ugung er Stände
von der NRothwendigkeit und Erfoderlichkeit dersel⸗
ben aufgelegt werden können, und indem Wir die weitere Bersicherung hinzufügen, daß Wir, was vie verschiedenen Besteürungs- Arten und die Art und Weise ihrer Umlage und Vertheilung betrifft, gerne den Anträgen Unserer getreuen Stände Gehoͤr gestat— ten, und denselben, in so ferne sie paßend und aus⸗ führbar sind, Unsere Genehmigung nicht versagen wer— ben: so können Wir doch auch auf der andern Seite die Existenz des Staates und die Erftllung rechtlich
bestehender Verbindlig keiten nicht von einer willkür⸗
lien stänzischen Verweigerung der Steuerbewilligung
abhangig machen. Hinficht, jedoch mit dem sehnlichen Wunsche, daß Wir
nie in den Fall kommen werden, hievon Gebrauch ma⸗ chen zu müßen, Folgendes: 1) Wenn keine Vereinbarung mit den Ständen über das neue Steuergesetz zu Stande kommt, so dauert das alte Steueigesetz, in so ferne
die darin festgesetzten Steuern nicht für einen vorüberge⸗ henden und bereits erreichten Zweck bestimmt waren, von selbst für das folgende Jahr fort, binnen deßen Laufe Wir eine neue ständische Versammlung mit, neuen
Wahlen ausschreiben werden. 2) Wenn die Stände die
nothwendige Verwilligung für die Erfüllung neuer, durch Unsere Verpflichtungen gegen den teutschen
Bund begründeter Verbindlich keiten, wie in dem Falle eines Krieges, verweigern sollten, so bleiben Wir zu der Ausschreibung der zu der Erfüllung dieser Ver⸗
bindlich keiten erfoderten Summen, worüber Wir eine öffentliche Rechenschaft werden ablegen laßen, be⸗ rechtiget.“ (Schluß folgt.)
Redaktion in Aufsicht: von Stägemann. Reimersche Buchdruckerei,
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Im Falle einer Ver⸗
Wir verordnen daher in dieser
Al gemeine
Preußische Staats-Zeitung.
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451360 Stuck.
Berlin, den zten Junius 1820.
J. Amtliche Nachrichten.
Kronik des Tages.
Berlin, vom 3. Junius. Se. Majestät der König haben dem Gewehr-Fabriken-Kommißarius Denisel zu Potsdam das Allgemeine Ehrenzeichen erster Klaße zu verleihen geruhet.
Der Advokat Hempel zu Heringen ist zum Justiz⸗ Kommißarius bei den untergerichten und Notarius publicus im Departement des Ober⸗ Landesgerichtes
zu Naumburg bestellt worden.
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II. Zeitung s⸗Nachrichten.
Ausland.
Frankreich. Aus der Fortsetzung der Debatten über die Veränderung des bestehenden Wahlgesetzes heben wir nur Folgendes heraus. Villele, von dem man behauptet, daß er mit Lains den neuen Ent⸗ wurf ausgearbeitet, erklärte sich natürlicherweise für die Abänderung. Insbesondere schien er sein Augen⸗ merk auf die Rede des Royer-Collard gerichtet zu haben, weil diese nicht blos wegen ihres Inhaltes, sondern auch wegen des Ansehens, in welchem der ge— dachte Redner steht, eine große Sensation gemacht hatte. Im Wesentlichen suchte Herr von Villele darzuthun, daß der bekannte aoste Artikel der Charte, wegen der 300 Fr. Steuern, nur die Fähigkeit zur Wahl, nicht schlechterdings ein Recht dazu gebe, Indem er auf dlese Weise den von der Gegenparthei behaupteten Widerspruch des neuen Entwurfes mit dem Buchstaben und Sinn der Charte widerlegte, ging er tiefer in die Frage ein, wie eine Repräsenta⸗ tion, wenn sie recht und wahrhaft sowol das Talent als das Eigenthum vertreten solle, organisirt seyn müße, und bezog sich hiebei auf Burkes Meinung in seinen Betrachtungen über die Französische Revo—⸗ lution. „In einem Staate, sagt Burke, wo gleich⸗ mäßig das Talent, wie das Eigenthum vertreten werden soll, muß das Eigenthum vor dem Talente ein Uebergewicht dadurch erhalten, daß dem größeren Besitze vor dem kleineren ein größerer Einfluß ge⸗ stattet werde“ Denn mit dem Talente sey in der Regel eine frischere Lebenswärme, ein uuternehmendes Feuer vereinigt, und dieses Princip würde zerstörend wirken, wenn nicht bei der Trägheit und Schwerfälligkeit, die mit dem Eig enthwu me in der Regel verbunden wären, durch die größere Masse des Besitzes auch ein größeres Intereße nicht blos für diese größere Masse, sondern auch für die Erhaltung des Eigenthumes überhaupt,
auch des geringsten gegeben, und dadurch das noth⸗ wendige Gegengewicht gewonnen werde.
Terneaux, der ihm auf der Rednerbühne folgte, sah dagegen nur Gefahren für den Thron und Ver⸗ letzung der Charte in der mindesten Veränderung der bisherigen Wahlformen, und behauptete in vollem Ge⸗ gensatze mit Villèle, (wie die Erfahrung lehre) daß die großen Eigenthümer, wenn ihnen ein Uebergewicht in der Repräsentation vor den geringeren, oder gar die Sorge für diese allein überlaßen werde, das Intereße derselben vernachläßigten und dem ihrigen aufopferten.
Der Regierungs⸗Kommißair, Baron Capelle, be⸗ mühte sich die Regierung gegen die Vorwürfe, daß durch die vorgeschlagene Veränderung des Wahlgesez⸗ zes eine neue Aristokratie gebildet und den Freiheiten des Volkes ein Damm entgegengesetzt werde, zu ver⸗ theidigen. Der König, sagte er, der die Charte gege⸗ ben, ist eben darum Bürge für ihre Erhaltung, und gerade um sie ohne Hindernis aufrecht erhalten zu können, will er die Institutionen, die zu ihrer Befe⸗ stigung nothwendig sind, nicht wesentlich verändern, nur zweckgemäs modificiren; Er der, seitdem er den Wünschen seines Volkes wiedergegeben, bei jeder Ge⸗ legenheit gezeigt hat, daß, wo irgend eine Kollision der Intereßen sich ergab, sein Wille für das National⸗ Intereße und für die Freiheiten des Volkes entschie⸗ den blieb. Even so wenig könne die Minister der Vor⸗ wurf treffen, daß sie mit der alten Aristokratie sich gegen die konstitutionellen Freiheiten verbinden wollten, und solchergestalt ganz und gar vergeßen könnten, in wel⸗ chem Jahrhunderte sie lebten, zu welcher Nation sie ge⸗ hörten, und daß es eben so unmoglich sey, einem großem Volke die einmal gegebene Freiheit wieder zu entreißen, als die Zeit in ihrem Laufe aufzuhalten.
Aus den Vorträgen der bekannten Deputirten Dau⸗ nou, Courvoisier und St. Au laire, welche Alle