1820 / 52 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 27 Jun 1820 18:00:01 GMT) scan diff

Der ganze Zweck dieses Prologs war, zu zeigen, daß die Auswahl der bei den auswärtigen Höfen angestell⸗ ten diplomatischen Agenten nicht dem gegenwärtigen Zustande und dem Intereße Frankreichs angemeßen sey. Dazu wären nur Männer geschickt, die, im vollen Be⸗ wußtseyn der wahren Macht Frankreichs, Theil an dem erworbenen neuen Ruhme genommen, deren bloßes Da⸗ seyn an den Höfen und Kabinetten hinreiche, sie zu erinnern, was Frankreich gethan, und daran zu mah⸗ nen, was es künftig noch thun könne. Statt deren finde er nur Personen angestellt, die zwar sonst recht empfehlungswürdig seyn möchten, aber fremd den ruhmvollen Begebenheiten der letzten dreißig Jahre, welche dem moralischen Uebergewichte Frankreichs einen neuen Schwung gegeben; ja unter ihnen solche Per⸗ sonen zu Repräͤsentanten der Nation gewählt, die ein Viertel Jahrhundert Frankreichs Boden nicht betre⸗ ten und die gewiß weniger als die Fürsten selbst, bei denen sie akkreditirt, von der politischen Größe Frank⸗ reichs durchdrungen wären.

13 . 6 befremden, daß eine solche Sprache eines Französischen Generals und erbitterten Mit⸗ gliedes der niedergeschlagenen linken Seite immer wei⸗ ter ging, und daß der Redner endlich auch ohne Rück⸗ halt offenbarte, warum er eigentlich jene revolutionagi⸗ ren Männer zu diplomatischen Agenten haben wolle. Diese würden, meinte er, mit Nachdruck die bekann⸗ ten Dotationen zu reklamiren wißen, die Dotationen, deren Entziehung er (mit gänzlicher Unkunde der ge⸗— schloßenen Verträge) eine Usurpation der fremden Mächte nannte. Es versteht sich von selbst, daß er nun auch die wohlbekannten Phrasen von Königrei⸗ chen, die Frankreich mit seinem Blute gegründet, und die doch undankbar gegen so rechtmäßige Foderungen sich auflehnten, wieder hervorsuchte. Dann fragte er, ob auch die Regierung ihren alten Einfluß auf Teutsch⸗ land zum Schutze der k⸗leinen teutschen Fürsten bei Gelegenheit der neuen Einrichtung des teutschen Bun⸗ des geltend gemacht, das sey ein Einfluß, woran Frankreich seit Heinrich IV. gewöhnt worden; fragte auch: wie jetzt das Verhälinis der Französischen Regie⸗ rung zu Spanien sey, und ob sie auch das Intereße der⸗ jenigen Spanier, denen Frankreich ohne Rücksicht auf ihre verschiedenen politischen Meinungen eine Frei⸗ statt gewährt, gehörig wahrgenommen; fragte ferner, wie man mit der Pforte stehe, ob des alte Ascendent, das seit Franz des er sten Verbindung mit Sol i⸗ mann gegründet, noch fortbestehe, und erlaubte sich endlich, fast im Geiste der zügellosen Diatriben zur Zeit des Konvents und der Direktorialregierung die härtesten Ausfälle gegen England.

Man sollte glauben, eine so ausgedehnte Unzufrie⸗ denheit mit der Verwaltung der Auswärtigen Angele⸗ genheiten hätte wenigstens den Antrag auf eine völlige Ümstaltung dieses Ministeriums zur Folge haben müs⸗ zen: aber der Redner schränkte sich darauf ein, daß er der in Vorschlag gebrachten Reduktion beitrat, jedoch meinte, ein Ministerium, das so ganz und gar nichts für jene so gerechte Foberungen der Franzosen thäte, verdiene eine weit geringere Summe, Wie ruhig und der Wahrheit angemeßen der Minister der Auswärti⸗ gen Angelegenheiten diese Vorwürfe im Ganzen und im Einzelnen beantwortete, bedarf kaum einer Erwäöh⸗ nung; aber auch das Journal de Paris hat es nöthig

efunden, besonders die Censur der diplomatischen

genten seiner Recension zu unterwerfen, und vor allem zu rügen, daß jener Tadel ungeziemend und ein wahrer Eingriff in die Königliche Macht sey; dem Kö⸗ nige allein komme die Ernennung aller Beamten im ganzen Umfange zu, wie vielmehr derer, die seine Per⸗ son repräsentirten, die Ueberbringer seiner eigenen Worte und die Dollmetscher seiner Gesinnungen wãä⸗ ren. Und wenn, sagt das erwähnte Journal, der Ge⸗ neral Foy sich wundert, unter der Zahl der Ambaßa⸗ deurs nur lauter alte Namen zu sinden, weiß er denn nicht, daß der Glanz eines solchen Namens eine diplomatische Garantie giebt, daß jede Ordnung der

Dinge ihre Schranken hat, die man ohne Gefahr weder außer Acht laßen noch umändern darf, und daß die Diplomatie die Region der EConvengnzen ist, wo ein Vorsitz im Rathe und die Ehre des Ranges oft über öffentliche Rechte und das Uebergewicht der Nationen entscheiden? Aus der Antwort des Ministers verdient insbefondere herausgehoben zu werden, die richtige Würdigung der Macht Frankreichs; allerdings habe es Perioden gegeben, wo deßen Einfluß in Eu⸗ ropa größer gewesen, als er es jetzt sey. Diesem Wech⸗ sel sey jede Macht unterworfen; übrigens aber hätten gerade durch die Rückkehr der legitimen Dynastie auf den Thron die politischen Verhältniße des Staates an Stärke und Gewicht gewonnen, indem dadurch den Negotiationen eine Burgschaft mehr für Treu und Glauben, Gerechtigkeit und Billigkeit gegeben sey.

In dem Verzeichniße der Mitglieder der Deputir⸗ ten- Kammer, welche nächstens ausscheiden, aber aller⸗ dings wieder wählbar sind, befinden sich unter den Mitgliedern der rechten Seite auch die Grafen la Bour⸗ donnaye und Marcellus, welche fast bei allen Gelegenheiten die Tribune betraten, unter denen von der üinken Seite Bignon und vom Centrum der berühmte Lainé und der zeitige Präsident der Kam⸗ mer R avez.

In Betracht des von der Kammer angenommenen neuen Wahl-Entwurfes, den, aus 11 Artikeln beste⸗ hend, jetzt die Zeitungen mittheilen, müßen wir nur noch ausdrücklich bemerken, daß die Darstellung der Sache, wie sie im 5osten Blatte dieser Zeitung gege— ben worden, bis auf den Punkt der Kandidaten völlig richtig ist. Diese fallen nach der angenomme—⸗ nen Verbeßerung gänzlich weg; die Departements⸗ Kollegien wählen ihre 172 Deputirten eben so ind i⸗ rekr'e, als die Bezirks-Kollegien ihre 258: doch hat an der Wahl in den Bezirks-Kollegien auch das am höchsten besteuerte Viertheil der Waäͤhler der Departe⸗ ments-Kollegien wie der Theil; und dieses ist es beson⸗ ders, was die Gegner des neuen Entwurfes als ein die Gleichheit der Rechte aufhebendes Privilegium bezeichnen.

Auch melden einige Pariser Blätter, daß der Her: zog Decazes am 17. in Paris erwartet und im Hotel seines Schwiegervaters St. Aulaire abtreten werde.

Der Moniteur vom 17. enthält unter der Rubrik „Politisches Mancherlei“ Betrachtungen, die in diesem Blatte eine Stelle verdienen. Alle Revo⸗ lutionen, sagt er, haben ihr Eigenthümliches, ihr Unterscheidendes. Die Französische hat von den alten Institutionen der Monarchie Alles hinweggeräumt, und dieser Punkt verdient besondere Beherzigung, denn seit zo Jahren haben wir immerfort auf Sand, nie⸗ mals auf einen festen Grund gebaut.ͥ, Wie, anders Rom und England! Als jenes die Königswürde ab— schaffte, blieb gleichwol alles Uebrige von der alten Regierungsverfaßung stehen, das Patriciat, der Senat, das Pontisikat, so wie der Volkshaufe selbst (populus, nicht plebs) nur die Einheit der, Regierung fehlte, welche erst von Angust wieder eingeführt, nun das Rö⸗ mische Reich für immer gegründet haben würde, wenn die oberste Gewalt gesetzlich erblich gewor— den wäre. Eben so wurde auch in England, als nach dem Schicksale Karls des J. die Republik proklamirt wurde, nichts in den alten Institutionen verändert; die Aristokratie behielt ihre Macht, die Magistraturen ihre Unabhängigkeit, die Korporationen ihre gesetzliche Repraäsentation; und mochte nun auch immerhin das Oberhaupt der Armee sich „Herr“ nennen so grün⸗ dete er doch seine Gewalt auf die alten Institutio⸗ nen. Vergleicht man nur den Titel Cromwels „Lord Protektor“ mit dem Bonapartes „Bürger erster Consul“, so muß man in diesem einzigen Umstande die wesentliche Verschiedenheit beider Revo⸗ lutionen, der Englischen und der Französischen finden; der „Lord Protektor“ stützt sich auf den immerfort bestehenden Institutionen, der „Bürger erster Con⸗ sul! auf allen Leidenschaften, die er nach dem Wehen

seiner Glücksfahne aufzuschůren oder zu bändigen wußte. Bergebens würde man hiegegen einwenden, daß doch beide durch ihre Armeen zu der höchsten Gewalt gelang⸗ ten; allerdings, aber der Eine gebrauchte sie durch die Kraft der Institutionen, der Andere durch die Macht der Leidenschaften. Dies ist so wahr in Ansehung Frank⸗ reichs, dem nichts von den alten Institutionen geblie⸗ ben, daß Bonaparte einst sagte: die Souverainitãt des Volkes ist ein Glaubensartikel meiner Zeit, ich werde mich ihrer zu bedienen wißen

(Der Beschluß folgt im naͤchsten Blatte.)

Spanien. Die Sitzungen der Cortes werden, nie es heißt, nicht in Madrid, sondern in einer Pro⸗ vinzialstadt stattfinden. Der Generalsekretär der auf⸗ gihobenen Inquisition, Marques de Pilla Payrres gtht nach Genua, um sich dort auf immer nieder⸗ sulaßen. SFönigreich der Niederlande. Die beiden MNit-Redakteurs des Vrai-Liheral, van Loeven und FPocholle, haben am 26. Mai vom Gouvernement tie Aufgabe erhalten, binnen 3 Tagen das Reich zu verlaßen; jener ist nach Frankreich, Pocholle aber, Brüßeler Nachrichten zu Folge, nach Preußen gegan— gen. Abermals ein Beweis, daß nicht alle Schrift⸗ Feller mündig, und von der ihnen, von Seiten des Staates, anvertrauten Freiheit den rechten Gebrauch zu machen nicht immer besonnen genug sind.

Der Leichnam der verewigten Prinzeßin von Ora— nienNaßau ward am 17. mit einem feierlichen Trauer⸗ Gesolge, von Loo nach Apeldooren gebracht, und ein st⸗ weilen in der dasigen Kirche beigesetzt; der Weg bis dahin war mit Militair besetzt; während des Zuges er— folgte jede Minute ein Kanonenschuß.

Der Herzog Wellington wird, sagt man, in Kurzem unsere gegen Frankreich angelegten Festungs⸗ werke in Augenschein nehmen, um zu sehen, wie weit dieselben vorgerückt seyen.

Riga. Des Kaisers Majestät haben den von peter L. hier in der Nähe angelegten großen Garten dem öffentlichen Gemeindewohl bestimmt, und soll da⸗ selbst eine Pflegeanstalt für Arme, ein Arbeitshaus für Herumläufer, ein Laiareth für Kranke, und eine Bewahrungsanstalt für Wahnwitzige errichtet werden; die Kaufmannschaft hat 100,00 Rubel B. A. zum Bau bewilligt.

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Inland. SHerzogthum Sach sen. In 5Kreisen des Mer⸗ seburger Regierungs-Bezirkes sind seit vorigem Herbste, älos an Wegen ünd Straßen (Gemeinde-Plätze unge— rechnet) 12,5633 Stück Obst-⸗Bäume gepflanzt worden. ohne auf den unmittelbaren Nutzen zu sehen, den die hflanzer hievon haben werden, meinen wir, dies sey ier sicherste Weg, den, viel verrufenen Baumfrevel iiberall zu etwas Unerhörtem zu machen.

Koblenz, vom 16. Juni. Im Justiz-Fache wird die neue Ordnung der Dinge am n. August ins Leben treten. Das Landes⸗Gericht, welches in unsrer Stadt seinen Sitz haben soll, besteht aus folgenden Beamten: präsident, Herr Wurzer; Landesgerichts⸗-Räthe, die Herrn Nell, Tippel, v. Glümer, Schmitz, HBurret, Thrumb, Clesius, v. Hontheim,

Lippe und Vrede; Asseßoren, die Herrn v. Düßel⸗

dorf, Günther und Frech; Staats -Prokuratoren, die Herrn v. Oppen, Beßel, Anschütz und Liel; dbergerichtschreiber, Herr Kretzer; Gerichtschreiber, die Herrn Gretscher und Gröllinger.

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Die patentirte Papierfabrik zu Berlin.

Zu den wichtigsten und merkwürdigsten Erfindun⸗ gen im Gebiete der veredelnden Industrie gehört die neue Erfindung Papier zu verfertigen, welches nicht in einzelnen Bogen geschöpft, sondern mittels einer besonderen Maschinerle, in einem Continuo hervorge⸗

Greifswalde. Die Zahl der seit Ostern b. J. hier angekommenen Studierenden beläuft sich auf 22, von denen jedoch 4 0h mit ihren Prüfungen bei der Königl. Prüfungs⸗Kommißion beschäftiget find, und die Matri⸗ kel deshalb bis jetzt noch nicht erhalten haben. Hievon kamen 1 von Jena, 6 von Halle, 2 von Breslau, 1 aus Heidelberg und 1 aus Erlangen, die Uebrigen aber von den vaterländischen Gymnasien. Die Gesammtzahl beträgt Jö; nämlich 35 Theolegen, 22 Juristen, 13 Mediziner und Chirurgen, und 6 Philologen und Phi⸗ losophen. Nicht⸗ Preußen sind 8, Kurmärker 9, Pom⸗ meraner 55, Rüganer 2, Thüringer 1, und aus Bia⸗ lystock 1. Die Zahl der Lehrer beläuft sich, außer den Sprach- und Exercitien⸗Meistern, auf zo, wovon zwei (der ordentliche Profeßor der Anatomie und Physiolo⸗ gie Dr. Rosenthal, und der außerordentliche Profeßer der Alterthums-Wißenschaft Dr. Meyer, der erste aus Berlin, und der zweite aus Halle) durch die wohlwollende Fürsorge des Herrn Ministers von Alten stein, Excellenz, erst seit Ostern hieher versetzt worden sinbd. Ueberhaupt sind seit dem Uebergange der Universität an die Preußische Monarchie zwei hie⸗ sige außerordentliche Lehrer zu ordentlichen, und außer⸗ dem acht neue Lehrer ernannt worden. In der Theo⸗ logischen Fakultät wurden in diesem Halbjahre von 5 Lehrern 18 Vorlesungen angekündiget, in der Juristi— schen von 6 Lehrern 15, in der Medizinischen von 4 Lehrern 20, und in der Philosophischen von 13 Leh⸗ rern 45. Zu diesen 97 Vorlesungen, die größtentheils unen igeltlich, ja zum Theil sogar vor einem Zuhörer wirklich gehalten werden, kommen die des Profeßors Rosenthal und des Peofeßors Meyer noch hinzu, die noch nicht in den Vorlesungs-Katalog aufgenom— men werden konnten. Von den Instituten, die zur freisten Benutzung für die Srtudirenden dienen, ist unter den Auspisien des hochverehrten Herrn Mini⸗ sters v. Alten stein, Excellenz, die schöne Bibliothek mit mehren wichtigen Werken bereichert; für die wan⸗ dernde Klinik unter der Direktion des Prof. Mende ist die Einrichtung einer Bade-Anstalt und eines Ga⸗ léschen Räucherapparates bewilliget, eine treffliche Sammlung anatomischer Präparate angeschaft, und für das Naturalien Kabiner ein eigener Konservator angestellt worden. Für beide letzten Institute fehlt es nur noch an einem paßenden Lokale. Der Einrich⸗ tung einer chirurgischen Klinik sieht man mit Zuver⸗ sicht entgegen. Besonders rühmliche Erwähnung ver⸗ dienen unter den übrigen Instituten noch der bota— nische Garten und die Sammlung physikalischer In⸗ strumente. Die wohleingerichtete Reitschule bewährt in diesem halben Jahre ihren früher geleisteten Nutzen wieder, indem sie ungewöhnlich viele Schüler zählt. Für arme Studirende ist durch sechs und dreißig Frei⸗ Tische gesorgt. Die Stipendien, an denen es nicht fehlt, sind durchaus Privat⸗ Stiftungen, und fast aus⸗ schließlich für Neu⸗Vorpommersche Landeskinder, Rü⸗ ganer und Mecklenburger bestimmt. Manche dürf⸗ tige Studirende sind jedoch entweder von dem ho⸗ hen Ministerium der öffentlichen Unterricht-AUnstalten, oder von ihren Geburtsorten mit Stipendien bedacht worden. Bei dem rühmlichen Betragen der hie⸗ sigen Studirenden haben sowol Lehrer, als auch an⸗ dere Einwohner, sie gern an ihren Gesellschaften und an allen Annehmlichkeiten die der Ort bietet, Theil nehmen laßen. Die Miethen sind hier so wie die son⸗ stigen Lebensbedürfniße nicht 6e theuer, so daß ein junger Mann mit ao Thl. jährlich recht wohl aus⸗ reichen kann.

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bracht wird, und in jeder beliebigen Länge, Breite und Stärke dargestellt werden kann.

Die erste Ersindung hieju machte Didat in Frank⸗ reich. Schon 1801 verfertigte derselbe Papier durch ein Dratgitter ohne Ende. Sein Unternehmen ward aber in Frankreich anfänglich nicht gehörig gewürdigt, fand nicht die gehörige Ünterstützung, und hatte da