1820 / 55 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 08 Jul 1820 18:00:01 GMT) scan diff

er von der Leitung der inneren Verwaltung durch das General⸗Direktorium nichts weiß, und S. 54 sich ein⸗ bildet „daß die Verwaltung nach den Grundsätzen, auf die (denen) der Stagt sich vom Anfang gektützt, mehr Zeichen schwacher Lebensdauer, als thätiger Le⸗ benskraft geäußert habe.“ Was in dem Organis mus auch mangelhaft war; eine große Fülle von Lebens⸗ kraft hat sich in der Ausdauer des unsäglichen Unge⸗ maches, das seit 18065 über die Provinzen verhängt wurde, und in den Thaten seit 1813 erwiesen. Viel andere Kenntniße, ganz andere Talente sind nöthig, um die Verwaltung des Inneren bis zum Kriege von 1806 zu beurtheilen und zu schilderrn.

Die Urtheile des Verfaßers über die äußeren Ver⸗ hältniße erheben sich nicht über eine politische Kannen⸗ gießerei ). Selbst in den jetzt bekanntesten Dingen ist er fremd; so spricht er S. J2 von der Gleich gil⸗ tigkeit Preußens bei der Französischen Besitznahme Hannovers! Die Gründe, die den Entschluß Preus⸗ gens bestimmten, fallen, wie es nunmehr kein Ge⸗ heimnis ist, dem Preußischen Kabinette nicht zur Last. Wo dem Verfaßer einige gedruckte Urkunden, die Zei⸗ tungen, das politische Journal, die Maßen bach schen Denkwürdigkeiten, die Vertrauten Briefe, die Feuer⸗ brände, die Bon apartischen Bübetins u. dgl. ver— laßen, hat auch seine Weisheit ein Ende. Am un⸗ glücklichsten ist er in Auffaßung der Karaktere der merkwürdigsten handelnden Personen, wie sichs bei der Armuth und Lügenhaftigkeit der Materialien, aus denen er schöpft, und bei dem Mangel aller Eigen⸗ schaften eines Geschichtschreibers nur erwarten läßt. Den sch lech testen Führern, z. B. den Vertrauten Brie⸗ fen (S. 317) borgt er seine Urtheile ab. Wenn er dem Gange der Begebenheiten nur einigermaßen ver— ständig gefolgt wäre würde er S. 257. nicht behaup⸗ tet haben, daß die Preußen zum Erstenmale in diesem Kriege bei Pr. Eylau ihrer alten Tapferkeit würdig gefochten; denn wo sie schlugen, geschah es mit die⸗ ser alten Tapferkeit, wenn auch nicht mit dem alten Glücke. Die Neigung des Verfaßers in den feindlichen Heerführern nun Sclpionen, und in ihren Soldaten nur Römische Legionen zu erblicken, verleitet zu der Mu hmaßung, in ihm einen Sächsischen Schul mann zu finden. Einiger Widersprüche hätte er sich enthal⸗ ten mögen. Nach S. 466 fehlte es dem Französischen Kriegsheere bei Auerstädt und Jena an aller Reite— rei; etwa 8 Tage nachher (S. 182.) zieht eine an⸗ sehnliche Reiterei in Berlin ein. Phrasen, die we. nigstens einiges Lächeln erregen, finden sich in Menge; z. B. S. 185. bei der Beschreibung des Einzuges Bo— naparte' s in Berlin: „Alle, auch die ihn haßten, gestanden sich, daß sie eines Anblickes, wie des bevor⸗ stehenden, kaum wieder genießen würden, und es war so.“ Und es war nicht so! Wir haben uns späterhin ganz andrer und unvergeßlicherer Anblicke zu erfreuen gehabt, während der Einzug Bonapartes längst ausgelöscht ist. Wer eine so unhistorische Phrase niederschreiben kann, bleibe doch ja beim Leisten, und martre sich nicht ab, die Geschichte des Preutischen Staates zu entwerfen. S. 24. lesen wir: „Napo⸗ leon Bonaparte, von nun an öfters und in Be⸗

ziehung auf Teutschland nie ohne Weh muth zu nen— 23

Diese Kannengießerei hat sich des Historikers so sehr bemächtigt, daß er, der Erzählung einer wichtigen Be—⸗ gebenheit, die Träumereien und Thorheiten der politi⸗ schen Zirkel seines Wohnortes vorangehen oder nach— folgen ließ. 3. B. S. 332. vor dem Friedensschluße von Tilsit und S. 335. nachher: „Solches und Aehnliches ward wochenlang in allen Zirkeln, häuslichen und oͤf⸗ fentlichen, verhandelt.“

*) Selbst die Sprache der Buͤlletins wird nicht ver⸗ schmaͤht. S. 183. „ihr folgte ein Theil der Garde, blendend durch den Glanz ihrer Ruͤstung (welches nicht einmal wahr) und Ehrfurcht gebietend durch kriegerische Haltung.“

nen.“ Wehmuth? Wir haben, wie unsere Geschichte seit 1815 lehrt, bei dem Namen Bonapartes ein ganz anderes Gefühl offenbart, Der Verfaßer schließt diesen Band mit folgender tri⸗ vialen Phrase: „Was Oesterreich mit allen Gewalti⸗ gen von der verhängnisvollen Zeit lernen konnte, war, daß die Masse ewig todt, lebendig allein die Kraft, und der waltende Geist über Alles sey.“ Kleinigkeiten wären außer den historischen Haupt⸗ Sachen in Menge zu rügen und zu berichtigen. Ver⸗ schiedene Ortbenennungen sind falsch; es heißt: der Memel, der Narew, siatt die. Danzig hat mit Kö⸗ nigsberg durch die Nehrung keine Land⸗Verbindung (S. 291. ); man muß über das Tief, den Aus siuß des frischen Hafs

gelangen, und von dort nach Königsberg.

Das Koͤnigliche Museum Rheinisch⸗We stphaͤli⸗ scher Alterthüͤmer in Bonn.

Die Verfugung des Herrn Fuͤrsten Staatstanzlers, vom

4. Jan. l. J. die Museen vaterlaͤndischer Alterthämer be—

treffend, scheint ein allgemeines Interreße erregt zu haben, welches sich durch das Einsenden von Gegenstanden dieser Art, durch Mittheilung von Notizen über vorhandene und

vorhanden gewesene Alterthüͤmer hinlaͤnglich ausspricht. Die— ses Intereße, diese freundliche Theilnahme ist wol hauptsaͤch⸗ lich dadurch entstanden, daß das Koͤnigl. Gouvernement ss deutlich erklaͤrt hat, daß sowol das Museum in Bonn, so wie die sich daran anschließenden Museen dieser Art, den Rheinisch⸗Wesiphalischen Provinzen angehoͤren, wosel s st sie unter Aufsicht der Regierung, als sprechende Denkmale grauer Vergangenheit, als Landes⸗Institute fuͤr sich beste⸗ hend, aufgestellt und gemeinnuͤtzig gemacht werden so llen. Die Bestimmung, daß das Haupt-Museum nach Bonn, dem Sitze der Landes⸗-Universitaͤt gekommen ist, wird gewiß allgemeine Billigung erhalten haben, indem wol keine Stadt paßender waͤre, diese oft dunkel und geheimnisvoll uns ansprechenden Monumente unsrer Vorvordern zu erklaͤ— ren und mit der Fackel der Kritik zu beleuchten. Findet der Archäologe, der Aesthetiker und Schoöͤngeist auch nicht

vollendete Kunstwerke, so kann doch wol einer Anstalt von dieser geschichtlichen Bedeutung nicht das wärmste Intereße versagt werden, will man nicht in die Klaße der Aller⸗Wech

die den heimischen Boden, worauf

Leute geworfen werden, und uͤberall und nirgend ihr

sie geboren, gering achten, Vaterland finden!

Obschon das Museum in Bonn noch nicht aufgestellt ist, weil das große und zweckmaͤßige Lokal dafuͤr im Schloße erst im Laufe des kommenden August fertig werden kann, so wird man es gewiß nicht ungern sehen, wenn über den Bestand des Museums jetzt schvn eine allgemeine Uebersicht gegeben wird, wobei die der Universitaͤt eigenthümlich gehörigen Steinschriften, welche sie durch Vermaͤchtniße nnd Schenkun⸗ gen erlangt hat, den Anfang machen. Dies sind nämlich:

als ein so weinerliches.

in die Ostsee, um nach Pillau zu

7Grabsteine, zum Theil mit Figuren; 5 Altäre aus Tufstein ohne Verzierungen u. Figuren welche Gegenstaͤnde der Hofrath Dr. Do row vorfand, so wie die am Wichels hofe bei Benn seit 1818 bis Maͤrz 1820 ausgegrabenen Gegenstaͤnde, unter denen sich eine Kanne und ein Amor von Bronze,

zwei Basreliefs aus feinem Kalksteine und mehr intereßante

Muͤnzen in groß Erz auszeichnen. Das Intereßanteste dit⸗ ser Ausgrabungen sind die aufgefundenen Gebäude, welche gegenwartig vom Baumeister B. Hundeshagen aufge— nommen werden, und wovon das Publikum mit Recht viel

erwarten kann, indem ein als Kuͤnstler und Schriftsteller se

allgemein anerkannter und geachteter Mann gewiß nur et— was Gruͤndliches und Vortreffliches liefern wird Da diest weitlaͤufige und schwierige Arbeit erst seit April begonnen wurde, so kann die Vollendung in einigen Monaten nur er⸗

wartet werden *) (Fortsetzung folgt.)

) Bestimmt erscheinen noch im Laufe dieses Jahres die Grund und

Aufriße dieser Gebäude in Steindruck, begleitst mit den Stem Drücken aller merkwürdigen und intereßanten Gegenstände, welche

fowol früher, als auch feit 1818 beim Wichelshofe gefunden wol /

den find. Dieses Heft in groß Folio wird der Anfang des Werke über die Rheinisch- Westphälischen Alterthümer seyn, worin R Römischen und teutschen Monumente dieser Provinzen abgebildet und beschrieben werden.

Redaktion in Aufsicht: von Stägemann. Reimersche Buchdruckerei.

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ßische Staats- Zeitung.

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3th Stück. Berlin, den Sten Julius 1820.

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. Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages

*

Berlin, vom 8. Jul. Se. Majestät der Kö⸗ nig haben allergnädigst geruh Sr. Durchl. dem Herrn Fürsten von Thurn und“ axis den Schwarzen Adler-Orden zu verleihen.

Se. Maßjestät der König haben dem General⸗ Major von Menu und dem Hauptmanne von Ra⸗ min des Kaiser Franz Grenadier-Regimentes den Königl. Preußischen St. Johanniter-Orden, und dem Ober-Gränz⸗Kontrolleur Bartsch zu Neidenburg das Allgemeine Ehren eichen zweiter Klaße zu verleihen geruhet. . .

Se. Majestät der König haben den bisherigen Kammergericktsraeh Kähn und den bisherigen Ober— Landesgerichtsrah Neumann zu Marienwerder, zu Geheimen Ober-Tribunglräthen zu ernennen, und die desfalsigen Patente h öchsteigenhändig zu vollziehen ge— ruhet.

Se Kzniglicke Maje stät haben geruhet den Rau mann Fohaͤnn Bi eln 8d Deickhmann zu Danzig KRommerzien- und Admiralitätsrathe hei

Kommerz: und Admiralitäts-Kollegium daselbst ernennen.

Se Majestät der König haben die Kaufleute 5m und Wißmann zu Stettin, zu Kommerzien— allergnädigst zu ernennen, und die desfalsigen u vollziehen geruhet.

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Patente, höchsteigenhändig

Bekanntmachung. Die unterzeichnete Kommißion hat folgende von der

Könsalichen ommißios zur Revisien des Staars⸗Schul⸗ den-Rechnungswesens ihr überwiesene Staats-Papiere heute im Königlichen Münz-Gehäude verbrannt, als: 92.990 Seehandlungs-Obligationen über 37,861,612 Nihlr. 21 Ge. Nach der Bekanntmachung vom 6. April dieses Jahres waren bis dahin an Staats Papieren ver⸗ nichtet 32, 757.918 Rthlr. 22 Gr. 1 Pf. Es sind also bis jetzt überhaupt verbrannt worden 120,619,531 Rthlr. 19 Gr. 1 Pf. Berlin den 29g. Juni 1820. Königl. Höchstverordnete Kommißion zur Vernich— tung der hiezu bestimmten Staats-Papiere.

Büttner. v. Quast. BSüsching. Bendemann. s.

Die Intereßenten der Gesetzsammlung werden benach⸗ richtigt, daß mit dem 1sten d. M. ein neuer Praänu⸗ meräations-Termin eingetreten ist, daß noch fort⸗ während vollständige Exemplare von den Jahren 1810 bis 1818 auf Druckpapier, zu dem herabgesetzten Preise von 5 Rthlr. zu bekommen sind und daß heute das 11te Stuͤck ausgegeben wird, welches enthalt:

No. 610. Das Gesetz wegen der Loͤhnung und des Umzu⸗— ges der Schaͤfer und Schaͤferknechte in Neu⸗Vorpom⸗ mern und Rügen, im Großherzogthume Posen und in den mit Westpreußen vereinigten Distrikten des ehema⸗

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ligen Herzogthumes Warschau; vom 1. Iny. b. No. 611. Die allerhoͤchste Kabinetsordre vom 1. Jul. die resp. Amw meldung und Liquidirung der Kom⸗ pensations⸗-Anerkenntniße betreffend. Berlin, den 6. Jul. 1820.

Königl. Preuß. Debit⸗Komtoir f. d. Allgem. Gesetzsammlung.

Das heute erschienene 12te Stuͤck der Gesetzsammlung enthaͤlt:

Ne 6ra,. Das Publikations-Patent uber die unterm 15. Maid J. vollzogene Schtuß⸗Akre der äber Ausbil⸗ dung und Befestigung des Teutschen Bundes zu Wien gehaltenen Ministerial-Konferenzen; de dato den 24 Jun. d J.

Berlin, den 8. Jul. 1820.

Koͤnigl. Preuß. Debit⸗Komtoir f. d. Allgem. Gesetzsammlung.

Einpaßirt. Der General⸗Major v. Schmidt, In⸗ spekteur der Garde-Urtillerie und der 2ten und 3ten Artil⸗ lerie⸗Brigade, von Stettin.

Auspaßirt. Se. Durchl. der Fuͤrst v. Hatzfeld, Koͤnigl Preußischer außerordentlicher Gesandter und bevoll⸗ mochtigter Minister am Koͤnigl. Riederlaͤndischen Hofe, nach Spaag. Se. Exc. der Koͤnigl. Wuͤrtembergsche General der Infanterie, außerordentlicher Gesandter und bevollmaͤch⸗ tigter Minister am hiesigen Hofe v. Phull nach Stutt⸗ gard. Der General⸗Major und Divisions⸗Kommandeur der Garde-Kavalerie v. Knobelsdorff nach Doberan. Der General-Major und Ingegaieur-Brigadier v. Hoyer nach Danzig. Der Koͤnigl. Spanische Oberst de Lan⸗ daburo et Villaeneuva, von der Gesandtschaft am hie⸗ sigen Hofe, als Kourier nach Paris.

Durchgegangen. Der Kaiserl. Rußische Feldjaͤger Graffas als Kourier von St. Petersburg über den Haag nach London. Der Koͤnigl. Baiersche Kabinets⸗Kourier Grunwald von Muͤnchen nach St. Petersburg.

I. Zeitung s⸗Nachrichten.

Au slandt.

Frankreich. Die Kammer der Pairs hatte zur Prüfung des von der Deputirtenkammer angenomme⸗ nen Wahl-Entwurfes eine Kommißion niedergesetzt, be⸗ stehend aus dem Marquis Pa storet, dem Marquis Clermont Tonnaire, dem Marquis Fontanes, dem Vicomte Montmorency und dem Marquis

de Talarn. Einmüthig stimmte diese Kommißion für die Annahme des Entwurfes, und Fontanes stattete darüber den Bericht ab. Wir heben aus die⸗ sem Folgendes besonders darum heraus weil manche Redner der rechten Seite in der Deputirtenkam⸗ mer unverhohlen äußerten, daß jener Entwurf zwar viel beßer als das bisherige Wahlgesetz sey, aber