1820 / 60 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 25 Jul 1820 18:00:01 GMT) scan diff

und ich hoffe es zu Dir, mein geliebter Leopold! Dein Herz hat sich noch keiner Pflicht geweigert: wie solltest Du nicht fühlen, wie schoͤn groß und heilig der Beruf ist, der Trost, die Hoffnung, der Vater vieler Tausende zu seyn? Ich empfehle Dir, nie Jemand zu verdammen, der sich noch nicht vertheidigen konnte, nie auf Guͤnstlinge zu hoͤren, gut und sorgsam im Kleinen, wie im Großen, hauszuhalten, um der Christlichen Tugend Wohlthaͤtigkeit, dem Furstlichen Vorzuge Großmuth, Dich nicht weigern zu muͤßen. Ich bitte Dich um rasche Thätigkeit; wenn man nie ohne Noth auf⸗ schiebt, hat man Zeit zu Allem, und dem Regenten sind Freuden und Zerstreuungen nur dann erlaubt, wenn seine Geschaͤfte beendigt sind. Glaubst Du mir Dank schuldig zu seyn, willst Du mir Freude sichern für die mir noch uͤbrigen Lebensjahre, so handle diesen Ermahnungen gemaͤß, dann ist mein muͤtterlicher Segen Dein Theil, und, was unend⸗ lich mehr ist, Gottes Wohlgefallen Dein Eigenthum.“

nlan d.

Berlin. Am 1g Jul. als am Todestage der ver⸗ ewigten Königin Louise Maj., war das Sch auspiel⸗ haus geschloßen, und an allen öffentlichen Belustigungs⸗ Drten die Musik eingestellt. Nach Charlottenburg aber wallfahrtete eine große Menge der hiesigen Einwohner, um der Verklärten an ihrer blumengeschmückten Ruhe⸗ Stäte den Tribut der innigsten Ehrfurcht und Liebe darzubringen.

Breslau. Vei dem hiesigen, unterm 26. und 27. Junius abgehaltenen Viehmarkte waren a000 Pferde, 119 ausländische Schlachtochsen und 1584 Schweine aufgetrieben; letztgenannte beide Sorten gingen bis auf 246 Schweine ganz ab; Pferde wurden nur sehr wenig verkauft.

Für den Leinwandhandel haben sich günstige Aus— sichten gezeigt. Tuche werden sehr gesucht.

Der Fürst-Erzbischof von Prag bereiste, in Beglei⸗ tung des dazu beauftragten Regierungs- und Präsi⸗ dialrathes Sabarth, Ende v. M. die Grafschaft Glatz, hielt Kirchenvisitation, und ertheilte die Fir— mung; in der Stadt Glatz allein wurden 11,135 Per— sonen gefirmt. Der Fürst⸗Erzbischof äußerte über den überall bemerkten frommen Sinn der Einwohner ge⸗ dachter Grafschaft seine große Zufriedenheit.

Hier in Breslau hat sich eine Gesellschaft zu Ein⸗ richtung einer Anstalt vereinigt, in welcher rechtliche Dienstboten im Alter ein ruhiges Unterkommen finden können.

Die vaterländische Kultutgesellschaft hieselbst ver⸗ anstaltete während des letzten Wollmarktes, eine mit Beifall aufgenommene und sehr lebhaft besuchte Kun st— Ausstellung, die den Zweck, hat Sinn und Intereße für die Kunst beim Publikum zu erwecken und den Künstlern Gelegenheit zu verschaffen, ihre Arbeiten be⸗ kannt zu machen. Die Gesellschaft kauft aus dem

Ertrage des Eintrittgeldes einige vorzügliche Stäcke, die dann unter ihren Mitgliedern verlooset werden.

An der Kunststraße hinter Neumarkt bis zur Gränze des Liegnitzer Regierungs⸗Bezirkes, wird noch fleißig gearbeitet.

Greifswald. unserer Freude auszudrücken, Herr uns mit seiner Gegenwart beehrte, hat die Stadt Ein Geschenk von 500 Rthl. in Golde der Louisenstif⸗ tung in Berlin ausgesetzt, und die Einrichtung gerrof⸗ fen, daß alljährlich am J. Jun., als an welchem Tage Se. Majestat zum erstenmale in unsere Mitte traten, gedachtem Institute 50 Rthl. aus den Mitteln zweier hiesiger milder Stiftungen, so lange deren Fonds soel— ches gestatten, übermacht werden sollen.

Kochem (Reg. Bezirk Koblenz), vom 8. Julius. Folgendes Ereignis ist sowol im Allgemeinen, als be— sonders in geognostischer Hinsicht, sehr intereßant;

Eine halbe Viertelstunde unterhalb Brußig liegt an der Mosel eine Bergklippe, der Sieben⸗Uhren⸗ Berg genannt, auf deten Höhe man seit langen Jah⸗ ren einige Riße bemerkte, welche in den letzten fünf Jahren sich jährlich ungefähr um einen Fuß erweiter⸗ ten. Gestern abends bemerkte man, daß von dem Berge kleine Steine und Erdschollen herabfielen, wel⸗ ches immer zunahm, so daß diesen Morgen um 4 Uhr der ganze Felsen sich ablöste und mit solcher Gewalt in die Mofel stürzte, daß dieser Fluß am jensei tigen Ufer plötzlich über drei Fuß aus seinem Bette trat, und durch die heftige Gewalt des Anschwellens die bei Brußig festliegenden kleinen Fahrzeuge sämmtlich los⸗ getrieben wurden. Späterhin trat die Mosel nun zwar wieder in ihr Bette zurück, allein man kann anneh⸗ men, daß ein Dritiheil desselben verschütten ist. Um sich einen Begriff von der herabgestürzten Masse zu machen, darf man nur wißen, daß 40 Weinberge mit derselben in die Mosel gesunken sind.

Für die auf dem linken Mosel-Ufer liegende Ge⸗ meinde Ernst wird zwar nur bei hohem Waßer Gee fahr zu besorgen seyn; allein da der Berg selbst (der Stessel genannt) auf der Oberfläche sowol, als in den inneren Theilen, auf eine schreckliche Weise zerrißen, auch der Vordertheil desselben heute um drei Fuß ge— sunken ist und fortdauernd noch große Massen herab⸗ fallen, so ist zu befürchten, daß auch der Rest der los—⸗ getrennten Masse noch herabstürzen werde. Dadurch würde nicht allein die Schifffahrt gehemmt, sondern auch wahrscheinlich der Fluß zum der Gegend aus seinem Bette getrieben werden.

Um ein gemeinnütziges Merkmal daß der König unser

Man erwartet unverzüglich von Koblenz einen tech ⸗·

nischen Beamten, um die Sache genau zu untersuchen.

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Auszug aus dem Schreiben eines aus Preußen gebürtigen jungen Mannes.

St. Jago in Chili, den 12. Jan. 1820.

In meinem letzten Briefe vom 10. Aug. meldete ich Ihnen, daß ich als Major der Marinetruppen. eben im Be⸗ griff sey, zu der Expedition gegen Lima abzusegeln. Diese siel nicht ganz nach unserem Wunsche aus, indem die Con— grevischen Raqueten, von benen ich selbst 1200 unter mei⸗ nem Kommando hatte, schlecht bereitet waren, und deshalb keins von den Schiffen, welche sich im Hafen befanden, in Brand steckten. Lord Cochrane hielt es nun fuͤr das Beste, den Hafen von Lima mit zwei Fregatten zu blocki⸗ ren, und segelte mit der Flotte gegen Pisco, einem anderen Hafen an der Peruanischen Kuͤste; daselbst wurde ich in der Nacht mit 300 Mann an's Land gesetzt, ohne vom Feinde, welcher dreimal staͤrker war, als wir, bemerkt zu werden. Ich war so gluͤcklich, durch die Tapferkeit meiner Soldaten, das Hauptfort zu nehmen, und nach einem Gefechte von Stunden waren die ubrigen beiden Batterien nehst 12 Kanonen und 150 Gefangenen in meinen Händen, wahrend ich nur einen Verlust von einem Ofsicier und 12 Mann an Todten erlitt, und für meine Person mit heiler Haut da⸗ von kam. Ich erhielt vom Admiral Ordre, mich auf vier Tage vertheibigungsfertig zu hal ten, damit er Zeit gewoͤnne

die vorgefundenen Magazine einzuschiffen; ich hatte in die⸗ sen Tagen mit dem Feinde bestaͤndige Gefechte, war jedoch

so gluͤcklich, ihn stets mit bedeutendem Verluste zuruͤckzu⸗

schlagen. Am vierten Tage, den 11. November, erhielt ich den Befehl mich einzuschiffen und saͤmmtliche Batterien in die Luft zu sprengen, welches mir gelang; jedoch mußte ich mich mit drei Soldaten durch Schwimmen retten, weil wir zuruͤckgeblieben waren um das Feuer anzusetzen; die Exple— sion war furchtbar, denn Zo Entr, Pulver gingen in die Luft. Am Bord wurde ich von saͤmmtlichen Schiffen mit einem Hurra! empfangen, und der Admiral bezeigte mir seine geoͤßte Zufriedenheit, mit dem Bemerken, mir bei sei— ner Zuruͤckkunft besondere Belohnung werden zu laßen. Nachdem wir vier Monate an der Peruanischen und Me— xikanischen Kuste die Hafen blokirt und eine Spanische Fre—⸗ gatte von Ho Kanonen erobert hatten, kamen wir gestern gluͤcklich im Hafen an und wurden von den Einwohnern herzlich empfangen. So eben bekomme ich Ordre vom regierenden Senat mich sogleich in die Stadt zu verfügen, um von selbiger meinen Dank zu empfangen. ꝛc.

Redaktion in Aufsicht: von Stägem ann. Reimersche Buchdruckerei.

großen Nach theile

resken gebraucht worden

Algemeine

Preußische Staats Zeitung.

6ote Stück.

, .

Berlin, den 25sten Julius 1820.

. Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages.

Berlin, vom æs. Julius. Se. Majestät der König haben geruhet, dem Obersten und freien Stan⸗ desherrn Karl Lazarus Grafen Henkel v. Don⸗ ners mark auf Beuten und Tarnowitz die Ober-Land— Mundschenken-Würde in Schlesien zu ertheilen, dem Kantor Kramer zu Groß-Quenstädt aber und dem

MNauergesellen Krehan zu Breslau, das Allgemeine Ehrenzeichen zweiter Klaße zu verleihen.

Angekommen: Se. Exc. der General ⸗Lieutenant v. Scholler, diesseitiger außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister am Ruß Kaiserl. Hofe, von St. Petersburg Se Exc. der General-Lieutenant Graf v. Schliefen, Chef des Departements fuͤr die Invaliden, von Frankfurt am Main.

Abgereist: Se. Exc. der Wirkliche Geheime Rath und Ober Praͤsident v. Bülow, nach Magdehurg.

Durchgereist: Der Ruß. Kaiserl. Feldjäger, Lieute⸗ nant Ot o, als Kourier von St. Petersburg, nach Karlsbad.“ Der Koͤnigl. Franz. Kabinets⸗Kou ier Dragon, von Pa⸗ ris nach St. Petersburg. Der Koͤnigl. Franz Kabinets⸗ Kourier Biancourt, von St. Petersburg nach Paris.

II. Zeitung s⸗Nachrichten.

Ausland.

Im Jahre 1801 den 11. Decbt. hatte die damalige Französische Regierung, nämlich das Konfulat, bestehend aus dem ersten Konsul Bo⸗ 22 parte, der damals noch nicht zum Konsul auf Lebenszeit ernannt war, und den beiden an⸗ deren Konfüln, Cambaceres und Lebrun, einen Traktat mit dem Dey von Algier geschloßen, vermöge deßen zur Ausgleichung der Foderungen welche in Frankreich wohnende Gläubiger an Gläubiger die in Algier wohnen, und so umgekehrt diese an jene hat⸗ ten, bestimmt war, daß unter ihnen die vollkommenste Reciprecität stattfinden sollte. Zur Ausführung die— ses Traktates war jetzt der Deputirtenkammer ein Ge⸗ setz Vorschlag übergeben worden, kraft deßen die jetzige Franzöͤs. Regierung autorisirt werden sollte, J, ooo, oco,

Frankreich.

welche den Algierischen Gläubigern zufolge angelegter Berechnung nach zukamen, zu zahlen.

Herr

Hierüber entstand eine lebhafte Diskußion.

Alexander Lameth ging in seiner Opposition sehr

weit; er meinte, die Französische Regierung des Jah⸗

res 1801 wäre nicht ermächtigt gewesen, den Traktat

für sich abzuschließen, sie hätten ihn vielmehr zufolge der früheren, sie bindenden Konstitutionen zuvor der ge⸗

setzgebenden Gewalt zur Genehmigung vorlegen müßen, und da dies nicht geschehen sey, fo sey der ganze Trak— tat ohne verbindliche Kraft; und wolle ihn oie Kam⸗ mer demungeach tet bestehen laßen, so müße sie dies woenigstens nur mit dem Zusatze „daß alle und jede Fo— derungen, die irgend Jemand in Frankreich, sey's Perso⸗ nen eder Kommanen,

könnten, zuvor von die sen J, ooo, 900 abgezogen würden.“

an Algierische Un terthanen haben

Der General Sebastiani, der früher von Bo— naparte ju Mißionen an die sogenannten Barba⸗ b ist, und von der Lage der Dinge eine genauere Kenninis hat, widersetzte sich

diesem Antrage, weil der Traktat einmal gischloßen

sey und um so mehr gehalten werden mäße, als es

sowol die Pflicht, als das Handels- Intereße Frank

reichs geboten, die guten Verhältniße mit den Bar—

baresken nicht zu verletzen.

Die Kommißion der Kammer zur Prüfung des übergebenen Gesetzvorschlages hatte übtigens selbst, zu⸗ folge gewißer Reklamationen von Marseiller Handels⸗ Leuten, und namentlich von den Ausrüstern der Fran⸗ zösischen Schiffe la Fortune und le Chasseur, die ihre gemachte Beute nach dem Algierischen Hafen Oran gebracht und von dem dortigen Französischen General⸗ Konsul hatten verificiren laßen, deren aber demungeach⸗ tet der Dey durch seine Janitscharen sich bemächtigte und wieder an' die Eigenthümer zurückgegeden hatte, den Zusatz in Vorschlag gebracht „daß bei der Abzah⸗ lung der J, 000, 000 die verschiedenen gegenseitigen Reklamationen Französischer und Algierischer Ein⸗ wohner berücksichtigt werden sollte.“ Allein vor⸗ nehmlich motivirt durch die Bemerkungen des Grafen Beugnot „daß der Traktat von 1801 zwar aller⸗ dings den Grundsaͤtz der Reciprocität zwischen Fran⸗ zösischen und Algierischen Glägbigern aufrecht halte, aber zunächst nur von solchen Schulden handle, die sich vor dem Abschluße desselben datirten, daß mit⸗ hin, wenn Algier diese bestimmte Verdindlichkeit gegen Frankreich erfüllt, Frankreich aber damie noch in Rückstand sey, und nun auf seinen Räckstand Fe derungen an Algier von spälerem Datum, als sener Traktat, abrechnen laßen wolle, Algier unbedenklich das Recht haben würde zu behaupten, daß das nicht Erfüllung jenes Traktates heiße, sondern der Gegen⸗ stand eines ganz neu abzuschließenden Vertrages senn wurde der Gesetzvorschlag, wie ihn die Regierung an— gebracht, rein angenommen und die sowol von der Kommißion als einzelnen Deputirten in Vorschlag ge brachten Zasätz verworfen. .

Sonst beschäftigten die Kammer nur mehre nicht eben sehr intereßante Petitionen, aver demerkengwerth ist Folgendeg. Der Deputirte Pico! vesermegun hatte namens einer niedergesebten Kommihpion einen Bericht über den Bau einer neuen Valle zu Mang gemacht; hinterder aber erbielt der Präsident der Rammer ein Schreiben von den übrigen Mirglie— dern der Kommistion, beg Inhalten, das ihnen dieser wHericht gar nicht milgetbeilt, sondern von dem Herrn

m a, l mee.