1820 / 64 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 08 Aug 1820 18:00:01 GMT) scan diff

II. Zeitung s⸗Nachrichten.

Ausland.

Frankreich. Der Moniteur, indem er anzeigt, daß der König in der Sitzung des Minister⸗Rathes prä⸗ sidirt und daß diese Sitzung drei und eine halbe Stunde gedauert hat, setzt hinzu, daß es gewiß allen guten Fran⸗ zosen eine höchst e ben g Nachricht seyn würde, wie vollkommen jetzt die Gesundheit Sr. Majestät sey. Die örtliche Schwäche, welche der letzte Anfall des Po—⸗ dagra zurückgelaßen, verlöre sich immer mehr und mehr, und man habe Hoffnung, daß der König bald wieder seine gewohnten Spaziergänge beginnen werde.

Eben dieses Blatt meldet auch jetzt die schon frü⸗ her bekannt gewordene Verheurathung der älte sten Toch⸗ rer des Marschals Prinzen Eck mühl, Mademoiselle Josephine Davoust d? Eckmühl, mit dem Herrn Achille Vigier, und daß der König den Heuraths-Kon— trakt unterzeichnet hade. Andere Blätter setzen noch Folgendes hinzu: die junge Prinzeß d' Eckmühl sey 15 Jahr und Herr Achille Vigier, einer der reich= sten Eigenthümer, deßen jährliche Einkünfte mehr als 250, 00 Fr. (also über 60, ooo Rthl.) betragen, sey a0 Jahre alt; die Vermählung werde im nächsten Mo⸗ nate zu Lougvy, einem Landgute des Marschals, nahe bei Paris, vollzogen werden.

Vor dem Assisenhose zu Paris wurde am 27. die von dem Portugisischen Gesandten Marquis Ma⸗ rialva gegen den Hrn. Bousquet Dech amps, Ver⸗ faßer eines Artikels in den Fieces historiques, der von dem Buchhändler Correard herausgegeben wor⸗

den, und gegen diesen Herausgeber selbst anhängig ge⸗

machte Beschwerde verhandelt. Der General- Advo— kat las die Stelle, worauf sich die Beschwerde grün— det vor; sie lautet also: „Unser unglücklich es Land (nämlich Portugal) findet sich jetzt fast in der näm— lichen Lage als zur Zeit der Spanischen Herrschaft über dasselbe. Damals verbanden sich alle Portugie— sen zur Wiederherstellung ihrer Unabhängigkeit und setzten den Herzog von Braganza auf den Thron, als rechtmäßigen Erben der Portugisischen Souve⸗ raine. Alle sene beklagenswerthe Folgen, die fremde Herrschaft nach sich zieht, erneuern sich auch jetzt wie⸗ der seit der Entfernung unseres Königs; die Ursachen sind zwar verschieden, aber die Resultate die nämlichen. Unserer Unabhängigkeit beraubt und Unterthanen eines entfernten Königreiches geworden, regiert durch Abgeord⸗ nete, deren nachläßige Verwaltung die mit der Ent⸗ fernung unseres Monarchen verbundenen Uebel noch vermehrt, fehen wir uns vergebens nach Hilfe und nach Erleichterung um, die nur er selbst, wenn er unter uns wohnte, uns zu verschaffen im Stande seyn würde. Wir haben nicht mehr den Rang unter den Nationen, den wir ehemals besaßen und auf den der Ruhm unserer Vorfahren uns Ansprüche giebt; wir sind verurtheilt, alle die Mittel, durch welche sie jenen Ruhm erworben und durch welche wir ihn aufrecht erhalten könnten, unbenutzt zu laßen c.“ Außerdem wären in eben dieser Schrift allerlei persönliche Be— leidigungen gegen den Gesandten Marialva selbst enthalten, und so hatte die Verhandlung zwei Be— schwerden zum Gegenstande. Der General⸗Advokat machte zuvörderst aufmerksam darauf, daß niemals mehr als gegenwärtig die großen Intereßen, welche die Eu⸗ ropäischen Familien unter einander verknüpften, unv er⸗ letzlich seyn müßten; ganz Europa scheine jetzt in zwei gegeneinanderüberstehende Partheien getheilt zu seyn; die eine fodre unbedingte Achtung für alle alte Insti⸗ tutionen, fürchte alle politische Veränderungen und laße sie nur zu, wenn die dringendsten Umstände sie geböten; die andere trachte nur nach Revolutionen, Umwälzungen und Dynastie⸗Veränderungen, Aber in allen civilisirten Staaten bestände und müße beste⸗ hen ein gleiches Gesetz gegen Diejenigen, die fremde Mächte und Souveraine zu beschimpfen wagten, und dadurch die Ruhe und die freundschaftlichen Verhält⸗ niße der Staaten untereinander stören könnten. Of⸗

fenbar wären in den oben angeführten Aeußerungen eine Menge Beleidigungen gegen den König von Por— tugal und gegen die Portugisische Nation ausgesprochen, indem ihr der Vorwurf gemacht werde, daß sie unter fremdem Joche seufze und ihren politischen Einklang verloren habe 1c. Der Herausgeber Correard wurde sehr geschickt durch einen jungen Abvokaten Namens Dumint vertheidigt und von dem Assisengerichte auch wirklich losgesprochen, dagegen der Verfaßer der Schrift zu dreijähriger Gefängnis- und sooo Fr. Geldstrafe verurtheilt wurde.

Die Untersuchung gegen den Soldaten Imbert, der bei den unruhigen Bewegungen im Anfange des Junius den jungen Lallem and mit einem Gewehr— Schuße getödtet, ist auf den Bericht des Insiruk— tionsrichters Jarry, daß die dem Imbert zum Vor— wurf gemachte Thaisache ihn lebiglich betreffe als

er im Militairdienst begriffen die Waffen führen müs⸗

sen, und daher gar nicht zur Cognition der Eivil-Be—

hörden gehäre, an die Militair- Autoritäten verwie⸗

sen worden.

Die Französische Regierung hat die hinterlaßenen

Papiere und Manuskripte des berühmten großen Ma— ihematikers Lagrange, Mitgliedes der Akademie der Wissenschaften, an sich gekauft, und der Bibliothek dieser Akademie überlaßen. Man sindet darunter An— merkungen, die er bei Allem, was er gelesen, aufge— zeichnet. Denn dieser in der Wißenschaft vollendete Gelehrte, wie das Journal de Faris sich ausdrüct, ließ keine mathematische Produktion, wichtig oder nicht, vorübergehn, ohne sie mit der Feder in der Hand zu studiren und fich selbst darüber Rechenschaft zu geben. Auch findet sich unter seinen Papieren die fehr gedrängte und bescheidene Antrittrede desselben, als er Mitglied der Akademie der Wißenschaften zu Berlin wurde (bekanntlich war er solches und Direk— tor der philosophischen Klaße bis nach dem Tobe Friedrichs des Großen), ingleichen alle die Briefe, die er von d' Alembert empfangen, und wovon ei— nige höchst in tereßanten Inhalts sind.

Der Sohn des unglücklichen, zu Rhodez ermorde— ten Fugldes hat sich jetzt in Paris als Agent für gewiße Geschäfte etablirt; es wird ihm nachgerühmt, daß er mit großem Eifer und großen Aufopferungen die Mörder feines Vaters verfolgt, überall Uneigen— nütziakeit und Geschicklichkeit bewiesen habe und daher das Vertrauen des Publikums verdiene.

Der Herzog Cambaceres, der am is. Jul. von Brüßel abgereist, wurde in Paris erwartet.

Unter mehren zu Offizieren und Rittern der Eh—

renlegiön ernannten Personen befinden sich auch der Gencral-Prokurator Bellard und der bekannte De— seze, erster Präsident des Kassatisnshofes.

Madrid. Hr. Martinez de la Ro sa trug darauf an, daß der abgegangenen provisorischen Junta für die geleisteten Dienste von Seiten der Cortes der gebührende Dank abgestattet werde; Mos co so wollte diesen auch auf die nunmehr gleichfalls aufgehobenen Provinzial⸗ Junten ausgedehnt wißen. Arispe indeßen meinte, che man danke, müße doch erst der Erfolg der anzu— ordnenden Untersuchung über die Art und Weise ab— gewartet werden, wie diese Junten, welche die Ange⸗ legenheiten des ganzen Reiches unter den Händen ge⸗ habt, sich ihrer a nnn Pflichten entledigt, und so⸗ nach ward obiger Antrag wieder zurückgenommen.

Der General-Kapitain O' Don oju hat mehre Um⸗ triebe in Sevilla entdeckt und einige Personen dieser⸗ halb verhaften laßen; unter diesen befinden sich vier Chorherrn und der Ex Inquisitor Esperanza. Auch in Tuy sind wegen vorgefallener Unruhen verschiedene Personen gefänglich eingezogen worden, unter denen

sich einige Geistliche befinden; im Ganzen aber herrschi

im Reiche wie in der Residenz selbst die größte Ond⸗ nung und ver tiefste Friede.

dem er eine förmliche Protestation eingelegt. rabinieri schloßen ihrerseit eine militairische Kapitula⸗ tion mit Veliante, der sich „Organisatore dei Carbo⸗

Durch die neusten Dekrete wird die Tortur und die Inquisition auf immer abgeschafft, der Titel „Ma⸗ jestät“ dem Könige allein vorbehalten, und deßen Ein⸗ nahme auf 1 Mill. Realen jährlich bestimmt.

Zu Tolosa ward auf einer Wolfsjagd ein Tyger zeschoßen, deßen Alter man auf 30 Jahre schätzte.

Neapel. Der Kronprinz und Herzog von Ka— labrien, Franz, erließ als General-⸗Stellvertreier, am 17. Jul. nachstehende Proklamatien. „Wir Franz, Herzog von Kalabrien, Generalstellvertreter des Rei— ches mit dem Alter- Ego: Kraft der am heutigen Tage ausgefertigten Akte, durch welche Se. Majestät Unser erlauchter Vater Uns, mit der unbeschränkrien Klausel des Alter-KEgo, die Ausübung jedweden Rech⸗ tes, Prärogativs, Vorzuges und Befugnißes auf die⸗ selbe Art übertrug, wie Se. Majestät dieselben seldst ausüben könnte; in Folge des Enischlußes Sr. Ma—⸗ ststät, dem Staate eine Konstitution zu geben; ge— willigt, Unsre Gesinnungen allen Ihren Unterthanen bekannt zu geben, und zu gleicher Zeit ihre einmü⸗ ihigen Wünsche zu begünstigen, haben Wir beschloßen zu verordnen, und verordnen wie folgt: §. 1. Die Fonstitution des Königreiches beider Sicilien wird die— selbe seyn, welche für das Königreich Spanien 1819 angenommen, und von Sr. katholischen Majestät im März 1820 sanktionirt worden ist, mit Vorbehalt je— ner Modifikationen, welche die konstitutionell zusam⸗ menberufene National:-Repräsentation vorzuschlagen für gut halten wird, um sie den besondern Verhältnißen ber Staaten Sr. Majestät anzueignen. §. 4. Wir behalten Uns vor, alle Verfügungen zu treffen und bekannt zu machen, welche die Vollziehung des gegen⸗ wärtigen Dekreres erleichtern und beschleunigen kön⸗ nen. §. 3. Alle Unsre Staats sekretaire sind mit Voll⸗ ziehung desselben beauftragt.

Rom. Am 4. Jul. war ein Aufstand zu Ponte⸗ Corvo, einer päpsllichen Stadt, aber im Gebiere von Nrapel eingeschloßen. Der Arzt, Wundarzt und Apo— theker standen an der Spitze der Tumultanten; sie tiefen Neapolitanische Milizen mit einem gewißen Hauptmanne Casella zu Hilfe, und vertrieben den Gouverneur. Am 5. brach auch ein Aufruhr zu Be⸗ nevent aus; drei Gensd'armen wurden auf der Straße ermordet, die Uebrigen, zwischen 30 und 40, weiche die Garnison ausmachten, zogen sich ins Schloß zurück, wo auch die Wohnung des Delegaten Monsignor Olivieri ist. Die Insurgenten, welche die dreifarbige Fahne umhertrugen, und ihre Zahl auf 7000 angaben,

(L die wohlhabenden Klaßen nahmen keinen Aniheil)

wurden von einem gewißen Veliante, bankerottem Kriegskommißair, kommandirt. Der Delegat mußte der Uebermacht weichen, und verließ Benevent am 11. nach⸗ Die Ka⸗

nari von Benevent“ unterzeichnete. Der Er bischof,

der 8ajährige Kardinal Spinucci, schlug den Rebel—

len ab, ein Tedeum für sie singen zu laßen. Ve⸗

liante kegab sich nach Neapel, und bat um Einver— leibung Benevents mit diesem Königreiche. hielt abschlägige Antwort, und die Regierung zu Nea—⸗ pel erließ ein Edikt, worin sie dasjenige, was zu Pon tecorvo von Casella geschehen war, misbilligt, und

Er er⸗

jede Einmischung in das Innere der Nach barstaaten mit schwerer Strafe bedroht. Pontecorvo und Bene⸗ vent sind seitdem ohne alles Regiment, in vollkomme— ner Anarchie, und werden es wahrscheinlich als eine Gnade erbitten müßen, daß der Papst ihnen von

neuen einen Gouverneur zusende.

Der Prinz Friedrich von Sachsen-Gotha tritt unter Begleitung seines Beichtvaters Monsignor Re⸗

nazzi, nach mehrsährigem Aufenthalte zu Rom, die

Rückreise nach seinem Vaterlande an. London. In der Abdreße der 7600 weiblichen

Reformers von Nottingham an die Königin, heißt es

unttt andern. „Wir haben die gegen Sie ausge—

brachten Verleumdungen nie geglaubt, sondern sie im⸗ mer mit der größten Verachtung angehört. Sie brin- gen ju Ihrem Schutze vollgiltige Empfehlungen mit, die in jeder Brust ihren Ankergrund finden. Ihr Va⸗ ter ist nicht mehr, ihr Bruder, der voczüglichste Trost in Ihrem Kummer, fiel als Held in der glorreichen Sc lacht bei Waterloo. Ihre liebenswürdige Tochter wurde Ihnen nur zu früh entrißen; und dieser folgte Ihr größter Beschützer, unser letzter ehrwürdiger Monarch. Nicht um die Wunden, die Ihnen diese Trauerfälle geschlagen, von neuen aufzureißen, sagen wir es, sondern um Ihnen zu zeigen, daß wit Ihren Schmerz ehren, und daß, wenn Sie auch nicht mit den gezückten Säbeln des Militairs verthei— digt werden, Sie doch immer von Ihren Garden um⸗ geben sind. Alle, bei denen der alte Rittergeist zum Schutze der Frauen noch nicht ganz erloschen ist, und Alle, welche das schönsie Gefühl der Natur, der Poli⸗ tik der Zeit nickt aufopfern, werden sich um ihre Köͤ— nigin versammeln, und sie von fremden Kommißairs und Spionen, so wie von ihren inheimischen Ver⸗— folgern befreien.“ Der Stadt Wakefield antwortete die Königin auf deren Addreße unter andern. „Die Gewalt, die sich das Haus der Lords durch seine Straf- und Bußakte anmaßt, nicht allein um Sr. Majestät Königl. Gemahlin zu scheiden, sondern um des Hauses gesetzmäßige Königin zu entthronen, dürfte traurige und wirksame Folgen für die Nachwelt her⸗ beifühlen. Das Bewußtseyn der Rechtlichkeit, wel- ches keine Straf- und Buß-Bill von Mir nehmen kann, wird Mich alle Prüfungen üderstehen aßen, und seldst, wenn am Ende die Bosheit mit der Ge— walt meiner Feinde gleichen Schritt halten sollte, so soll dennoch das Volk keine Gelegenheit haben, Mir die Vorwürfe zu machen, daß Ich ihre Glückseligkeit vernachlaßigt, ihre Rechte betrogen oder auf einen Au— genblick die patriotische Hochherzigkeit einer Königin aufgegeben hätte.“ .

Dr. Adams, einer von denen, welche in Gent mit dem Amerikanischen Gesandten unterhandelten, wird nebst dem Generalprokureur und dem General⸗ Fiskal, als Anwalt gegen die Königin auftreten.

Hr. Wetherell trug am as. Jul im Unterhause darauf an, daß ein gewißer Flon dell, Herausgeder des Western Luminarꝝ, wegen eines in die sen Blarte enthaltenen, die Angelegenheiten der Königin berreffen— den, in höchst unschicklichen Ausdrücken abgefaßten Auf— satzes, gerichtlich belangt werde. Lord Castlereagd entgegnete hierauf: „Kein Mensch deklagt die jetzt ein— gerißene Zügellosigkeit der Preße mehr, als ich, und ich fürchte, daß England, welches einst wegen seiner unpartheyischen Gerechtigkeit und Reinheit in der Ver— wallung der Justiz unter fremden Nationen dewun— dert wurde, fetzt wegen seiner Abneigung gegen gute Ordnung, und wegen seiner Freidbeit, die niedriaßen Leidenschaften durch die Preße auszusprechen, derüdmt werden wird. Hinsichtlich der Schmäbschrift, welche der achtbare und gelehrte Herr dem Hause vorgelegt hat, bemerke ich, daß wegen derselben nur Ein Urtheil herrschen kann, und daß Niemand darüder größeren Unwillen zu fühlen im Sande ist, als ich. Odgleich die Schmähschrift in dem Lunänary noch seor nen ist, so hat sie dennoch die Aufmerksamkeit des Gene— ral Prokureurs auf sich gezogen. Da es aber jetzt, so zu sagen, nichts weiter als Libelle von allen Seiten regnet, so ist es unmöglich, alle Diejenigen zu delan— gen, die Bestrafung verdienen, und es wöre deshal— die Pflicht der Anwalte Ihrer Majestät, solche Schmä— schrift Schreiber zur Verantwortlich keit zu zieden, od ne die Sache vor das Parlament zu dringen. Ich mache diese Bemerkung nicht, um etwa die Schrift zu ver— theidigen: aber ich glaude, der achtdare und geledrre Herr sollte, devor er seinen Antrag machte, überlegt haben, ob Niemand anders im Staate seh, der gleich der Erlauchten Person von arm, zu leiden hat. Wenn der achtbare Herr die taglichen Zeitungen ge— lesen Hat, so wird derselde nicht in einer, sondern in