1820 / 82 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 07 Oct 1820 18:00:01 GMT) scan diff

Leipzig, vom 2. Okt. Die im Jahre 181 ge⸗ gen 5 Proc. Verzinsung und 1 Proc. Prämie für die Haupt⸗-Auswechselungs Kaße aufgenommene Anleihe von Soo, ooo Rthl. wird Ostern 1821 an diejenigen Intereßenten zurückgezahlt, die ihr Kapital nicht fer⸗ ner zu 4 Proc. stehen laßen wollen, in welchem Falle sie neue Partial-Sbliggtionen erhalten. Die Zurück⸗ Zahlung der stehen bleibenden Kapitalien beginnt nach 6 Jahren.

München, vom 22. Sept. Die weib liche Feier— Tagschule, vor as Jahren errichtet, um Dienstboten und erwachsenen Mädchen an Sonn- und Feiertagen den versäumten Elementar- Unterricht zu geben, und sie in weiblichen Arbeiten ausbilden zu laßen, wird jetzt von 1000 Schülerinnen freiwillig besucht. An die vor⸗ züglichsten, welche nicht allein in der Anstalt selbst die fleißigsten und gelehrigsten sind, sondern auch von ihren Btotherrschaften über ihre Treue, Sittlichkeit und son⸗ stige Aufführung und Dienstbrauchbarkeit die nöthigen Zeugniße aufwessen können, werden jährlich verschie⸗ dene Preise ausgetheilt; den dies maligen ersten Haupt⸗ Preis, 150 Fl., erhielt Jesepha Christmiller, 21 Jahre alt, nach dem einhelligen Gutachten der Lehrer und Lehrerinnen, und mit 12 Stimmen ihrer Mitschü⸗ lerinnen. Dies Geld erfolgt nicht baar, sondern in einem Kapitalbrief hiesiger Residenz, den der Magistrat mit 5 Procent jährlich bis zur Verheurathung des Mäd⸗ chens verzinst und dann das Kapital selbst auszahlt.

Karlsruhe, vom 25. Sept. Se. Königl. Hoheit der Großherzog haben durch das Ministerium des In— neren sämmtlichen Aemtern und Gemeinden, deren Bezirke Höchstdieselben auf Ihrer Reise nach Werth⸗— heim betreten haben. für die treue herzliche Anhäng⸗ lichkeit, welche Se Königl. Hoheit überall mit Rüh⸗ rung und landes väterlichem Wohlgefallen wahrgenom—⸗ men haben, Ihren besonderen Dank zu erkennen ge— ben laßen.

Kaßel, vom 26. Sept. Unsere Truppen sind seit dem 16. d. M. in hiesiger und allen anderen Garni⸗ sonen in doppelter Stärke zum Herbst-Exerziren und Mandeuvriren versammelt. Se. K. H. der Kurfürst, immer noch wie sonst, eifrigster Militair, ist bei den Uebungen dieser Truppen täglich zugegen.

Auszug aus einem Pari serPrivatschreiben.

Seit einigen Tagen ist ein Aitargemälde eines jungen teutschen Künstlers, des Herrn Karl Begaße aus Heinsberg bei Köln, hier im Bibliothek⸗Saale des Konservatoire (Rue Bergère) öffentlich ausge— stellt, welches ernstere Beachtung verdient. Der Kö—⸗ nig von Preußen unterstützte den Jünglinge durch eine Pension und kaufte schon früher ein Altargemälde: Ehristus am Oelberge, für die Garnisonkirche in Berlin von ihm, welches während des Aachner Kon⸗ greßes großes Aufsehen gemacht. Auch sein jetziges Werk ist für den König bestimmt. Es stellt die Aus⸗

gießung des heiligen Geistes am Pfing st fe ste

vor. Mit Freuden sieht man hier einen hoffnungs— vollen jungen Künstler eine andere Bahn betreten, als die Mehrzahl unserer Neuteutschen. Begaße wählte sich die hohen Meister der Italischen Schule zu Voerbildernz namentlich sieht man, wie sehr er Raphael, Fra Bartolomeo u. Correggio stu— dirte. Erinnern jetzt auch einige seiner Köpfe noch zu sehr an jene Meister, so spricht doch so bedeutende Driginalität daneben aus seinem Werke, daß man hof⸗ fen darf, er werde bald ganz frei und eigenthümlich auf der herrlichen Bahn die er sich wählte fortschreiten.

Ganz in der Mitte des Vordergrundes kniet die Mutter Gottes auf den Stufen von einer Säule, mit Hoffnung und Ergebung gen Himmel betend, Jo— hannes und Petrus sind zu ihren Seiten. Hin— ter Marien betet Magdalena, welche von der

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Vom 1. Okt. an haben sich die Reisenden auf der Tour von hier nach Eisenach statt der bisherigen Post⸗ Wagen eben so bequemer Diligencen zu erfreuen, als vor kurzem auf der Tour von hier bis Paderborn ein— geführt worden sind.

Darm stadt, vom 28. Sept. Des Großherzoges K. H. haben der Provinz Ober⸗Heßen zur Unterstützung der Armen und Bedrängten 30, 000 Fl. geschenkt, und die Vertheilung dieser Summe der Regierung überlaßen.

Hanover, vom 29g. Sept. Zur Feier der Schlacht bei Leipzig soll den 22 Okt. in allen Kirchen des Kö— nigreiches der Ambrosianische Lobgesang, unter dem Ge⸗ läute der Glocken, abgesungen werden.

Die Leichen der Juden dürfen, einer neuen Ver—

ordnung gemäß, nicht früher als 48s Stunden nach

erfolgtem Tobe beerdigt werden. Vom 1. Okt. an sind auf den Routen von Wals⸗ rode und Welle nach Stade und Otterndorf bedeckte

Postwagen eingeführt.

Inland.

Brieg. Die hier seit dem 1. März v. J. errich⸗ tete Spaar⸗-Kaße ist in Bezug auf die Möglichkeit der Beschaffung der Zinsen darauf gegründet, daß die Ein⸗ lagen der Spaarkaße, unter Garantie des Gesammt⸗ Vermögens der Kommune, zur Erweiterung eines Be⸗ triebkapitals einer nicht unbedeutenden Ziegeley ver— wendet, von deren Administration mit 5 Procent der Spaarkaße verzinset und von dieser den Intereßenten mit 4 Proc. berechnet werden.

Seit Eröffnung der Spaarkaße sind bis jetzt 3981 Rthl. 8 Gr. eingenommen, eine Summe, welche bei Berücksichtigung der Zahl der Bewohner (etwas über 8500), selbst abgesehen von der längeren Zeit, während welcher die Berliner Spaar⸗-Kaße besteht, die Einnahme der Berliner Spaar-Kaße beinahe um das Vier⸗ fache übersteigt.

Vorzüglich erfreulich aber ist der Umstand, daß ein großer Theil der desfalsigen Intereßenten in Kin⸗ dern, Dienstboten und unbemittelten Leuten besteht, und sonach die Hoffnung stattfindet, daß der Sinn für vernünftige Sparfamkeit sich immer mehr verbrei—⸗ ten werde.

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blendenden Erscheinung fast erschreckt wird; ein herr⸗— lich gezeichneter Kopf. Zu beiden Seiten des Hinter— Grundes sind die übrigen Apostel trefflich gruppirt. Die Haltung des Barthel omäus, der mit dem Ausdrucke von Gesicht und Händen die Erfüllung ei⸗— ner frohen Ahnung auszuspre en scheint, ist beson⸗ ders schön. Ist auch die Färbung des ganzen Bildes ein wenig dunkel, so ist doch die Harmonie und Kraft des Kolorits vortrefflich; die obere Beleuchtung des Tempels, die Wahrheit der Zeichnung, besonders in Köpfen und Händen, und die Schönheit des Falten⸗ Wurfes sind sehr lobenswerth. Hoffentlich wird man dem jungen, sehr bescheidenen Künstier in Berlin eben so freundlich Gerechtigkeit widerfahren laßen als hier.

Es ist auffallend, daß der erhabene Gegen stand, der zu so herrlichem physiognomischen Ausdruck Gelegen⸗ heit giebt, noch so selten künstlerisch behandelt wurde, da doch das tiefere Eindringen in den eigentlichen Sinn der Kunst und in ihre, allen Zeiten und Völkern ver⸗ ständliche Sprache, selbst ein wahres heiliges Pinsel⸗ Fest ist, wo das echte reine Licht auch nur von oben

kommen kann, ohne welches alles Streben darin nur

handwerkmäßig wird.

Druckfehler. In einigen ausgegebenen Zeitungen

des vorigen Stuͤckes ist auf der isten Seite Zeile 3. Ok⸗ tober statt September zu lesen.

Heun, Redakteur. Reimer sche Buchdruckerei.

Allg e meine

preußische Staats Zeitung

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gates Stück. Berlin, den 7ten Oktober 1820.

J. Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages.

Der Königl. Hof legt morgen den J. d. die Trauer für Ihro Durchl. die Frau Erb-Prinzeßin von Hol—⸗ stein- Oldenburg, geborne Prinzeßin von Anhalt⸗—⸗ Bernburg-Schaumburg, auf 5 Tage an.

Berlin, den 6. Oktober 1820. v. Buch, Schloßhauptmann.

Berlin, vom J. Okt. Se. Majestät der Kö⸗— nig haben dem Viktor Adolph Friedrich Joachim von

*

Buch auf Stolpe an der Oder, die Kammerherrn⸗ Würde zu ertheilen geruhet.

Angekommen: Der Wirkliche Geheime Ober Finanz⸗ Rath und Direktor im Finanz⸗Ministerium, Borsche, aus der Neumark. .

Abgereist: Der General⸗Major und Inspektor von Blumenstein, nach Breslau. Der Herzoglich Braun⸗ schweigsche General von Bernewitz, nach Braunschweig.

Durchgereist: Der Koͤniglich Franzoͤsische Kabinets⸗ 2 Chevalier de Boitel, von St. Petersburg nach Paris.

II. Zeitung s⸗Nachrichten.

Ausland.

Paris, vom 29. Sept. Die heute erfolgte glück— liche Entbindung der Herzogin von Berry hat die allgemeinste Theilnahme veranlaßt. Bekanntlich war schon vor mehren Wochen das Publikum davon be⸗ nachrichtiget, daß die Artilleriesalben von 12 Kano⸗ nenschüßen eine Prinzeßin, die aber von a1 Schüßen einen Prinzen ankündigen würden. In dem Augen⸗ blicke, daß der Donner des Geschützes vernehmbar ward, stand auf den Straßen Alles wie angezaubert still, und zählte; und der dreizehnte Schuß setzte Hundert— Tausende in die freudigste Bewegung. Zum dankba— ren Anerkenntniße des patriotiscken Benehmens, durch das sich die Stadt Bordeaux im Jahre 1614 ausge— zeichnet hat, indem diese die erste war, welche, noch während des Kongreßes zu Chatillon, Ludwig XVIII. als König von Frankreich proklamirte, ist dem neuge⸗ bornen Prinzen von Sr. Majestät der Name eines Herzoges von Bordeaux beigelegt worden.

In Ansehung der nicht in Aktivität befindlichen Offiziere hat der König, um ihnen einen neuen Be⸗ weis seines Wohlwollens zu geben, verordnet, daß die General⸗Kommandanten der Divisionen ihm alle diejenigen, welche sie unter ihnen der Auszeichnung des Ordens des Heiligen Ludwig und der Ehrenlegion würdig finden, dazu in Vorschlag bringen sollen.

Kaum ist das Andenken an die Fungfrau von Orleans durch das ihr in ihrem Geburtsorte gesetzte Denkmal von neuem erweckt worden, so widerfaäͤhrt ihr schon eine Verherrlichung anderer Art. Es ist nämlich ein Gedicht in acht und zwanzig Gesängen von Lebrun de Chormettes unter dem Namen „die Orleaneide“ erschienen. Was der Moniteur davon anzeigt, die Stellen die er heraushebt, beweisen un— zweifelhaft, wie sehr der Verfaßer unseres Schil⸗

lers Drama vor Angen gehabt und wie sichtlich er dasselbe in mehr als einer Situation nachgeahmt hat. Und der Verfaßer der Anzeige im Moniteur ist ehrlich

gnug, dies einzuräumen, ja selbst zu rügen, daß Hr.

Lebrun in der Vorrede, worin er alle die von ihm be⸗

nutzten Autoren mit Namen nennt, gerade Schiller

ausgelaßen habe. Er geht noch weiter; er führt aus⸗ drücklich die Art und Weise an, wie Hr. Lebrun die Johanna von ihren väterlichen Fluren Abschied nehmen läßt, vergleicht damit, nach der in Prosa auf⸗ geloseten Uebersetzung der Frau von Stael, den be⸗ kannten ersten Monolog der Jungfrau in dem Schil⸗ ler schen Drama und giebt diesem den Vorzug vor dem Frangzösischen. Besonders, sagt er, sey in dem teutschen Abschiede der Karakter der Inspiration und des heroisch⸗ religieusen Enthusiasmus beßer ausgedrückt worden, und vermißt nar, daß der Französische Dichter gerade das der einfachen frommen Erziehung der Johanna und ihrem blos aus der Bibel empfangenen Unterrichte so angemeßene Exempel Davids aus dem Lebewohl weggelaßen habe. Ueberhaupt, setzt er hinzu, würde ich mit Frau v. Stael bedauern, daß nicht ein Fran⸗ zose der Autor jenes schönen Werkes gewesen, wenn nicht jetzt Herr D' Auvigny und dieser Herr Le⸗ brun uns in dieser Rücksicht gerächt hätten. Sonst wird noch als ein großer Fehler getadelt, daß der Dich⸗ ter die Leser zu lange auf die Heldin, die erst im J. Gesan gerscheint, warten laße, und Ho mer und Vir⸗ gil werden als Beispiele angeführt, die gleich an⸗ fangs ihre Helden auftreten laßen.

Das Haus Ardouin Houbard und Komp. hat mit der Spanischen Regierung eine Anleihe in der Art abgeschloßen, daß es 250 Mill. Realen vorstreckt und dafür zoo Mill. Realen verschrieben und mit 7 Procent verzinst bekommt. Im Jahre 1823 fängt die Zurückzahlung an und dauert bis 1855.

Der Spanische Graf Altamira soll nach Franz. Blättern in Spanien, Neapel, Sizilien und Sardi⸗ nien ein Tausend und fünf Hundert Landgüter besitzen, und noch nicht der reichste Gutsbesitzer in seinem Va⸗ terlande seyn.

Madrid. In Sevilla haben am 6. und J7. Sept. unruhige Bewegungen, gleich denen in Madrid, statt⸗ gefunden. Der General-Kapitain Odonoju hat die Zusammenkunft aller patriotischen Gesellschaften in die⸗ ser Stadt untersagt; auch hat er verordnet, daß die Hälfte der Garnison sich die ganze Nacht hindurch un⸗ ter Waffen befinden und die andere Hälfte sich dazu