1820 / 102 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Thu, 23 Nov 1820 18:00:01 GMT) scan diff

bis auf die nothwendigsten entlaßen wurde. Heute haben Se. K. H. und Eminenz die Aufwartung des diplo⸗ matischen Korps, der Landstaͤnde, des K. K. Kreis Amtes, und der ubrigen Civil-Autoritaäten angenommen, statteten darauf St. Maj. dem Kaiser von Rußland, und Sr. Maj. dem Könige von Preußen Ihren Be— such ab, und erhielten diesen von beiden N. M. er⸗ widert. Mittags traf der Feldmarschal Heinrich Graf Bellegarde ein. Der Landesgouverneur von Maͤhren und Schlesien, Friedrich Graf Mitrowsky wird in einigen Tagen hier erwartet.

Neapel v. 1. Nov. Auf unserer Rhede liegt fortwaͤhrend die Englische Eskadre, und ist durch das von Lißabon kommende Linienschiff Vengeur (auf welchem Marschal Beresford seine Ueberfahrt aus Brasilien machte) verstärkt worden. Sie erwartete noch die Fregatte Glasgow von Gibraltar. Eine Eng⸗ lische Fregatte und eine Korvette lagen bei Baja vor Anker. Die Nachrichten aus Sizilien lauten guͤn⸗ stig; das Volk von Palermo schien alle Gedanken au Unabhängigkeit aufgegeben zu haben; Girgenti und Trapani hatten sich unterworfen, und beschäftigten sich, Deputirte zum Neapolitanischen Parlamente zu waͤhlen. Der Fuͤrst S. Cataldo soll sich, von den Seinigen verlaßen, nach Malta gefluͤchtet haben. Gen. Florestan Pepe hatte unterm 21. Okt. einen ausfuͤhrlichen Bericht uͤber die letzten Militairopera— tionen, und ein Verzeichnis Derjenigen, welche sich dabei besonders hervorgethan, eingesandt.

Der See⸗Minister de Thomasis sagte unter an— dern in seinem Berichte uͤber die Marine. Gegen⸗ wärtig besitzen wir disseit des Faro 3127 Kauffahr— tei⸗Schiffe und 1047 Fischer⸗Barken; jenseit des Faro A38 Fischer⸗Barken und 1431 e , Dis ist der gegenwärtige Stand unsrer Handels-Marine. Allein das heutige Europa ist nicht mehr das was es vor 30 Jahren war. Die Ausbreitung des Acker⸗Baues im Norden Europa's und in Nordamerika, der nie— dere Preis der Grundstuͤcke und ihres Pachtes in je— nen Gegenden, die freie Ausfuhr ihrer Erzeugniße, die allgemein verbreiteten Oliven-Pflanzungen, die sonst fuͤr das ausschließliche Erzeugnis Italiens oder Griechenlands galten; die an die Stelle unserer So— den gesetzten fremdartigen Bereitungen, die Verall— gemeinerung der Gewinnung des Meersalzes ze. be— wirkten, daß diese Produkte, wie das Getraide, eins unsrer Haut-Erzeugniße, nur eine geringe Anzahl von Käufern, hingegen viele Nebenbuhler finden. Fuͤr das Oel ist eine Verringerung des Preises zu fuͤrch⸗ ten. Die Soden haben beinahe keinen Werth mehr,

und 1. Wolle wird bereits um ein Drittheil wohl⸗

feiler als die Spanische, Franzoͤsische, Englische und Ober⸗Italienische verkauft. Diese neue Ordnung der Dinge wuͤrde nur die Preise in Anspruch nehmen, und kein wirkliches Uebel erzeugen, wenn wir ohne auslaͤndische Produkte seyn, und augenblicklich unsre Kontributionen, unsern Militair⸗-Etat, und vor allen die Privat⸗Ausgaben vermindern konnten; allein ein allgemeiner Ersparungs⸗Geist ist mehr das Ergebnis der Zeit und der Sitten als das der Gesetze. Es wird daher erste Nothwendigkeit, zu einem Auswege u schreiten, wenn wir Beduͤrfnis und Mittel ins Lu h gericht setzen wollen; der einzige Ausweg aber besteht im Uebertritte zu andern Quellen des Reich⸗ thumes, nämlich zu Manufakturen und zur Schiffahrt. linlengbar ist es, daß diese Zweige menschlicher Indu⸗ strie die sie pflegenden Nationen heben und bereichern, und die andern, die es unterlaßen, jenen zinsbar ma— chen, wie es mit uns der Fall ist. Sohin fragt es sich nicht mehr, ob wir eine Kriegs-Marine aufstellen ollen, e wie sie beschaffen, wie stark, und wie e verkoͤstigt und verwaltet werden ein Hieranf ging er zur Kriegs Marine uͤber, und fuͤhrte an, daß im Bezirke von Neapel sich 146 Marine⸗Fahrzeuge

befaͤnden; diese Anzahl ist aber nur scheinbar, und muß zur Verhinderung aller Taͤuschung in drei Klaßen getheilt werden; in die dienstbrauchbaren, in die re⸗ paraturfähigen, in die vollig unbrauchbaren. Zur ersten Klaße gehören: 1 Linien-Schiff, 2 Fregatten, Korvette und 60 größere und kleinere Fahrzeuge. Zur zweiten Klaße: 1 nicht ausgebautes Linien⸗Schiff, 3 Fregatten und 49 größere und kleinere Schiffe. Zur dritten Klaße: 1 Linien-Schiff, 2 Fregatte, 3 Kor— vetten und 25 größere und kleinere Fahrzeuge⸗ Au— ßerdem sind in den Bezirken von Palermo und Meßina, und in andern Stationen Sizillens einige 90 Fahr— Zeuge; das Geruͤcht aber giebt den groͤßten Theil derselben als schadhaft an. Auf den fruheren Vor— wurf, den die Deputirten dem Ministerium uͤber deßen Saumseligkeit machten, entgegnete der Praͤsident des Parlamentes, daß es, zur Erhaltung des Friedens, blos nothwendig sey, die Graͤnzen zu decken, und daß damit die Regierung unablaäͤßig beschaͤftigt sey; man solle sich weder von uͤbertriebenem Enthusiasmus, noch von zu großer Furcht hinreißen laßen; der eine wie der andre schade der Sache der Freiheit. Mut und Festigkeit seyen die besten Vertheidigungs-Mittel.

dan verlaße ö. auf das Heer, das imponirend ge— nug sey. Uebrigens muüͤße man streng auf der De— fensive halten, und nicht zur Offensive greifen; das

sey das einzige Mittel, die Unabhaͤngigkeit zu behaup⸗

ten. Ueber den Antrag des Kriegs-Ministers, die Einberufung der Verabschiedeten einzustellen, da das Heer vollzählig sey, ward entgegnet, man syolle damit fortfahren, und nach einer konstitutionellen Norm Die— jenigen zurüuͤcksenden, die zu Hause unentbehrlich waren.

Der Deputirte Dragonetti fand sich ver— anlaßt, das Parlament in einer heftigen Rede hart zu tadeln. Es ist, sagte er, jetzt nicht der Augenblick zu untersuchen ob dreißig oder vierzig Gefangene in Freiheit zu setzen sind oder nicht, in einem Augenblicke, wo bei einem fortgesetzten aͤhnlt⸗ chen Benehmen des Parlamentes, es sehr problema⸗ tisch bleibt, ob sieben Millionen Neapolitaner die kaum erworbene Freiheit sich erhalten, oder eigentlich ob sie anfangen werden wirklich frei zu seyn. Die Kortes Spaniens, sind am zwanzigsten Tage ihrer Vereini— gung schon im Besitze von mehr als acht hundert Gluͤckwunsch-Addreßen gewesen, unser Parlament leidet zur Zeit noch gänzlichen Mangel daran. Ohne eine zweimonatliche Vorausbezahlung der Grundsteuer 1 6 . 26.

Die Fuͤrsten Torello und Strongoli so wi Marchese Turris haben der , . sion, die ihnen abgefoderten Pferde uͤberlaßen, ohne den gesetzmaßig bestimmten Preis zu nehmen. Auf Befehl S. K. H. des General-Vikars wurde am eg. Okt. auf dem Marsfelde, uͤber achtzehn tausend Mann Truppen verschiedener Wa ffengattungen, uber die marsch⸗ fertige Kavalerie, über drei Batterien Linien- und eine Batter e leichter Artillerie Heerschau gehalten Um Dra⸗ gonettis erwahnten Klagen abzuhelfen, sind auch zwei Addreßen an Se. Maj., und an das Parlament einge— laufen. Die erste spricht den wärmsten Dank fuͤr die vaͤterlichen Gesinnungen Sr. Maj. aus, und schildert die glückliche Lage des Reiches, und die zunehmende Noralitat des Volkes, seit Einführung der Konstitu— tion, indem sich die Zahl der Straßenräuber, und an— derer Verbrecher, um zwei Drittheile vermindert ha⸗ be, und die Konskribirten, welche sonst in Ketten zu ihren Regimentern geschleppt worden waren, nun mit Jubel zu ihren Fahnen eilten. Diese Wunder, schließt dle Addreße, habe ein Monat hervorgebracht. Wer den letzten Neapolitanischen Krieg im Andenken, und die Berichte der Reisenden durch die Länder Nea— pels gelesen hat, findet sich hier allerdings berechti— get an Wunder zu glauben. x

Beilage

Bei

1

zum 102ten Stucke der Allgemeinen Preußischen Staats⸗Zeitung,

vom 23sten November 1820.

Krakau. Am 16. Ott. wurde hier auf dem Berge Branislaw, Thaddaͤus Kosziuszko' s Grabhuͤgel errichtet. Nach Abhaltung eines Hochamtes unter freiem Himmel, und nach einer Rede des Gen. Paszkowski, verschloß der Praͤsident des Senates, Stanislaus Wodzickl, eine aufgenommene Urkunde in die Hoͤlung der Grundlage, und schuͤttete dann die erste Erde auf. Im naͤchsten Augenblicke loͤste sich der weite Kreis der Zuschauer, und Jeder und Jede ohne Unterschied des Geschlechtes oder Stan— des beeiferte sich, Handwagen mit Erde herbeizuziehn und das Huͤnen⸗-Denkmal zu thuͤrmen. Die Ein— nahme des letzten Koncerts, das Mad. Catalani hier gab, bestimmte sie halb zu Kosziusko's Denkmal, halb ö. Besten der Armen.

t. Petersburg v. 19. Okt. Am Abend des

17. d. M. haben im 8. Garde Regimente, genannt v. Semenowsky, einige Unordnungen stattgefun— den. Es scheint daß das Betragen des Oberst— Kommandanten sie gewißermaßen veranlaßt hatte. lisbraͤuche der Gewalt, und eine Strenge am un— rechten Orte, welche dieser Offizier sich zu Schulden kommen ließ, hatten das Misvergnügen der Solda— ten erregt. Die Soldaten einer Kompagnie verei⸗ nigten sich des abends zu einer ungehoͤrigen Stunde, um auf ungesetzlichem Wege ihre Klagen anzubrin— gen; und da sie sich weigerten ihren Chefs, die sie

zur Ordnung zuruͤckriefen, zu gehorchen, so wurden

sie zur Festung abgeführt. Hierauf rotteten s mehre Haufen in den andern Bataillons desselben Regimentes zusammen, und die militairischen Gewal⸗ ten sahen sich endlich genoͤthigt dieselbe Strenge gegen sie anzuwenden. Sie that volle Wirkung. Die Schul⸗ digen begaben sich ohne den mindesten Widerstand zur gefanglichen Haft. Am folgenden Tage wurde das ganze Regiment aus St. Petersburg entfernt. Die Auftuͤhrer werden vor ein Kriegsgericht gestellt. Das Betragen des Obersten soll einer . Un⸗ Cerfuchung unterworfen werden. Alle Offiziere haben in ihren Bemuͤhungen gewetteifert um mehr ver⸗ irrte als strafbare Gemuͤther zur Pflicht zuruͤckzufuͤh⸗ ren, und in keinem anderen Regimente der Petersbur⸗ ger Garnison hat sich irgend eine Anzeige von Mit—

schuld ergeben. Uebrigens hat das v. Semen owsky⸗

sche Regiment, als es den Befehl zum Marsche er⸗ hielt, die groͤßte Unterwuͤrfigkeit bezeigt. eine In⸗ fubordiuatlon ist mit keiner gewaltthäͤtigen Handlung begleitet gewesen. Waͤhrend der ganzen Dauer des Auftrittes, haben die Soldaten nicht einmal die Waf⸗

fen ergriffen, obgleich sie nichts daran verhindert

haͤtte. Indeßen sind unsre Gesetze in dieser Bezie⸗ hung unerbittlich, und setzen gegen jedes Verbrechen dieser Art die schaͤrfsten Strafen fest. Die öffentliche Ruhe ist nicht einen Augenblick in der Hauptstadt gestört worden. Die aiserin Maxia Feodorowna Maj. hat ein Exemplar der ihr, auf ihrer Reise durch Böhmen uͤberreichten, in teutscher Sprache abgefaß⸗

ten rußischen Grammatik des Priesters Puchmaier

zu Radniza, der Akademie arg 3u Tobolsk hatte man am 18. Sept, ein ehr heftiges Donner— Wetter. Zu Taganrog betrug im Aug; die Einfuhr fremder Waaren aus Feodosia, Konstantinopel :e, „9e, 451 Rub. die Ausfuhr dahin aber, 1,032, 648

Rubel.

Reuwied v. 30. Okt. Heute starb der um die vaterlaͤndische Alterthumskunde hochverdiente Haupt⸗ mann Hoffmann nach langem Leiden an der Lungen— Sucht. Ein geborner Braunschweiger, kam er vor ei⸗

nigen zo Jahren als Lehrer der Mathematik fuͤr die Prinzen des fuͤrstlichen Hauses hieher, und hat als solcher nicht nur, sondern auch in den späterhin ihm übertragenen Geschaͤften, bei seiner vielseitigen wahr— haft gelehrten Bildung ein dankbares Lob hinterlaßen. Durch seine Untersuchungen und Ausgrabungen der Roͤmischen Alterthuͤmer der hiesigen Gegend, so wie durch die aͤußerst gefällige Mittheilung und Erklärun

derselben, selbst als diese bei seinem oft heftigen 2. Leiden ihm sehr beschwerlich fielen, ist er . be⸗ kannt, welcher mit Sinn für diese Sache zu ihm

kam, und er vergaß dann sich, und seine schwache

Brust; zu verargen war es wol schwerlich wenn er bei fluͤchtig reisenden Neugierigen, die kein wahres Intereße blicken ließen, kurz abbrach, und dann öfters für ungefaͤllig gehalten wurde. Wenn auch seine langwierige Krankheit wol die hauptsaͤchliche Ursache war, daß er uͤber die gemachten alterthuͤmlichen Nach⸗ forschungen kein vollständiges Werk ausarbeitete und nur Bruͤchstuͤcke hinterließ: so hat er sich doch nichts desto weniger ein bleibendes Verdienst durch die Her⸗ ausgabe der Briefe unseres herrlichen zu fruͤh ver⸗ blichenen Prinzen Vietor erworben, so wie durch die Uebersetzung „des Krieges in Indien“ unsres Thorn. In seinen letzten Stunden verweilte er mit Dankbarkeit bei der 2 Theilnahme (seine eigenen Worte), welche ihm von seinem Fürsten und deßen Familie, so wie von seinen Freunden zu Theil wurde; vermißen werden ihn Alle nech lange.

Bergen v. 13. Nov. In der Nacht vom zo. auf dem 11. d. sank dei einem fuͤrchterlichen Sturme, ein Schwedisches Fahrzeug, von Stockholm nach Helsingborg bestimmt, und mit Eisen beladen, ohngef 4 Meilen von den Kuͤsten Jasmunds auf Ruͤ— gen, so plötzlich, daß die am Bord befindlichen 7 Mann, kaum Zeit hatten sich in die kleine Jolle zu werfen, und kaum daß dies geschehen, war von dem Schiffs nichts mehr zu sehen; in beständiger Gefahr, von den ungeheueren Wellen verschlungen zu werden, kamen die Geretteten durchnäßt und k an das Land, wo sie von den Bewohnern Hilfe und Pflege erhielten.

In lan d.

Berlin. Der Handel mit Talg hat in diesem Jahre eine ganz fremdartige Richtung genommen. Statt daß dieser Artikel sonst aus Rußland über Stettin einging und nach Schlesien verführt wurde, auch die hiesigen Kaufleute ihren Bedarf über jene

Stadt bezogen, kommt derselbe jetzt von Schlesien

hler im freien Verkehr an, wohin er aus Polen, Gal— lizien und Ungern zur Achse eingeführt wird.

Seit Kurzem sind drei Steindruckereien hier zum Privatgebrauche errichtet worden.

Der hiesigen Nikolaikirche sind von dem Kauf— mann Beerwald zwei große weiß metallene und stark versilberte Altar - Leuchter als Geschenk dargebracht worden. 3

Bei der bekannten am 18. Sept. d. J. statt ge⸗ habten Feuersbrunst in der Stadt Kyritz sind 62 Feu⸗ erstellen mit Hintergebäuden und Scheunen das Obdach von go Familien in Asche verwandelt wer— den. Mehr oder weniger fanden sich die Abgebrann⸗ ten dem Elende preisgegeben, und die Noth war um so dringender als der Winter herannahte Hilflei⸗ stung aus besonders dafür ausgesetten Staatsfonds

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