1824 / 45 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 21 Feb 1824 18:00:01 GMT) scan diff

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Gegen 2 Uhr Nachmittags vernahm man einen gewal⸗ tigen Knall, welchem, in einem Zwischenraume von etli⸗ chen Minuten, drei andere folgten; sie gingen von der Insel Sanley aus, wo die Pulver-Fabrik liegt, deren Muͤhten⸗-Gebaäͤude in die Luft geflogen waren. Die Er⸗ schuͤtterung war so heftig, daß selbst in den entlegenen Theilen der Insel alle Fenster Scheiben zersprangen. Die Etoile siegt in einem sehr lebhaften Kampfe mit dem Constitutionel, dem sie beweisen will, daß er von Anbeginn feindselig gegen die Regierung gewesen. Der Gonstitutionel sagt jenes Blatt war zuerst der erklaͤrte Feind der Religion, dann, als unausbleibliche Folge, der Feind aller moralischen, socialen und politi— schen Ordnung, genug, um Alles mit einem Worte zu sagen, er will fortwaͤhrend neue Umwaͤlzungen.“ Die Beweis-Gruͤnde fuͤr diese schweren Beschuldigungen ent— halten jedoch, wie nicht in Abrede zu stellen ist, neben manchem Treffenden, manches sehr weit Hergeholte. So hatte z. B. der Constitäütionel im Blatte vom 27. Jun. 1819 gesagt: „Man rechne nicht auf die Subordination der Soldaten von der großen Armee; sie muͤsse mit Un— willen unter Menschen dienen, die 26 Jahre lang die Waffen gegen Frankreich getragen haben.“ In Bezug auf diese Stelle sagt die Etoile: „Fuͤnf Monate nach⸗ her wurde der Herzog von Berry, dessen Tod ganz Frankreich heute beweint, ermordet. Louvel erklaͤrte im Verhoͤr, daß er den Herzog von Berry ermordet, weil er die Waffen gegen sein Vaterland getragen: Louvel las den Constitutionel.“

Seit einiger Zeit theilt sich das literarische Publi— kum in zwei, einander scharf gegenuͤber stehende Par— teien, in die sogenannten Klassiker und die Romantiker; die ersteren wollen durchaus nichts gelten lassen was von den alten Autoritäten und Regeln abweicht, die anderen aber, bei welchen der Einfluß der, seit Anfang dieses Jahrhunderts mehr und mehr in Frankreich bekannt wer— denden fremden Literatur, namentlich der deutschen und englischen, unverkennbar ist, wollen den alten Formen— Zwang abwerfen und sich ungebunden im Reiche der Phantasie und Erkenntniß ergehen. Auch unsere Jour— nale namentlich die Etoile und die Oriflame haben die— sen Streit lebhaft aufgenommen und in einer Reihe von Aufsaäͤtzen, zum Theil mit Heftigkeit gefuͤhrt zum Theil Witzeleien gegen einander aufgestellt. Der Monileur tritt setzt, in tuhigem ernstem Tone vermittelnd dazwi— schen. Seit langer Zeit sagt er beklagt man sich über die Verschiedenheit der Meinungen unter den Men— schen, uber die Veraͤnderlichkeit des Geschmacks und uͤber jene Unbestaͤndigkeit der Vorstellungsweise, durch welche die Menschen so oft in Widerspruch mit den großen Prin— zipien kommen, aus denen alle Wahrheiten entspringen,

Ist eine solche Meinung durchaus boͤsartig und muß man jenen Unabhaͤngigkeits-Sinn, welcher oft das Genie begleitet und es unfähig macht, sich in das Joch der feststehenden Regeln zu schmiegen, ohne alle Schonung verdammen? Wir moͤchten dies nicht behaupten: der menschliche Geist ist fuͤr ein thaͤtiges Umsichgreifen ge— macht; er strabt unablaͤssig, neue Schaͤtze zu erwerben, neue Bezuͤge aufzufassen, tiefer in die Geheimnisse der Natur einzudringen. Wir wollen uns deshalb nicht

mit zu großer Strenge gegen Versuche waffnen, welch. vielleicht manchmal kuͤhn ja vermessen zu nennen sinz aber oft zu Entdeckungen fuͤhren, deren die ernsten schoͤnen Wissenschaften sich gern ruͤhmen moͤgen; nn

darf, dies setzen wir als unerläßlich voraus, der Gef in seinem Hochmuth nicht so weit gehen, verwegen f mer Wie vorhanden sind, die sich wohl in Acht nehmen werden

Blicke auf das Heiligthum der Religion zu richten, d

ren Geheimnisse außer seinem Bereich liegen; nur muß gegen il durch sich dem

er sich gelehrig und unterwuͤrfig gegen die ewigen G. setze der Moral, der Pflicht und der Tugend erweisen Nachrichten aus Madrid zufolge, welche der Courrijer und das Journal de Paris mittheilen, soll der Koͤnig van Spanien, auf einen Bericht des obersten Kriegsrathes in Betreff der Galeeren-Sklaven angeordnet haben; d diejenigen derselben, welche beim Austritt oder nach de Entweichung aus dem Bagno sich unter die Fahnen da royalistischen Truppen begeben, und zu treuer Diens leistung, mit Bitte um Erlassung der Strafe fuͤr ihr fruheren Verbrechen, sich erklaͤren werden, falls sie niht aufruͤhrerische Verbrechen begangen, den Dienst bis zi Beendigung ihrer Strafzeit fortsetzen duͤrfen. Die ande ren aber sollen ins Bagno zuruͤckgebracht werden, jede eine Abkuͤrzung ihrer Strafe nach Maßgabe ihrer Diens und ihres Verbrechens, erhalten.

London, 10. Febr. Es ist in diesen Tagen hie, gerade zur rechten Zeit, eine Schrift uber das Sklapeh Wesen in brittischen Westindien erschienen, deren Vu fasser, Mr. Stephen, aufs genaueste mit den westsn— schen Angelegenheiten bekannt ist und den Leser in Stmm setzt, die Frage zwischen den Plantagen-Besitzern und den Sklaven vollstaͤndig zu uͤbersehen. Diese Frage laͤnf eigentlich darauf hinaus: ob die Sklaverei fuͤr immt fortdauern, oder irgend ein Zeitpunkt fuͤr deren gaͤn⸗ liches Aufhoͤren festgesetzt werden soll? Ein Hauph grund den die Pflanzer fuͤr die von ihnen gewuͤnsch unbestimmte Fortdauer der Sklaverei aufstellen, ist zer: daß die Sklaven besser daran seyen als unsere eignen Bauern. Das mag in Hinsicht der Nahrung der Fal seyn, wenigstens in Vergleich mit den irkaͤndischen Bauern, wenn auch vielleicht nicht mit den englischen; aber is denn die mehr oder minder gute Nahrung das Einzige oder auch nur das Hauptsaͤchlichste was in Betracht ge zogen werden muß, wo von Menschen die Rede ist um wurde denn irgend einer unserer Landleute der Freihet verlustig gehen und sein Loos mit der Skladerei vertan schen wollen, lediglich um besser essen zu koͤnnen? In deß kann allerdings nicht davon die Rede seyn, und wird auch hier zu Lande von Niemand behauptet, daß die Sklaverei schon jetzt und mit einem Male ganz ab— geschafft werden solle, wohl aber daß diese Abschaffung

als Ziel ins Auge gefaßt und allmaͤhlig herbeigefuͤhtt

werden muͤsse, wie es die Natur der Verhäͤltnisse er— heischt. Einer der ersten Schritte welcher in dieser Hin— sicht unumgaͤnglich erforderlich wird, ist, nach der obge— dachten Schrift des Hrn. Stephens, eine gesetzliche Ve— stimmung, wodurch den Sklaven die rechtliche Fahigkeit beigelegt wird, vor Gericht Zeugniß ablegen zu konnen, damit nicht notorische Verbrechen der Pflanzer lediglich aus dem Grunde unbestraft bleiben, weil es an den noͤ— thigen Zeugen fehlt, welche unter den jetzigen Umstaͤnden

fast nie vorhanden sein koͤnnen, wenigstens dann in der

Regel nicht, wenn von einem außerhalb der Staͤdte in

sind, Reg

un 6 ort gewoͤhnlich bei Hunderten von Sklaven in einer

den Plantagen begangenen Verbrechen die Rede ist, weil

sanzung außer dem Eigenthuͤmer, nur noch ein paar eie Leute, meist Mulatten oder Mestizen, als Aufseher egen ihren Brotherrn den Pflanzer, zu zeugen und da— Hasse aller uͤbrigen Plantagen-Besitzer auszusetzen.

Eberbach (im Großherzogthum Baden), 9. Febr.

Das Geburtsfest unseres gnaͤdigsten Großherzogs recht vuͤrdig zu 1 Arbeits -A1nstalt fuͤr b eue, alledem aber arbeitsfähige Individuen auf Subseription hestiftet, um das zum fortschreitenden Laster verleitende Fetteln in hiesigem gewerbsamen Staͤdtchen definitiv ahzuschaffen, denn fuͤr die einheimischen wirklich huͤlfs⸗ szedurftigen und arbeitsunfaͤhigen Armen wird der neu segruͤndete Fond gleichfalls das unbedingt nothwendige sitzeben, und so die her so laͤstigen

feiern, wurde am heutigen Tage hier eine arbeitslose oder arbeitsscheue, bei

Bewohner von Eberbach der bis— Bettlerschaar entheben. Wir glauben surch diese neue Anstalt den vaͤterlichen Absichten unseres herehrten Landesherrn nach unseren geringen Kraͤften lntsprochen, und ihm so am deutlichsten bewiesen zu ha⸗ hen, wie tief wir seine rastlosenn Bemuͤhungen fuͤr den sortschreitenden Wohlstand des Landes verehren . Frankfurt, 12. Febr. Am 29. Januar hielt die Fgundes-Versammlung ihre dritte diesjaͤhrige Siz— an. Darin gaben zuvoͤrderst die Gesandten von Baiern m Kurhessen, in Betreff der Forderung der höerrheinischen Kreiskasse an die Fuͤrstlich und Fheingraͤflich Salmischen Haͤuser, in Folge der in den ltzten vorjaͤhrigen Sitzungen von mehreren Seiten dar— lber erfolgten Abstimmungen (St. Zeit. 1823 Nr. 95, za Nr. 3, 4 und 14), Erklaͤrungen ab, worin sowohl ze K. Baiersche als die Kurhessische Regierung sich be— tet zeigten, die gerichtliche Beitreibung der fraglichen sorderung zu uͤberneh Zen, sobald die Mehrheit der be— heiligten Bundes-⸗-Glieder damit einverstanden sey. Nach— hem sich noch der ba dische Gesandte denjenigen Stim— nen angeschlossen, welche schon fruͤher in diesem Sinne httirt hatten, wurde in Gemaͤßheit der nunmehr vorlie— anden Erklaͤrungen von der Verfammlung beschlossen: „daß die Koͤnigl. Baiersche und Kurfuͤrstl. Hessische (Gesandtschaft erfucht werden, bei Sr. Koͤnigl. Maj. von Baiern und Sr. Koͤnigl. Hoheit dem Kurfuͤrsten von Hessen dahin anzutragen, daß Allerhoͤchstdieselben die zu den Bundestags-Protokollen der 24sten und 26ßsten Sitzung des vorigen, dann der 3ten Sitzung dieses Jahres abgegebenen Erklaͤrungen der an den oberrheinischen Kreis-Aktiv- und Passiv-Verhaͤltnis— sen betheiligten Bundes-Regierungen, als Ermaͤchti— gung der wegen des kur- und oberrheinischen Kreis— Schuldenwesens niedergesetzten Kommission zur Rechts⸗ Verfolgung in dieser Sache vor dem kompetenten Koͤ— nigl. Preußischen Ober-Landes-Gerichte ansehen und in dessen Gemaͤßheit dieselbe zu instruiren geruhen wollen.“

Hienaͤchst wurden uͤber mehrere Gesuche von Pri—

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vat-Personen, nach vorgaͤngigem gutachtlichen Vortrage des ernannten Referenten, folgende Beschluͤsse gefaßt:

1) Dem Abbé Jung, vormals Dompräbendar zu Straßburg, der um Verwendung bei der franzoͤsischen Regierung zur Erlangung einer Pension, welche durch den Tod eines Straßburger Domgeistlichen erledigt ist, gebeten hatte, soll eroͤffnet werden, daß die Bundes⸗ Versammlung, nach det in dem 15ten Artikel der Bun⸗ des-Akte ihr angewiesenen Graͤnze, Anstand nehme, auf sein Gesuch einzugehen, und daß er sich mit selbigem unmittelbar an die Gnade der franzoͤsischen Regierung zu wenden habe.

2) Der Abbé Gusten hofer, gleichfalls ehemaliger Straßburger Dompraͤbendar, hat schon fruͤher die Ver⸗ wendung der Bundes-Versammlung bei der franzoͤsischen Regierung, wegen Bewilligung einer Pension, nachge— sucht, worauf ihm in der Sitzung vom 3. Jul. v. J. eine abschlaͤgige Entschließung ertheilt worden ist. Das jetzt von ihm erneuerte Gesuch hat dieselbe Folge gehabt. Da er aber zugleich um eine Verwendung bei der ba⸗ dischen Regierung wegen Pensions-Ertheilung gebeten hatte, so ging der Beschluß der Versammlung in letzte⸗ rer Beziehung dahin, daß sein Gesuch lediglich dem Er⸗ messen und der Gnade der erwahnten Regierung an— heim zu stellen sey.

35 In der Sitzung vom 12. Jul. 1823 wurde der Wittwe des bei der Subdelegations-Kommission fuͤr das transrhenanische Sustentationswesen angestellt ge— wesenen Registrators Gruünfieser in Regensburg eine Gratifikation von 300 Fl. rhein. aus der Sustentations— Kasse bewilligt. Die Wittwe ist aber vor Empfang der⸗ selben mit Tode abgegangen. Es wurde die ihr zuge⸗ dacht gewesene Summe ihren in Duͤrftigkeit lebenden . durch einhelligen Beschluß der Versammlung uͤber⸗ assen.

4) Dem ehemaligen Kammergerichts-Pedellen Aß— mann, dessen Pensions-Gesuch noch nicht definitiv er— ledigt werden kann, und der schon seit mehreren Jahren außerordentliche Bewilligungen erhielt, sind auch fuͤr die⸗ ses laufende Jahr 150 Fl. rhein. aus der Kammerge— richts-Sustentations⸗Kasse angewiesen worden.

Hierauf hielt der prasldirende K. K. Gesandte einen Vortrag in Betreff der von den Erben des Si— mon Moritz Ruͤppel zu Frankfurt, wegen angeblich verweigerter Justiz des Koͤnigl. Preußischen Tribunals zu Duͤsseldorf, seit langerer Zeit bei der Bundes-Ver⸗ sammlung gefuͤhrten Beschwerde.

Die Reklamations⸗Kommission habe naͤmlich dem Praͤsidium angezeigt, daß sie den Vortrag uͤber die neue⸗ sten Eingaben der Reklamanten zu erstatten bereit sey, als gleichzeitig auch von deren Anwalt, Dr. Ehrmann, die Anzeige eingegangen, die Imploranten glaubten, durch die Allerhoͤchst angeordnete Kommission zufrieden gestellt zu werden, und staͤnden demnach von der angebrachten Beschwerde ab.

Durch diese Erklärung scheine die Erstattung des Vortrages, in so weit er die Erledigung des Gesuches der Reklamanten zum Zwecke habe, vor der Hand uͤber— fluͤssig; nachdem aber die Beschwerden der Ruͤppelschen Erben schon laͤngst bestaͤnden, in dieser Versammlung