1824 / 104 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Mon, 03 May 1824 18:00:01 GMT) scan diff

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der Graf von Erceville uͤber verschiedene Bittschriften Bericht abstatteten. Ueber den Antrag eines gewissen Delonele in Bordeaux, daß kuͤnftig bei Heirathen die priesterliche Trauung der Civil⸗Trauung vorangehe, schlug der Bericht⸗-Erstatter vor, zur Tages-Ordnung zu schrei— ten, 6 . gegenwärtige Gesetzgebung nur durch ein fe verändert werden konne, bei welchem inzwischen der Kammer nicht die Initiative gebüͤhre. Der Baron Möchin und der Graf von Girardin stimmten dieser Ansicht bei. Ersterer meinte, daß man jedem Zweifel über die Aufrechthaltung der jetzigen gesetzlichen Ehe— Ordnung vorbeugen muͤsse, weil sonst leicht Unruhen in den Familien entstehen koͤnnten. Letzterer aͤußerte, daß, so lange die in der Charte ausgesprochene Religions— reiheit eine Bestimmung, welche wohl nicht zu jenen eglementar-⸗Artikeln gehoͤre, die man modificiren duͤrfe in Frankreich existire, man sie auch ehren muͤsse, und daß gerade darum bestimmt worden sey, daß die Civil-Trauung der priesterlichen vorangehen solle; die Eingabe des ꝛe. Deloncle aber habe keinen anderen Zweck, als einen Gottesdlenst zu beschuͤtzen, um nach und nach alle uͤbrige zu unterdruͤcken. Herr von Berbis , de in hohem Grade unangemessen, daß in Frankreich, dem einzigen Lande der Welt, noch die Ci— vil⸗Trauung der priesterlichen vorangehe, wodurch diese letztere nur gleichsam als eine Nebensache erscheine; und nicht allein die Katholiken, sondern auch die Protestanten, müßten wuͤnschen, daß diese Bestimmung geaͤndert werde. Die Kammer entschied endlich, daß die gedachte Ein— gabe des 4. Deloncle dem Minister des Innern uͤberwiesen, auch im Nachweis⸗Bureau deponirt werde. Eine Bitt— schrift der Salinen-Inhaber des Gard- und des Hé— nault⸗Departements, worin sie die Herabsetzung der uͤber⸗ maͤßigen 3 nachsuchen, wurde dem Finanz-Mini—⸗ ster und der Budgets-Kommission, und der Antrag eines

Kavallerie Officiers, Boulangler de Fougerally, auf Er⸗

richtung eines Denkinals zum Andenken Ludwigs XVI. Ludwigs XVll,, der Königin Marie Antoinette und der MPrlnzessin Elisabeth, dem Minister des Innern zuge—

wiesen. Es begann hierauf die Diskussion uͤber den Gesetz-⸗Entwurf wegen der Reduktion des Zinsfußes der Renten. Der Graf von la Bourdonnaye als erster ein— eschrjebner Redner gegen das Gesetz, druͤckte sich im

zesentlichen aus wie folgt: „Waͤre bloß die Rede da— von, den Zinsfuß herab zu setzen, dem Geldwucher zu steuern und die der Spielwuth, dem Hange zu Vergnuͤ— dem Luxus gewidmeten Kapitalien, dem Ak— kerbau, Handel und Gewerbfleiße zuzuwenden, so wuͤrde

ich zu einer so heilbringenden Maßregel mit Vergnuͤgen

die Hände bieten. Wenn ich aber den gluͤcklichen Erfolg dieser Wohlthat au

demselben schnurstra statt

entgegenlaufen; wenn man,

die Herabsetzung des Zinsfußes, von der Gewalt der Umstaͤnde zu erwarten, sie durch die Gewalt der Gesetze wenn man, statt die geringen Vortheile

erzwingen will; ö. e, die der jetzige Kours den Wucherern dar⸗— K. r etet, . abermallgen Gewinn von 25 pCt. auf die projektirte An— leihe aufs Neue anregt; wenn man den Staatsglaͤubi—

gern eine moralische Gewalt dadurch anthun will, daß

Operationen gegruͤndet sehe, die

die Geldgier döeser letzteren vielmehr durch einen

man ihnen nur die Wahl läßt, sich entweder mit eine geringeren Zinsfuße zu begnügen, oder ihr Kapital ton

liegen zu lassen, so kann ich nicht wohl begreifen, wi

eine Maßregel, die der Moral, der Gerechtigkeit un dem wohlverstandenen Interesse der Steuerpflichtige gleich zuwiderlaͤuft, dem Staate irgend nützlich sey koͤnne. Bevor ich mich in die nahere Untersuchung de der Kammer vorgelegten Entwurfes, ohne alle Ruͤcksich auf die Vorurtheile der Provinzen und die Klagen da Hauptstadt und mit der größten Unpartheilichkeit enn lasse, muß ich erst uͤber die gaͤnzliche Unwissenheit Klag fuͤhren, in welcher uns der Finanz-Minister hinsichtli des mit den Banquiers, welche die neue Anleihe über nehmen wollen, abgeschlossenen Vertrages gelassen hal Wenn dieses Stillschweigen von Seiten des Minsst riums mich befremdet, so muß es mich von Selten d Kommission nothwendig betruͤben. Wie hat diese letzten nur den Muth haben koͤnnen, Ihnen die Annahme eing Gesetzes vorzuschlagen, das sie selbst nicht kannte un das auch die Kammer nicht kennt, da der einzige, ihrn Bestaͤtigung vorgelegte Artikel nichts, als die dem MW nister gegebene Befugniß enthalt, das Geschaͤft nach Wil kühr abzumachen?! ÜUnd doch, wenn man der oͤffenth chen Meinung Glauben beimessen darf, so ist jener Ven

trag dem Bericht-Erstatter der Kommission selbst nicht un bekannt gewesen; aus dem Stillschweigen also, welcht!

derselbe gleichwol daruͤber gegen uns beobachtet hat, lift sich auf die große Verantworklichkeit are,, . z Kammer uͤbernehmen wuͤrde, wenn sie ein Gesetz bewll ligte, dessen genaue Pruͤfung man ihr mit so große Vorsicht zu entziehen bemüht ist. Was die beabsttzh tigte Operation selbst betrifft, so ist dieselbe weder ge— recht noch erlaubt; denn wenn auch die Regierung den Renten⸗Inhabern ihr Kapital auszahlt, so entzieht si ihnen in der Wirklichkeit doch den fuͤnften Theil ihre bisherigen Einkommens; in einem Jahrhundert aber, w jede Verwaltungs-Maßregel streng gerichtet wird, dar das durch eine dreißigjaͤhrige Revolution bis in seim Grundfeste erschuͤtterte Königthum nicht ohne Gefa h aus 500,009 getreuen Unterthanen eben so viel Mißver gnuͤgte machen, und 100,000 Familienvaͤtern ihr Ein kommen verkuͤrzen; man hintergeht den Monarchen wenn man in seinem Namen einen so gefaͤhrlichen Ent wurf vorlegt. Und zu welcher Zeit geschieht dies? 3 einer Zeit wo die von dem Finanz Minister (Grafen Corvetto), am 14. Febr. 1817 bei Vertheidigung seinn damaligen Anleihe in Renten, gesprochenen Wort „„Die erste der Bedingungen diefer Anleihe ist, da während man sich anheischig macht, blos die Interess⸗ dafuͤr zu bezahlen, man niemals irgend ein Kap tal auszahlt““ bei uns noch in frischem Andenke sind. Und dieselbe Generation, die jene Worte ven nommen nud gegen eine solche Garantie ihre Fonds heh gegeben, koͤnnte man jetzt, ohne ungerecht zu seyn, zwim gen ihr Geld zuruͤckzunehmen? Gaͤbe es unter Ihnef wirklich noch Maͤnner, die in der Maßtegel, den Zint fuß der Renten um ein Fuͤnftheil herabzusetzen, einz und allein den Vortheil beachteten, daß dadurch die Ah gaben um 28 Millionen vermindert wuͤrden, so frage ih diesen, ob das durch eine so unerwartette Maßregel en

ehren; es sey Thaͤtsache, daß diese Renten an der

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huͤtterte oͤffentliche Vertrauen nicht allein hinreichend

ein dem Kredite nichts weniger als guͤnstiges Zuruͤck— jalten des baaren Geldes zu bewirken? Sie, die Depu— srten von 1816 und 1817 frage ich alsdann, wozu Sie nserem Kredite damals so ungeheure Opfer gebracht ha⸗ jeu? Wozu die Liquidatlon der von der Tirannei ver— zorfenen Forderungen, wozu die Anerkennung der waͤh— end der hundert Tage gemachten Schulden, wenn wir uns heute von den damals befolgten heilsamen Grundsaͤtzen lossagen? Wie! Sie haͤtten in schwierigen Heiten die unsicheren Forderungen so vieler schamlosen kieferanten, die Schulden der Revolution, der Republik ind des Kaiserthums bis zum letzten Heller bezahlt, und wollten heute die Schulden der Legitimitaͤt nicht integra— lter abtragen? Nein, m. H., Sie werden ein Gesetz bperwerfen, das dem zu Ende gehenden Geldwucher wie— der Thuͤr und Thor oͤffnet, und das, weit entfernt, un— sere . Wunden zu heilen, uns vielmehr neue schlaͤgt; den wahrlich nicht dadurch, daß man den Saamen der zwietracht in einem Lande streut, bezuͤhmt man die Lei— denschaften in demselben, und nicht durch neue Ungerech⸗ tigkeiten muß man die alten wieder gut machen, wenn man die öoͤffentliche Ruhe und den Frieden auf die Ruͤck— kehr der Moral und der Billigkeit gruͤnden will. Ich stimme gegen das Gesetz“ Hr. Humann sprach fuͤr den Entwurf, den er als einen unzweideutigen Beweis des vorzuͤglichen Zustandes der Finanzen und als ein Do— ment betrachtete, das in den Jahrbuͤchern der franzoͤ— sschen Geschichte feit der Wiederherstellung der Monar— hie einen der ersten Plaͤtze verdiene, weshalb er denn uch seiner Opposttions-Rolle bei dieser Gelegenheit ent— sogt habe, um die vorgeschlagene Finanz-Opergtion mit selhem unabhangigen Votum zu unterstuͤtzen. Nachdem der Redner das Recht der Regierung darzuthun sich be— miht, das Kapital der Renten auszuzahlen, suchte er auch die Billigkeit diefer Maßregel dadurch zu beweisen, daß einerseits die Renten⸗-Inhaber bei der Auszahlung hres Kapitals eine weit hohere Summe erhalten wuͤr⸗ den, als sie dafuͤr gegeben, andererseits aber auch alle Diejenigen, die seit der Anlegung des großen Buchs Renten gekauft und behalten haͤtten, schon seit lange einer welt hoͤheren Einnahme genoͤßen, als jede andere Anlegung ihres Kapitals ihnen gewahrt haben wurde. Den Einwand, daß die gedachte Auszahlung nur illuso— risch fey, indem die Inhaber der Renten in Ermange— lung einer anderen Art, ihr Geld unterzubringen, gezwun— zen seyen die 3procentigen Renten anzunehmen, und so— mit auf einen Theil ihrer bisherigen Einkuͤnfte zu ver— jichten, fand der Redner unvernuͤnftig, da der Schatz kein Geschaͤftsbesorger und Geldunterbringer sey, und da, wenn der Staat gar keine Anleihe gemacht haͤtte, ie Rentner auch ihr Geld niemals so gut wuͤrden ha⸗ ten anlegen koͤnnen, als ihnen solches durch die Anleihe möglich geworden sey. Was die Operation selbst anbe—

trifft, fo glaubte Hr. Humann daß man besser gethan ha⸗

ben wurde, wenn man sie nicht auf einmal gemacht, son— dern auf mehrere Jahre ausgedehnt hatte, indem der Kredit im Zunehmen begriffen sey, weshalb man unrecht thue, die 3procentigen Renten nur zu 75 pCt.

zu nego⸗ Lon⸗

doner Boͤrse schon jetzt eventuell mit 81 pCt. verkauft

wuͤrden, woraus hervorzugehen scheine, daß die englischen Banquiers mehr Zutrauen zu den franzöͤsischen Fonds hätten, als die Minister selbst. Schließlich verlangte der Redner noch einen namentlichen Etat uͤber diejeni⸗ gen 57 Millionen Renten, die vorlaͤufig von der Reduk— tion ausgenommen werden sollten. Hinsichtlich der mil⸗ den Stiftungen, Fabriken, des Montis Pietatis, der Eh⸗ ren⸗Legion und der Gemeinden, (vorzuͤglich dieser letzte⸗ ren) fand er jene Ausnahme billig; er schlug zuletzt noch eine andere Redaktion des Gesetz-Entwurfes vor, und stimmte sodann fuͤr dessen Annahme. Nach ihm hielt Hr. Rieard (vom Gard⸗Departement) gegen den Ent⸗ wurf eine Rede, in welcher er vorzuͤglich das Ungerechte und Gesetzwidrige der beabsichtigten Operation darzuthun sich bemuͤhte, und sich uͤber die Verheimlichung des mit den Bangquiers abgeschlossenen Vertrages beklagte. Am Schlusse der Sitzung bestieg noch der Finanz-Minister die Redner-Buͤhne und sprach eine ganze Stunde lang zu Gunsten des Gesetz-Entwurfes. (Wir behalten uns vor, die wichtigsten Punkte aus dieser Rede, die einen tiefen Eindruck auf die Versammlung machte, herauszu⸗ heben und in das naͤchste Stuͤck d. St. 3. aufzunehmen.) Die Kommisston zur Pruͤfung des Budgets fuͤr 1825 ist jetzt in den Buͤreaux der Deputirten⸗Kammer zusam⸗ mengesetzt worden. Sie besteht, da jedes Buͤreau zwei Deputirte zu ernennen hat, aus 18 Mitgliedern und hat Hrn. von Lastours zu ihrem Praͤsidenten, und den Gra— fen von Bourrienne zum Sekretair gewahlt. Der General-Lieutenant Guilleminot, der sich be⸗ kanntlich zu Toulon nach Konstantinopel einschiffen wird, nimmt drei Adjutanten mit; eine Anzahl auserlesener Vasen aus der Fabrik von Sévres, fuͤr den Großherrn bestimmt, ist zu seiner Disposition gestellt worden. Rente 102. 80. . * London, 23. April. Wegen der heute (St. Geor⸗ ge's-⸗Tag) statt habenden Geburtstagsfeier Str. Majestaͤt unseres gnaͤdigsten Königs ruhen die öffentlichen Ge— schafte; Bank und Boͤrse sind geschlossen. . Es ist im Vorschlage, eine neue westindische Kom— pagnie zu errichten; der Fond hiezu foll aus 3 Millio⸗ nen bestehen. Außerdem und unabhaͤngig von diesem Plane ist vor einigen Tagen eine neue Anleihe fur die westindischen Pflanzer, im Betrage von 5 Mill. Pfd. Ster, abgeschlossen worden. ö,, Bei einem Rechtsstreite wegen verlangten Schaden⸗ Ersatzes von der Bank von England, worin der Gene— ral⸗Anwald den Direktoren einen offentlichen Karakter beilegen wollte, welches aber von dem Han. Searlett bestrftten wurde, aͤußerte der Lord Ober⸗Richter gegen die Jury, daß die Bank nur als eine Gesellschaft von Pribat⸗-Kaufleuten zu betrachten, und, wie jeder andere Privatmann, verantwortlich sern Die Kommission fuͤr die Berbesserung der Gefäng⸗ nisse hat den Plan angenommen, zur Aufnahme der weibiichen Gefangenenen getrennte Anstalten zu er⸗

richten. ** Aus Malta wird unterm 23. März gemeldet: Die von Ernennung des Marquts von Hastings

Nachricht nennu Hasting zum Gouverneur dieser Jnsel hat hier allgemeine Freu