1824 / 126 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Mon, 31 May 1824 18:00:01 GMT) scan diff

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Buchstaben desselben halten muͤsse, indem es keiner an⸗ deren Auslegung faͤhig sey. „Wie!“ sagte er unter an— deren, „wenn sich also eine franzoͤsische D gleichviel welche, nach Rußland, China oder e, . rei gefluͤchtet hatte, so muͤßten wir ihre gesammte Nach⸗ kommenschaft, ehelich oder nicht, als naturglisitte Fran⸗ zosen anerkennen?“ „„nichts ist gerechter riefen ihm einige Stimmen zu und ein lautes und anhaltendes Ge— laͤchter unterbrach den Redner, der sich schließlich auf die Königl. Verordnung vom 4. Jun. 1814 berief, und der deinung war, daß es in den Augen von ganz Frank— reich unverantwortlich seyn wurde, wenn die Kammer Herrn B. C. an ihren gesetzgebenden Funktionen Theil nehmen lassen wollte. Herr Sour d eau ußerte, daß er unbedingt der Meinung beitrete, die Hr. v. Mar⸗ tignac, Namens der Kommission, mit eben so viel Klar— beit als Unpartheilichkeit abgegeben habe. Den Unter— schied zwischen politischen und. buͤrgerlichen Rechten, den Hr. v. Sallaberry in dem Gesetze vom 15. Dec. 1790 finden wollte, erklaͤrte der Redner fuͤr durchaus willkuͤhr⸗ lich und chimaͤrisch; nirgends sey eine Spur davon vor— handen; wenn daher Hr. B. C. die in diesem Gesetz verlangte Abkunft wirklich nachweise, Jo koͤnne nichts sich seiner Aufnahme entgegenstellen; uͤbrigens finde auf ihn der alte Grundsatz Anwendung: 12 judicata pro veritate habetur, daß namlich die einmal entschiedene Sache fuͤr Wahrhent gelte, selbst wenn spaͤter das Ge gentheil erwiesen wurde; schließlich, so handele es sich hier nicht von Hrn. B. C. persoͤnlich, sondern von der Aufrechthaltung eines Principes; weun man nämlich die Abkommen der protestantischen Ausgewanderten der Aus⸗ uͤbung ihrer politischen und in Folge dessen auch ihrer Rechte berauben wolle, so stelle man si⸗ den se vorliegende Frage sey mithin zugleich politische. Der Marquis von den Ansichten des Hrn. Piet an, Annahme des Herrn B. C. obgleich unvorbereitet, er unteriassen wollen,

buͤrgerlichen Heloten gleich;

eine wahrhaft Moustiers schloß sich und stimmte gegen die g Herr Bonnet erklaͤrte, daß, als Rechtsgelehrter doch nicht habe der Kammer seine Meinung abzugeben; er glaube, mit der Majoritaäͤt der Kommission, daß, da Hr. B. C. von muͤtterlicher Seite von einer ausgewanderten Pro testantin abstamme, das Gesetz vom 145. Dec. 1790 volle Anwendung auf ihn finde; uͤberdies glaube er aber auch noch, mit der Minorität der Kommission, daß schon die von dessen Vater im Jahre 17891 vor dem Gemeinde— Rath in Dole abgegebene Erklarung, Hrn. B. E. wayl⸗ fähig mache. Zum Beweise zeigte der Redner das Hand— buch der verschsedenen Konstitutionen vor, die der Charte voraus gegangen sind, und die den Vater des Hrn. B. C, falls das Gesetz vom Jahre 17890 ihn zur Erlangung des Buͤrgerrechtes nicht vehuͤlflich gewesen ware, Hun— dert andere Mittel zu diesem Behufe an die Hand ge— geben haben wurden; statt dessen sey er aber im vellen Besitze seiner Rechte in Frankreich gestorben; was ver Stand des Hrn. B. C. selbst anbetreffe, so habe er nicht allein fruͤher die Funktionen eines Tribuns, sondern fuͤnf Jahre lang die eines Deputirten versehen, und die Kammer könne ihn daher unmoͤglich jetzt zuruͤckweisen. Der Graf Conen de Saint-Luc, trat den An—

sichten des Grafen von Sallaberry bei, und glaubtz daß das mehrerwaͤhnte Gesetz vom Jahre 1730 n von den, in Folge des Widerrufs des Edikts wo Nantes ausgewanderten Protestanten zu verstehen sey ubrigens seyen die Beweisgruͤnde, die man aus diese Gesetz: zu Gunsten des Hrn. B. C. herleite, nicht d einzigen, auf die man sich stuͤtze, und die Verfechter de selden, wohl einsehend, daß es mit der Sache ihre Freundes schwach stehe, naͤhmen daher das Zartgef der Kammer in Anspruch; dleselbe muͤsse sich inzwischa durch keine Neben-Ruͤcksichten leiten lassen, sonden einen Deputirten aus ihrer Mitte entfernen, der, zuñ Beweise, daß er franzoͤsischer Buͤrger sey, weder Gehbun noch Einbuͤrgerung anfuͤhren koͤnne, sondern seine Rech lediglich auf Verjaͤhrung gruͤnde.

Gestern wurde die Diskussion fortgesetzt und been digt. Der Graf Foy pflichtete den Ansichten do Kommission bei und widerlegte die Behauptung des Gr fen von Sallaberry, daß das Gesetz vom 15. Dec. 15! sich nur auf die in Folge des Edikts von Nantes aush wanderten beziehe; der Text dieses Gesetzes sey vielmeh ganz positiv und einer solchen Auslegung durchaus m fahig; eben so irrig und ganz willkuͤhrlich sey die M hauptung desselben Redners, daß dieses Gesetz den Auf

gewanderten blos die Eigenschaft eines Franzosen, nich der damalige

aber das Buͤrgerrecht verleihe; nach Gesetzgebung sey vielmehr jeder naturalisirte Französ franzoͤsischer Burger gewesen, wenn anders er das Bh gerrecht nicht verwirkt hatte; was die Vorfahren des Hin B. C. anbetrifft, so leide es keinen Zweifel, daß derselh sowohl von väterlicher, als von muͤtterlicher Seite Fran zose sey; von vaͤterlicher, denn sein Vater stamme aus einn Famile in Artois ab, die schon vor dem 15ten Jahr hundert, und als diese Provinz zu Frankreich gehör vaselbst existirt habe; von muͤtterlicher, denn seine Muttey Henriette von Chandieu, sey die Tochter von Mark von Montrard, und die Familie Montrard eine der alt— sten in Dauphins. „Wenn uͤbrigens dieses Alles nich ware,“ schloß der Redner, „so spricht schon die Auten tat der einmal entschiedenen Sache, diese Grundlag der heiligsten Interessen der Gesellschaft, zu Gunsth des Hrn. B. C. Aber Hr. B. C. ist in jeder Hinsiz Franzose, und nichts als franzoͤsisches Blut fließt in se

nen Adern; kein Wunder daher, daß er sein ganzes

ben hindurch darauf bedacht gewesen ist, den Besitz se ner Rechte als franzoͤsischer Buͤrger wieder zu erlangz und sich in demselben zu erhalten. in dieser Angelegenheit zu entscheiden berufen. Sie Sich als Richter betrachten, so ist das Gesetz! und Sie durfen dasselbe nur anwenden; sehen Sie St

als Geschworne an, so halten Sie Sich von jeden nn

flüsterungen und Neben Ruͤcksichten fern und sprecht Ste nach Ihrer reinen und gewissenhaften Urberzeh gung“ Hr. Simonneau glaubte, daß die Veroth nung vom 4. Jun. 1814 allein hinreichend sey, Hrn B. C., da er kein Naturalisations Patent besitze, vol der Kammer auszuschließen, und stimmte fuͤr dessen Zu ruͤckweisung. Der Graf von Labourdonnay— hielt die ganze Diskussion in Betreff der Wahlfaͤhigke

des Hrn. B. C. füͤr Un vorsichtig (man murrte), i

sen worden, aufs

M. H., Sie in We

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sie mehr oder weniger die Lage aller in Folge des Ge— stzes vom Jahre 799 nach Frankreich zuruͤckgekehrten Protestanten beruͤhre, die Wunden, die durch den Wider— ruf des Edikts von Nantes dem Lande geschlagen Neue oͤffne, und die Ruhe einer Masse yon Familien zu stoͤren drohe; es konne hier gar keine Rede davon seyn, ob das gedachte Gesetz ge— recht oder ungerecht, politisch oder unpolitisch, ver⸗ nuͤnftig oder revolutionair sey; genug es bestehe, und unter dem Schutze desselben befanden hunderte von Fa— milien sich im ungestoͤrten Genuß ihres Besitzthums. Der Redner stimmte schließlich fuͤr die Aufnahme des Irn. B. C. Nach ihm wurde von einigen Stimmen der Schluß der Diskussion verlangt und durch eine ge— ringe Majorität ausgesprochen. Hr. B. E. begehrte jetz selbst das Wort, und als ihm die Kammer dasselbe bewilligt hatte, bestieg er die Tribune und hielt mit be⸗ vegter Stimme eine Vertheidigungs⸗-Rede, in welcher er vor Allen dem klaren, wohlgeordneten und unparteiischen Berichte der Kommission volle Gerechtigkeit wiederfah— ren ließ. Nachdem derselbe alle zu seinen Gunsten be⸗ reits angefuͤhrten Thatsachen kuͤrzlich wiederholt hatte, berief er sich auf die Unparteilichkeit seiner sammtlichen Kollegen, und schloß wie folgt: „Obgleich diese Kammer aus verschiedenen Elementen besteht, so ist sie, wo es auf Gerechtigkeit und Loyalitaͤt anksmmt, doch vollkom— men einig. Als nach funf und dreißigjahrlgen Revolu— tlonsstuͤrmen das Schiff des Staates endlich in einen Hafen geschleudert ward, wo man nichts als Klippen ewahrte, mußten selbst die entgegengesetztesten Meinun— zen sich nothwendig naͤhern. Einige glaubten, daß das sepraͤsentative System Frankreich nicht fromme, und doch sseht man heute ein, daß gerade dieses dem gegenwaͤrti— gen Zustande der Gesellschaft am angemessensten ist, paͤhrend Republiken mit den Sitten des heutigen Eu— pas verträglich seyn wuͤrden. Wenn unsere Meinun— zen heute noch nicht ganz dieselben sind, so sind es we— nigstens unsere Absichten; denn unser Aller Wunsch ist, den Thron durch gute Institutionen befestigt zu sehen. Ihnen, m. H., gebuͤhrt die Entscheidung uͤber meine und uͤber die Lage aller Abkoͤmmlinge von Protestanten, die dem Inhalte und dem Geiste des Gesetzes vom Jahre t790 gemäß, nach Frankreich zuruͤckgekehrt sind, und sich bisher als franzoͤsische Buͤrger betrachtet haben.“ Als ar Abstimmnug geschritten werden sollte, verlangte Hr. Agler, daß die Kammer durch Aufstehen und Sitzenblei— ben entscheide, da in dem vorliegenden Falle die Depu— tirten gleichsam als Geschworne auftraͤten, und die Oef— fentlichkeit der Berathung sonach Pflicht sey, Niemand auch seine Meinug zu verheimlichen Ursache habe. Die Kammer entschied gleichwol durch eine sehr bedeu— tende Majorität, daß durch die Kugelwahl abgestimmt werden solle. Hr. B. C. verließ alsbald den Saal, und zog sich nach dem Konferenzsaale zuruck. Die Mi— snister, Graf von Villele, Graf von Corbisre und Herr von Peyronnet, die gleichzeitig Deputirte sind, stimmten nicht mit. Nachdem die Urnen geoͤffnet und die Stim— men gezaͤhlt worden waren, wurde Hr. B. C. in den

Saal zuruͤckgefüͤhrt, und seine Freunde statteten ihm be— reits im Voraus ihre Gluckwuͤnschungen ab. Bei den

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Worten des Praͤsidenten. „Folgendes ist das Resultat des Skrutiniums“ war die Neugierde der Zuschauer aufs hoͤchste gespannt. Hr. Ravez fuhr fort: „Zahl der Stimmengeber 382, weiße Kugeln 214, schwarze 168; die Kammer nimmt Hrn. Benj. Constant auf; demzu— folge rufe ich ihn zum Mitgliede der Deputirten-Kam— mer aus.“ Daß die aͤußerste Linke bei diesen Worten ihre besondere Zufriedenheit äußerte, bedarf keiner Er— wähnung. Die Sitzung wurde um 6 Uhr aufgehoben. . Se. K. H. der Prinz Friedrich der Niederlande, ist am 14ten d. M in Toulon angekommen, und wollte am 15ten von da die Reise nach Marseille fortsetzen.

Der franzoͤsische Gesandte am Londoner Hofe, Prinz von Polignae, wird binnen kurzem hier erwartet.

Rente 194. 60. ;

London, 29. Mai (aus Pariser Blättern). Die unterrichtetsten Personen versichern, daß Iturbide nicht, wie man hat behaupten wollen, als geheimer Agent Spa— niens oder Frankreichs nach Mexlko gegangen ist, son⸗ dern daß seine Plaͤne ihm eigenthuͤmlich sind. Soviel ist gewiß, daß er die jetzige Regierung von Mexskko stuͤr— zen will und aller Wahrscheinlichkeit nach wird er dem— naͤchst seinen Thron wieder aufrichten wollen.

Nach Briefen aus Malta vom 29. April ist die Nachricht von der erfolgten Ausgleichung mit Algier voreilig gewesen. Die Schwierigkeiten sind so wenig beseitigt, daß das Linienschiff the Revenge Befehl er— halten hat, zur Blokade von Algier zuruͤck zu kehren. Durch Briefe aus Alexandrien ist nach Malta die Nach⸗— richt gelangt, daß die furchtbaren Ereignisse in Kairo zunaͤchst die Folge gehabt haben, daß die Expedition ge⸗ gen die Griechen Gegenbefehl erhalten.

Nach Inhalt der, durch die Fregatte Eagle vorge— stern hierhergelangten Depeschen aus Rio-Janelsro vom . Mai (soll wohl heißen Maͤrz) hat der Kaiser eine heftige Partey gegen sich; in Anschlagzetteln, welche bei Nacht in allen Straßen angeklebt worden, hat man ihn Schuld gegeben, daß er Brasilien verrathe; er hat darauf mehr als zwanzig verdaͤchtige Personen verhaf— ten lassen. Ein brasilisches Geschwader von 2 Fregat⸗ ten, 1 Brigg und 1 Transportschiff ist zur Blokade von Fernambuc abgesegelt; diese Blokade ist den fremden Konsuln formlich bekannt gemacht worden. Lord Cochrane wartet in Rio noch immer auf die Entscheidung des Prisengerichts wegen der von ihm gemachten portugie— sischen Prifen. Er scheint uͤber den brasilischen Dienst so misvergnuͤgt, daß er laut von Ruͤckkehr nach Eng⸗ land spricht. .

22. Mai (uͤber Hamburg). Unsere Blaͤtter be⸗ haupten, daß ein so zahlreicher und glänzender Cerkle, wie der vorgestrige, fast noch nie statt gefunden habe.

Gestern wurden die mexikanlschen Fonds um pCt. dnrch das verbreitete, obzwar wohl wenig Glauben ver— dienende Geruͤcht aufgetrieben, Iturbide sey vor seiner Abreise bei Hrn. Canning gewesen, habe ihm seine Ab⸗ sicht gerade so, wie er es schriftlich an Hrn. Quin ge— than, erklart, und ihm v ersichert, daß, wenn er seinen Zweck erreiche, alle von Seiten Mexikos gegen dieses

Land eingegangenen Anleihe⸗ und die Minen betreffen⸗

den Verbindlichkeiten, redlich gehalten werden sollten.