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Minister des Innern widersetzte sich der von Hrn. Ba— cot verlangten Reduktion der 300,999 Fr. und laubte auch, daß er es damit nicht ernstlich gemeint, sondern diesen Vorschlag blos deshalb gemacht habe, um die Re⸗ gierung zu zwingen auf den von ihm entworfenen Ver— waltungs⸗Plan, der inzwischen nie fruͤher als in zwei Jahren wuͤrde zur Ausfuͤhruug kommen können, einzu— gehen. Nachdem der Graf von Berthier, noch aus druͤck⸗ lich erklaͤrt hatte, daß was er vor einigen Tagen uͤber eine Aenderung in der Gebiets-Eintheilung, uͤber das Justiz⸗Wesen und eine großere Unabhaͤngigkeit der Geist⸗ sichkeit gesagt habe, blos seine persoͤnliche Meinung als Deputirter sey, und das sein Karakter als Staats⸗Rath damit gar nichts gemein habe, wurde der obige Reduk⸗ tions-Vorschlag des Barons Bacot verworfen, dagegen aber ein Anmendement der Kommission, die Ausgaben fuͤr die Theater-Censoren und die Kommissarien, denen die Aufsicht uͤber den Buchhandel obliegt, um 6009 Fr. zu ver⸗ mindern, ohne weiteres angenommen. Ueber die Kosten der geheimen Polizei, verlangte der Graf von la Bourdonnaye das Wort. Er behauptete, so nuͤtzlich diese Ausgabe auch sey, wenn sie in dem wahren Interesse der Monarchie ver⸗ wendet werde, eben so gefährlich sey sie, wenn man sie dazu mißbrauche, der öffentlichen Meinung eine dem Geiste der Regierung entgegengesetzte Richtung zu geben. „Die Deputirten muͤssen daher“ fuhr der Redner fort, „ein großes Vertrauen in die Minister setzen, um eine Aus—⸗ gabe zu bewilligen, die mit der repraͤsentativen Regie⸗ rung im Widerspruch steht, und die Minister ihrerseits ein sehr gutes Gewissen, haben, um dergleichen Fonds verlangen zu koͤnnen; denn ist dem nicht so, und werden
diese Fonds, statt zur Vertheidigung der gesellschaftlichen
Ordnung der Dinge, dazu verwendet, dem Volke den Thron unzugänglich zu machen, die oͤffentliche Meinung irre zu fuͤhren, und unsere verfassungsmaͤßige Freiheiten, eine nach der anderen, uͤber den Haufen zu stoßen, — machen wir uns dann nicht zu Mitschuldigen solcher Frevel,
wenn wir die Fonds dazu bewilligen? Nein, m. H.,
Sie werden das Intereffe der Monarchie nicht auf solche Weise blos stellen, am allerwenigsten zu einer Zeit, wo alle unsere Freiheiten auf eine so skandaloͤse Weise ver— letzt worden sind; man erinnere sich nur der letzteren Wah⸗ len, die der Praͤsident des Minister-⸗Rathes ohne Zweifel nur deshalb die Saturnalien der repräͤsentati— ven Regierung genannt hat, weil er darin nur Skla— ven eine Rolle spielen sehen mochte.“ Der Nedner wurde bei diesen Worten heftig unterbrochen und eine Stimme rief ihn zur Ordnung; er wiederholte indeß seine Phrase siebenmal hinter einander, bis das Murren ein Ende hatte. Hierauf fuhr er fort: „Wollte die Kammer eine Untersuchung anordnen, so wuͤrde sich fin— den, daß aus jenen Fonds zu geheimen polizeilichen Ausgaben, bei dem Ministerium des Innern eine Kasse gebildet worden ist, aus welcher die Praͤfekten die Huͤlfs—⸗
mittel zum Transporte der ministeriellen Wahl-Materie
ghöpfen, hüt aöthiz n haben, sicch bei diesemm Hweschäfe
men. (Man lachte.) Soll ich noch von den Jour—
nalen sprechen und von der Muͤhe, die man sich gege⸗
ben hat, sich derselben zu bemächtigen oder ihre Zahl zu
General⸗Provlantmeisters, eines zweiten Ouvrard,
verringern. Man erinnere sich der denkwuͤrdigen Wort
des Praͤsidenten des Minister-Nathes in einer unser— geheimen Sitzungen: „Wenn die Regierung in der Sac der Journaͤle ein Vorwurf trifft, so ist es der, daß f sich nicht genug darum bekuͤmmert, sie vielmehr ver nach läßigt hat, wahrend Privatmänner und ungeschickt * Schti r;
Freunde sich derselben blos bemaͤchtiget haben, um z Regierung, die man mit jenen verwechseln will, zu kom promittiren.“ Die Freunde des Ministeriums moͤga hieraus die Lehre ziehen, daß eine Zeit koͤmmt, wo man sie Luͤgen straft und sie verläßt. Aber die Straffaͤllh
keit, die ein Minister von sich abwenden will, — ess
anderer (der Minister des Innern) gesteht sie ein; denn, wie aus dem vor dem Zuchtpolizei⸗Gerichte gefuͤhrten hoch aͤrgerlichen Prozesse wegen des Eigenthums-Rechtes de Quotidienne hervorgeht, so sagt dieser Minister zu einen Staats-Beamten: „Verkauft ceß, oder nehmt Euren Abschled, weiter verlangg wir nichts“ und der Proceß wird verkauft.“ — Ja
Redner behauptete hier, daß fuͤr den beabsichtigten Ankan
der Quotidienne, so wie fruͤher fuͤr die Grülamme, di Tablettes universelles, den Drapeau blane, die Gaxzeth de France, das Journal de Paris, den Pilote und einigen Kolonnen im Constitutionnel, uͤber 2 Millionen Franka verwendet worden seyen; dies sey inzwischen ein Verlus den man allenfalls noch verschmerzen konne; das Uebelst bei der Sache sey, daß mehrere bisher unbescholtene Maͤh ner bestochen, mit einem Worte, das man Alles, von Redakteur bis zum Drucker hinab, entehrt habe. Du Redner kam hier auf die Gewaltthaͤtigkeiten zuruͤck, die
man sich gegen den rechtmaͤßigen Eigenthuͤmer der Quo- lidienne erlaubt habe, und schloß zuletzt mit der Bemer' kung, daß wer die Journaͤle zu gewinnen suche, das ps
litische Staats-Gebaͤude seiner ersten und hauptsaͤchlich
sten Stuͤtze beraube. — Der Druck dieser Rebe wurde we gen der darin enthaltenen heftigen Ausfaͤlle auf die Regie tung von der Majoritäͤt der Kammer verweigert. — Da lartie, von Blangy und der Minister des Innern sich Graf von Corbisre, der einzige Minister der in der Sitzun zugegen war, bestieg unmittelbar darauf die Redner⸗Buühn Worten: „Als der Koöͤnig uns an die Spitze . — tung zu stellen geruhte, wußten wir sehr wohl daß d Sitzung der deutschen Bundes-Versammlung vom 1sten Minister Angriffen und Ungerechtigkeiten aller Art aus gesetzt sind; aber auf so unerhoͤrte Beschuldigungen, al
und vertheidigte das Ministerium etwa in
der vorige Redner gegen uns vorgebracht hat, waren wi
nicht gefaßt; sie betreffen zwei Gegenstande, die Wahlen und die Journale; auf beide soll die fuͤr die Ausgaban
der geheimen Polizei im Budget angesetzte ganze Suͤmm der 2, 200,900 Fr. verwendet e dee. e. 9 K— 3 spruch, auf den ich nur beilaͤufig aufmerksam machen wi Was die Wahlen anbetrifft, so habe ich schon mehrmal von dieser Tribune herab erklart, daß alles was in di
ser Beziehung vorgegangen, regelmäßig und gesetzlich ge
wesen ist; man macht uns einen Vorwurf daraus, daß einige Beamten, die mit der Opposition gestimmt haben, verabschiedet worden sind; was blieb uns aber wohl an— ders uͤbrig? es ist doch nicht moͤglich daß man gleichzeith der Opposition und der Regierung dienen kann. — Man spricht von Geld⸗Bestechungen. Ist einer unter Ihnen, m. H der dieses beweisen kann, so trete er auf; zu keiner
naͤle sind aber erkauft worden, sagt man.
uns einen Pro g
daher selbst meinen Rath,
daß Verhandlungen,
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Zeit, selbst zu denen der Revolution fanden dergleichen Bestechungen im materiellen Sinne des Wortes, in Frank⸗ reich statt, und man will, daß sie unter der Koͤnigl. Re⸗ gierung, unter einem Ministerium, das dem Interesse bes Monarchen und des Landes gleich ergeben zu seyn be— hauptet, statt finden sollen? Unmoͤglich, — Man eifert, daß die Preß-Freiheit all zu sehr beschraͤnkt werde; ich frage Sie, m. H., ob es irgend einen unter Ihnen giebt, her nicht in dieser Beziehung bereits, so zu sagen, uͤbersaͤttigt ist? ob es nicht Journale fuͤr jede politische Meinung wie fuͤr jede Privat-⸗Reklamation giebt? ich frage, ob es irgend eine Beschwerde giebt, zu deren Aufnahme sich nicht ein, mitunter vier, funf Journaͤle bereit faͤnden? Die Jour— Ist dies der Fall, so ist es gewiß nicht gewaltsam geschehen, sondern ber Kauf hat von beiden Seiten durchaus freiwillig statt efunden. Was die Qadotidienne anbetrifft, so hatte sich eine Spaltung zwischen den alten und den neu hinzu, getretenen Inhabern derselben offenbart; der eine Theil wollte sie in einem ministeriellen Sinne, der andere in dem Geiste der Opposition schreiben. Einer der Aktion— nairs war zugleich Universitaͤts-Inspektor; er erbat sich wie er sich in der Sache ver— halten solle, und ich erklaͤrte ihm nach meiner Ueberzeu⸗ gung, daß, da er ein Koͤnigl. Beamter sey, er solches nicht ferner bleiben koͤnne, wenn er Theilnehmer an einem Oppositions-Blatte wuͤrde. Dles ist die Wahr— heit, Alles uͤbrige ist falsch.!“ — Nachdem noch einige Deputirte, welche zugleich Praͤfekten sind, die ihnen von
dem Grafen von la Bourdonnaye gemachten Beschuldi⸗
gungen in Betreff der Wahl-Hperationen von sich abge⸗
wviesen hatten, wurde die Diskussion geschlossen und das
Iste Kapitel des Budgets des Ministeriums des Innern (nach Abzug der oben erwahnten 6009 Fr.), mit 3,659, 000 Fr. angenommen. Das 2te Kapitel enthaͤlt 25,650 900 Fr. fuͤr die Geistlichkeit, woruͤber die Herren von Ma—
vernehmen ließen. Gestern wurden die Berathungen uͤber diesen Gegenstand fortgesetzt. Kours der Rente vom 13. Jul. 99. 35. Frankfurt, 10. Jul. Das Protokoll der 19ten
Julius d. J. enthaͤlt zuerst die Anzeige des Praͤsi⸗ diums, daß die Substitution des Großherzogl. Meck⸗ lenburgschen Gesandten Hrn. von Pentz, fuͤr Daͤne⸗ mark, wegen Holstein und Lauenburg, fortbestehe, und daß der Hr. Gesandte Danz fuͤr den Hrn. Ge— sandten Gries die Stimme der freien Staͤdte fuͤhre. Darauf nahm das Praͤsidium von einem zur Sprache gekommenen, die Erlelchterung in Absicht der Stellung der Bundes-Militair-Kontingente betreffenden speeiellen Falle Veranlassung zu folgender Bemerkung: „Es scheine,
des deutschen Bundes betreffen, ihrer Natur nach zur Aufnahme in die zur Publicitaͤt gelangenden Protokolle
der foͤrmlichen Sitzungen nicht geeignet seyen. Ueber⸗ haupt duͤrfte die Bundes-Versammlung sich veranlaßt
sinden, mehrere Verhandlungen, welche seither in die foͤrmlichen Protokolle aufgenommen worden sind, blos loco dictaturae in Druck legen zu lassen.
welche das Vertheidigungs⸗Wesen
Uebung, die gesammten Verhandlungen des deutschen Bundestages, wenige Ausnahmen abgerechnet, der Oef— fentlichkeit zu uͤbergeben, habe zu Mißbräuchen Anlaß gegeben, welche jeder Gutdenkende wiß mißbillige, de— nen aber eben darum ein Zlel geseßt werden muͤsse.“
„Die deutsche Bundes- Versammlung sey ein perma⸗ nenter Ministerial-Kongreß der Repraͤsentanten saͤmmt— licher Bundes-Glieder, in dieser Versammlung wurden vorzugsweise die Ansichten der verschiedenen Bundes— Regierungen uͤber Gegenstaͤnde des gemeinsamen Inter— esse freundschaftlich ausgetauscht, und, nach vorheriger gruͤndlicher Erörterung und reifer Erwägung, die Be⸗ schluͤsse gefaßt. Daß das Resultat die ser Bera⸗ thungen, je nachdem es fuͤr Alle oder fuͤr Einzelne von Interesse sey, bekannt gemacht werde, dies sey un⸗ bedingte Nothwendigkeit — aber die Vorbereitung der Gegenstaͤnde, die Arbeiten der Komité 's, und die ver—= schiedenen Ansichten der einzelnen Regierungen, dies seyen Epochen der Geschaͤfts-Verhandlungen, welche zur Oeffentlichkeit durchaus nicht geeignet seyen. Bei Mili⸗ tair-Angelegenheiten und bei Differenzen der Bundes⸗ Fuͤrsten unter sich, oder mit ihren Standen, sey dies vorzugsweise der Fall. G
„Das Praͤsidium erlaube sich daher, die Versamm⸗ lung einzuladen, Gegenstaͤnde dieser Art in eigene loco dictaturas zu druckende Protokolle aufzunehmen, so wie sich dieselbe bei Annahme der provisorischen Geschaͤfts— Ordnung ohnehin vorbehalten habe, die Gegenstaͤnde je⸗ desmal zu bezeichnen, welche ausnahmeweise der Publi—⸗ eitaͤt entzogen werden sollen.“
Nachdem der Koͤnigl. Preußische, Koͤnigl. Hanndͤ⸗ verische, Großherzogl. Badische und Kurfuͤrstl. Hessische Herr Gesandte diese Ansichten des Praͤsidiums naͤher motivirt hatten, vereinigten sich smmtliche Stim⸗ men mit der Praͤsidial⸗Proposition, und es ward hbe⸗ schlossen: bei Abfassung der Protokolle, im Geiste obi⸗ gen Praͤsidial⸗Antrags vorzugehen und der Bundeskanz⸗ lei-Direktion aufzugeben, kuͤnftighin nach Maßgabe der . Gegenstaͤnde, zweierlei Protokolle in jeder
zitzung aufzunehmen, und zwar oͤffentliche und Sepa—⸗ rat blos loco dictaturae zu druckende Protokolle.
Es kam hierauf die Bitte des ehemaligen Rhein⸗ Zollschreibers zu Ober-Lahnstein, Hofgerichts-Rathes Beisler, fuͤr sich und mehrere Rheinzoll⸗Pensionisten um Auszahlung ruͤckstaͤndiger reichsschlußmäßiger Pensionen zur Sprache; und nachdem von der Koͤnigl— Preußischen Gesandtschaft ihre Abstimmung vertraulich mitgetheilt worden war, vereinigte man sich einstimmig: den auf den Sten des laufenden Monates festgesetzten Termin zur Abstimmung uͤber diesen Gegenstand bis zur ersten
Sitzung nach den diesjaͤhrigen Ferien auszusetzen, er—
waͤhnte Abstimmung aber loco dictaturae drucken zu lassen. Am Schlusse wurde das Einreichun gs⸗Protokoll vor⸗
gelegt und verschiedene eingegangene Eingaben, worun⸗
ter die des Dr. Schlosser: Anzeige und Bitte der Stände des Fuͤrstenthumes Lippe, von Ritterschaft und Staͤdten, dann eine Erklärung der noch nicht aufgeschwornen Mit—
glieder der Ritterschaft des gedachten Fuͤrstenthumes,
beide in Verfassungs-Angelegenheiten, befindlich, an die
Die bisherige ! betreffenden Kommissionen abgegeben.